Sylvana war Murdo schweigend gefolgt und hatte den Blick auf dem Weg hinaus weder nach rechts, noch nach links gewand. Mit jedem Schritt htte sie die Zeit genutzt ihre Sinne auf ihre Umgebung auszuweiten, jedoch ihre inneren Mauerwekre so vehement zu verschließen, dass es ihr gelingen würde mit einem Gesicht wie aus Marmor gemeißelt auf den Platz zu treten. Sie war dieses emotionslose Wesen nicht mehr, dennoch gehörten die durchaus nützlichen Dinge jener Zeit immer noch zu ihr und würden immer ein Teil von ihr bleiben.
Stolz... Würde... Auch im Angesicht einer Demütigung die sie hinnahm, weil sie zu dem stand wofür sie bestraft werden sollte.
Was war eine Narbe im Vergleich zu den Dingen die sie auf diesem Kontinent für all jene erreicht hatten, die in der Alten Welt in ihren grenzen eingesperrt geblieben wären. Was war Schmerz im Vergleich zu den Dingen, die sie in der Lage war selbst uz erleben und anderen zu öffnen? Dunkelelfen die ihr eigenes Leben in die Hände einer Menschenfrau legten, auch wenn sie im eigentlichen Sinne kein Mensch war. Die ihr nahe standen, so absurd dies klingen mochte. Chaoten, die auf ihre ganz eigene Art für sie befremdliche und neue Pfade beschritten, Freunde und Stütze geworden waren. Brüder und Schwestern die endlich die Augen öffneten und zu sich selbst fanden. Ein Konfessor, der lieben, lachen und weinen konnte und ihr Knie vor einer Dunkelelfe beugte, aus Respekt und etwas, dass sie nicht benennen konnte. Eine Tochter, die nicht das selbe Schicksal erleiden würde, wie ihre Mutter und all die Schwestern vor ihr. Sie war Kriegerin, was machte da schon eine weitere Narbe. Schmerzen würden vergehen, zumindest jene, die körperlicher Natur waren.
Mit der für ihre Art üblichen Ruhe trat sie in die Mitte all der Augenpaare die darauf warteten diesem Tag beizuwohnen. Es war auf Strafe verboten Hand an einen Konfessor zu legen und in Samar, im Besitz ihrer dortigen Kräfte, hätte dies aus tödlicher Angst, auch niemand gewagt. MIt Ausnahme jener wenigen die völlig immun gegen jegliche Form der Magie waren. Erst als sie das prasselnde Feuer und den metallenen Behälter sah, floss Unruhe wie ein reißender Strom durch ihr Innerstes. Aber wer blickte schon so genau in ihre Augen um in den Spiegel ihrer Seele und der truhe ihrer tiefsten Ängste zu schauen... Feuer. Furcht und Liebe empfand sie für jenes Element, welches ihr soviel gab und so vieles wieder nahm.
Dann glitten ihre Augen hinüber zu dem Novizen der um ein vielfaches blasser zu werden schien als ihr Blick von den Seilen hinauf zu seinen Augen wanderte. Erst blieb ihre Miene eisig und unbewegt, doch dann... sah sie ihn für einen Herzschlag lang verständnisvoll an und sagte mit ruhiger und freundlicher Stimme.
Die wirst du nicht brauchen... ich habe nicht vor zu fliehen... oder mich zu wehren...
Ein Blinzeln... ein Blick nach oben, suchend... nachdenklich... hinter einem oder mehreren Fenstern der Häuser waren Seelen die ihr beistehen wollten. Ein schmales Lächeln legte sich auf ihre Züge. Die Nervosität wich Entschlossenheit.
Hast du dich für eine Stelle entschieden?
Sie sah hinüber zu Murdo, dem Mann der immer noch in gewisser Weise ihr Schüler und Freund war. Wenn er diesen Weg gehen wollte, dann musste er auch diese Dinge tun. Viele mochten ihn verurteilen für diesen Tag, doch sie selbst fragte sich bloß zwei Dinge:
Tat er es, weil er sich sicher war, dass seine Lehrmeistrin wusste was sie tat, oder aus Treue zu Samar.
Die Neches Re nickte auf seine Frage hin, raffte das schneeweiße Kleid, ging auf ihre Knie nieder und legte ihre hand an eine Stelle unterhalb ihres Nackens und oberhalb ihrer Schulterblätter. Jener Ort der unter ihrem langen roten Haar verborgen war, welches sie heute, wie es für Konfessoren üblich war, offen trug. Eine Stelle an der viele Nerven des gesamten Körpers zusammen fanden. Ein Ort, der schlecht heilen würde, außer man benutzte Magie oder hinderte den Verletzten an zuviel Bewegung. Man würde das Haar beiseite streichen und ihre Schultern vom Kleid befreien müssen...
Sie wartete auf weitere Anweisungen, denn das war seine Aufgabe... nicht die Ihre...