Die Halbelfe nickt dem Magier zu, erkannte an, dass er nur seine eigene Meinung kundtat.
Sie nahm einen Schluck aus ihrem Glas und lehnte sich aufmerksam zurück.
Stumm ließ sie ihn alles ausführen, unterbrach Ernst nicht, sondern wartete ab, bis er geendet hatte. Als sich seine Stimme erhob verengten sich ihre dunklen Augen einen Moment zu Schlitzen, doch es verschwand kaum, dass er zu Ende gesprochen hatte. Sie Setzte erst an als er geendet hatte.
„Ich bin froh, dass du mir gegenüber offen bist. Ich erkenne an, dass es deine eigene Meinung ist und für diese werde ich dich nicht anklagen. Doch lass mich dir ein paar Dinge dazu sagen, Ernst.
Ja, auf dem Fest der Lichter hat der Orden einen Fehler gemacht. In meinen Augen. Er hätte sich der Inquisition entgegenstellen müssen. Doch obgleich ich es so sehe, so verstehe ich die Angst, die sie ganz offenkundig vor dieser Institution verspürten.
Du warst nicht dort und hast ihn nicht erlebt, den Mann mit hellen Augen, die in meinem Empfinden nicht in der Lage sind Gnade zu zeigen. Ich selbst empfand den Inquisitor als furchteinflößend und wagte mich erst nach einiger Zeit seinen Worten entgegen zustellen. Auch wenn ich nicht alles, das der Orden tat, entschuldigen möchte, so ist es sicherlich schwer aus alten Gefügen, die Generationen hinweg bestanden, auszubrechen. Auch wenn es in diesem Fall das Richtige gewesen wäre. Einige im Orden sind mir wie Kinder, jung an Erfahrung und erzogen in den Strukturen von Samar. Sie können nicht einfach alle Brücken hinter sich gelassen, das musst du ihnen auch nachsehen. Es ist nicht einfach, auch wenn es mir oder dir einfach erscheint. Es hängen Ängste daran, Sorgen und teilweise die Sehnsucht nach dem, was für sie Heimat ist.“
Sie nahm einen Schluck Wein und atmete tief durch.
„Was diese Nar, diesen Moriquendi, angeht, so haben wir, Vargas, Heinrich und ich, auf dem Fest ein Urteil gefällt. Es war vielleicht nicht richtig, doch ich sagte es Walays bereits und ich sage es dir und Violante auch noch einmal. Es war ein Fehler, doch ich stehe dazu. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte er eine ganz andere Strafe bekommen, doch ich hielt mich zurück. Wir Eldar haben unsere ganz eigenen Wege mit den Moriquendi umzugehen. Und hätte der Orden nach alter Ordnung gehandelt, wäre der Dunkelelf jetzt tot.“
Ihre Augen hatten einen Moment etwas sehr dunkles, sie umfasste das Glas fester.
Dann gewann sie wieder die Herrschaft über ihre Gefühle und das Gesicht wurde wieder gleichmäßig.
„Dieses neue Land ist auch meine Heimat geworden. Doch ich glaube an die Religion, habe jedoch nicht das Gefühl, dass man hier die Rückführung der Engel auf die Elemente leugnet. Der ein oder andere tut sich schwer, aber Veränderungen sind immer schwer. Nur, warum hast du die Rituale und Befehle nie hinterfragt? Nie deine Vorgesetzten darauf angesprochen?“, erkundigte sie sich.
„Der Orden versteckt sich in meinen Augen nicht, er sucht Halt. Halt fern der Heimat und glaubt, leider, in den alten Strukturen diesen Halt zu finden. Es wird noch dauern, bis sich der Wandel gänzlich vollzogen hat. Das ist nun mal so bei den Menschen. Bei den Elben ist es sogar noch schlimmer.“
Ein kurzes Lächeln huschte über ihre Züge, als sie der elfischen Verwandtschaft gedachte, ehe sie sich wieder dem Magus widmete.
„Der Weg des Ordens liegt vielleicht im Nebel, aber noch nicht im Dunkeln. Samar hat offenkundig Schriften gefälscht, das äußerte ich bereits in Yunalesc. Sie schicken Spione und versuchen alles, um ihre Macht zu halten. Doch das ist nicht der ganze Orden. Es sind Kräfte in Samar von denen wir uns los sagen müssen. Die Dunkelheit liegt nicht hier in Mythodea. Bemitleide die Kinder der Seraphim hier nicht dafür. Mitleid führt nicht zur Veränderung. Mitleid belässt den Zustand wie er ist. Es kostet viel Kraft im Orden hier auf Mythodea etwas zu ändern und jeder, der uns verlässt, aus vielleicht berechtigten oder unberechtigten Gründe, der sein Herz abwendet, nimmt einen Teil dieser Kraft weg.“
Sie seufzte.
„Ich für meinen Teil höre mir Kritik an. Ich bin offen dafür, auch wenn ich vielleicht nicht alles gut heiße oder mit allem einverstanden bin.“