Eine Frage des Glaubens

  • Lasst nur, Pater, sie unterstellt Euch bestimmt keine bösen Absichten.“, beschwichtigte ihn die junge Frau und legte ihm eine Hand auf den Arm. Sie kannte ihren Prior gut und wusste nur zu genau, wie diese Art der freundlich diplomatischen Grenzziehung eigentlich zu verstehen war. Und sie war sich angesichts der bisherigen Unterhaltung nicht sicher, ob Naira das Signal richtig deuten konnte.


    Wir haben sehr aufregende Zeiten hinter uns, wisst Ihr? Wir sind einer Ermordung nur knapp entkommen, wir wurden verfolgt, unser Schiff wurde von Piraten geentert, auf der Flucht sind wir fast ertrunken. Auf Mythodea fanden wir uns mitten in einer Schlacht wieder, die das Ende der Siedler hätte bedeuten können. Und dann all diese neuen ... Gestalten. Elfen, Orks, Dämonenwesen, Elementare, Hobbits, Feen Ignis und Aquas.... Zauberer und Magier, ... Ihr macht Euch keinen Begriff, wie verwirrend dies alles für mich ist. Sogar mein guter Pater hier ließ sich von einer Halbdämonin in Analysemagie unterrichten. Ich selbst nahm an Unterweisungen in Heilkunde auf dem Felde teil. Ich habe an einem Tag mehr Blut gesehen als in meinem ganzen Leben zuvor.


    Die Kräuterfrau machte eine Pause und schien in sich hinein zu horchen, bevor sie fort fuhr. „Ihr mögt das alles für normal halten, aber für mich ist das ... sehr viel. Ich träume nachts wilde Dinge, und manchmal wünsche ich mir meine kleine Kammer in unserem Kloster zurück, wo das Leben geordnet und sicher war. Ich vermisse meinen Gott nicht, den es hier nicht gibt. Aber ich vermisse die Geborgenheit des Ordens. Wir fragen uns regelmäßig, wovon wir hier überhaupt leben sollen. Es ist nicht gerade einfach, einen neuen Orden zu gründen, wie wir zum Beispiel in Porto Leonis erfahren mussten. Und Ihr selbst erklärtet mir vor ein paar Augenblicken, wie gefährlich das Leben für eine Alchemistin auf diesem Kontinent sein kann.


    Was sollen wir also tun? Und wo sollen wir also hin? Und was wird mit uns geschehen? Wir werden uns verändern, soviel ist sicher. Und im Moment geht es uns vielleicht so ähnlich wie Euch mit Alnock. Solange wir einander haben, sind wir noch einigermaßen zuversichtlich.

  • Naira hatte schon etwas auf den Pater erwidern wollen, doch die Alchimistin kam ihr zuvor. Und während diese für den Pater erklärte, gingen Nairas Augen listig zwischen dem Gesicht des Fräuleins und des Paters hin und her.


    Dann hörte sie aber weiter zu, von den erlebten Schrecken, der Gefahr und der Überraschung, all diesem Chaos, das auch sie an der Oberfläche gefunden hatte...


    Sie räusperte sich.

    "Also Orks sind euch neu. Drow bestimmt auch. Bevor ihr DIE kennenlernt - und ihr werdet sie kennenlernen, da ihr mich jetzt kennt - möchte ich euch etwas von den Orks sagen. Vielleicht verstehen wir uns dann besser, Pater!"


    Sie wartete noch einen Moment, zögernd. Ihre Stimme war leiser aber eindringlich. Sie versuchte nicht so laut zu sprechen, dass Uhlakk oder Kaa-Ash sie hören konnten.

    "Bei den Uruks - oder `Orks´- hat der Stärkere Recht! Es ist selbstverständlich, dass er führt. Wer sich nicht fügt, bezieht Prügel. Der Anführer bestimmt alles - wann du kämpfst - ob du isst - mit wem du dich paarst. Was du von deinen Gefühlen zeigst und was du sagen darfst.

    Wenn du dich nicht mit ihm gutstellst, wird dein Leben schlimmer sein als der Tod. Wenn du ein Snagga bist - ein Sklave - dann IST dein Leben in jedem Fall schlimm!

    Und wenn du dazu noch ein Snuruk bist - ein Spitzohr - stirbst du jeden Tag!

    Es gibt wenige Orte auf Mythodea, die furchtbarer, abscheulicher sind, als wenn man in einem Käfig bei den Uruks sitzt!"


    In normaler Lautstärke sagte sie: "Wenn jemand von Hinrichtungen, Folter, Vergewaltigung oder der Macht des Stärkeren spricht, schalte ich um auf Uruk. Das solltet ihr wissen! Ich habe überlebt, weil ich mich nicht habe unterkriegen lassen! Weil ich nicht ausgewichen bin! Und meine Zähne gezeigt! Aber ich werde niemals eine Anführerin, wie es Mahrukkaa war!"

  • Der Pater verstand die Botschaft, und wenn er die Uruks auch nicht kannte, so konnte er sich die geschilderten Verhältnisse durchaus vorstellen. „Das ist gut zu wissen.“, erwiderte er ebenso leise, „Und wenn ich mich auch noch nicht mit einem Ork messen und schon einige Zeit kein Schwert mehr führen musste. Sollte irgend eine Gestalt Mythodeas auf die Idee kommen, sich an meinem Mündel zu vergreifen, den werde ich schneller enthaupten als er sein Schild heben kann. Und wenn es sich dabei um den Fürsten aller Uruks handelt, dann hat dieser Kontinent hinterher einen Fürsten weniger. Da kann ich äußerst undiplomatisch sein, glaubt mir.“ Der Pater nippte an seinem Tee und lächelte Naira freundlich an. Möglicherweise war Diplomatie also nicht immer die erste Wahl auf diesem Kontinent, stellte er fest.

  • Naira nickte. Sie hatten sich verstanden, zumindest ein wenig besser.


    "Ich bin hier in Kjona, weil Mahrukkaa hierhergekommen war. Ursprünglich haben wir im südlichen Siegelgebiet gelebt. Die Uruks haben das Land hier als Protektorat bekommen und mein Freund Teroc war der Protektor. Die Uruks haben die Berge erforscht und Stein gehauen. Sie waren auf der Suche nach Metallen. Sie haben eine Festung gebaut, weiter im Süden von diesem Land.

    Ich selbst war in dieser Zeit im Westen, bei Alnock. Als ich erwachsen geworden war, bin ich Mahrukkaa hierher gefolgt. Zuerst habe ich hier alleine gelebt.

    Dann trug ich das Kind und Kreaf kam, der Goblin. Und dann kam Kaa-Ash - das ist die brombeerfarbene Uruk - und als letztes Uhlakk. Sie bewachen den Ort.

    Es gibt noch einen kleinen Drow hier, Chaszmyr, der uns sozusagen zugelaufen ist. Aber er ist sehr schüchtern und man sieht ihn selten.

    Als das Kind auf die Welt kam, hatte ich das letzte Mal so viel Besuch wie jetzt!

    Ich habe diesen Ort Terra geweiht. Ich hatte nie vor, daraus eine große Siedlung zu machen - sondern einen Ort zur Heilung. Kaa-Ash war die erste Patientin.

    Uhlakk und Chaszmyr haben auch zuerst die Heilung gesucht... nicht so sehr wegen körperlicher Wunden."


    Sie lächelte Fräulein Salbei an.

    "Ihr seid willkommen, wenn ihr bleiben möchtet. Der Wald, der See, die Gruben und die Beete haben uns bisher genug zum Überleben geschenkt.

    Aber wenn wir jetzt so viele sind, sollten wir uns zusammensetzen und überlegen, wie wir uns durch den Winter bringen. Bisher haben wir autark gelebt und ein wenig verkauft, was über war.

    Jetzt kommen wir wohl nicht darum herum, auch etwas einzukaufen!"

  • Ich... ähm... ich hatte keine Ahnung, dass Ihr hier so einsam seid. Vielleicht... vielleicht können wir unsere Einsamkeit teilen. Sie ist dann nur noch halb so groß, sagt man bei uns.“ Das Fräulein Salbei sah Naira tief in die Augen.

    Aber was tun wir hier sonst? Ich meine... ja, wir müssen uns versorgen, diesen schönen Ort bewirtschaften, vielleicht uns gegen wilde Tiere verteidigen oder gegen Strolche, die uns bedrohen. Aber was ist unsere Mission? Wofür leben wir? Wofür lebt man hier auf diesem Kontinent?

  • Ihr werdet Eure Bestimmung schon noch finden“, sagte der Pater ruhig, „habt Geduld mit Euch selbst. Zunächst einmal brauchen wir einen Platz, an dem wir zur Ruhe kommen können. Alles andere wird sich schon fügen.„ Er sah sie lächelnd an, und sie drückte seinen Arm.

  • "Ich warte. Dass der Krieg vorübergeht und ich dann genau hier wieder mit denen vereint bin, die sich mit mir in den Jahren auf Mythodea verbunden haben... Wenn wir nicht von hier vertrieben werden, ist das ein guter Ort. Die Festung steht noch dort unten und die Wälder haben noch für viele Winter Holz! Abgesehen davon, dass ich noch eine Aufgabe für die Naldar zu tun habe, die ich nur hier erledigen kann!

    Aber was euch hier halten sollte... es gibt hier Ruhe, ja. Und Heilung.

    Rastet doch einfach eine Weile und wartet, was geschehen wird! Wenn ihr nichts zu befürchten habt - dann könntet ihr die Dinge doch einfach... geschehen lassen?" lächelte Naira.

  • Das Fräulein Salbei nickte. Wahrscheinlich hatten sie Recht. Wahrscheinlich würde sich einiges fügen, wenn sie nur nicht mehr ständig auf der Flucht wären. Wahrscheinlich würde sie dann wieder ihre Mitte und ihr Stärke finden. Sie war früher stark gewesen. Vor dem Angriff auf das Kloster. Doch die Geschehnisse des letzten Jahres hatten sie verängstigt. Das musste aufhören. Sie wollte keine Angst mehr haben. Vor niemandem. Sie sah Naira an und lächelte.

  • Auch Pater Richie fühlte eine innere Entspannung bei dem Gedanken, nicht jeden Morgen an einem neuen Ort aufzuwachen, der für ihn und das Fräulein Salbei nicht sicher war. Und hier konnte er etwas aufbauen. Er würde nicht nur ständig umher reisen und einfach nur Wissen ansammeln. Obschon dies eine Zeit lang auch seinen Reiz hatte. Aber Ruhe und ein sicherer Hafen, das würde vieles ändern.


    Nun, meine liebe, dann lasst uns überlegen, was zu tun ist. Rohstoffe scheinen im Moment kein Engpass zu sein, wenn ich Euch recht verstanden habe. Vielleicht sollten wir einen Speicher bauen. Dann müssten wir zunächst für genügend Unterkünfte sorgen. Wie sieht es mit der Zu– und Abfuhr von Wasser aus? Sind die Kochstellen ausreichend? Müssten wir zusätzliche Wege schaffen? Können wir uns irgendwo mit Kleidung versorgen? Zumindest wir zwei besitzen kaum mehr, als wir am Leib tragen.

    Das wären aus meiner Sicht die grundlegenden Fragen.


    Dann kämen Aspekte des Handels:

    Wir könnten Arzneimittel und alkoholische oder heilende Tränke herstellen. Wir könnten ein Lazarett bauen und Heilung anbieten, wir könnten seltene Tiere züchten, wir könnten Gerätschaften herstellen. Wir könnten sogar Kämpfer ausbilden. All dies würde Handel und Einnahmen ermöglichen. Für einige dieser Gewerke müssten wir vielleicht zusätzliche Experten hierher holen. Auch sollte der Handel durch Beziehungen abgesichert werden.


    Was die Außenbeziehungen angeht:

    Ich kenne leider die Gepflogenheiten und Strukturen des nördlichen Reiches noch nicht. Wahrscheinlich wäre es klug, ihre Exzellenzen zu unterrichten, denn zum einen fallen wir unter ihre regierende Hoheit, zum anderen würden wir im Konfliktfall bei ihnen um Schutz ersuchen müssen.

    Wie schätzt Ihr das ein?

    Was ist die nächst kleinere hoheitliche Einheit im Reich?

    Und welchen Status hat dieses Land hier?“, wollte der Pater wissen.


    Als nächstes kämen Fragen der Verteidigung.

    Und bevor Ihr fragt, Naira, — ja, ich bin gerade in meinem Element.

    Der Pater sah Naira vergnügt an, als er ihre leicht geweiteten Augen sah. Für ein Kind Terras musste dies das Gegenteil von etwas geschehen lassen darstellen. Aber Planung war in seinen Augen keine Hektik. Alles gleichzeitig umsetzen zu wollen, das wäre Hektik gewesen. Pläne waren für den Pater nur das Instrument, um sich nicht zu verzetteln. Was es aber wirklich brauchte, war eine Vision. Eine Idee davon, was dieses Land in zehn bis fünfzig Zyklen darstellen würde. Er wusste nicht, ob Naira eine solche Vision hatte. Mahrukkaa hatte zweifelsohne eine gehabt. Aber eine Vision konnte man in der Tat entstehen lassen.

  • Der Pater langte in seine Reisetasche und holte ein Stück Leder hervor. „Diese Karte habe ich in der Bibliothek von Porto Leonis abgezeichnet, bevor wir aufbrachen“, sagte er, während er das Leder auf dem Tisch ausrollte und glatt strich.


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    Wenn sie noch einigermaßen aktuell ist, dann vermittelt sie eine guten Überblick über die Lage Kjonas. Hier ist der Mud Hark Narva‘Ak im Westen und der Draa Yu‘Na Niar im Norden und Osten. Im Süden liegt die Festung Aras‘Heen auf der Spitze einer Bergkette. Ist das die Festung, von der Ihr spracht, Naira? Die Festung, die Mahrukkaa aufbaute? Und gehört dieser Teil auch dazu? Diese Aru Ebene? Oder ist das schon wieder ein anderes Gebiet?

  • Das Spitzohr lachte über soviel Eifer. Sie ließ sich die Karte zeigen und sagte: "Das IST die Festung, allerdings! Und mit "Aru-Ebene" ist das Grasland gemeint, durch das ihr gekommen seid. Es gehört zu meinem Stück Land dazu. Dort leben die Arus - die `seltenen Tiere, die man züchten kann´! Ich HABE sie gezüchtet. Sie brüten auf den Säulen, die diesem Ort ihren Namen gegeben haben.

    Die Eier von Arus sind sehr wertvoll, und die Eier von DIESEN Arus sind einzigartig auf Mythodea, denn diese Art der Arus lebt ausschließlich hier! Wir verkaufen sie in der Regel nicht! Aber ein guter Tausch wäre möglich. Es gibt aber so derart wenige Arus, dass wir das nur machen können, wenn ein Ei sich nicht bebrüten lässt. Also ein totes Ei. Lebendige Arus werden wir niemals handeln und auch keine lebenden Eier!

    Und Heiltränke stellen wir bereits her. Sie würden sich, genauso wie die Grubenwürmer und die Grauglanzkäfer, für einen regelrechten Handelsvertrag eignen! Wir haben natürlich keine Großproduktion, doch es könnte reichen, um regelmäßig zu liefern und dafür regelmäßig etwas anderes zu bekommen - zum Beispiel Stoff.

    Was ich für mich brauche, habe ich einzeln gekauft. Für eine ganze Siedlung müssten wir aber Verträge für eine dauerhafte Belieferung einrichten!

    Ein Lazarett - ist Kjona. Wir nehmen aber kein Geld für die Heilung. Das ist unüblich auf Mythodea. Doch diejenigen, als als Gäste hier längere Zeit leben, können für ihre Unterbringung bezahlen - das ist nur gerecht, denn wir müssen sie ja mitversorgen!

    Kjona ist so weit von jeder anderen Siedlung entfernt, dass alles mühsam auf Karren herbeigeschafft oder eben von uns selbst hergestellt werden muss.


    Ich denke, dass ein Vorratsbau notwendig wird. Über die Wasserleitung können wir mit den beiden Männern sprechen, die seit kurzem hier sind und die ich ständig mit Werkzeug in der Hand hier herumlaufen sehe... vermutlich wird es nötig, mehr Wasserstellen und -leitungen einzurichten!

    Was das Ausbilden von Kriegern betrifft - vielleicht mag Kaa-Ash da behilflich sein. Wir haben nur keine Möglichkeit, Waffen oder Eisenrüstungen herzustellen. Der Wald gibt uns ein wenig Leder, aber wir bauen bisher kein Erz ab. Wir müssten es importieren, und auf Mythodea gibt es vermutlich nicht viele Erzbaustätten! Es könnte teuer werden...


    Was den Handel betrifft, so wüsste ich nicht, dass man die Exzellenzen behelligen muss, solange es Handelsbeziehungen innerhalb des nördlichen Siegels sind. Ich habe einen Vertrag mit dem Don aus dem Reich der Rosen geschlossen, um Tee in den Norden zu liefern - das habe ich den Exzellenzen mitgeteilt. Ich weiß bloß nicht, was daraus geworden ist! Hierher ist der Tee auf jeden Fall nicht geliefert worden! Da müsste man sich mal erkundigen..."

  • Hättet Ihr Lust, uns morgen diese Festung zu zeigen? Man möchte meinen, von dort oben hat man einen wunderbaren Blick über die gesamte Umgebung.

    Und sagt, diese Siedlung Ba’rach Nar, zu der südlich der Berge ein Handelsweg führt. Wer lebt dort?

  • "In Barach´Nar sind noch einige Uruks. Das Land ist nicht vollkommen leer. Aber sie bilden keine Siedlungen, sondern ziehen eher umher. Barach´Nar ist eine alte Stätte und voller Geheimnisse. Der Geist der Ahnen ist dort stark.

    Auf der Festung war ich seit Mahrukkaas Abschied nicht mehr. Es dürfte dort nichts mehr geben als Stein!

    Aber es ist wohl eine gute Idee, dort einmal nachzusehen. Schon allein, weil der Feind immer näher gerückt ist! Deswegen sollten wir uns auch überall nur äußerst vorsichtig bewegen!

    Ja, vielleicht wäre es gut, wenn wir zuallererst Kjona absichern und statt einer großen Expedition lieber einige Späher aussenden, damit sie sich mit den Spähern der Uruks treffen und uns Bericht erstatten!

    Es könnte sein, dass Teroc zur Zeit in Barach´Nar oder der Umgebung ist. Er weiß sicher auch ganz gut Bescheid!"

  • Das klingt sehr vernünftig. Wir sind zu wenige, um uns in irgendeiner Weise gegen mehrere Angreifer zu verteidigen. Insofern ist eine Spähernetzwerk sehr sinnvoll. Die Festung hatte ich im Sinn als einen möglichen Rückzugsort im Falle eines Angriffs.


    Überlegte der Pater. Allerdings war er bei der Aussage über den Feind stutzig geworden. Auch dem Fräulein Salbei war dieser Teil nicht entgangen. Etwas unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl herum.


    Wie nahe ist denn der Feind? Und welcher Feind ist genau gemeint? Von welcher Mannstärke reden wir hier?

  • "Keine Ahnung! Wer weiß das schon so genau! Der Feind ist auf jeden Fall an der Makurathonpforte. Das ist jetzt kein Steinwurf von hier, und sollten sie sich nähern, hätten wir noch genug Zeit, um zu fliehen! Bloß es würde auch keiner zu unserer Verteidigung kommen können, weil alle anderen befestigten Orte nicht näher bei Kjona liegen als der Feind."

  • Der Pater erinnerte sich, auf der ursprünglichen Karte im Osten ein Terretorium des Schwarzen Eises gesehen zu haben. Die Haupstadt lag von dort aus weiter im Nordosten.


    Hmm, dann wäre Aras‘Heen ein guter Stützpunkt, um feindliche Truppenbewegungen auszumachen, aber kein Rückzugsort. Denn auch, um die Festung bei einer Belagerung zu halten, sind wir zu wenige. Vernünftiger wäre es, im Ernstfall nach Westen zu fliehen.


    Der Pater rollte die Karte wieder zusammen und verstaute sie in seiner Tasche. Wenn sie die Festung besichtigten, würde er sich ein Bild machen können. Ob es wohl Tunnel gab, die die Burg mit der Ebene verbanden?


    Nun, solange die zweite Schöpfung ihr Unwesen auf dem Kontinent treibt, wird man wohl nirgendwo wirklich in Sicherheit sein. Und ob sich das ändert, wenn dieser Feind einst besiegt ist, daran darf man seine Zweifel haben. Aber insgesamt ist dies ein sehr friedvoller Ort und somit geeignet, zur Ruhe zu kommen und damit zu beginnen, die Zukunft zu gestalten.


    Der Pater sah sein Mündel an. Angesichts der Diskussion über eine mögliche Bedrohung durch das schwarze Eis war die junge Frau zwar keinesfalls beruhigt, aber sie sah ein, dass man das an anderer Stelle auch nicht sein konnte. Und anders als auf der Großbaustelle einer frisch gegründeten Stadt, wie Goldwacht oder Porto Leonis, war es hier tatsächlich sehr friedvoll. Mit einem kleinen Seufzer rang sie sich ein Lächeln ab und nickte.


    Nun gut. Dann sieht es so aus, als ob wir Euch noch eine ganze Weile belästigen würden, werte Naira. Und wir wissen Euer Angebot sehr zu schätzen. Wir wollen also unser Zelt hier aufschlagen und hier siedeln. Und wir werden unseren Beitrag leisten, das Land zu bestellen und zu verteidigen, als hätte es bereits unseren Vätern gehört. Auf dass Kjona unsere Heimat werde. So soll es sein.


    Grundsätzlich war der Pater kein Freund pathetischer Reden, aber hier war es ihm wichtig auszudrücken, dass sie gerade eine fundamentale Entscheidung über ihre zukünftige Heimat trafen und sie nicht nur über einen Besuch von ein paar Tagen sprachen.


    Gibt es sonst noch Erwartungen oder Voraussetzungen, die Ihr an unser Siedeln in Kjona knüpfen wollt?


  • Naira war von der Frage überrascht und dachte eine Weile nach .


    "Steht der Woge nicht im Weg , versucht sie nicht durch enge Kanäle zu beherrschen . Lasst die Dinge auch einmal treiben und lauscht darauf , wie sich die Dinge hier verändern , wenn ihr sie lasst... und - nehmt ein Licht mit , wenn ihr ins Dunkel geht. Wir sind nicht alleine in den Wäldern !"