Die Aufwartung

  • Es war ein vergleichsweise milder Tag, zumindest für einen exilianischen Frühherbst, an dem den Protektor ein ungewöhnliches Schreiben erreichte. Das Schreiben an sich schien auf den ersten und dann auch auf den zweiten Blick eher gewöhnlich, allerdings erreichte es Galwine nicht per Bote oder dergleichen, sondern materialisierte sich im Laufe des Vormittags schlicht auf seinem Schreibtisch. Hätte mit dessen Auftauchen seine linke Hand nicht seltsam zu jucken begonnen wäre es ihm vielleicht erst viel später aufgefallen. Aber da lag sie: Eine Schriftrolle, sauber mit dunkelrotem Siegelwachs verschlossen, dessen Siegel ein großes Auge mit sieben Pfeilen als dessen Iris zierte. Der Brief las sich so vergleichsweise unaufgeregt, wie er aufgetaucht war:


    Der Orden der Chronisten richtet seine Grüße an den Protektor von Exilia.

    Wir kamen nicht umhin zu bemerken, dass sich unsere Schicksale durch unser beider Bekanntschaften zu kreuzen vermochten. Aus diesem Grund würden wir dem Protektorat nur allzu gerne unsere Aufwartung machen. Allem Anschein nach haben wir gemeinsame Interessen und der Orden würde diese gerne in Gemeinsamkeit verfolgen. Wir wollen Euch diesbezüglich weniger ein Angebot unterbreiten, als eher über potenzielle Möglichkeiten sprechen.

    Erwartet unsere Ankunft drei Tage nach Erhalt dieses Briefes zur Mittagsstunde. Sollte dies ungelegen kommen, so vermerkt dies bitte kurz auf eben diesem Schriftstück.

    Allzu große Umstände sind unseretwegen nicht von Nöten.


    Bis dahin verbleiben mit Dank und in Wohlwollen,


    Mag. A. Muntegar &

    Mag. D. Mahakala

    28. Tag der Rondra, Ordensfeste

  • Als Galwine mit kurzem Schrecken bemerkte, dass sich etwas auf seinem Schreibtisch veränderte, beobachtete er das Phänomen ein paar Augenblicke fasziniert. Was sich da in seine Dimension zu schieben schien, wirkte nicht gefährlich, aber die Vorstellung von Mahrs bestürzt-besorgt-erzürntem Gesicht drängte sich bald mit Nachdruck vor sein inneres Auge und mit einem kleinen Seufzen griff er mit der einen Hand nach der kleinen Glocke vor ihm, während er mit der anderen begann, die Papiere, an denen er gerade gearbeitet hatte, zu bündeln. Sofort trat sein Diener Tristan aus dem Nebenraum hervor und machte eine leichte Verbeugung.
    Galwine begann ohne Umschweife: „Ich möchte, dass zwei Gardisten an diesem Tisch Wache halten. Niemand berührt, was darauf liegt. Du holst Mahr und Hilke hierher, die sollen sich das mal anschauen“, er deutete auf den Schemen der Schriftrolle, der nun, da er ein wenig Platz gemacht hatte, nicht mehr zu übersehen war. „Ich begebe mich einstweilen in die Bibliothek und erwarte dort ihren Bericht!“

    Tristan schien es eilig zu haben, den Raum zu verlassen, was nicht nur an seinem Auftrag liegen mochte, während Galwine, als er wieder alleine war, noch kurz zögerte, dann aber entschlossenen Schrittes ebenfalls den Raum verließ. Wenn er es sich recht überlegte, gefiel es ihm gar nicht, dass in seinen Gemächern fremder magischer Einfluss herrschte. Er nahm sich vor, Stama Valos Hinweisen und Raos Warnungen schneller nachzugehen und bei nächster Gelegenheit Maßnahmen zu ergreifen.

  • Hilke hatte versucht die Ruhe, die die Arbeit in der Krankenstube nach der Hektik des Feldzuges bot, zu genießen, doch es wollte ihr nicht so recht gelingen, sich dem regelmäßigen Trott der Arbeit dort wieder anzupassen.

    Ihre Pausen füllte sie seit der Ankunft in Exilia mit weiterer Arbeit an ihrem magischen Fortschritt. Konzentriert saß sie auf einem Schemel in einer Ecke über ihre Notizbücher und eine von Lyx Abschriften alchemischer Symbole gebeugt, neben sich einen groben Kohlestift und ein bereits gut geschwärztes Tuch.

    Erst als eine der anderen Heilerinnen sie zum zweiten Mal ansprach, um sie auf den im Eingang wartenden Tristan aufmerksam zu machen, schreckte sie hoch und wischte hastig ihre rechte Handfläche mit dem Tuch ab. Sie schob ihre Notizen zusammen und in ihre Tasche und strich sich den Rock glatt, wobei sie unbemerkt einige graue Streifen hinterließ.

    Sie atmete einmal tief durch und versuchte, keinem der unzähligen Szenarien in ihrem Kopf Gehör zu schenken, die erklären könnten, weshalb der Protektor Tristan nach ihr schicken würde.

    Während Tristan erklärte, dass es um ein...Ding magischer Natur(?) ging - die Szenarien drängten sich fantasievoller und hartnäckiger auf - rieb Hilke nervös ihre von Kohle rauen Fingerspitzen zusammen und nickte gewissenhaft. "Ein guter Gedanke, Mahr dazuzuholen. Ich hole meine Komponenten und mache mich sofort auf den Weg zum Protektor!"

  • Mahr war stolz auf ihren scharfen, wachsamen Blick auf ihre Umgebung. Auch in Zeiten, als noch kein Gesichtsloser ihr nach Leib und Leben getrachtet hatte, war ihr das immer nützlich gewesen. Keiner konnte sich einfach an sie heranschleichen – abgesehen von Tristan. Er stand beim Training plötzlich hinter ihr wie aus dem Boden gewachsen und verpasste nicht nur ihr, sondern auch den beiden Soldaten, mit denen sie sich besprochen hatte, einen Mordsschrecken. Sein Blick sagte ihr, dass es wichtig, aber nicht lebensbedrohlich war, und trotzdem hämmerte ihr das Herz los vor Schreck und vorauseilendem Zorn.

    "Weitermachen!", raunzte sie die Soldaten an und folgte Tristan ein Stück abseits, wo er ihr ruhig wie immer erklärte, dass der Protektor in der Bibliothek auf einen Bericht von ihr und Hilke über einen Brief auf seinem Schreibtisch wartete. Hilke sei vermutlich bereits auf dem Weg, er habe eben mit ihr gesprochen, und es ginge – als er es aussprach, schüttelte Mahr zornige, hilflose Abneigung – um Magie. Magie!

    "Mehr hat er nicht gesagt?", wollte sie wissen. "Er hat das Ding nicht angefasst?"

    Tristan war sich dessen nicht sicher, aber zumindest hatte der Protektor offenbar nicht vor, das Papier noch mehr anzufassen, sondern wollte auf fachkundige Meinung warten. Oder in Mahrs Fall zumindest – Meinung. Sie konnte sich gerade so zügeln, Tristan aufgebracht zu fragen, was er denn dachte, dass sie tun könnte, sie, deren einzige Berührungen mit Magie bis zu diesem Feldzug ausschließlich auf dem Schlachtfeld gewesen waren und selten zu ihrem Guten. Aber genau das war es, was sie von Galwine eindringlich verlangt hatte: Sie wollte alles Wichtige erfahren, sofort, egal wie wenig sie es verstehen würde.

    Also eilte sie mit Tristan mit, ihre Gedanken um Magie und Male und Ro Yaros und Raos blaues Feuer und Hillys kühle Hand auf ihrem offenen Bein wirbelnd, und versuchte, grimmig auszusehen, aber zuversichtlich, neue Herausforderungen zu bewältigen.

  • Hilke ließ sich von der Wache des Protektors in dessen Arbeitszimmer führen und blieb einen Moment unsicher vor dem Schreibtisch stehen. Es ließ sich auch mit etwas Abstand leicht erkennen, um welchen Brief es sich handelte. Die einzelne versiegelte Schriftrolle lag beinahe allein, viele andere Papiere, die man sonst auf dem Schreibtisch eines Protektors erwarten könnte, schien er mit in die Bibliothek genommen zu haben.

    Sollte sie auf Mahr warten? Oder direkt den Brief inspizieren, damit sie ihr bei ihrer Ankunft direkt ein Ergebnis mitteilen können würde? Ihre Nervosität legte sich wie ein zu enges Mieder um ihre Brust und sie konzentrierte sich auf eine ruhige Atmung, während sie sich vorsichtig dem Brief näherte.

    Eilige Schritte an der Tür ließen sie kurz zusammenzucken und sich gleich darauf über sich selbst ärgern. Wenn sie sich von den Ereignissen des Feldzuges nicht so aus der Bahn hätte werfen lassen, würde sie jetzt nicht bei jedem Geräusch aufschrecken. Mahr betrat den Raum, gefolgt von Tristan, der betont ein Stück vor der Tür stehen blieb und seine Aufgabe wohl als getan betrachtete.

    „Mahr. Seid gegrüßt, ich bin froh, das Tristan euch so schnell finden konnte.“

    Sie begrüßte Mahr formeller als sie es sonst tun würde, doch in dieser Situation, im Zimmer des Protektors, mit einem klaren Auftrag, kam es ihr falsch vor, keine Förmlichkeiten zu wahren. Hilke war auf einmal sehr froh darum, dass sie zuhause noch die Kohlestreifen auf Händen und Armen entdeckt und zügig abgewaschen hatte.

    Lyx wüsste jetzt, wie sie einen Versuchsaufbau starten und den Brief genau untersuchen würde, rief Hilke sich ins Gedächtnis. Versuch, so zu wirken, als wüsstest du was du tust und es wird sich irgendwie alles auflösen lassen.

    „Ich wollte mit der Analyse sicherheitshalber auf eure Ankunft warten.“ Nun, da Mahr bereits hier war, konnte sie die Situation auch gleich so darstellen, als hätte sie nicht mit dem Gedanken gespielt, möglichst schnell Antworten zu finden, um Mahrs Unbehagen zu beruhigen.

    Um Fragen von Mahr zu ihren Plänen zu verhindern und sich selbst über Mahrs düsteren, alarmierten Blick hinwegzutäuschen, sprach sie direkt weiter.

    „Ich kann ihn natürlich nicht auf Gifte testen lassen, wie Lyx, aber da er ja magisch hier aufgetaucht ist, dachte ich, ich gucke mal, ob er mit einem magischen Effekt belegt ist. Bestimmt ist das alles zu viel Aufhebens und dieser Brief kommt einfach von Rao oder so, nur falls irgendetwas schiefgeht ist der Protektor in Sicherheit und dabei allein sein wäre vielleicht nicht die beste Idee für mich, also. Ja. Gut, euch hier zu haben...“ Der letzte Satz klang fragender, als sie es beabsichtigt hatte.

  • "Wenn da was rauskommt, wo ich draufhauen kann, werd ich draufhauen", versicherte Mahr ihr, halb ein Scherz, halb für Hilly, halb für sich selbst. "Das ist ein Wisch Papier. Schlimmer als dieses schlaffe Gift wird’s nicht sein. Und wenn es wirklich von Rao ist, dann kann sie was erleben, uns so durch die Stadt zu jagen." Sie sah, wie wenig begeistert Hilly war. Mahr hatte sich daran gewöhnt, sie auf dem Schlachtfeld, in der Gruppe der Exilanten und zuletzt gegenüber dem Protektor sicher und tatkräftig zu sehen. Die junge Frau auf ihrem ersten Feldzug, die ständig den Tränen nah war und abends zitternd das Blut von ihren Händen wusch, war Hilly schon sehr lange nicht mehr. Mahr, die ungern an irgendetwas zurückdachte, hatte sich im Zuber plötzlich deutlich an sie erinnert. Hatte deutlich erkannt, wie wenig Jahre tatsächlich vergangen waren und wie sehr sie sie beide gehärtet hatten, auf unterschiedliche Weisen. Met, heißes Wasser, die Rauchpfeife und der Gesang hatten die Erinnerung an ihr Gespräch weichgespült, und trotzdem erinnerte sie sich genau, was sie zueinander gesagt hatten. Also fügte sie, ernster, hinzu: "Ich bin hier, in Ordnung? Ich geh nicht, bis wird das geklärt haben."

  • Bei Mahrs erstem Kommentar entwich Hilke trotz ihres Unbehagens kurz ein amüsiertes Kichern.

    Das leichte Klingeln in ihren Ohren, das sich mit jedem sich weiterdrehenden Gedanken verstärkt hatte, war mit Mahrs ernstem Zuspruch verstummt. Die Erinnerung, dass Mahr trotz ihrer Abneigung gegen Magie mit ihr hier im Raum stand und ihr vertraute, obwohl sie wohl die letzte war, die das nach dem Feldzug tun sollte, ließ einen fast vergessenen Trotz in Hilke aufsteigen, der durch ihren Körper rollte und wütend über ihre Unsicherheit hinweg wogte.

    Sie nickte Mahr kurz dankbar zu und drehte sich zielstrebig wieder dem Schreibtisch zu, stellte ihre Tasche ab, holte ihr Räucherwerk hervor und platzierte die Räucherschale auf einem steinernen Untersetzer auf dem Tisch. Ihr Blick wanderte kurz zum Stuhl des Protektors, dann zu Tristan hinter der Tür und wieder zurück, bevor ihre Miene sich entschlossen verhärtete und sie Platz nahm.

    Sie zündete die Kohle an, verteilte etwas Weihrauch darauf und zog den Kristall hervor, der ihr als Fokus diente.

    Mahr konnte sehen, wie der Rauch Hilli ins Gesicht stieg und sie tief einatmete, ehe sie sich die Hände vor die Augen legte, einige Bewegungen ausführte und dann langsam ihre Augen öffnete, die nun allerdings nur noch in die generelle Richtung des Briefes starrten, wie durch ihn hindurch.

    Einen langen Moment verweilte sie auf diese Art. Sie legte den Kopf schief, nach links, dann nach rechts und lies den Kristall an seinem Band langsam über dem Brief schwenken. Zuletzt nahm sie die Hände zurück vor die Augen, schien sich kurz zu schütteln, und ließ sie wieder sinken.

    Als sie zurück zu Mahr blickte waren ihre Augen klar und zielgerichtet.

    „An dem Brief ist zumindest absolut nichts Magisches.“ Hilkes Tonfall war vorsichtig neutral, ob sie erleichtert oder enttäuscht über diese Entdeckung war, war nicht zu sagen. „ Anscheinend wurde er irgendwie magisch hierher gebracht, aber sorgen müssen wir uns, was das angeht, schon mal nicht.“

    Dann stieß sie kurz ein ungeduldiges Schnauben aus, ihre Augen verengten sich, und sie fasste einen Entschluss.

    Ohne zu Zögern streckte sie die Hand aus, berührte den Brief, hob ihn an, schwenkte ihn vorsichtig durch die Luft und wartete einen Moment ab.


    „Vergiftet ist er auch nicht.

  • Mahr sah sich finster an, was Hilly über dem Brief herumfuhrwerkte. Wenn Hilly sich zu ihr umgedreht hätte, hätte sie Mahr mit den Händen wartend auf dem Rücken verschränkt gesehen, aber nicht, dass sie den Griff ihres Kurzschwerts so fest umklammerte, dass ihre Knöchel weiß wurden. Ihr Kiefer schmerzte, weil sie die Zähne so fest zusammenbiss. Wenn sie sich darauf konzentrierte, konnte sie den Nachhall des Knalls im Schädel und Brustkorb fühlen. Der Weihrauch, den Hilly verbrannte, stieg ihr ins Gesicht. Sie blinzelte und folgte dem Schwenken des blinkenden Kristalls und konnte nicht nachvollziehen, was Hilly da machte, auch wenn sie jetzt einige Male zugesehen hatte. Als sie abschließend die Hände auf die Augen legte, ohne dass irgendwas explodiert war oder Hilly zuckend rückwärts vom Stuhl des Protektors in ihre Arme gefallen war, lockerte Mahr vorsichtig den Griff um ihr Schwert.

    Hilly drehte sich um und sah ganz wach und normal aus. "An dem Brief ist zumindest absolut nichts Magisches", sagte sie nachdenklich. "Anscheinend wurde er irgendwie magisch hierher gebracht, aber sorgen müssen wir uns, was das angeht, schon mal nicht." Sie drehte sich zu dem Brief zurück, straffte die Schultern, schnaubte und schnappte ihn vom Tisch. Mahr, die sich gerade entspannt und ein paar dumme Fragen bereitgelegt hatte, brauchte einen Augenblick zu lang, um zu kapieren. "Vergiftet", verkündete Hilly dem Raum, "ist er auch nicht."

    "Hilke!", fauchte Mahr, machte einen Schritt vor und hatte ihr den Brief schon fast weggerissen, als sie es sich noch mal überlegte. Ausgerechnet Hilly, die ihr auf dem Feldzug noch eingeschärft hatte, niemals irgendwelche plötzlich materialisierten Gegenstände anzufassen. "Leg das wieder hin!" Dann, weil Hilly nicht besonders schuldbewusst dreinsah, sondern eher zufrieden mit sich und ihrer Gewissheit und außerdem ziemlich gesund: "Was soll das heißen, nicht magisch, aber magisch hergebracht?" Und mit einem Blick zur Tür: "Gib schon her. Oder lies vor."

  • Hilke hielt triumphierend den Brief in der Hand. Dass Mahr sie daraufhin wie erwartet anfuhr, wurde gemildert von der festen Gewissheit, die Ungefährlichkeit des Papieres bewiesen zu haben. Eine zufriedene Ruhe war über Hilke gekommen. Die leise Stimme ihrer Gedanken, die darum wusste, dass sie genauso gut hätte falsch liegen können, war von dem positiven Ergebnis und dem Stolz darüber weit abgedrängt worden.


    Sie blickte in Mahrs Gesicht, in dem das Misstrauen und der Schock langsam von einer erleichterten Frustration abgelöst zu werden schienen.


    "Das soll heißen, das hier ist ein ganz normaler Brief, der mithilfe einer Form von Magie, mit der ich mich nicht genauer auskenne, hierher geschickt wurde."


    Kurz dachte sie über die Möglichkeit, den Brief - potentiell und sogar wahrscheinlich von Rao - selbst zu lesen (vorzulesen!) nach, schüttelte aber schnell den Kopf und drückte Mahr die Schriftrolle in die ausgestreckte Hand.


    "Ich denke, es ist sicher, den Protektor seine Post lesen zu lassen. Wenn Ihr das Siegel brechen wollt, um den Inhalt zu prüfen, halte ich Euch nicht auf, aber das ist nicht mehr meine Entscheidung."


    Sie blickte über Mahrs Schulter zu Tristan, der noch immer mit einigem Abstand zum Türrahmen auf dem Gang stand und das Geschehen beobachtet hatte. "Du kannst dem Protektor Bescheid geben, dass die Schriftrolle selbst sicher ist und er beruhigt zurückkommen kann um der Öffnung beizuwohnen oder ihn selbst zu öffnen."

  • Es waren einige Minuten vergangen, als sie hören konnten, wie sich Schritte über den Gang vor den Gemächern näherten, das leise Scheppern der Rüstungen zu ihnen drang, als die Gardisten Haltung annahmen und schließlich der Protektor im Türrahmen erschien, Tristen nur wenige Schritte hinter sich.

    Er schien zu versuchen, die Situation mit Blicken zu erfassen, während er auf die beiden Frauen zutrat. Abgesehen davon, dass der leichte Geruch von Hilkes Räucherwerk noch in der Luft und der Brief nun nicht mehr auf dem Tisch, sondern in Mahrs Hand lag, konnte er keine unerwarteten Veränderungen beobachten.

    Er wirkte ernst und konzentriert, schaffte es aber, beiden zuzulächeln, während er sagte: „Gut, dass ihr so rasch kommen konntet. Und es freut mich, dass ihr so schnell zu einem Ergebnis gekommen seid.“

    Tristan hatte ihm dieses schon zusammengefasst und dass ausgerechnet Mahr den Brief nun offenbar bereitwillig in der Hand hielt, sprach Bände. „Habt ihr eine Theorie, was es damit auf sich hat?“

    Und an Mahr gewandt fügte er hinzu: „Seid so gut und gebt Tristan den Brief. Ich möchte ihn einmal genauer betrachten und dann soll er ihn öffnen und vorlesen.“ Letzteres war eindeutig auch für Tristans Ohren bestimmt gewesen, der es zwar nicht schaffte, Begeisterung in seinen Blick zu legen, aber bereitwillig vortrat und die Hand nach dem Brief ausstreckte.

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

    Einmal editiert, zuletzt von Galwine ()

  • Hilke war beim Geräusch der näherkommenden Schritte noch ein Stück hinter Mahr zurückgetreten und gab sich Mühe, gerade zu stehen und eine professionelle Miene aufzusetzen.

    "Ich habe keine aktiven magischen Effekte feststellen können und es ist ebenfalls sicher, den Brief mit bloßen Händen zu berühren. Meine Vermutung ist, dass jemand euch einfach möglichst zügig Post zuschicken wollte und dies auf magischem Weg getan hat."

    Sie verkniff sich eine Bemerkung über ihre Annahme, dass Rao, die auf dem Weg nach Exilia wieder verschwunden war, dem Protektor nun vielleicht lieber Briefchen schrieb als sich dem schlechten Wetter der Stadt auszusetzen. Stattdessen wartete sie mit den anderen darauf, dass Tristan dem Befehl des Protektors nachkam.

  • Galwine hatte einen genauen Blick auf das Siegel geworfen, als ihm Tristan den Brief hinhielt. Natürlich hatte er bei einem magisch erscheinenden Brief sofort an Rao gedacht und das Siegel kam ihm vage bekannt vor, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob er es wirklich korrekt mit Rao verband. Er hatte bereits Post von Rao bekommen. Das war zwar bereits zwei Jahre her - oder weniger, in ihrer Zeitrechnung- und es mochte sich manches verändert haben, aber ihr Brief hatte deutlich weniger offiziell gewirkt und war zudem nicht so sauber erschienen. Außerdem hatte sie damals einen anderen Weg gewählt, um ihn zuzustellen und er war beeist durch sehr viele Hände gegangen, ehe er endlich bei ihm angekommen war. Und er wusste, dass sie inzwischen ein eigenes Siegel besaß.
    Auf Galwines Nicken war Tristan zwei Schritte zurückgetreten und hatte das Siegel gebrochen. Nach einem Atemzug, während dessen er mit angespanntem Blick und in Erwartung etwas Schrecklichen auf die Schriftrolle gestarrt hatte, entrollte er sie, räusperte sich kurz und las vor.


    Der Orden der Chronisten richtet seine Grüße an den Protektor von Exilia.

    Wir kamen nicht umhin zu bemerken, dass sich unsere Schicksale durch unser beider Bekanntschaften zu kreuzen vermochten. Aus diesem Grund würden wir dem Protektorat nur allzu gerne unsere Aufwartung machen. Allem Anschein nach haben wir gemeinsame Interessen und der Orden würde diese gerne in Gemeinsamkeit verfolgen. Wir wollen Euch diesbezüglich weniger ein Angebot unterbreiten, als eher über potenzielle Möglichkeiten sprechen.

    Erwartet unsere Ankunft drei Tage nach Erhalt dieses Briefes zur Mittagsstunde. Sollte dies ungelegen kommen, so vermerkt dies bitte kurz auf eben diesem Schriftstück.

    Allzu große Umstände sind unseretwegen nicht von Nöten.


    Bis dahin verbleiben mit Dank und in Wohlwollen,


    Mag. A. Muntegar &

    Mag. D. Mahakala

    28. Tag der Rondra, Ordensfeste


    Anschließend war es für einen Moment still. Galwine sagte "Danke, Tristan", nahm diesem den Brief ab und ging um seinen Schreibtisch herum, um sich auf seinem Stuhl niederzulassen, den Brief vor sich auf dem Tisch ausbreitend. Diese kleine Pause konnte er gut gebrauchen, um seine Gedanken zu sortieren. Der Orden der Chronisten war ihm ein ungefährer Begriff. Rao hatte ihn mehrfach erwähnt und wenn er das richtig verstanden hatte, war sie sogar Teil davon. Auch der Name Muntegars kam ihm bekannt vor. Mahakala hingegen war ihm nicht geläufig. Raos Orden behauptete also gemeinsame Interessen und bot eine Zusammenarbeit an, jedoch ohne ihm ein Angebot machen zu wollen? Das klang etwas seltsam. War Rao möglicherweise in Schwierigkeiten? Oder waren sie Bittsteller, die ihm kein Angebot machen wollten, weil sie nichts zu bieten hatten, sich aber etwas von ihm erhofften? Das konnte er kaum glauben, denn wenn es sich um mächtige Magier handelte, die in der Lage waren Dinge in seinen Gemächern erscheinen zu lassen, dann hatten sie eine ganze Menge anzubieten. Er wusste nicht, ob er sich bei dem Gedanken wohl fühlte. Aber allein herauszufinden, ob Rao ihre Ankündigung kurz vor ihrem Verschwinden, nämlich sehr bald zurückzukehren, wahrmachen konnte, war schon viel wert.


    Nachdem er den Brief nocheinmal gelesen hatte, blickte er Mahr und Hilke in die Gesichter. Die Botschaft in dem Brief schien auf den ersten Blick banal. Dachten sie, er habe überzogen reagiert? Um sich selbst über diesen Gedanken hinwegzuhelfen, sagte er: "Gut, wir bekommen also Besuch, in drei Tagen, vom Orden der Chronisten. Sollten dieser Orden geruhen, einfach hier in meinen Gemächern zu erscheinen, so wie dieser Brief, gedenke ich, nicht anwesend zu sein. Mir scheint, Hilke, Ihr seid am besten geeignet, sie in Empfang zu nehmen. Ihr werdet also in drei Tagen zur Mittagsstunde hier auf sie warten. Sollten sie nicht hier, sondern irgendwo anders erscheinen, werdet Ihr zu diesem Ort eilen und sie dort gebührlich in Exilia willkommen zu heißen. Mahr, Euch kommt es zu, dafür zu sorgen, dass die Wachen instruiert sind, in dieser Zeit nicht sofort auf alles zu schießen, was möglicherweise aus dem Nichts heraus erscheint. Außerdem werdet Ihr dafür Sorge tragen, dass Hilke umgehend informiert wird, wenn unsere Besucher gesichtet werden. Erscheinen sie hier, werden sie zunächst in die Gästeresidenzen geführt, wo sie sich erfrischen können. Ich werde mich in der Zwischenzeit im Archiv oder der Schreibstube der Senatorin aufhalten, auf Nachricht warten und zu gegebener Zeit hierher zurückkehren, um unsere Besucher zu empfangen.
    Habe ich etwas übersehen?"

  • Etwas Anspannung war von Hilke abgefallen, als zu Beginn der Verlesung schnell klar geworden war, dass sie nicht gleich eine persönliche Nachricht überhören würde.

    Der Orden der Chronisten. Sie hatte diesen Namen irgendwo im Bezug auf Rao einmal gehört, konnte ihn aber beim besten Willen nicht mehr zuordnen. Auch die Namen, mit denen unterzeichnet worden war, waren ihr fremd. Formulierungen wie „Aufwartung“ und „potentielle Möglichkeiten“ und „Angebot unterbreiten“ zeigten klar, dass es sich bei der Sache um geschäftliche Angelegenheiten des Protektors handelte. Als er sich mit dem Brief an seinen Tisch setzte, fragte sie sich kurz, ob er bemerkt hatte, dass sein Stuhl verrückt worden war und tadelte sich dann selbst gedanklich dafür, dass sie momentan alles auf sich selbst bezog. Das hier war kein Test, der Protektor hatte nur jemanden zur Kontrolle der Nachricht gebraucht.


    Umso unvorbereiteter traf sie seine Anweisung, die Delegation in Empfang zu nehmen. So unvorbereitet sogar, dass sie sich einen Moment vergaß und ungläubig ansetzte zu fragen „Aber wa-!“ sie biss sich auf die Lippe, unterbrach sich und nahm die Hände wieder auf den Rücken, mit denen sie schon auf halben Weg zum wilden gestikulieren gewesen war.

    Sie zwang sich zu einer winzigen Pause und nickte dann kurz mit dem Kopf. „Wenn Ihr mir erlaubt zu fragen: wer sind diese Leute? Gibt es etwas bestimmtes, auf das ich bei ihrem Empfang achten soll? Das ist Raos Orden, nicht wahr?“ Hilkes Haltung und ihr Gesichtsausdruck ließen deutlich erkennen, dass diese drei Fragen bei weitem nicht alle waren, die ihr auf der Zunge lagen, trotzdem sprach sie nicht weiter.


    Wenn sie genauer darüber nachdachte, ergab es durchaus Sinn, in der aktuellen Lage Vorsicht walten zu lassen und nicht persönlich anwesend zu sein. Genau so etwas war, weshalb sonst andere die wichtigen Entscheidungen trafen. Sie hatte ja nicht einmal darüber nachgedacht, dass nach der Sicherung des Briefes noch weitere Vorsicht angebracht sein könnte. Und wenn es wirklich Raos Orden war, würden es dann alles Magier sein?

  • Am dritten Tage nach Ankunft des Briefes wurden um die zwölfte Stunde drei Besucher gemeldet, die über die große Brücke des Osttores in Richtung Exilia-Stadt gelaufen kamen. Zu Fuß und ohne weitere Begleitung. Scheinbar ungerüstet und ohne sichtbare Bewaffnung.

    Voran ging ein hochgewachsener und breit gebauter Mann mittleren Alters, der ungemein zielstrebig und trotzdem auffällig gelassen über die lange Brücke zu schlendern schien. Der Wind, der unablässig über die Brücke fegte, ließ seine lange Weste aus blauem Wollstoff energisch hinter ihm her wehen und hin und wieder tippte er sich an seinen auffälligen Topfhut, damit dieser ihm nicht vom Kopf geweht werden würde. Ihm folgte eine deutlich kleinere Gestalt, in einer ebenfalls blauen Robe gekleidet, die auf einen Gehstock gebückt hinter ihm lief.

    Gestützt wurde die zweite Person nach Angaben der Wachen durch eine jüngere Frau in rotem Ornat und mit wildem, hellem Haar, die diejenigen die sie kannten und denen direkt Bericht erstattet wurde, schnell als Rao identifizieren konnten. Nachdem die drei Besucher etwa zwei Drittel der Brücke hinter sich gebracht hatten, blieb der Mann, der vorausgegangen war, stehen, erhob seinen Blick in Richtung der Wachen an den Toren wobei er seine Hände lässig in das Leder seines breiten Ledergürtels stützte und begann dann zu sprechen. Er wäre eigentlich noch viel zu weit entfernt gewesen, als dass die Wachen ihn auf diese Entfernung hätten verstehen können, aber sein sonorer Bariton hallte auf (vermutlich) magisch verstärkte Weise problemlos bis an die Tore:

    “Der Orden der Chronisten grüßt das Protektorat Exilia! Gestatten, mein Name ist Magister Argathus Muntegar und mir deucht, ich und mein Kollege Magister Dajin Mahakala “ er deutete mit einer leichten Handbewegung zu seiner Linken “ werden bereits erwartet. Dürften wir näher treten?”
    Bei den letzten Worten hob er mit einem neckischen Augenzwinkern die Hände auf Schulterhöhe, um seine Unbewaffnung zu signalisieren. An der rechten Seite seines Gürtels hing - nun sichtbar geworden durch die erhobenen Arme - ein Kurzschwert in seiner Scheide.
    Die exilianischen Wachen, die in den letzten Tagen instruiert worden waren, schickten sofort einen Botenläufer in Richtung der großen Halle, erst dann signalisierten sie den drei Besuchern, näher zu kommen. Der vorderste Mann lächelte amüsiert, als er die Hände wieder herunternahm um dann in seiner betont lässigen Art weiter in Richtung Tor zu schlendern. Die anderen beiden folgten ihm etwas weniger grazil.

    "Äh... zu meiner Verteidigung: Ihr habt mich unbeaufsichtigt gelassen!"

    Einmal editiert, zuletzt von Rao ()

  • An diesem Morgen war Hilke früher aufgestanden als gewöhnlich. Die drei Tage Vorbereitungszeit hatten ihr genügend Abstand gegeben, um gelassener auf die Begegnung zu blicken. Sie mochte keine gelernte Diplomatin sein, aber ihre Aufgabe bei diesem Empfang würde hoffentlich nicht anders sein, als im Lager auf den Feldzügen die gewohnte Gastfreundschaft zu zeigen. Nur das Ausmaß war größer. Und hier in der Stadt gab es, dachte sie, eigentlich auch bestimmt andere Personen, die für einen beeindruckenden Empfang besser geeignet wären. Nichtsdestotrotz würde sie den Anweisungen des Protektors Folge leisten.

    Sie hatte sich viel Zeit für eine Reihe morgendlicher Dehnübungen genommen - in ihrer eigenen Stube, denn den Tag auf der Promenade der Unsterblichen zu beginnen, quasi direkt vor den Fenstern der Gemächer des Protektors, war ihr ausgerechnet heute besonders unpassend erschienen – und hatte die Ruhe, die mit der darauf folgenden leichten körperlichen Erschöpfung einherging, genossen und sich dann für den Rest des Tages bereitgemacht.


    Zu Mittag stand sie also in ihren guten Kleidern allein in den Gemächern des Protektors, wo vor drei Tagen die ganze Sache begonnen hatte und blickte gedankenverloren aus dem Fenster aufs Meer hinaus, als sie eilige Schritte im Gang hörte. Auch die zwei Gardistinnen nahmen ihre Blicke vom Schreibtisch des Protektors, der erneut unter misstrauischer Beobachtung stand (Hilke fragte sich, womit sie rechneten. Dachten sie eine Delegation Magier würde einfach auf dem Tisch erscheinen?) und wandten sich der Tür zu. Nachdem die Botin die Nachricht von den drei Personen am Tor übermittelt hatte, und Hilke sich vergewissert hatte, das ebendiese Nachricht auch den Protektor erreichen würde, eilte sie aus der großen Halle und die Straßen Exilias herab in Richtung des Osttores.


    Kurz nachdem die drei Besucher das Tor erreicht hatten und von der Wache informiert worden waren, dass jemand für sie unterwegs war, konnten sie eine Gestalt die Hauptstraße heruntereilen sehen, die sich an den Menschen auf dem Platz vor Tor vorbeischlängelte und dann leicht außer Atem vor der Gruppe stehen blieb. Die junge Frau trug einen grünbraunen Mantel, mehrere Lagen Schals und Tücher um die Schultern und eine braune Mütze, auf die rund um den Rand liebevoll kleine Schildkröten gestickt worden waren. Von ihren Ohren baumelten ebenfalls winzige metallene Schildkröten.

    „Seid gegrüßt! Mein Name ist Hilke aus Exilia, mir wurde aufgetragen, Euch in Empfang zu nehmen. Verzeiht, wir waren nicht sicher, wie Ihr anreisen würdet. Ich hoffe, Ihr musstet nicht zu lang warten. Willkommen in Exilia.“

    Ihre Wangen leuchteten beinahe so rot wie Raos Roben, es war nicht zu sagen, ob der kühle Wind, die Anstrengung oder Verlegenheit der Grund war.

    Als sie Rao bemerkte, würde ihr höfliches Lächeln breiter und herzlicher. „Rao, es ist schön Eu- dich zu sehen! Wir wussten nicht, ob du auch kommen würdest.“

  • Argathus Muntegar war wahrlich eine beeindruckende Gestalt: Groß gewachsen und für einen Magier vergleichsweise schlicht gekleidet, machte er diesen Umstand durch grenzenlose Selbstüberzeugung mehr als wett. Sein rundes, glattrasiertes Gesicht wurde lediglich durch eine Bundhaube und den großen Hut eingerahmt, dessen Vorderseite das Relief eines stilisierten Auges zierte und um seine eigenen Augen zeichneten sich zahlreiche Lachfalten ab. Muntegar schien außerordentlich zufrieden mit sich selbst und ihrem Auftritt zu sein und schmunzelte unentwegt amüsiert vor sich hin, während er der Wache gerne sein Kurzschwert überreichte. Dajin Mahakala hingegen war deutlich weniger eindrucksvoll: Er machte einen unfassbar alten und gebrechlichen Eindruck, der Bände darüber sprach, dass die drei Besucher sicher keinen allzu weiten Weg zu Fuß zurückgelegt hatten. Seine Haut war aschfahl und schien nur aus tiefen Furchen und Falten zu bestehen, aus denen seine Augen eisblau heraus zu leuchten schienen. Seine komplett bandagierten Hände hielten einen Gehstock aus dunklem Holz umklammert und Rao stützte ihn auf ihre Art fast fürsorglich am linken Arm und trug dafür Sorgfalt, dass er in seiner gebückten Haltung nicht über seinen weißen und mit zahlreichen hölzernen Perlen geschmückten Bart stolpern würde, der so lang war, dass er fast den Boden berührte.

    Man sah Rao an, dass sie sich deutlich zügeln musste, Hilke nicht zur Begrüßung um den Hals zu fallen. Stattdessen grinste sie sehr breit und winkte ihr mit ihrer freien Hand sehr energisch zu.

    Muntegar warf daraufhin einen kurzen, amüsierten Blick über seine Schulter auf sie, worauf Rao prompt wieder versuchte, so etwas ähnliches wie Haltung anzunehmen. Dann wandte sich Muntegar Hilke zu:

    “Habt vielen Dank, Madame für diesen netten Empfang." Er deutete eine leichte Verbeugung dabei an. “Ich hoffe wirklich, Ihr habt Euch unseretwegen nicht allzu viele Umstände gemacht. Das wäre ist wirklich nicht nötig gewesen. Aber nun, ich meine mich zu Erinnern, dass wir eine Verabredung haben? Würdet Ihr mir die Ehre erweisen…?” Er machte Anstalten zu gehen und bot dabei Hilke seinen Arm an. Fast hätte man den Eindruck erhalten können als wäre er es, der hier jemandem den Weg zu weisen hatte und nicht umgekehrt...

  • Zeigt Ihnen Exilia, falls sie daran interessiert sind. Hilke dachte an die Anweisung des Protektors, warf einen Blick auf Magister Mahakala und entschied, dass eine ausgiebige Führung vielleicht nicht die klügste Idee war, zudem Magister Muntegar sehr entschlossen schien, schnell zum Punkt seines Besuches kommen zu wollen. Was auch immer der war. Bei seinen Worten an sie überkam sie eine vertraute Ruhe. Er schien eine dieser Personen zu sein, die so überzeugt von sich waren, dass man nicht umhin konnte, darauf zu vertrauen, dass sie wussten, was zu tun war.

    Als er ihr seinen Arm anbot, fror sie einen kurzen Moment ein und versuchte im Bruchteil einer Sekunde zu entscheiden, ob es in der Situation unangemessener wäre, am Arm eines fremden Magisters durch die Stadt zu spazieren oder ihn zurückzuweisen. Die Sympathie siegte und Hilke hakte sich leicht zögerlich bei ihm ein. „Der Protektor wird uns in der Großen Halle erwarten. Ihr seid schließlich aus einem Grund hier...“ Das Ende des letzten Satzes ließ sie offen, falls einer der drei bereits auf dem Weg etwas zum Grund des Besuches verlauten lassen wollte.

  • "In der Tat, in der Tat... aber selbst wenn wir das nicht wären," Muntegar sah sich interessiert um, während sie sich auf den Weg in Richtung der Großen Halle machten "ist ja auch so ganz..." Er zögerte kurz "nett hier." Er warf Hilke daraufhin einen aufmunternden Blick zu, die immernoch leicht perplex ihren Arm in seinen gelegt hatte und zusätzlich darauf achten musste, deutlich größere Schritte als ihr Gehpartner zu machen, wenn sie nicht stolpern, oder vom zügigen Schritt Muntegars abgehängt werden wollte.

    Rao führte Magister Mahakala hinter ihnen her und konnte ihrerseits ihre unverhohlene Neugierde nicht verbergen, die ihr in jedem Augenblick erneut ins Gesicht zu dringen schien, sobald ein neues Detail in ihr Blickfeld gedrungen war. Es war nicht unschwer zu erkennen, dass sie stark an sich halten musste, den alten Magier nicht einfach stehen zu lassen und auf eigene Faust die Stadt zu erkunden und die Menschen zu suchen, die sie kannte.

    "Äh... zu meiner Verteidigung: Ihr habt mich unbeaufsichtigt gelassen!"

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  • Der Weg zur großen Halle verlief ohne Zwischenfälle, sah man davon ab, dass sich einige Exilanten neugierig umdrehten, um der ungewöhnlichen Gruppe hinterher zu sehen.

    Hilkes Sympathie gegenüber Muntegar hatte mit seinem Ringen um einen netten Kommentar der Stadt gegenüber einen kleinen Dämpfer erlitten und seine großen Schritte,mit denen sie zwar mithalten konnte, die jedoch ihrer Meinung nach wenn nicht von Respektlosigkeit, so wenigstens Unbedachtheit seinem älteren Kollegen gegenüber zeugten, verbesserten den Eindruck nicht weiter.

    Am Tor zur Großen Halle, deren Kuppel schon von weitem in den Straßen zu sehen gewesen war, machte sich die kleine Delegation daran, die Treppe zum Haupttor der großen Halle emporzusteigen. Hilke, die sich leicht außer Atem dem eiligen Schritt Muntegars angepasst hatte, drehte sich kurz besorgt in Richtung Rao und Magister Mahakala um, nutzte die Gelegenheit, um sich von Muntegars Arm zu lösen und die Treppen vor den Dreien hochzueilen. Sie bat eine der Torwachen darum, den greisen Magister auch von der anderen Seite beim Aufstieg der Treppe zu unterstützen und der junge Soldat lief die Treppe hinunter und griff beherzt zu, um den Mann zu ebenfalls zu stützen.

    Die zweite Torwache lies sie das Haupttor passieren und Hilke schritt dicht gefolgt von Muntegar in die große Halle.

    Sofort war zu spüren, dass die Temperatur innen sich stark von der schneidenden Kälte draußen unterschied. Hilke führte die Gäste um die große, wohlige Wärme abstrahlende Feuerstelle in der Mitte des Marmorbodens herum und machte vor dem hohen Tisch halt, an dem bereits die für Rao vertraute Gestalt des Protektors wartete.

    Sie räusperte sich kurz verlegen und begann dann mit den Worten, die sie sich den ganzen Weg lang zurechtgelegt hatte.


    „Ich darf vorstellen: Magister Muntegar und Mahakala, sowie Rao vom Orden der Chronisten“ Sie trat einen Schritt beiseite, um den Blick auf die Gäste freizugeben.