Hilke hörte dem Redefluss Raos interessiert zu und versuchte trotz der Geschwindigkeit der Informationen, alles zu behalten. Es tat gut, einfach mal wieder entspannt mit jemandem über etwas anderes als Arbeit oder das Wetter zu sprechen, dem man keine vorsichtige Höflichkeit obgleich seiner Stellung entgegenbringen musste.
Als Rao vor dem Grünen Graden kurz innehielt, bestätigte Hilke, dass sie angekommen waren und öffnete die Tür zum Gasthaus, nicht ohne zu versichern "Wenn wir etwas zu essen haben und einen warmen Platz zum sitzen, musst du mir alles von diesem Theaterstück erzählen!"
Im Innern des Hauses war es warm vom Feuer des Kamins an einer Wand und obwohl es nicht zu laut war, um sich noch unterhalten zu können, klirrte und klapperte Geschirr von den Tischen, die besetzt waren mit lachenden, sich unterhaltenden Exilanten, die hier ihr Mittagessen aßen. Hilke führte Rao am Tresen entlang, hinter dem eine erstaunlich kleine kleine Frau mit knolliger Nase, dunklem, krausen Haar und Lachfältchen um die Augen stand und gerade Getränke zapfte. "Schönen Tag, Eli!" grüßte sie im Vorbeigehen."Rao, darf ich vorstellen: Karelia Köhler, ihr gehört der Grüne Graben und wenn sie mal frei hat, ist sie quasi unschlagbar im Würfeln." Die Frau blickte auf, grinste den beiden breit zu, wobei ihre Mundwinkel fast bis zu ihren Ohren wanderten und winkte ab "Ach, das sagt sie nur um zu rechtfertigen, dass sie immer verliert. Hilli, wen hast du denn da neues mitgebracht?"
„Das ist Rao, sie ist zum ersten Mal in Exilia, wir kennen sie von den Sommerfeldzügen. Ihre Vorgesetzten haben gerade eine Audienz in der großen Halle und ich zeige ihr jetzt ein bisschen die Stradt.“ Über Hilkes Schulter hinweg winkte Rao der kleinen Wirtin überschwinglich zu. „Schön, dich kennen zu lernen, Karelia! Eli?“ "Ja, ja, ebenso, ebenso." Karelia nickte ihr kurz zu und wandte sich dann wieder ihrer Arbeit zu.
Bevor Hilke einen der freien Tische im hinteren Teil der Stube ansteuern konnte, fiel der Wirtin noch ein „Ach, Hilli! Deine eine Freundin, wie heißt sie noch gleich? - na, die mit den Pinseln im Haar, die sitzt da drüben und ließt wieder mal eins eurer Bücher.“
„Oh, vielen Dank! Siehst du Rao, ich hab doch gesagt, hier treffen wir nette Leute. Hast du mal Shuja kennengelernt? Sie war auf dem vorletzten Feldzug mit dabei.“ Hilke war dem Fingerzeig Karelias gefolgt und hatte Shuja an einem Tisch in der Ecke erkannt, wo diese konzentriert über ein aufgeschlagenes Buch gebeugt saß und sich ab und an Notizen machte. Neben dem Buch lag ein scheinbar vergessenes Stück Brot auf einem Teller. Aus Shujas blondem Haarknoten ragte ein Pinsel und dort, wo ihr Ärmel beim Schreiben nach oben rutschte, waren einige blassblaue Farbtupfer auf ihrem Arm zu erkennen.