Beiträge von Galwine

    Hallo Tobias,

    danke für deine Rückmeldung und deine Mühe.

    Es ist für mich natürlich im Bezug auf diese Zollmarke gut, dass du sie freigibst.

    Insgesamt würde ich auch gerne am Zollmarkensystem festhalten, denn die Verknüpfung mit dem Kampagnenspiel war für mich in den letzten Jahren immer ein schöner Anreiz für Handelsspiel, den ich ungern verlieren würde.

    Das schließt auch überhaupt nicht aus, dass auch mit anderen Waren(scheinen) gehandelt wird. Letzteres empfinde ich ach als Bereicherung. Es erfordert bloß, dass man anerkennt, dass es Unterschiede zwischen Zollmarken und Handelsscheinen gibt.

    Ich bleibe auf die weitere Entwicklung gespannt.

    Ich bin auf dem JdS bereits darauf gestoßen (konnte dort damit aber gut umgehen und empfand es als Bereicherung), wurde aber auf dem ConQuest sogar OT von einem Handelspartner angewiesen, Warenbelege, die von der Seehandelsgilde gesiegelt wurden, als gleichwertig gegenüber Zollmarken mit entsprechenden Nummern zu behandeln. Ich sah mich OT genötigt, den im Anhang dieser Nachricht zu findenden Zettel anzunehmen und davon auszugehen, dass ich dafür im Kampagnenspiel Erz gutgeschrieben bekäme. Mir scheint aber, dass das das Zollmarkensystem untergraben soll und das möchte ich natürlich nicht unterstützen. Ich habe in diesem speziellen Fall meinem Mitspieler angekündigt, dass wir daraus Konfliktspiel machen können, wenn der Warenbeleg nicht als Zollmarke im Sinne des Kampagnenspiels akzeptiert wird.

    Deshalb meine diesbezüglichen Fragen an die Orga: Welche Gültigkeit besitzen diese Warenbelege? Sind sie im Kampagnenspiel gleichwertig mit Zollmarken? Und umgekehrt: Wird an dem Zollmarkensystem festgehalten?


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    Don Martinius Balboa : Kannst du mir etwas dazu schreiben?

    Ich bin auf dem JdS bereits darauf gestoßen (konnte dort damit aber gut umgehen und empfand es als Bereicherung), wurde aber auf dem ConQuest sogar OT von einem Handelspartner angewiesen, Warenbelege, die von der Seehandelsgilde gesiegelt wurden, als gleichwertig gegenüber Zollmarken mit entsprechenden Nummern zu behandeln. Ich sah mich OT genötigt, den im Anhang dieser Nachricht zu findenden Zettel anzunehmen und davon auszugehen, dass ich dafür im Kampagnenspiel Erz gutgeschrieben bekäme. Mir scheint aber, dass das das Zollmarkensystem untergraben soll und das möchte ich natürlich nicht unterstützen. Ich habe in diesem speziellen Fall meinem Mitspieler angekündigt, dass wir daraus Konfliktspiel machen können, wenn der Warenbeleg nicht als Zollmarke im Sinne des Kampagnenspiels akzeptiert wird.

    Deshalb meine diesbezüglichen Fragen an die Orga: Welche Gültigkeit besitzen diese Warenbelege? Sind sie im Kampagnenspiel gleichwertig mit Zollmarken? Und umgekehrt: Wird an dem Zollmarkensystem festgehalten?


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    Ich pushe Bócks Nachfrage mal:
    Wann ist der nächste Kampagnenspielzug geplant? Damit verknüpft sind für mich konkrete Fragen wie: Soll ich erhandelte Waren vom JdS, die im nächsten Spielzug benötigt werden, schon jetzt einreichen oder erst nach dem ConQuest? Muss ich, um meinen Verhandlungen vom JdS treu zu bleiben (z.B. Warenlieferungen, Schiffbau, Truppenverlegungen), schon einen neuen Spielzug einreichen?

    Ansprechpartner: Philipp (Galwine) und Tommy (Amun)

    Gruppe: Exilia, Amun & Gefährten, Lionheart Crew

    Anzahl Spieler/Tickets: 20 [21] (8x Exilia, 4x Amun&Gefährten, 8x Lionheart Crew) [+1x Fionna]

    Spielerart: Primär zivil mit relativ wenigen Kämpfenden, aber voraussichtlich sehr gutem Zugriff auf eine stark kampforientierte größere Tross-Gruppe, uns interessieren Kämpfe also auch sehr.


    Zelte:

    Exilia

    Ritterzelt 5x5 m

    Ritterzelt 4x4 m

    Sahara 400

    Sonnensegel 5x5 m


    Amun&Gefährten,Lionheart Crew

    1x A-Zelt 3,5x3,5 m

    1x Sahara 300

    2x Sahara 400

    1x Ritterzelt 4x4 m

    1x Sonnensegel 5x6 m

    1x Sonnensegel 4x4,5 m

    1x Sonnensegel 3x2,5 m


    Wunschnachbarn: Eisenwald, Raetien, Goldfänge


    Sonstiges: Wir sind potentiell lange laut und daher keine geeigneten Nachbarn für Gruppen mit kleinen Kindern.


    Ankunft: Sonntag evtl. bereits Samstag

    Ansprechpartner: Philipp (Galwine)

    Gruppe: Exilia

    Anzahl Spieler/Tickets: (4) 3


    Zelte: Ritterzelt 5x5 m

    Sonstiges: Sonnensegel 4x4


    Wunschnachbarn:


    Ankunft: Dienstag

    Nach Raos überschwänglicher Begrüßung konnte Galwine seine Erheiterung kaum verbergen, als er sie mit einem bedächtigen Nicken und ruhigem „Hallo Rao!“ erwiderte.

    Er wusste ich nicht, was die wahre Natur dieses Besuches war, hielt daher an seiner abwartend-gelassenen Grundhaltung fest und quittiere Muntegars ersten Kommentar lediglich mit einem wissenden, diplomatischen Lächeln. Auf den zweiten antwortete er mit einem „Euer Besuch bedeutet bisher keinen unangemessenen Aufwand!“, ehe er sich Magister Mahakala zuwandte, der hörbar zu Sprechen angehoben hatte.

    Seine Worte hatten das Potential, Galwine zu verwirren. Sechs Augen? Waren sie nicht zu fünft? Oder wollte Mahakala allein mit ihm sprechen und hatte möglicherweise mehr Augen, als er sehen konnte? Aber er wollte sich nicht anmerken lassen und das Leuchten in Mahakalas Augen lud auch nicht dazu ein, zu dem diplomatischen Geplänkel auszuholen, das er bei anderen Gästen erwartet hätte, ehe man sich nach dem Austausch allerlei Höflichkeiten und vielleicht einem ausgiebigen Mahl langsam dem eigentlichen Grund des Besuchs zuwandte.

    Aber er hatte ohnehin nicht vorgehabt, hier Verhandlungen zu führen. Es war bloß der geeignete Ort für die Begrüßung gewesen. Also zwang er sich, dem Blick standzuhalten und antwortete: „Ganz wie Ihr wünscht! Tatsächlich habe ich bereits einen der Nebensäle vorbereiten lassen. Wenn Ihr mir folgen wollt…?“

    Er stieg von dem Podest herunter und ging auf einen der Seitengänge auf der Ostseite zu, darauf achtend, dass Mahakala Schritt halten konnte. In einer Seitennische, die sie passierten, stand die überlebensgroße Büste eines Mannes, dessen ungewöhnlicher Hut mit einer großen Muschel und einem Spruchband verziert war, auf dem „Mein Hort vor Wind und Meer“ zu lesen war.

    Nachdem sich Galwine nach rechts gewandt hatte, erreichten sie eine Tür, vor der zwei Gardisten Wache hielten. Einer von ihnen öffnete die Tür und Galwine führte seine Gäste in den dahinterliegenden Saal. Es gab Fenster, die nach Osten blickten, einen Kamin, in dem ein Feuer loderte und den Raum angenehm erwärmte und eine lange Tafel in der Mitte des Raumes, an der dreißig Gäste problemlos Platz gefunden hätten. Am oberen Tischende waren fünf Plätze eingedeckt.

    Galwine nahm auf einem breiten Stuhl mit verzierter Lehne vor Kopf platz und wies einladend auf die übrigen Plätze.

    Zuletzt betraten drei Gardisten den Raum, die ihnen aus der großen Halle gefolgt waren, und nahmen Positionen ein, wo sie anschließend weitgehend reglos verharrten. Galwine schien sie nicht wahrzunehmen. Er sah seine Gäste erwartungsvoll an. „Ich hoffe, dieser Rahmen scheint Euch angemessen?“

    Galwine, der auf seinem Platz in der Mitte der Tafel saß, hatte sich leise mit einem alten Mann in langer, leicht abgetragener Robe und mit langem grauen Bart unterhalten, der auf einem Stuhl zu seiner Rechten Platz genommen hatte. Man hätte Zirombil für einen Magier halten können, aber obwohl der Apotheker und Meister der Forschenden Zünfte mitunter Wunder zu vollbringen schien, gab es niemanden, der beschwören konnte, ihn einmal Magie wirken gesehen zu haben. Die übrigen Stühle am Hohen Tisch waren leer. Einzig Tristan stand unweit der östlichen Tür an der Stirnseite der Halle, hielt ein Tablett mit einem Krug in den Händen und ließ den Protektor nicht aus dem Blick. Rechts und links an den Wänden der Halle standen einige Gardisten.


    Als Hilke mit den Besuchern die Halle betrat, in der es zwar vergleichsweise still war, die aber dennoch immer wieder von geschäftigen Exilanten durchquert wurde und neben dem Prasseln des Feuers vom Gemurmel aus zwei der Nischen an der Ost- und Westseite erfüllt war, hatte er sie sofort bemerkt. Über die weite Distanz mochte es sein, dass er ihren Blick gesucht hatte, doch dann hatte er sich erneut Zirombil zugewandt und offenbar das Gespräch beendet, denn kurz darauf erhob dieser sich, machte eine Verbeugung und verschwand mit vorsichtigen kleinen Schritten in einem der Gänge auf der Westseite.

    Unterdessen erhob sich auch Galwine und schritt um den Tisch herum, die kleine Gruppe, die sich ihm näherte, in den Blick nehmend. Er hatte seine Mimik unter Kontrolle und bewahrte die souveräne Countenance des Herrschers in seinen Hallen, der er war- hier noch mehr als in einem der vielen Nebenräume-, aber als er Rao erblickte, wogten für einen Moment Erleichterung und Freude über ihn hinweg. Unmittelbar nach ihrem Verschwinden in den Tunneln Terras hatte sich die Welt zu seiner Überraschung nicht leerer, dafür aber unfreundlicher und kälter angefühlt. Dieses Gefühl war im Laufe der Zeit schwächer geworden, hatte sich bald an den Rand seines Unterbewusstseins zurückgezogen und war während einiger Momente der vergangenen Reise sogar ganz verschwunden, aber jetzt, da er sie durch die Halle auf ihn zukommen sah, legte sich ein sanftes, unwillkürliches Lächeln auf sein Gesicht und ein freudiges Glitzern trat in seine Augen.

    Dann aber riss er sich zusammen und konzentrierte sich auf die Aufgabe, die nun vor ihm lag und betrachtete die beiden Herren.

    Dies also waren jene Meister, von denen Rao so oft respektvoll gesprochen hatte. Zumindest im Bezug auf die Wahl der Farben, in die sie sich kleideten, fühlte er sich ihnen spontan verbunden.

    Es war unschwer zu erkennen, wer von ihnen der Wortführer sein würde.


    Er erwartete sie am Rand des niedrigen Podests. Als Hilke nah genug herangekommen war, sah er sie erwartungsvoll und auffordernd an, nickte während ihrer Vorstellung jedem der Gäste freundlich zu, bedankte sich schließlich bei ihr mit einem weiteren Blick und sagte ruhig: „Seid gegrüßt! Ich bin Galwine Camdagnir.“ Mit einer zugleich einladenden und präsentierenden Geste breitete er leicht die Arme aus und fügte hinzu: „Willkommen in Exilia!“

    Galwine hatte einen genauen Blick auf das Siegel geworfen, als ihm Tristan den Brief hinhielt. Natürlich hatte er bei einem magisch erscheinenden Brief sofort an Rao gedacht und das Siegel kam ihm vage bekannt vor, auch wenn er sich nicht ganz sicher war, ob er es wirklich korrekt mit Rao verband. Er hatte bereits Post von Rao bekommen. Das war zwar bereits zwei Jahre her - oder weniger, in ihrer Zeitrechnung- und es mochte sich manches verändert haben, aber ihr Brief hatte deutlich weniger offiziell gewirkt und war zudem nicht so sauber erschienen. Außerdem hatte sie damals einen anderen Weg gewählt, um ihn zuzustellen und er war beeist durch sehr viele Hände gegangen, ehe er endlich bei ihm angekommen war. Und er wusste, dass sie inzwischen ein eigenes Siegel besaß.
    Auf Galwines Nicken war Tristan zwei Schritte zurückgetreten und hatte das Siegel gebrochen. Nach einem Atemzug, während dessen er mit angespanntem Blick und in Erwartung etwas Schrecklichen auf die Schriftrolle gestarrt hatte, entrollte er sie, räusperte sich kurz und las vor.


    Der Orden der Chronisten richtet seine Grüße an den Protektor von Exilia.

    Wir kamen nicht umhin zu bemerken, dass sich unsere Schicksale durch unser beider Bekanntschaften zu kreuzen vermochten. Aus diesem Grund würden wir dem Protektorat nur allzu gerne unsere Aufwartung machen. Allem Anschein nach haben wir gemeinsame Interessen und der Orden würde diese gerne in Gemeinsamkeit verfolgen. Wir wollen Euch diesbezüglich weniger ein Angebot unterbreiten, als eher über potenzielle Möglichkeiten sprechen.

    Erwartet unsere Ankunft drei Tage nach Erhalt dieses Briefes zur Mittagsstunde. Sollte dies ungelegen kommen, so vermerkt dies bitte kurz auf eben diesem Schriftstück.

    Allzu große Umstände sind unseretwegen nicht von Nöten.


    Bis dahin verbleiben mit Dank und in Wohlwollen,


    Mag. A. Muntegar &

    Mag. D. Mahakala

    28. Tag der Rondra, Ordensfeste


    Anschließend war es für einen Moment still. Galwine sagte "Danke, Tristan", nahm diesem den Brief ab und ging um seinen Schreibtisch herum, um sich auf seinem Stuhl niederzulassen, den Brief vor sich auf dem Tisch ausbreitend. Diese kleine Pause konnte er gut gebrauchen, um seine Gedanken zu sortieren. Der Orden der Chronisten war ihm ein ungefährer Begriff. Rao hatte ihn mehrfach erwähnt und wenn er das richtig verstanden hatte, war sie sogar Teil davon. Auch der Name Muntegars kam ihm bekannt vor. Mahakala hingegen war ihm nicht geläufig. Raos Orden behauptete also gemeinsame Interessen und bot eine Zusammenarbeit an, jedoch ohne ihm ein Angebot machen zu wollen? Das klang etwas seltsam. War Rao möglicherweise in Schwierigkeiten? Oder waren sie Bittsteller, die ihm kein Angebot machen wollten, weil sie nichts zu bieten hatten, sich aber etwas von ihm erhofften? Das konnte er kaum glauben, denn wenn es sich um mächtige Magier handelte, die in der Lage waren Dinge in seinen Gemächern erscheinen zu lassen, dann hatten sie eine ganze Menge anzubieten. Er wusste nicht, ob er sich bei dem Gedanken wohl fühlte. Aber allein herauszufinden, ob Rao ihre Ankündigung kurz vor ihrem Verschwinden, nämlich sehr bald zurückzukehren, wahrmachen konnte, war schon viel wert.


    Nachdem er den Brief nocheinmal gelesen hatte, blickte er Mahr und Hilke in die Gesichter. Die Botschaft in dem Brief schien auf den ersten Blick banal. Dachten sie, er habe überzogen reagiert? Um sich selbst über diesen Gedanken hinwegzuhelfen, sagte er: "Gut, wir bekommen also Besuch, in drei Tagen, vom Orden der Chronisten. Sollten dieser Orden geruhen, einfach hier in meinen Gemächern zu erscheinen, so wie dieser Brief, gedenke ich, nicht anwesend zu sein. Mir scheint, Hilke, Ihr seid am besten geeignet, sie in Empfang zu nehmen. Ihr werdet also in drei Tagen zur Mittagsstunde hier auf sie warten. Sollten sie nicht hier, sondern irgendwo anders erscheinen, werdet Ihr zu diesem Ort eilen und sie dort gebührlich in Exilia willkommen zu heißen. Mahr, Euch kommt es zu, dafür zu sorgen, dass die Wachen instruiert sind, in dieser Zeit nicht sofort auf alles zu schießen, was möglicherweise aus dem Nichts heraus erscheint. Außerdem werdet Ihr dafür Sorge tragen, dass Hilke umgehend informiert wird, wenn unsere Besucher gesichtet werden. Erscheinen sie hier, werden sie zunächst in die Gästeresidenzen geführt, wo sie sich erfrischen können. Ich werde mich in der Zwischenzeit im Archiv oder der Schreibstube der Senatorin aufhalten, auf Nachricht warten und zu gegebener Zeit hierher zurückkehren, um unsere Besucher zu empfangen.
    Habe ich etwas übersehen?"

    Es waren einige Minuten vergangen, als sie hören konnten, wie sich Schritte über den Gang vor den Gemächern näherten, das leise Scheppern der Rüstungen zu ihnen drang, als die Gardisten Haltung annahmen und schließlich der Protektor im Türrahmen erschien, Tristen nur wenige Schritte hinter sich.

    Er schien zu versuchen, die Situation mit Blicken zu erfassen, während er auf die beiden Frauen zutrat. Abgesehen davon, dass der leichte Geruch von Hilkes Räucherwerk noch in der Luft und der Brief nun nicht mehr auf dem Tisch, sondern in Mahrs Hand lag, konnte er keine unerwarteten Veränderungen beobachten.

    Er wirkte ernst und konzentriert, schaffte es aber, beiden zuzulächeln, während er sagte: „Gut, dass ihr so rasch kommen konntet. Und es freut mich, dass ihr so schnell zu einem Ergebnis gekommen seid.“

    Tristan hatte ihm dieses schon zusammengefasst und dass ausgerechnet Mahr den Brief nun offenbar bereitwillig in der Hand hielt, sprach Bände. „Habt ihr eine Theorie, was es damit auf sich hat?“

    Und an Mahr gewandt fügte er hinzu: „Seid so gut und gebt Tristan den Brief. Ich möchte ihn einmal genauer betrachten und dann soll er ihn öffnen und vorlesen.“ Letzteres war eindeutig auch für Tristans Ohren bestimmt gewesen, der es zwar nicht schaffte, Begeisterung in seinen Blick zu legen, aber bereitwillig vortrat und die Hand nach dem Brief ausstreckte.

    „Nyx, ich werde nicht vergessen, dass ich mir wünsche, dass der Thul’Heen, sollte er sich Euretwegen ein weiteres Mal in unser Lager begeben, dies aus einem erfreulichen Grund tut. Aber im Eifer eines Feldzugs muss man wohl über Vieles hinwegsehen und zum Glück scheint auch er dazu in der Lage. Daher: Auch Ihr seid deutlich über Euch hinaus gewachsen und mag diese Entwicklung auch bereits in den letzten Jahren graduell zu erkennen gewesen sein, so habt Ihr in diesem Jahr gezeigt, dass Ihr nicht nur in der Lage seid, im Sinne Exilias freundschaftliche Bande zu unseren Verbündeten zu pflegen, Euren Pflichten als Soldat treulich nachzukommen und in ruhigeren Stunden zur entspannenden Zerstreuung der Exilanten beizutragen, sondern auch eigene Initiative zu ergreifen und interessante Ansätze zum Wohl Exilias zu verfolgen, wobei Ihr in dem, was man als Fingerübung bezeichnen könnte, großes Geschick bewiesen habt. Ihr habt erkennen lassen, dass Ihr über eine schützende Hand verfügt, die Ihr über die Exilanten zu halten vermögt, selbst wenn sie unsichtbar ist. Ich sehe Eurer weiteren Entwicklung mit Freuden entgegen.

    Und: Ich halte Euch daher dieser Auszeichnung für würdig.“

    Er hob den zweiten Oden hoch.


    Als sich Nyx aufrichtete, war ihm leider noch nichts Besseres eingefallen, daher rief er -mit leicht entschuldigendem Zögern in der Stimme:

    „Exilia dein Schatten flink“

    „Mein Hort vor Wind und Meer“

    „verschwindet mit ’nem Augenblink“

    „Exilia Preis und Ehr!“


    Es blieben nun noch zwei Namen.

    „Hilke und Lyx,“ sagte er, sich den beiden Frauen zuwendend. “Jede von Euch hat für sich viel geleistet und Ihr habt beide Grund, stolz auf Euch zu sein. Vor allem aber ist von Bedeutung, was ihr gemeinsam in den letzten Tagen geleistet habt. So wenig wie ich das vergessen werde, hoffe ich, dass Ihr nicht vergessen werdet, was ihr gestern getan habt. Jeden Aspekt davon, im Guten, wie im Bedauerlichen. Ich bin mit Sicherheit nicht der einzige, der auf potentiell gefährliche Experimente in unmittelbarer Nähe ungeschützter Exilanten verzichten kann.

    Aber diese an dieser Stelle notwendigen mahnenden Worte sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich zufrieden, stolz und froh bin, euch in den Reihen Exilias zu wissen. In diesen Zeiten brauchen wir jedes Bisschen klaren Verstandes, die Neugier und den Mut, neue Wege zu gehen. Wir müssen alle noch sehr viel mehr lernen und darin geht ihr voran. Im Moment scheint ihr beinahe zu rennen. Seht zu, dass ihr nicht zu häufig stolpert!

    Natürlich bin ich Euch auch ganz persönlich dankbar.“ Für einen Moment war er froh, dass es schon recht dunkel war.

    Er hob den letzten verbliebenen Orden hoch.

    „Es ist nur noch dieser eine Orden übrig und ich kann ihn nicht teilen.

    Daher habe ich Folgendes beschlossen: Ich werde ihn nicht verleihen! Stattdessen verleihe ich euch beiden das Recht, für die Dauer eines weiteren Jahres im Principal zu leben. Betrachtet dies als Zeichen der Anerkennung für eure Erfolge und Fortschritte in den vergangenen Tagen.“

    Er schloss die Hand um den Orden, lächelte und hob die Stimme:

    „Exilia die Alchemie“

    „Mein Hort vor Wind und Meer“

    „Magica bereichert sie“

    „Exilia Preis und Ehr!“


    Die Entscheidung war ihm in diesem Jahr tatsächlich nicht leicht gefallen und er war froh, sie nun hinter sich gebracht zu haben. Fast fühlte er sich ein bisschen erschöpft, aber der Ausblick auf den weiteren Abend verlieh ihm zugleich neue Kraft.

    Er blickte in die Runde.

    „Ich danke Euch.

    Diese Nacht ist noch nicht vorbei und wir erwarten Gäste. Schürt das Feuer, ladet die Freunde ein, die sich noch nicht angekündigt haben, und tischt auf!

    EXILIA

    „PREIS UND EHR!“

    Die bemerkenswerten Ereignisse dieses Tages waren tatsächlich noch nicht vorbei.

    Wo: In Lager Exilias

    Wann: Am letzten Abend des Feldzuges im Jahr 17 n.d.E.

    Wer: Alle anwesenden Exilanten


    Die Dunkelheit hatte sich bereits über die Ruinen der Stadt gelegt und Nebel war aus den umliegenden Feldern aufgestiegen. Die Lager der Siedler waren erhellt von den Freudenfeuern angesichts des Siegs über die Episcorpa und der Glut der Scheiterhaufen der Gefallenen. Vereinzelt hingen Klagelieder in der Luft, doch wurden sie zumeist übertönt durch die Geräuschkulisse der Feiernden.

    Die Abordnung der Exilanten war soeben aus dem Tross zurückgekehrt, wo sie zur Feier des Tages fremdländische Spezialitäten genossen und sich mit Süßspeisen eingedeckt hatte. Man besprach eifrig die bewegenden Ereignisse der vergangenen Stunde und Tage, entzündete viele Lichter und legte Holz auf das Feuer.

    Doch für Galwine Camdagnir gab es noch viel zu tun: Es hatten sich einige Gäste angekündigt, es gab wichtige Gespräche, die er noch führen wollte und er hoffte auf einen Besuch Tares Windschreiters.

    Doch zuvor wollte er zu dem Wort stehen, dass er den Exilanten zu Beginn des Feldzuges gegeben hatte- zumindest so weit er es vermochte. Er rief sie daher alle zusammen und versammelte sie in einem Kreis unweit des Feuers. In der Hand, die auf dem Schwertgriff ruhte, hielt er drei exilianische Verdienstorden, in seinen Augen lagen ernster Stolz und ein zufriedenes Lächeln lag auf seinen Lippen.


    „Exilia“, begann er, „des Ordens wert“

    „Mein Hort vor Wind und Meer“, kam es zurück.

    „Erweis ich mich mit Kopf und Schwert“

    „Exilia Preis und Ehr!“


    „Exilanten! Ich bin sehr, sehr zufrieden mit euch! Bewegte und ereignisreiche Tage liegen hinter uns und Exilia hat sich von seiner besten Seite gezeigt. Unter euch gibt es keinen, von dem ich sage, dass er nicht alles in seiner Macht stehende getan hat, um diesen Feldzug zum Erfolg zu führen. Schwerer als je zuvor fiel mir daher die Entscheidung, wen von euch ich nun mit einem dieser Orden auszeichnen sollte.“

    Er begann, sie alle der Reihe nach anzusprechen:


    „Zfen, Ihr habt Euch als ausgesprochen schneller und geschickter Bote erwiesen. Ihr habt Eure ersten Schlachten geschlagen und Euch als interessiert und von rascher Auffassungsgabe im Zusammenhang mit den sonstigen Problemen, denen wir uns hier stellen mussten, gezeigt. Darüber hinaus habt ihr die Werte exilianischer Gastfreundschaft vorbildlich mitgetragen.

    Bei allen Schwierigkeiten und Stolpersteinen, denen Ihr als junger Rekrut auf dem ersten Feldzug nicht ausgewichen seid, erachte ich die Entscheidung der Feldwebel, Euch mitzunehmen, als richtig und sehe Eurer zukünftigen Entwicklung mit Freuden entgegen.


    Mahr und Derek: Ihr habt eure Aufgabe mit Bravour gemeistert: Es ist euch nicht nur gelungen, die exilianische Streitkraft auf dem Schlachtfeld zum vollen und für unsere Verbündeten und Feinde sichtbaren Einsatz zu bringen. Ihr habt euch erfolgreich um die Ordnung und die Moral dieser Truppe gekümmert, es ist euch gelungen, alle Exilanten auch wieder aus den Schlachten herauszuführen und ihr habt für die Erfüllung unserer Pflichten gegenüber dem Viribus Unitis gesorgt. Darüber hinaus seid ihr ein strahlender Beweis dafür, dass auch in einer hierarchischen Organisation gleichgestellte Autoritäten mit nahezu gleichem Aufgabengebiet harmonisch und effizient zusammenarbeiten können. Das ist nicht selbstverständlich.


    Mahr, Euch obliegt es, für die Sicherheit aller Exilanten zu sorgen. Das ist Euch bei allen Hindernissen der vergangenen Tage gelungen. Letztlich wart Ihr es, die als einzige Ro Yaros Hinterlist am eigenen Leib zu spüren bekam- auch wenn er auf mich zielte. Gleichzeitig zeigt dieser Vorfall, dass diese Gefahr alles andere als gebannt ist. Im Gegenteil: Sie scheint gestiegen und wir müssen umso umsichtiger und entschiedener handeln. Zugleich habe ich vollstes Vertrauen, dass Euch das gelingen wird.

    Dass mich mein Vertrauen nicht täuscht, habt Ihr erneut unter Beweis gestellt.


    Waka, Ihr wirkt im Stillen, aber glaubt nicht, dass ich Euch daher nicht sehe! Mir ist nicht verborgen geblieben, dass Ihr ein Talent dafür habt, Kontakte über Lager- und Kulturgrenzen hinweg aufzubauen und zu pflegen. Ich schätze das und hoffe, dass Ihr daran festhaltet. Wir können nicht zu viele Freunde und Verbündete haben.


    Askwin, Ihr seid mir in diesem Jahr erneut durch vorbildliche Erfüllung Eurer Pflichten aufgefallen. Ihr habt jede Aufgabe, die es zu erfüllen galt, ohne zu zögern übernommen und und sie gewissenhaft zu Ende geführt. Ihr wart aufmerksam bei der Bewirtung unserer Gäste und ich habe Euch selten rasten sehen. Mehr noch: Ihr habt über das Maß hinaus, das ich ohnehin von Euch gewohnt bin, Verantwortung für das Wohlergehen der Exilanten übernommen. Ihr habt bereitwillig gemeinsam mit Zfen den Botendienst für die Kommandantur übernommen und konntet ihn dabei mit Eurer Erfahrung vor den Stolperfallen und Gefahren bewahren, die eine solche Aufgabe für jeden, bereit hält, der bisher nur geringen Einblick in die Politik Mythodeas bekommen konnte. Ganz zu Schweigen von der Verantwortung, die Ihr damit gleichzeitig gegenüber Exilias Reputation übernommen habt. Dies alles lässt sich sicherlich auch als herausragendes Beispiel für Kameradschaftlichkeit bezeichnen. Ich habe gleichzeitig beobachtet, dass Ihr auch auf dem Schlachtfeld und besonders in unübersichtlichen Situationen einen guten Blick dafür habt, wo unmittelbare Gefahr für Eure Mitstreiter droht und beherztes Eingreifen notwendig ist und dass Ihr dem dann ohne zu Zögern nachkommt.“ Er beschloss, Zfen an dieser Stelle nicht nochmal namentlich zu erwähnen. Aber wie Askwin sich den Weg freischlug, um Zfen, der drohte, von Feinden eingekesselt zu werden, kurzerhand aus dem Getümmel und hinter die Schlachtreihe zu ziehen und ihm dabei gleichzeitig eine Standpauke hielt, stand ihm noch lebhaft vor Augen. "Ich bin zuversichtlich, dass dies auch Fridjof Hammerhand zu Ohren kommen wird.

    Euch ist heute noch etwas gelungen, das besonderer Erwähnung würdig ist: Ihr habt ein Duell geschlagen, als erster Exilant auf einem Feldzug mindestens seit meiner Zeit auf Mythodea! Und wie man sieht habt Ihr es zudem gut überstanden.“

    Er machte eine kleine Pause. „Daher habe ich mich entschlossen, Euch einen Orden zu verleihen! Tretet vor und beugt das Haupt!“

    Als Galwine ihm den Orden umgehängt hatte, überkam ihn ein Schmunzeln und spontan rief er:

    „Exilia mit langem Schwert“

    „Mein Hort vor Wind und Meer“

    „Feinden er das Fürchten lehrt“

    „Exilia Preis und Ehr!“


    Damit hatte er etwas angefangen! Die Exilanten würden nun bestimmt auch bei den anderen Würdigungen passende Sprüche erwarten. In seinem Hinterkopf begann es zu arbeiten, während er fortfuhr:

    Als Galwine mit kurzem Schrecken bemerkte, dass sich etwas auf seinem Schreibtisch veränderte, beobachtete er das Phänomen ein paar Augenblicke fasziniert. Was sich da in seine Dimension zu schieben schien, wirkte nicht gefährlich, aber die Vorstellung von Mahrs bestürzt-besorgt-erzürntem Gesicht drängte sich bald mit Nachdruck vor sein inneres Auge und mit einem kleinen Seufzen griff er mit der einen Hand nach der kleinen Glocke vor ihm, während er mit der anderen begann, die Papiere, an denen er gerade gearbeitet hatte, zu bündeln. Sofort trat sein Diener Tristan aus dem Nebenraum hervor und machte eine leichte Verbeugung.
    Galwine begann ohne Umschweife: „Ich möchte, dass zwei Gardisten an diesem Tisch Wache halten. Niemand berührt, was darauf liegt. Du holst Mahr und Hilke hierher, die sollen sich das mal anschauen“, er deutete auf den Schemen der Schriftrolle, der nun, da er ein wenig Platz gemacht hatte, nicht mehr zu übersehen war. „Ich begebe mich einstweilen in die Bibliothek und erwarte dort ihren Bericht!“

    Tristan schien es eilig zu haben, den Raum zu verlassen, was nicht nur an seinem Auftrag liegen mochte, während Galwine, als er wieder alleine war, noch kurz zögerte, dann aber entschlossenen Schrittes ebenfalls den Raum verließ. Wenn er es sich recht überlegte, gefiel es ihm gar nicht, dass in seinen Gemächern fremder magischer Einfluss herrschte. Er nahm sich vor, Stama Valos Hinweisen und Raos Warnungen schneller nachzugehen und bei nächster Gelegenheit Maßnahmen zu ergreifen.

    Als sie im Lager der Exilanten angekommen waren hatte Hektor, leicht außer Atem, ansetzen wollen, eine Erklärung zu formulieren, aber dann war Rao einfach schneller gewesen. Er versuchte sich an seinen Plan zu erinnern und kam nach kurzer Zeit zu dem Schluss, dass er Teil eins erledigt hatte. Und das sogar ziemlich gut! Also bückte er sich jetzt, versuchte sich mit dem schweren Kessel in der Hand an einer Verbeugung in Richtung des Protektors - was beinahe funktionierte - und begann dann, den Kessel wieder in die Richtung zurückzuschleppen, aus der sie gekommen waren.


    Galwine hatte ein bisschen Zeit gehabt, das ungleiche Paar zu beobachten, während sie sich den verbliebenen Resten des exilianischen Lagers näherten, Hektor eher hinter Rao und dem Kessel her stolpernd. Dabei hatte er versucht, Veränderungen an Rao festzustellen. Als er ihre Abwesenheit nach dem Frühstück bemerkt hatte, hatte er sich ein paar unangenehmer Überlegungen zur Natur ihrer Raum- und Zeitsprünge und ihrer Konsequenz für ihn nicht erwehren können. War sie nun schon wieder in anderen Dimensionen oder gar Welten jenseits seines Vorstellungsvermögens unterwegs? Wann würde sie wieder auftauchen? Und wer würde sie dann sein?

    Aber für den Moment konnte er keine wesentliche Veränderung feststellen, sie begrüßte ihn auch nicht, als hätten sie einander länger nicht gesehen und ihre ersten Worte bestätigten seinen Eindruck. Er lächelte spontan und nun hatte das, was sie ihm am Abend am Feuer gesagt hatte, neben all dem, was ihn in den letzten Monaten und mehr noch seit zwei Tagen beschäftigte, wieder Raum in seinem Kopf, der nach einer ziemlich erholsamen Nacht nun auch wieder weitgehend so zuverlässig funktionierte, wie er es gewohnt war. Nachdem es ihnen gelungen war, Rao gestern Abend wieder aufzupäppeln, war er seiner Konzentration nicht mehr verlässlich Herr gewesen.

    Aber wie so oft warf Rao mehr Fragen auf, als sie beantwortete. Ein wenig impulsiv sagte er daher: “Natürlich! Wir lassen Dich ganz bestimmt nicht hier zurück!” Und fügte dann deutlich besonnener und leiser hinzu: “Aber wie kann das sein? Kannst du herausfinden, was du noch tun musst? Oder worauf dein Meister wartet? Passiert das häufiger? Kann er dich finden, auch wenn du woanders hingehst, als dein Auftrag lautete? Versteh mich recht”, er lächelte jetzt wieder, ”das hat keine Eile! Du bist herzlich willkommen. Und wie du siehst, können wir hier jede helfende Hand gebrauchen.”

    Er setzte an, etwas wie “Oh, ich werde ständig verwechselt” oder “Wer ist Meister Muntegar?” zu sagen, kam aber nicht dazu, weil sie plötzlich seine Beine umschlang. Sowas war ihm noch nie passiert und brachte ihn für einen Moment fast ein bisschen aus der Fassung. Beinahe wäre er gestolpert. Ihm schoss das Bild der Frau und die Erinnerung an ihre Berührungen durch den Kopf, die ihn vor zwei Nächten so überraschend “kontrolliert” hatte, als er sie fragte, ob sie schon kontrolliert worden sei. Immerhin war sie kein Geist gewesen. Zum Glück war Rao ihr so gar nicht ähnlich und ließ ihn auch gerade schon wieder los.

    “Gern geschehen”, antwortete er, erleichtert, dass er sie nicht verärgert hatte. Ihm waren Geschichten zu Ohren gekommen von Leuten, die ihre Flammen gelöscht hatten und dann von ihr über ein Feld gejagt worden waren. “Ich kann dafür eigentlich gar nicht gut an”, fügte er noch freundlich und ermunternd hinzu.

    Mit ihrer nachfolgenden Bitte war er dann rundheraus überfordert. Ihre anschließenden Angebote machten es auch nicht besser. Deshalb brachte er als erstes heraus: “Die Eier sind schon aufgegessen.” Dann beugte er sich vor, um zu sehen, ob sie wirklich feststeckte und ihr vielleicht einfach nur ein kräftiger Ruck helfen würde. Aber so sah es nicht aus. Trotzdem ging er auf Nummer sicher, reichte ihr seine Hand und zog sie hoch.

    Leider schien ihr das noch nicht zu reichen, also begann er, weiter nachzudenken.

    Aber dann kam er doch ganz schnell auf eine gute Lösung, die beste, ganz wie immer: “Ich bring’ dich zum Protektor”, sagte er mit einem breiten Lächeln, das seine Erleichterung und seine Zuversicht widerspiegelte. “Der kennt sich aus.”

    Es war nicht weit, fast konnte man das Lager der Exilanten von hier aus sehen. Den Kessel nun doppelt hin und her schleppen zu müssen, gefiel Hektor zwar nicht so, ihn hier stehen zu lassen, kam aber nicht in Frage. Immerhin hatte er eine wichtige Aufgabe! Inzwischen eigentlich sogar zwei. Er legte sich schnell einen detaillierten Plan zurecht:
    Erstens: Rao zum Protektor bringen.

    Zweitens: Kessel und Geschirr reisesicher machen.

    Damit war er schon ziemlich zufrieden. Er ließ Raos Hand los und griff nach dem Kessel. “Also wenn es dir nichts ausmacht, kannst du mir gerne beim Tragen helfen.”

    Die Atmosphäre hatte sich im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen deutlich verändert. Zwar hörte man noch immer vereinzelt alarmierte Rufe und aus der Ferne bisweilen das Klirren von Waffen und die Schreie Verletzter, aber sie hatten an Intensität und Dringlichkeit verloren, schienen nurmehr zum begleitenden Klangteppich des Feldzugs zu gehören und waren in den Hintergrund gerückt um einem anderen Klang Platz zu machen: Dem geschäftigen Treibens tausender Siedler, die ihre Sachen packten und sich auf die Heimreise vorbereiteten, erleichtert, die schweren Gefechte der letzten Tage mehr oder weniger unbeschadet überstanden zu haben und -dem Segen der Elemente sei Dank- schon bald ihre Liebsten in der Heimat wieder in die Arme schließen zu können.


    Auch im Lager der Exilanten herrschte reges Treiben und die meisten Zelte waren bereits abgebaut, die Nachtlager für den Transport in Kisten verstaut und die verbliebenen Vorräte für die Reise eingepackt.

    Hektor hatte von Derek eine ganz besonders wichtige Aufgabe bekommen: Er musste dafür sorgen, dass die Teller, Schüsseln, Töpfe und Pfannen vor der Abreise blitzsauber waren, damit ihnen in den Tunneln Terras nicht vielleicht irgendwelches Getier auflauerte und damit das Wetter auch morgen gut sei. Letzteres verstand er zwar, wenn er ganz ehrlich war, nicht so ganz, aber er wollte auf keinen Fall einen negativen Eindruck riskieren, besonders nachdem er in den letzten Tagen so eine gute Figur bei den Wachdiensten gemacht hatte und dem Protektor seine Kleidung für eine ganz wichtige Angelegenheit hatte ausleihen dürfen. Außerdem verstand er sich aufs Polieren wie kein Zweiter, Derek hatte also sein Vertrauen auf genau den Richtigen gesetzt!

    Also schleppte er nun eifrig einen Kessel voll dreckigen Geschirrs in Richtung des nächsten Brunnens.

    Als er über ein paar halb abgebaute Zelte hinweg inmitten all des trocknen Grüns Rao am Waldrand sitzen sah, änderte er ohne zu zögern die Richtung. Er hatte gehört, dass Rao gestern Abend gekommen war, aber sie hatte das Lager schon wieder verlassen, ehe er das Zelt verließ. Viel gesprochen hatte er bisher nicht mit ihr, aber er hatte sie ein paar mal gesehen, einige Geschichten gehört und natürlich war ihm auch nicht entgangen, dass das Gemüt des Protektors stets ein wenig leichter zu werden schien, wenn sie in der Nähe war. Das war Grund genug, sie zu mögen.

    Er näherte sich, aber sie schien ihn nicht zu bemerken. Als er höchstens noch zwei Doppelschritt von ihr entfernt war, stellte er unter lautem Scheppern den Kessel ab.

    “Hallo Rao!”, sagte er mit seiner gewohnt tiefen, langsamen Stimme und einem breiten Lächeln. “Es ist schön, dich zu sehen.”

    Ohne groß auf eine Reaktion zu achten, machte er sich daran, die aus dem Kessel gefallenen Schüsseln einzusammeln.

    Dabei bemerkte er das kokelnde Laub.

    “Hmm… Rao? Ist es dir wichtig, dass da so Feuer um dich herum ist? Weil hier ist alles ziemlich trocken und wenn das noch größer wird, dann tut sich vielleicht noch jemand weh und wir wollen doch jetzt bald aufbrechen nach Exilia!”

    Behutsam fing er an, kleinere Glutnester, die etwas weiter von Rao entfernt lagen, mit den Stiefeln auszudrücken.