Wer: Maya, Sylvana; andere nach Absprache
Wo: Ihr Zelt, irgendwo im Norden
Wann: Feldzug gegen die Leere (Zwischensequenz)
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Es war einer dieser Abende. Einer von der Sorte, die sie hasste und der in eine Nacht übergehen würde, in der sie wieder keinen erholsamen Schlaf bekommen wird. Eine der Nächte, in der ihre Geister sie wieder jagen würden.
Nachdem ihre Kopfschmerzen schlimmer geworden waren und der Schmerz im linken Arm wieder ein stetiges, nervtötendes Pochen angenommen hatte, hatte sich die junge Magierin in ihr Zelt zurück gezogen. Vorsichtig zog sie die schwere, schwarze Samtrobe aus und setzte sich seufzend auf das provisorische Bett, das in erster Linie aus Decken und Fellen bestand, den Kopf auf die auf den Knien verschränkten Arme stützend.
Wie viel Zeit würde sie noch haben? Die Frage geisterte ihr ständig durch den Kopf und ihr war fast so, als könnte sie das hämische Lachen tatsächlich hören. Wütend ballte sie die Fäuste und wären die Zeltwände feste Mauern hätte sie die Wut wahrscheinlich einfach heraus geschrien, aber hier im Zeltlager hätte das wahrscheinlich nur irgendeinen Alarm zur Folge und Leute, die zu ihrem Zelt gerannt kommen würden und … nein. Nicht im Moment. Das war einer der Momente, von denen sie nicht wollte, dass andere sie mitbekamen. Einer von denen, in denen sie sich einfach nur schwach fühlte. Verwundbar. Das konnte sie nicht zulassen. Nicht wieder. Sie knurrte und die Finger umgriffen das Lederband, dass Marcians Amulett hielt. Ein Ruck ging durch den Arm, ein leises, reißendes Geräusch und schon flog das Lederband samt goldenem Anhänger durch das Zelt. Sie wollte dieses verfluchte Ding nicht. Sie würde... es ihm zurück geben und alles wieder richtig stellen. Selbst. Sie würde einen Weg finden. Der münzförmige, goldene Anhänger blieb samt Kette auf dem Boden des Zeltes knapp vor dem Einfang liegen.
Kaum hatte sie sich des Anhängers entledigt, wurden die Kopfschmerzen schlimmer und zu einem Hämmern. Sie biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich darauf alles wieder einzudämmen... mit ihrer Kraft, nicht mehr mit dem Amulett. Es kostete sie Überwindung alles wieder abzuschirmen, Überwindung, Kraft und Zeit. Zeit in der ihr all die verdrängten Bilder wieder durch den Kopf gingen. Sie wieder als Lehrling. Es war ein anderes Leben... eine andere Welt. Und trotzdem nur so wenige Jahre her. Somar, die Bibliothek, der Thronsaal, die Wüste und der Tempel, die Jahreswende, das Gespräch unter vier Augen und der anschließende... nein das reichte.
Sie atmete tief durch und verdrängte alles wieder in die hintersten Ecken, errichtete Stück für Stück wieder die Mauern, die die Bilder und Stimmen zurück hielten und die Aspekte zum Schweigen brachten.
Erst dann hob sie langsam wieder den Kopf und strich sich die rötlichen Haare aus dem Gesicht, fuhr sich mit der Hand über die Augen und sah einen Moment irritiert auf den feucht schimmernden Handrücken. Sie schüttelte sich, stand auf und schenkte sich ein Glas Wasser ein, um es in nur wenigen Zügen direkt wieder zu leeren und einen Blick auf den Zelteingang zu werfen.
"Wie viel Zeit....?"
Sie stellte die Frage laut, aber es gab keine Antwort. Wie lange, bis alles zusammen brechen würde? Der Rahmen endgültig zerfallen war? Auch jetzt spürte sie wie er langsam nach gab. Und sich wieder Stück für Stück löste....