Schutz vor den Winden

  • "Ich bin sehr erfreut, eure Bekanntschaft zu machen, Bruder Valentin.", wandte sich Galwine förmlich korrekt aber mit dem Grundton der Überzeugung an Bruder Valentin. Zu mehr war er im Moment auch nicht in der Lage, denn seine Gedanken begannen schon wieder zu rasen: In seiner Heimat waren Mönche immer eher ärmlich bekleidet und schwächlich gewesen, gebildet, aber wehrlos. Dieser junge Mann vor ihm nannte sich "Bruder", war also wohl ebenfalls so etwas wie ein Mönch, und er trug eine Rüstung, die der eines Soldaten in nichts nachstand, wenngleich Galwine gerade keine Waffe ausmachen konnte. Doch vermutlich brauchte man auch keine Waffe, wenn man in Begleitung dieses- dieses "Larks" unterwegs war. Und Bruder Valentin war sogar auf ihm geritten! Doch das schien hier relativ normal zu sein. Jedenfalls zeigte Zarim kaum Überraschung.
    Auch schienen sie hier einen eigenen Stall für diese ...Kreaturen zu haben. Das bedeutete, es musste noch mehr davon geben. Er hätte zu gerne erfahren, wie es sich anfühlte auf einem zweibeinigen Vogel zu reisen, statt auf dem Rücken eines Pferdes, doch gleichzeitig sahen Klauen und Schnabel ungemein gefährlich aus und Galwine beschloss, dem Tier in jeder Hinsicht zunächst nicht zu nahe zu treten.
    Seine Gedanken kehrten zu dem Neuankömmling zurück. Sein Gesicht sah aus, als wäre er die Nacht hindurch geritten, doch schien er kein Bedürfnis nach Erholung und Schlaf zu haben.
    "Natürlich bin ich-", er sandte Neira einen Blick zu: "-sind wir- einverstanden.", sagte er wieder an alle anwesenden gerichtet. "Darf ich fragen, von wo ihr gerade angereist seid, Bruder Valentin?" Und in Zarims Richtung setzte er mit einem entschuldigenden Lächeln hinzu: "Soeben hat sich mir noch eine weitere Frage aufgedrängt: Wer und was für eine Person ist Av'Sha? Wenn ich mich richtig erinnere, dürfte es die Frau gewesen sein, die uns gestern Abend zur Gästeresidenz führte, doch ihr Amt wurde uns nicht genannt. Sie scheint Macht und großen Einfluss zu haben."

  • Da der Entschluss zu gehen offenbar getroffen war, räumte Zarim die verbliebenen Gegenstände sorgfältig zurück in seine Tasche und brachte auch die drei Tonbecher zurück an den Tisch, von dem er sie geliehen hatte.
    "Ja, Ihr habt Av'Sha gestern Abend bereits kennen gelernt. Nun, ob sie Macht besitzt - im Grunde ist sie zuständig für die Essensausgabe. Aber im Augenblick - ", Zarim stockte. "Ich glaube Senator Abalim ist froh, wenn man ihm hier in Exilia etwas Arbeit abnimmt. Schließlich ist die Verwaltung des Protektorates an sich absolut nicht sein Aufgabenbereich. Av'Sha ist so etwas wie die Mutter dieser Siedlung würde ich sagen."
    "Übrigens", setzte Zarim hinzu, "ist er gerade hier in Exilia. Helias Abalim meine ich. Wenn Ihr Glück habt, trefft ihr ihn vielleicht."

  • Valentin versicherte sich mit einem Seitenblick zu Zarim dessen Zustimmung und ergriff das Wort.


    "Zunächst einmal: Ich komme aus dem erwähnten Protektoriat Selfiran, an dessen Akademie ich studiere."


    Er wies den Fremden den Weg und setzte sich selbst, den Lark führend, in Bewegung. Die scharfen Krallen des Untiers klangen geräuschvoll von den Pflastersteinen wieder.


    "Ihr müsst wissen: Das Protektoriat Exilia unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Ländern. Hier herrscht die Gemeinschaft! Das soll nicht heißen, dass es keine Führer gibt - aber viele verstehen sich als Kollektiv, sie helfen einander ohne dass eine Bezahlung vorrausgesetzt wird. Natürlich erwartet man im Gegenzug, dass Leistungen erbracht werden, die der Gemeinschaft zuträglich wären.
    Ich gebe Euch ein Beispiel: Die Wachen vorn am Tor verlangen keinen Sold. Ihnen wurde die Aufgabe zuteil für den Schutz der Gemeinschaft zu sorgen. Im Gegenzug werden sie mit allem Nötigen verpflegt. So bringt jeder seine Begabungen und Talente zum Wohle Aller ein. Exilia kann sich somit weitesgehend selbstständig versorgen. Geradeso wie ein Kloster..."


    Bei seinen letzten Worten wurde der junge Mann etwas leiser und sein Blick viel
    Anschließend ergänzte er Zarims Worte trocken.


    "Av'Sha war eine enge Vertraute des ehemaligen Protektors, sie ist mit den täglichen Abläufen innerhalb der Mauern vertraut, darum wird es ihr zuteil bis zu der Ernennung des neuen Protektors gewisse Aufgaben zu übernehmen. Was jedoch nicht heißt, dass sie nicht weiterhin ein gleichgestellter Bürger des Protektoriats wäre."

  • Eine Gemeinschaft, in der jeder Anstrengungen für andere unternahm, bloß in der Hoffnung diese mögen es ihm gleich tun? Galwine war erstaunt und zunächst ein wenig skeptisch, ob dieses Prinzip funktionieren könnte, bis er auf den Gedanken kam, dass er es auch sonst nicht anders erlebte, abgesehen davon, dass hier kein Geld mit der Funktion, die Zahl und den Wert der Anstrengungen zu messen, verwendet wurde. Das Vertrauen der Siedler Exilias in die Gemeinschaft musste unermesslich groß sein. Umso erstaunlicher schien es ihm nun, dass Bruder Valentin sich zu den Siedlern Exilias zählen durfte, obwohl er der Gemeinschaft doch gewissermaßen den Rücken zugekehrt hatte und ausgewandert war. Konnte es wirklich sein, dass die Mächtigen hier auf ihre Macht und die Loyalität der anderen Exilanten vertrauen konnten? Er hoffte, dass es sich so verhielt, denn wenn sie sich ihrer Position mit Hilfe von strenger Überwachung ihrer Untertanen versichern wollten, so wäre dies der beste Weg, ihn schnell wieder von diesem Ort zu vertreiben. Vielleicht dachten ja alle Siedler hier so ähnlich. Dann könnte das Konzept funktionieren... Er merkte dass sich seine Gedanken ein wenig im Kreis zu drehen begannen. Er benötigte mehr Erfahrungen und Eindrücken, um zu einem sicheren Schluss zu kommen. Daher wandte er sich anderen Überlegungen zu, die ihn schon länger beschäftigten:
    Wie wollte er seinen Lebensunterhalt bestreiten? Doch er korrigierte sich sofort: Hier musste er sich fragen, wie er am Besten zum Wohle der Gemeinschaft beitragen konnte. Valentins Ausführungen schienen ihm hier zum ersten Mal eine Perspektive und Möglichkeit aufzuzeigen. Was konnte er schon? Er war kein Bauer und auch nur sehr begrenzt in der Lage zu Jagen (er hatte noch nie an einer Jagt teilgenommen, die nicht von mindestens zwanzig Treibern vorbereitet und in Begleitung mindestens ebenso vieler Hunde oder Falken durchgeführt wurde), hatte kaum Ahnung vom Kochen oder der Pflege von Tieren (außerdem konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, seinen Wert für die Gemeinschaft als pferde- bzw. Larkknecht zu beweisen), war kein Heiler oder Schmied und war zu guter Letzt auch als einfacher Soldat nach seiner persönlichen Einschätzung eher unbrauchbar.
    Doch: Av'Sha verwaltete Exilia? Und der Senator war froh, dass jemand in der Lage war, ihm hier Aufgaben abzunehmen? Vermutlich gab es ausreichend Aufgaben hier, die es zur Verwaltung dieses Ortes zu lösen galt- immerhin stand auch der Winter bevor-, um ihm Möglichkeiten zu bieten, seine Fähigkeiten und Erfahrungen, die er unter dem alten Grafen machen konnte, unter Beweis zu stellen. Wenn er das Glück haben sollte, dem Senator zu begegnen, nachdem sie hier offiziell aufgenommen waren, denn davon sollten sie wohl besser nicht zu leichtfertig ausgehen, würde er ihn vielleicht bitten, ihn zu diesem Zweck in seine Dienste zu nehmen. Doch da war noch etwas anderes:
    "Der Senator ist hier in Exilia?", fragte er daher. "Av'sha sagte uns gestern Abend, er weile derzeit in Paolos Trutz, um einen neuen Protektoren zu ernennen. So ist dies bereits geschehen? Und überhaupt: We ist er dazu berechtigt? Was ich bisher von der Politik des Nördlichen Reiches von Mythodea erfahren hatte, deutete eher darauf hin, dass der Archon die Protektoren ernennt, oder habe ich das falsch erstanden?"

  • Verwundert schaute Valentin zu Galwine.


    "So, hat sie das? Nun ich will keine vorschnellen Urteile ziehen, doch scheint mir, als wachse Ihr die Arbeit hier in der Siedlung ein wenig über den Kopf hinaus. Der Senator weilt, soweit mir bekannt ist, schon seit der Rückkehr vom sommerlichen Feldzug hier im Protektoriat. Aber wer weiß, vielleicht hatte er ja angekündigt zurück nach Paolos Trutz zu reisen. Ihr müsst wissen: Die Senatoren tagen in der prachtvollen Hauptstadt des Nordens."


    Der Lark schritt mit stolzen Schritten voran als würde er den jungen Mann und nicht umgekehrt führen.


    "Und um eure Fragen zu beantworten: Ja, es ist der Archon des Reichs, der die Protektoriate vergibt doch ist es sein Wille, dass der Senator Exilias den neuen Protektor nominieren soll. Doch bisher hat er noch keine Wahl getroffen. Oder?"


    Sein fragender Blick wandte sich an Zarim, obwohl er sich seiner Sache sicher war.


    "Doch sagt mir", sein Blick wanderte wieder zu Galwine, "womit gedenkt ihr der Gemeinschaft förderlich zu sein, sofern ihr ein neuer Siedler des Protektoriats werden solltet."


    Er vermutete ebendies sei die Absicht des Fremden.

  • Zarim war bewusst, dass die Frage Valentins an ihn rhetorischer Natur war. Zarim verband eine Freundschaft zu Helias, die in den zwei Jahren, seit Zarim Helias nach langer Suche in den Tunneln zwischen den Landfesten gefunden hatte, recht vertraut geworden war - enger jedenfalls als die Beziehung Valentins zu Helias. So war es nur selbstverständlich, das Valentin sich den Senator betreffend bei Zarim versicherte, zumal er eine Zeit abwesend gewesen war - nötig jedoch, hatte er dies nicht.
    So antwortete Zarim nur mit einem knappen "Nein er hat noch keinen Protektor benannt. Doch ich bin sicher, er wird es nicht langsamer tun, als die Umstände es zulassen."
    Irgendetwas an der Formulierung Valentins ärgerte Zarim. Nachdem er eine Weile darüber nachgedacht hatte, wurde ihm klar was es war: Valentins 'Doch bisher' klang in seinen Ohren fast wie ein Vorwurf. Einen Augenblick sann er finster vor sich hin, bis ihm auffiel, wie albern er sich benahm. Valentin gehörte in Exilia definitiv zum festen Kern. Er kannte den Helias gut und hatte seine Worte möglicherweise gar nicht als Kritik gemeint. Doch Zarim hatte diesen Vorwurf innerhalb der letzten Tage bereits ein paar mal gehört. Das Volk Exilias begann sich langsam zu Fragen, ob es überhaupt noch geführt wurde. Solcherlei Überlegungen waren selbstverständlich unbegründet. Exilia wurde geführt. Nur waren viele der Aufgaben, die einst Kire ausgefüllt hatte in Hast verteilt oder bisher gänzlich übergangen worden. Und so ließ es sich nicht von der Hand weisen, dass sich ein gewisses Machtvakuum an der Spitze Exilias gebildet hatte, das gefüllt werden wollte, sollte das Protektorat in Zukunft sicher Bestand haben.

  • "Ihr habt recht," antwortete Galwine. "Wir sind tatsächlich auf der Suche nach einer neuen Heimat hierher gekommen und hoffen hier Aufnahme zu finden. Ich für meinen Teil habe nie ein Handwerk erlernt, wie etwa dieser vortreffliche Bäcker, mit dem ich der Gemeinschaft dienen könnte. In unserer alten Heimat war ich wie mein Vater vor mir Verwalter und Stewart des Grafen. Ich bin mit seinen Söhnen aufgewachsen und habe mit ihnen und von meinem Vater gelernt, was für ein Leben bei Hof unerlässlich war. Ich bin der Sprache nicht nur in Wort, sondern auch in Schrift fähig- wobei ich den Eindruck habe, dass dies in Mythodea keine solch hervorstechende Fähigkeit ist, weshalb ich meine Hoffnung, mein Brot allein als Schreiber, Buchhalter oder Kartograf zu verdienen, bereits aufgegeben habe- und bin im Umgang mit Urteilsfindung und Recht, zumindest im Rahmen meiner bisherigen Kompetenzen als Schlichter des Streites, den die Bauern und die übrige Landbevölkerung zu führen belieben, vertraut. Es scheint mir aus meiner beschränkten Sicht und auf Grundlage dessen, was ihr mir geschildert habt, als könnte Exilia besonders jetzt weitere Helfer gebrauchen, die sich in diesem Metier auskennen. Sollte ich in der Lage sei, ihr Vertrauen zu gewinnen, so könnte ich vielleicht Av'Sha zur Hand gehen oder mich in den Dienst des Senators stellen.
    Sollte das nicht der Fall sein, so bin ich zuversichtlich, recht schnell alles notwendige erlernen zu können, das ich zur Lösung der Aufgaben, die man mir vielleicht im Sinne Exilias überantwortet oder die sich mir hier eröffnen, beherrschen muss. Wenn man keinerlei anderweitige Verwendung für mich hat, so will ich als Händler versuchen, Exilia in Abhängigkeit meines Erfolgs in dieser Profession zumindest finanziell zu unterstützen."

  • In der eintretenden Stille fragte sich Galwine, ob er im Überschwang vielleicht einmal mehr zuviel gesagt hatte. Er musste sich erst daran gewöhnen, dass die Menschen, oder besser: die Bewohner Mythodeas, soweit er sie bisher kennen lernen durfte, kurze, prägnante Reden bevorzugten. Vielleicht hatten sich Bruder Valentin und Zarim aber auch erhofft, einen gut ausgebildeten Alchemisten, Heiler, Krieger oder sogar Zauberer in ihm entdecken zu können. Es tat ihm leid, dass er diese potentiellen Erwartungen enttäuschen musste.


    Während sie gingen schaute er sich aufmerksam um. Die Gebäude hier schienen recht neu zu sein, was angesichts der Kürze der Zeit, die seit der Entdeckung und Erschließung dieses Kontinents vergangen war, nicht weiter verwunderte, doch war erstaunlich, wie viel die Siedler in dieser Zeit erreicht hatten. Der Stolz, den Zarim vor wenigen Stunden gezeigt hatte, als er sie durch die große Halle führte, war berechtigt gewesen. Er fragte sich, wie sehr all diese Errungenschaften durch den alten Protektor forciert worden waren und hoffte, dass das Potential das Exilia und seine Bewohner unter seiner Führung bewiesen hatten, nun nicht verloren gehen würde.


    Um das Gespräch wieder in Gang zu bringen, fragte er: "Darf ich fragen, welcher Beschäftigung ihr in Selfiran nachgeht? Und mich würde durchaus interessieren, in welchen Ressorts Exilia eurer", er sprach nun ihre beiden Begleiter an, "Meinung nach besonders Zuwachs und Unterstützung benötigt. Wie steht es um die Versorgung, die Sicherheit und die Unterhaltung derSiedler?"

  • Valentin konnte ein Schmunzeln nicht verbergen. Spontan überfiel ihm Sympathie gegenüber diesem Fremden.


    "Ihr scheint mir sehr engagiert zu sein. Doch lasst euch gesagt sein, dass es um Exilia derzeit gut bestellt ist."


    Sein Blick suchte den Zarims. Vertraute er den Neuankömmlingen? Alles schien dafür zu sprechen, ging er doch sorgenfrei neben ihnen her.
    Sie folgten den Gassen und kamen zurück auf die Hauptstraße, die sich die Anhöhe hinauf zur Großen Halle, sowie zu den Ställen, streckte. Mittlerweile herrschte eine gewisse Betriebsamkeit und die Menschen auf den Straßen nickten Zarim und Valentin grüßend zu. Offensichtlich brachte man ihnen trotz ihres Alters einen gewissen Respekt und Anerkennung gegenüber, der wohl von ihren Taten für die Siedlung herrühren mochte.


    Valentin widmete sich den interessierten Fragen Galwines.
    "Ich studiere an der Heilerakademie zu Selfiran und hoffe im kommenden Frühjahr meine Prüfung zum Artzt ablegen zu dürfen."
    Das war auch eine Neuigkeit für Zarim und Valentin beobachtete Aufmerksam dessen Reaktion.
    "...und zugegeben bin ich bloß auf der Durchreise, weswegen ich nocheinmal mit dir sprechen möchte Zarim."
    Allein - war aus seinem Blick zu lesen, wobei es sich jedoch nicht um Geheimniskrämerei handelte.


    Während sie sich weiter dem Torbogen vor der Großen Halle näherten, legte der riesenhafte Laufvogel seinen Kopf in den Nacken und begann einen heisernen kreischenden Schrei auszustoßen. Augenblicke später antwortete ein Chor von ähnlich schrill klingenden Tönen aus einem Gebäude unweit ihrer Position. Sie näherten sich den Stallungen.


    Valentin grübelte.
    "Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass Av'Sha jemanden brauchen, der ihr in Verwaltungsarbeiten zur Hand geht... zwar gibt es bereits eine Schreibstube, in der alle wichtigen Dokumente gesammelt werden, doch... vielleicht solltet ihr diese Belange besser mit dem Senator besprechen. Er wird hoffentlich am besten wissen, wo derzeit Not am Mann ist. Einem tüchtigen Schreiber fehlt es gewiss nie an Arbeit."


    Er schwieg einen Moment, dann fragte er ohne Umschweife.
    "Seid ihr mit der Führung einer Bibliothek vertraut?"

  • Es drangen immer mehr Eindrücke auf Galwine ein: als der Larkchor - denn er konnte sich nicht vorstellen, dass andere Wesen ähnliche laute von sich gaben- ertönte, erschauderte er ein wenig, Valentins Wunsch allein mit Zarim zu sprechen, kränkte ihn keineswegs und er hatte vollstes Verständnis dafür, dass man ihnen noch nicht ausreichend vertraute, aber es versetzte ihm einen kleinen Stich, das so plötzlich erneut vor Augen geführt zu bekommen. Gleichzeitig versuchte er, möglichst viele der an ihnen vorbeilaufenden Menschen beziehungsweise Wesen bewusst wahrzunehmen und so seine Vorstellung davon, was für Charaktere sich hier zu dieser ungewöhnlichen Gemeinschaft zusammengefunden hatten, zu verbessern. Valentins direkte Frage überrumpelte ihn daher ein wenig. Er konnte ich nicht vorstellen, sein Leben nur noch zwischen verstaubten Büchern zu verbringen ohne jemals selbst die Chance zu bekommen ein würdiger Inhalt eines solchen zu werden, denn er liebte alte Geschichten und Sagen und glaubte fest daran, dass sie, obwohl abgewandelt und weit von den ursprünglichen Geschehen entfernt, doch alle einen wahren Kern besaßen. Aber auf der anderen Seite mochte er Bücher aus diesem Grund sehr und im Großen und ganzen währe er mit den Aufgaben eines Bibliothekars wohl sehr zufrieden. Allerdings...
    "Ich habe leider keinerlei konkrete Erfahrung in dieser Kunst.", antwortete er."Doch der Graf besaß ein Archiv für Erbgegenstände und Bücher und ich durfte ihn mit meinen Lehrern und meinem Vater häufiger besuchen. Ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, wie man eine Bibliothek ordnen kann oder glaube zumindest, es mir beibringen zu können, doch um es kurz zu fassen: Das würde wohl dennoch zu den Fähigkeiten gehören, welche ich erlernen müsste, um Exilia dienen zu können."
    Der Lärm war mittlerweile lauter geworden. Es konnte nicht mehr weit bis zu den Stallungen sein.
    Er konnte sich nicht verkneifen, noch etwas hinzuzufügen, obwohl er die Stimme ein wenig erheben musste: "Darf ich so unhöflich sein, euch zu fragen, wohin ihr reist? Exilia scheint mir, soweit ich meinen zugegebenermaßen sehr bescheidenen Kenntnissen der hiesigen Geographie trauen darf, eines der nördlichsten Ziele zu sein, das man von Selfiran aus ansteuern kann, oder?" Noch während er es aussprach wurde ihm klar, dass es sich dabei um Informationen handelte, für die man ihm vielleicht noch nicht ausreichend vertraute und er beschloss, nicht weiter darauf einzugehen, sollte sich Valentin zu einem solchen Vorgehen entscheiden.

  • Valentin legte den Kopf schief, fuhr aber dennoch leicht zögerlich fort.


    "...Ihr dürft. In ein paar Tagen geht mein Schiff zu einer Expeditionsreise zu den vorgelagerten Inseln namens Ancarea."


    Freundlich lächelnd machte er jedoch klar, dass es nichts viel mehr zu erzählen gab.


    Sie bogen rechts in eine der zahlreichen Gassen ab, die von der Hauptstraße abzweigten. In unmittelbarer Nähe zu der alten Palisade, die einst die Große Halle gesäumt hatte, standen sie nun vor den Stallungen der Siedlung.


    Ein rauer Mann mittleren Alters trat ihnen entgegen, er war kräftig gebaut und neben seinem Bart entstellte eine derbe Narbe sein Gesicht. Der schorf und die die roten Ränder verrieten, dass die Verwundung noch nicht allzulange her sein konnte.
    "Zum Gruße!", Valentin ging ein paar Schritte voraus um sich kurz mit dem Mann zu unterhalten. "Wie geht es Euch?"
    Über die fleischigen Lippen des Manns huschte ein freudiges Lächeln.
    "Seid mir gegrüßt! Schon viel besser - dank Euch!" Ohne ein weiteres Wort zu verlieren griff der Mann behände nach dem Zaumzeug des Vogels und half Valentin dabei, die Tragetaschen abzuschnallen. "Hat der Bursche hier denn noch irgendwelche Probleme gemacht?" Er klopfte dem Tier auf den breiten Hals.
    Valentin winkte schmunzelnd ab. "Nein, nein Alles bestens, wirklich - In ein paar Tagen gedenke ich wieder aufzubrechen."
    Der Mann nickte und führte den Laufvogel zu den Stallungen.


    Valentin warf sich die Taschen über die Schulter und trat wieder zu den Anderen.
    "Also dann... ?"

  • Unweit der äußeren Eingänge zu den Stallungen, vor denen sie nun standen befand sich ein auffallend großer Torbogen. Er eröffnete den Weg ins innere dessen, was die Siedler Exilias gemeinhin als "die große Halle" bezeichneten. Diese Bezeichnung war insofern recht unsachlich, als dass sie sich nicht nur auf das große von einer Steinernen Kuppe bedeckte Gebäude an sich, sondern auch auf den Innenhof davor, sowie die Mauer, die beides umgab bezog. Diese Mauer, in der sich besagtes Tor befand, war einst der ganze Schutz Exilias gewesen. Schon damals waren an ihrer Innenseite steinerne Hütten aufgereiht gewesen. Als die Siedlung jedoch mit der Zeit wuchs, begann man auch außerhalb der Befestigung Häuser zu errichten. Als schließlich der äußere Bereich mehr einer kleinen Stadt, als einer losen Siedlung entsprach, hatte man sich entschlossen, den gesamten Bereich mit einer neuen - wesentlich stärkeren - Befestigungsanlage zu umziehen. Die alte Mauer - dem Zweck des Schutzes beraubt - wurde nach und nach an immer mehr Stellen durchbrochen: der alte Stall, der im Inneren der alten Palisade gelegen war, erhielt (nicht als einziges Gebäude) einen Durchbruch durch den dicken Stein, der in die Erweiterung des Stalles führte, die man einfach an der Außenseite der Mauer fortgesetzt hatte. Auch andere Durchgänge, die zuvor nicht mehr als kleine Ausfalltüren gewesen waren hatte man vergrößert und so bot diese Mauer inzwischen kaum mehr Schutz als dies jedes andere gut gebaute Gebäude auch tat. Doch hatte man sich schnell daran gewöhnt, nun die Ganze ehemalige Festung als "Herz" Exilias zu betrachten. Der Platz zwischen Mauer und dem mittig gelegenen Kuppelbau war mit starken Zeltbahnen überspannt worden und die vielen ehemaligen Mannschaftsquartiere an der Innenseite der Mauer waren größtenteils umgebaut worden so dass die "neue" große Halle über ausreichend Platz, für größere Einzelquartiere, Besucherzimmer und die übrigen Räumlichkeiten, die zur Verwaltung der gewachsenen Siedlung benötigt wurden, verfügte. Das ehemalige Haupttor besaß insofern nicht im Ansatz noch strategischen Wert. Ein möglicher Eindringling wäre mit Leichtigkeit durch die Öffnungen der Mauer eingedrungen - selbst wenn die Wehranlagen des Tores (man hatte sie für den Bau des neuen, größeren Wehrtores teilweise demontiert) noch vorhanden gewesen wären. Und doch waren die Exilanten noch immer stolz, wenn sie es durchschritten, denn es erinnerte sie an die Tage, in denen nur ein paar dutzend Männer auf einer felsigen Klippe über dem Meer eine Siedlung begonnen hatte, die nun um ein vielfaches gewachsen und gut beschützt war.
    Heute jedoch - wie schon in den vergangenen Wochen - wehte auch über diesem Steinbogen ein schwarzer Fetzen festen Stoffes.


    Zarim deutete mit dem Kopf leicht in diese Richtung.
    "Ich denke wir sollten" (und damit sprach er Valentin an) "sie" (womit er zweifellos Galwine und Neirànya meinte) "jetzt hineinbringen. Eben verlässt Thorus die große Halle. Er war sicher bei Av'Sha, was bedeuten könnte, dass wir sie zwischen zwei Terminen antreffen könnten. Denn ob das von Bedutung ist oder nicht ... "
    Zarim legte eine kurze Pause ein.
    "...meinen Segen haben die beiden. Anschließend, könnte ich noch etwas Zeit für dich, Valentin, entbehren bevor ich nachsehe, ob Arun mein Labor inzwischen von seinem Erbrochenen befreit hat."
    Zarim grinste bitter bei dem Gedanken an seinen Gehilfen, der vermutlich den ganzen Vormittag damit beschäftigt gewesen war den Steinboden von der dicklichen dunklen Flüssigkeit zu reinigen, deren einziger Effekt, den Zarim momentan eindeutig bestimmen konnte, ein unbezwingbarer Brechreiz war. Es gab einfach Gefäße, die man nicht fallen lassen durfte. Dies war eine Lektion, die man offenbar hart lernen musste. Zarim war nur froh, dass Arun nicht sich selbst getroffen hatte und auch sonst nichts außer einem leeren Weidenkorb mit der Substanz in Berührung gekommen war. Zarim würde das Labor dennoch gründlich desinfizieren. Sicher war sicher.

  • Valentin nickte zustimmend und setzte sich, auf die Große Halle deutend, an die Spitze der Gruppe.
    Durch den steinernden Torbogen ging es unter den aufgespannten Planen weiter zu den Stufen, hinauf zum Eingang des Prachtbaus, den die Fremden bereits am Tag zuvor bestaunt hatten. Im Inneren des Kuppelssaals angekommen durchschritt die Gruppe zügig die Halle und blieben vor einer der Tür stehen.
    Valentin räusperte sich - warum auch immer - und klopfte an.


    Es dauerte nicht lang und sie wurden hereingebeten.

  • Obwohl der Raum fensterlos zu sein schien, war er erstaunlich hell, aufgrund der Fackeln, die flackernd die Wände zierten. In der Mitte des Raumes stand ein schwerer Eichentisch. Er war zu großen Teilen mit Pergamenten bedeckt. Selbst ein Bauer hätte erkennen können, das dies nicht die Essensausgabe war und doch war Av'Sha in den letzten Wochen viele Stunden lang gezwungen gewesen sich in diesem oder einem der anderen Räume, die einen ähnlichen Zweck erfüllten, aufzuhalten. So stand sie auch jetzt - eine Feder in der Hand über eine Pergamentrolle gebeugt - als nehme allein das Hinsetzen (der Stuhl aus hellem Holz stand höchstens zwei Hand breit entfernt) zu viel ihrer knappen Zeit in Anspruch. Geistesabwesend blickte sie auf.

  • "Ah, ihr seid es - Ich habe mich schon gefragt, wann ihr aufkreuzen würdet."
    Eilig winkte sie sie herein.
    "Ich habe nicht allzu viel Zeit, also haltet es nach Möglichkeit kurz. Ihr seht ja selbst was es hier alles zu tun gibt."
    Sie deutete auf die Ansammlung von Lederheften, von denen eine Vielzahl sich auf der Holzplatte stapelten.
    Ganz nach ihrer Art schwang kein Ton des Bedauerns mit, sie war eine vielbeschäftigte Frau und brauchte sich dafür nicht zu entschuldigen.

  • Zarim grinste. Bereits als er nach Exilia gekommen war und Av'Sha noch keine Aufgaben wie diese erfüllte, hatte er sie so kennen gelernt.
    Leicht schob er Neirànya und Galwine ein kleines Stückchen nach vorne.
    Du hast diese Beiden gestern Abend bereits kennen gelernt. Sie kommen aus einem Gebiet im alten Land, wo sie aus unterschiedlichen Gründen gesucht werden. Nichts jedoch, was bei uns einer Strafe unterliegt."
    Zarim wusste nicht, wie viel Av'Sha bereits über die Geschichte der beiden wusste. Er vermutete jedoch, dass sie in jedem Fall die Kurzversion bevorzugen würde. Vermutlich würde sie seinem Fürspruch und dem Valentins ohnehin nichts entgegenzusetzen versuchen.
    "Ich habe mich von ihrer Glaubwürdigkeit auf meine Art überzeugt und denke, wir können sie guten Gewissens aufnehmen."
    Kurz sah Zarim zu Valentin hinüber um festzustellen, ob dieser etwas zu ergänzen hatte.
    "Helias sagte mir gegenüber, die protektorische Pflicht der Aufnahme neuer Siedler sei zur Zeit in deinen beschäftigten Händen?"

  • "Und du siehst ja, wohin das führt."
    Kein Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen.
    Mit einem Blick forcierte sie den jungen Heiler und als dieser nichts zu erwiedern hatte nickte sie knapp, als sei damit alles entschieden. Wiederwillig legte sie die Feder beiseite und widmete ihre volle Aufmerksamkeit Galwine und Neirànya.


    "Nun", beschwörend trat sie neben den Tisch "da ihr bereits zwei geschätzte Fürsprecher unter den Exilanten habt steht eurer Aufnahme nun nichts weiter im Wege. Da man euch herumgeführt hat gehe ich davon aus, dass ihr euch einen Überblick von der Siedlung verschaffen konntet. Dieses Protektoriat bietet all Jenen Zuflucht, die häufig anderswo Ausgestoßene, Vertriebene und Gejagte sind, man wird euch daher nicht nach eurer Vergangenheit fragen - respektiert im Gegenzug auch die Verschwiegenheit Anderer. Allein an dem was ihr von nunan Tut wird man euch beurteilen, solange ihr den Gesetzen des Landes und der Gemeinschaft folgt wird man euch hier gerne aufnehmen. Es bietet sich somit die Chance ein neues Leben zu beginnen, seid euch jedoch bewusst, dass hier zu leben bedeutet Pflichten zu übernehmen. Ein Jeder folgt hier seiner Profession: Der Fischer fischt, der Schmied schmiedet, die Wachen bewachen. Jeder trägt auf seine Weise dazu bei, leistet seinen Beitrag, tut seinen Dienst, damit es Keinem an etwas mangelt. Doch nur wenn Alle geimeinsam für das Wohl Aller eintreten, kann es gelingen. Sobald ein Glied der Kette reißt, gerät das gesamte Unterfangen ins Trudeln. Ich empfehle euch daher nicht dieses störende Glied zu sein."
    Sie trat einen Schritt vor. Das Licht der Fackeln verlieh ihren Hörnen einen rötlichen Glanz, die sonderbar glühenden Augen versprühten etwas unangenehm Bedrohliches.
    "Sofern ihr bereit seid wird man gewiss innerhalb weniger Tage eine passende Aufgabe für euch finden. Die Siedlung ist stark gewachsen und helfende Hände werden derzeit an jeder Ecke gesucht. Dabei ist völlig gleichgültig ob Mann ob Frau, ob Mensch, Zwerg oder Schattenwesen. Solang noch keine Unterkunft bereit steht werdet ihr die Möglichkeit haben in der Gästeresidenz zu übernachten, man wird euch jedoch schnellstmöglich ein Quartier im neuerrichteten Teil der Siedlung suchen. Gespeist werden kann wahlweise in der Gemeinschaft oder aber in den Privaträumen, wobei Nahrungsmittel zentral ausgegeben werden. ..."
    Es folgte ein Abriss der wichtigsten Verhaltensregeln (nicht töten, nicht stehlen, etc.) und Ermahnungen sich ja gemeinschaftsfördlich zu verhalten. Während des gesamten Gesprächs wechselte sie kaum die Tonhöhe, was zum einen Emotionslosigkeit bewies und zum anderen das Zuhören zusätzlich erschwerte.
    "... Für alles Weitere wird man euch gewiss zu gegebener Zeit Rede und Antwort stehen."
    Damit war aus ihrer Sicht alles Wichtige erledigt worden. Sie hatte keine unnötige Länge an den Tag gelegt und würde sich nun wieder mit Entschiedenheit den Papieren auf dem Tisch zuwenden. Sie griff nach der Schreibfeder - hielt kurz inne und ihre Augen funkelten Galwine und Neirànya an.
    "Willkommen in Exilia!"

  • Neirànya fühlte sich leicht benommen, als Av'Sha in ihrer Rede geendet hatte, was sowohl der Fülle der Informationen als auch ihrer Erleichterung zuzuschreiben war. Sie hatten es also geschafft, man hatte sie aufgenommen. Sie hätte nicht gedacht, dass es so unkompliziert von statten gehen würde, war aber höchst dankbar darüber. Es machte ihr nichts aus, dass es offenbar an erster Stelle stand, der Gemeinschaft zu dienen. Vielmehr erfüllte es sie mit einer Art glücklicher Aufregung. Sie hatte noch nie wirklich Gelegenheit gehabt, viel dem Gemeinwohl Dienliches zu tun, denn wenn es nach den Bewohnern ihres Heimatlandes ging, so hätte man sie ob ihrer Andersartigkeit ohnehin so schnell wie möglich verstoßen, doch da das so leicht nun auch nicht möglich war, so hatte man sich doch immerhin damit begnügt, so wenig wie möglich mit ihr zu tun zu haben und sie (bis auf wenige Ausnahmen) so schlecht wie möglich zu behandeln. Dass sich ihr jetzt die Möglichkeit bot, nach ihren Fähigkeiten (wenn sie denn welche besaß, die den Exilanten von Nutzen sein konnten, wie sie sich mit einem besorgten Gefühl in der Magengegend fragte) beurteilt zu werden, stellte eine sehr verlockende Perspektive dar.
    Neira sah von der Seite her zu den anderen. Es schien, als seien sie hier ganz eindeutig entlassen und sie fragte sich, ob sich ihre Wege in bälde trennen würden.

  • Galwine hatte bisher nicht ein einziges Wort gesagt und Av'Shas unerwarteten Redeschwall konzentriert über sich ergehen lassen. Er wusste nicht genau, was man von ihnen erwartete. Es hatte nicht danach geklungen, als wollte die Frau noch etwas hinzufügen und offenbar waren auch keine weiteren Reaktionen seinerseits von Nöten, denn sie wandte sich bereits wieder den Papieren zu. Ihm schoss der Gedanke durch den Kopf, dass es hier sehr starken Personalmangel geben musste, wenn an einer Person so viele Aufgaben hängen blieben, dass ihr Schreibtisch aussah wie jener Av'Shas. Vielleicht entsprach dieser Anblick aber auch einfach ihrer Arbeitsweise. Seine Verwaltungsräume waren fast immer in sehr ordentlichem Zustand gewesen und auf seinem Schreibtisch wäre er nie auf den Gedankengekommen auf ein loses Papier zu schreiben, unter dem bereits andere Dokumente lagen. Aber man hatte ihm bereits mehrfach versichert, dass es sich hierbei um einen Übergangszustand handelte.
    Obwohl sie ihnen keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, verlangte es Galwine, dennoch die höfliche Form zu wahren und so verbeugte er sich leicht und sagte: "Ich danke euch. Wir werden beherzigen, was ihr sagtet." Er sah Neira an, in deren Blick er so etwas wie Erleichterung zu sehen glaubte und lächelte. Dann lächelte er auch Valentin und Zarim zu und dankte ihnen stumm für ihre Fürsprache und die Mühe, die sie sich mIt ihnen gegeben hatten.
    Aber er fühlte eine unerwartete Leere in seinem Inneren. Sie waren am Ziel angekommen. Sie hatten es bis Exilia geschafft und hatten Aufnahme in die Gemeinschaft erreicht. Doch was nun? Vermutlich wusste er noch nicht genug über dieses "neue Leben", kannte sich noch nicht genug aus, um die nächsten Missstände, die es zweifellos geben musste und gegen die er etwas unternehmen konnte, zu erkennen. Sobald das soweit war, hätte er neue Ziele. In der Zwischenzeit gedachte er, sich ein wenig von den Strapazen der Reise zu erholen.
    Wenn er alles richtig verstanden hatte, so bestand derzeit kein Druck, sich sofort an die Arbeit zu machen und so beschloss er, tatsächlich zu versuchen, mit dem Senator zu sprechen und in den nächsten Tagen mit möglichst vielen Exilanten ins Gespräch zu kommen. Vielleicht ergab sich auf diese Weise ja eine passende Aufgabe für ihn. Vor dessen Abreise wollte er zudem Valentin noch einmal auf die Sache mit der Bibliothek ansprechen, doch er spürte, dass dazu gerade nicht der richtige Zeitpunkt war. Vermutlich wollten er und Zarim möglichst bald ihr Gespräch führen und er hegte nicht die Absicht, die beiden durch Aufdringlichkeit gegen sie aufzubringen. Außerdem wollte er gerne noch einmal mit Neira sprechen.
    Als sie den Raum wieder verlassen hatten, bat er darum, man möge ihnen den Weg zu ihrer Residenz weisen und ihm außerdem mitteilen, wie er, so sie damit einverstanden seien, sie finden könne, da er ihre Gesellschaft genossen habe und dies beizeiten gerne wieder täte.