Schutz vor den Winden

  • Die Sonne konnte noch nicht all zu hoch gestiegen sein und doch hörte man im inneren der Gästeresidenz bereits das Treiben von draußen. Durch mehrere schichten steinerner Wände klangen gedämpft das gemächliche klappern von Hufen auf Stein, das klirren von Metall und das Murmeln duzender Stimmen, die schon seit einiger Zeit ihr Tagewerk verrichteten. Noch immer säuselte der Wind um die Ecken - ein Grundton, der so andauernd zu sein schien, dass er sich dem Bewusstsein mit der Zeit beinahe entzog.
    Von all diesen Geräuschen hob es sich deutlich ab: Das Klopfen einer Hand gegen die schwere Tür der Gästeresidenz. Dreimal erklang das dumpfe Geräusch in kurzen Abständen, bevor es erneut dem säuselnden Wind den Vortritt ließ.

  • Galwine, der schon vor einer ganzen Weile erwacht war, versucht hatte, die Reste des Staubes, der sich im Laufe ihrer langen Reise in seiner Kleidung festgesetzt hatte und die nicht von den stürmischen Böen des Vortages herausgeblasen worden waren, von seiner Jacke zu klopfen- immerhin wollte er einen guten Eindruck hinterlassen und einigermaßen saubere Kleidung gehörte seiner Meinung nach zum guten Ton- , die verbliebene Glut im Kamin zusammengeschoben und das Feuer neu entfacht hatte, das nun die Luft in der Residenz angenehm wärmte, öffnete die Tür, noch ehe der dritte Schlag verhallt war.

  • Verblüfft sah ihn ein junger Mann an. Seine Hand verharrte in der Luft. Sie steckte in einem Ledernen Handschuh, der an der Außenkante deutlich angekohlt war.
    "Nun - wenigstens muss man nicht lange auf Euch warten", sagte er.
    Das äußere des Mannes war (von dem Handschuh abgesehen) nicht sonderlich auffällig. Er trug längere Haare, einen Schwarzen Woll-Mantel, dazu ein Ledernes Wams. An seinem Gürtel waren verschiedene Taschen befestigt, die zum Teil recht ungewöhnlich aussahen. Wenngleich die Bekleidung des jungen Mannes - Galwine schätzte ihn richtig auf zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Lenze - nicht außerordentlich teuer war, so schien sie doch einem Menschen zu gehören, der es sich leisten konnte, seine Gewandung zu erneuern, ehe der Gebrauch sie all zu sehr zeichnete. Und ein Mensch - das schien er zu sein: Keine Anzeichen wiesen auf eine körperliche Beschaffenheit hin, die seine Zugehörigkeit zu Exilia von vornherein nahegelegt hätte.
    "Nungut", sagte er "habt Ihr Interesse an einem kleinen Morgenspaziergang?"
    Interessiert versuchte er an Galwine vorbei einen Blick ins innere der Unterkunft und damit auf Galwine Begleitung zu erhaschen.

  • Galwine blickte ein wenig auf ihn hinab, übersah seinen neugierigen Blick geflissentlich, beschloss aus dem angesengten Handschuh keine voreiligeren Schlüsse zu ziehen, als dass der Mann vor ihm, der kaum älter als er selbst sein konnte, wohl gern mit dem Feuer spielte und antwortete: "Einen guten Morgen euch. Mein Name ist Galwine Carndagnir.Es freut mich eure Bekanntschaft zu machen. Wie lautet euer Name? Dies ", setzte er hinzu, nun doch dem Blick des Mannes folgend, allerdings ohne Anstalten zu machen, dessen Blick auf seine Reisegefährtin zu erleichtern, "ist Neirànya. Wir haben sehr gut genächtigt und würden uns...", er warf Neira einen fragenden Blick zu, die jedoch keinerlei Anzeichen der Ablehnung erkennen ließ, "...über einen kleinen Rundgang freuen"

  • "Mein Name ist Zarim Duronius", sagte Zarim. Es ärgerte ihn ein wenig, das der Besucher größer war als er und auf ihn hinabblicken konnte. "Dann folgt mir!" Zarim trat ein paar Schritte zurück, um den Weg auf den Gang frei zu machen. Er setzte ein freundliches Lächeln auf. Habt ihr schon etwas gegessen? Wenn nicht, werde ich euch gleich Gelegenheit geben etwas zu euch zu nehmen."
    Was ist mit Neirànya?, setzte er hinzu. "Wird sie uns begleiten?"

  • Galwine war sehr erfreut über die Umsicht, die ihnen gegenüber bewiesen wurde, denn tatsächlich war ihm sehr nach einer kleinen Stärkung zumute und das Brot gestern Abend war wirklich hervorragend gewesen.
    "Ich glaube, wir können beide etwas zu Essen vertragen", meinte Galwine. "Aber wenn Du uns etwas über diesen Ort erzählen kannst, stillt das ebenfalls einen brennenden Hunger..."
    Er hoffte innständig, dass er dem Mann nicht zu nahe getreten war, indem er die höfliche Anrede zu Gunsten einer vertrauteren aufgegeben hatte. Er wollte, dass man sich ihm gegenüber nicht verstellte und das erreichte er wohl am besten, indem er überflüssige Höflichkeit ablegte.
    Die beiden Besucher traten hinaus auf den Gang. Neira hatte ihren Kopf weitgehend unter der Kapuze ihres Mantels verborgen, sodass man zwar ihr Gesicht sehen, doch ihr ungewöhnliches Haar nicht ausmachen konnte. Manchmal war es besser, Vorsicht walten zu lassen.
    "Wohin gehen wir?", fragte Galwine Zarim auffordernd.

  • Einen kurzen Augenblick verengte der junge Alchemist die Augen und legt den Kopf leicht schief. Dieser Neuling schien in keinem sonderlich zivilisierten Gebiet aufgewachsen zu sein, dachte Zarim. Erstaunlich, wirkte seine Erscheinung ansonsten doch recht annehmbar. Was fiel ihm ein, Zarim zu dutzen?
    "Tatsächlich? Nungut... dann wollen wir mal sehen, ob wir Euren Hunger stillen können. Ihr müsst wissen, dass Exilia recht stolz auf seine Gastfreundschaft ist. Selbst die dahergelaufensten Kreaturen - selbst jene, die keine Umgangsformen zu besitzen scheinen - erhalten von uns eine Mahlzeit, so sie es nötig haben und sie nicht zum Dauergast werden."
    Man hätte sich darüber streiten können, ob Zarim das "Ihr" ein wenig überbetont hatte. Er hatte sich bemüht es nicht zu tun. Dennoch war sein Ton unmerklich frostiger geworden.
    "Folgt mir.", sagte er und drehte sich mit diesen Worten auf dem Absatz um, um ihnen voran in die Große Halle zu schreiten. Sie war fast vollständig leer. Das Geschehen des Tages ereignete sich Abseits dieser Kuppel, an die Gemächer wichtiger Personen und andere Räume, die sich von den gewöhnlichen Quartieren und Werkstätten unterschieden, anschlossen. Durch das Tor traten die drei Gestalten in den Innenhof, der vom Inneren Ring eingeschlossen war. Er war an der Stelle errichtet worden, an der auch der Erste Palisadenzaun gestanden hatte, nur das dieser hoher und aus massiven Steinen gebaut worden worden war. An seinen Wänden drängten sich verschiedene Hütten - größtenteils ebenfalls aus grauem Stein gebaut. Noch immer hing über jeder der Türen ein schwarzer Fetzen Stoff.
    Zarim zog seinen Schaal ein wenig enger um sich gegen den Wind zu Schützen und wartete, bis die ihm anvertrauten Gäste ebenfalls die Große Halle verlassen hatten.

  • In wie viele Fettnäpfchen wollte der denn sonst noch treten? Galwine beschloss, unauffällig wieder zur höflich distanzierten Umgangsform zurückzukehren. Der junge Mann vor ihm war ihm im ersten Moment sehr freundlich und sympathisch erschienen, doch nun war er offenbar sehr schnell beleidigt und dass er ihn, Galwine, indirekt als dahergelaufene Kreatur ohne Umgangsformen bezeichnet hatte, kränkte Galwine ungemein. Aber er wollte das Gegenteil beweisen - obwohl er,wie er glaubte, doch in keinem Moment ihrer Anwesenheit hier wissentlich unhöflich oder grob gewesen war- und ging nicht weiter darauf ein. Stattdessen sagte er, als sie zu Zarim aufgeschlossen hatten: "Es gibt nicht viel, das wir über Exilia wissen, aber der gute Ruf eurer Gastfreundschaft war es, der uns hierher führte. Auch würde ich gerne den Bäckermeister kennen lernen, dessen Brot, das uns gestern zu kosten erlaubt war, ich als das Wohlschmeckendste bezeichnen kann, das ich je gegessen habe. Habt ihr noch mehr solcher hervorragender Meister ihres Faches hier in Exilia?"

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

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  • Zarim führte die Beiden durch eines der Großen Tore in der Mauer hinaus in den äußeren Bereich der Befestigung. Dieser Bereich, der etwas tiefer gelegen war, war deutlich größer und wurde ebenfalls von einer Steinernen Mauer geschützt. Die in diesem Bereich angelegten Gebäude waren entweder recht neuen Datum oder sie waren ehemals vor der Palisade gebaut worden und genossen erst seit kurzem den Schutz steinerner Mauern. Hier draußen war deutlich mehr Betrieb eine Bunte Mischung verschiedenster Wesen verrichteten hier ihre Arbeit, oder waren auf dem Weg dorthin. Einige der Personen schien Zarim zu kennen. Er nickte ihnen zu, winkte oder sagte ein kurzes freundliches Wort zu ihnen. Niemand von ihnen schien sich sonderlich für die Begleitung Zarims zu interessieren. Wenngleich Exilia kein Ort war, der ständig von Reisenden aufgesucht wurde, so waren Fremde doch nicht ungewöhnliches. Und diese im Speziellen sahen nichtmal sehr außergewöhnlich aus. Weiter ging der Weg entlang der Außenseite der inneren Mauer bis sie schließlich vor einer Hütte stehenblieben, aus deren Schornstein Rauch quoll. Zarim deutete darauf. "Wenn ihr ein gutes Frühstück wollt, dann sollten wir hier halten." Er hatte sich entschlossen seine freundliche Seite zu zeigen, weswegen er Galwine ein freundliches Lächeln schenkte. Zarim legte Wert darauf, dass man ihm mit der gebotenen Höflichkeit begegnete, war andererseits auch nicht nachtragend. Mit einer einladenden Geste bedeutete er hineinzugehen. Amüsiert stellte er fest, dass die Kante des Vordaches kaum höher war als Galwines Scheitel.

  • Galwine bedankte sich wortlos und mit einem Lächeln, trat vor, unter dem niedrigen Vordach hindurch und stieß sich leicht den Kopf am noch niedrigeren Türsturz. Es war nicht so, dass er an dergleichen nicht gewohnt war, daher verzog er nur en wenig das Gesicht, beschloss, sich die Stimmung nicht vermiesen zu lassen,lächelte wieder und betrat endgültig den Eingangsbereich des kleinen Hauses. Es dauerte eine Weile, bis sich seine Augen vom hellen Tageslicht auf das schummrige Dämmerlicht innerhalb der Hütte umgestellt hatten.

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

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  • (mangels erfolgter Accountfreischaltung von Galwine geposted, doch von Neirànya geschrieben)


    Neirànya war bisher still neben den beiden Männern hergegangen und hatte ihre Kapuze, nicht zu letzt, weil sie die Neugier ihres Führers - wie war noch gleich sein Name, Zarim? - bemerkt hatte und ihm nicht umbedingt Anlass zu Fragen über ihre Erscheinung geben wollte, aufbehalten. Allerdings schien er, was sie allein daran ablas, dass er weiterhin eine höfliche Anrede benutzte, durchaus in der Lage zu sein, die nötige Distanz zu wahren.
    Nun jedoch, als sie hinter Galwine durch die Tür gegangen war, schlug sie ihre Kopfbedeckung zur Seite und ein leiser Windstoß fuhr ihr wohltuend über Federn und Haar, bevor die Tür geschlossen wurde. Aber Neira kam nicht dazu, sich darüber Gedanken zu machen - zu köstlich war der Geruch, der ihnen nun entgegenschlug.

  • "Beim Barte des großen Zwerges, ja doch der Teig ist längst auf der Esse aber wenn ihr ständig..."


    In der großzügig bemessenen Weite des Raumes Stand eine muskulöse Gestalt. Es gab nur einige schmale Fenster, die nur wenig Licht hineinließen, gerade soviel um zu erkennen, dass man in einer Art Schmiede stand. Ein feiner mehlartiger Staub lag in der Luft, dazu mischte sich die Hitze der glühenden Kohlen und ein einladend duftender Geruch von Gebäck.


    "ZAAaaariimmm!"
    Die Gestalt hatte sich umgedreht und stellte sich als bärtiger Mann mittlerer Größe mit enorm muskullösen Oberarmen heraus. Sein Bart war weiß von Mehl, über seinem Kettenhemd spannte sich eine rot-weiß gestreifte Backschürze.
    "Mensch, wenn ich gewusst hätte, dass..."
    In seinem Übereifer stolperte er vorwärts und stieß an einen Tisch, wobei es geräuschvoll schepperte. Entschuldigend hob er die Hände und kam mit ausgebreiteten Armen auf Zarim zugewankt.
    "Junge, womit kann ich dir behilflich sein?"
    Die Fremden beachtete er nicht weiter.

  • Zarim lachte herzlich. Er war Gast dieses Hauses so oft er nur konnte. Und doch freute ihn Doimdils Gastfreundschaft immer wieder.
    "Schön dich zu sehen alter Freund. Wie geht es dir? Ich habe Gäste Exilias hier, die Gestern Abend angekommen sind und jetzt ein Frühstück erhalten sollen, das Gästen Exilias würdig ist." Zarim zwinkerte dem Freund verschmitzt zu. "Wenn du vielleicht ein wenig für uns übrig hättest? Setz es einfach auf meine Rechnung." Zarim Grinste. Wenngleich er Doïmdil oft dazu aufforderte seine Rechnung zu ergänzen, wusste er, dass diese Rechnung nicht existierte. Ohnehin wurde der Zwerg in der Regel pauschal bezahlt, da viele der Siedler seine frischgeschmiedeten Brote überaus schätzten.

  • Doïmdil grinste sein breites Grinsen. Erst nach den Worten seines Freundes wurde er sich dem Besuch gewahr.


    "Ich bin grad dabei eine Fuhre Brot zu backen", er deutete auf diverse Werkzeuge, Hämmer und Zangen die neben der Esse lagen. Eine Esse, die jedoch nicht dem Bearbeiten von Metallen sondern von Backmischungen diente.
    Entschuldigend hob er die Arme und machte sich sogleich daran diverse Leckereien in eine Tüte zu stopfen. Es gab würziges Brot und auch Süßes war dabei.


    "So nun aber raus mit euch!", Doïmdil drückte Zarim die Tüte in die Hand. "Hier, aber lass diese Av'Sha nichts davon - die hängt mir ständig in den Ohren von wegen, dass ich sparsam sein soll und", er wischte mit einer Hand Av'Shas Einwände weg.


    "Also dann - komm mich doch mal wieder besuchen, wenn ich nicht gerade ein ganzes Lager zu versorgen habe."


    Doïmdil grinste nocheinmal und wandte sich dann wieder seiner Esse zu.

  • Dankend nahm Zarim die prall gefüllte Tüte, verabschiedete sich noch schnell herzlich und ging anschließend mit den beiden Gästen ins Freie. In einiger Entfernung lag eine Stelle, an der man aus Baumstämmen grobe Bänke und Tische gezimmert hatte. Einige der Plätze waren besetzt, denn viele der Exilanten schätzten diese Stelle. Sie lag auf einer kleinen Erhebung und bot den Blick über einen Teil der Westlichen Mauer hinweg in das öde Land, das die Festung umgab. Zarim steuerte auf einen etwas am Rand der Sitzgruppen gelegenen Tisch zu an dem einige Männer saßen. Nach einem kurzen Gespräch händigten sie ihm drei aus Ton geformte Becher aus, die er an dem nahegelegenen Brunnen befüllte, bevor er dem Pärchen (waren sie ein Pärchen, fragte er sich im Stillen) in seiner Begleitung bedeutete sich an einem der freien Tische niederzulassen. Beim öffnen der Tüte verströmte ein köstlicher Duft. Eine weile wollte Zarim dem ungestörten Frühstück widmen. Anschließend jedoch, würde er ein paar Fragen an die Beiden Gäste haben.

  • Während sie das Brot und die anderen Köstlichkeiten verzehrten, genoss Neirànya die dabei währende Stille, obgleich sie ahnte, dass sie nicht lange dauern würde, weshalb sie erwog, sie selbst zu brechen. Sie achtete sorgsam darauf, den letzen Bissen herunterzuschlucken, dann sagte sie: "Ich habe noch nie von einem Zwerg gehört, der das Essen nicht nur verzehren, sondern es auch so vortrefflich zubereiten kann. Und wie steht es mit Euch", sie sah Zarim direkt an,"wollt ihr uns nicht noch etwas mehr über euch erzählen? Was habt ihr getan, dass euch die unliebsame Aufgabe zu teil wurde, uns hier herumzuführen?" Ihre Mundwinkel zuckten kurz nach unten und wenn man wollte, so konnte man darin ein Lächeln erkennen. "Oder sollen wir Euch zunächst von unserer Reise erzählen?". Sie betonte die Anrede nicht, war jedoch darauf bedacht, nicht Galwines Fehler zu begehen und taktlos zu werden.

  • "Oh, viele Zwerge können hervorragendes Essen bereiten. Das Gerücht, sie seien in derlei Dingen nicht bewandert entstammt vermutlich dem Umstand, dass sie dazu neigen jegliche Arbeiten so zu beschreiben, dass man im ersten Moment an Metallbearbeitung denkt."
    Zarim war froh, das die kulinarischen Fähigkeiten Doïmdils Neirànya offenbar stärker interessierten als seine ungewöhnliche Größe - ein Thema, das Zarim ausgesprochen ungern vertieft hätte.
    "Ich für meinen Teil bin Siedler dieses Protektorats seit knapp zwei Jahren. Mein Schicksal übergab mich dem Studium der Alchemie, wenngleich ich mich in letzter Zeit zunehmend auch anderen Werkzeugen bediene um mein Wissen zu mehren. Ich bin zurzeit leitend unter den Alchemisten Exilias und führe zudem Forschungen im Auftrag des Archons durch. Zarim ließ das Wort Archons einen kurzen Augenblick in der Luft schweben um an ihrer Reaktion abzulesen, wie viel oder wenig sie bereits über die neue Welt wüssten. Dass sie gerade aus der alten Welt angekommen waren, war eine Vermutung die Zarim aus ihrer unzulänglichen Kleidung ableiten zu können glaubte, sowie aus dem Umstand, dass der meiste Zulauf, den Exilia erhielt aus der alten Welt stammte, welchen Gründen auch immer man das zuschreiben wollte.
    "Aus diesem Grund besitze ich ein weiteres Labor in Paolos Trutz - der Hauptstadt des Nordens(?). Bin ich hier in Exilia nicht anzutreffen, bin ich vermutlich dort."
    "Was den Grund betrifft, weshalb ausgerechnet ich euch herumführe: Einer meiner Gehilfen hat heute morgen eine Substanz im Labor ausgekippt und ich habe mich entschieden mich anderweitig zu beschäftigen, ehe das Labor wieder nutzbar ist. Ich rechne damit nicht vor Mittag - vermutlich wird er länger damit beschäftigt sein, die Folgen seiner Übelkeit zu beseitigen als mit dem Entfernen der verschütteten Flüssigkeit."
    Zarim lachte kurz auf.
    "Aber bitte - ", setzte er hinzu, "Erzählt mir doch - sofern Ihr mein Handwerk als ausrechend beschrieben erachtet - von dem Euren, dem Grund Eurer Reise und dem Verlauf derselben. Wollt Ihr nur zeitweilig den Schutz Exilias erhalten oder zieht Ihr in Erwägung Euren Siedlungsort in diesen Teil des Nordens zu verschieben?"
    "Ich persönlich werde", fügte er hinzu um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, "nicht über Euren Verbleib entscheiden. DIes ist Aufgabe und Recht Av'Shas. Ihr habt sie gestern Abend bereits kennen gelernt. Jedoch ist sie im Augenblick sehr beschäftigt froh eine Empfehlung zu erhalten."
    Leicht zurückgelehnt, sah er die Beiden interessiert an und wartete auf ihre Antworten.

  • Galwine hatte die letzten Reste des Brotes, das Zarim ihm gegeben hatte, aufgegessen, fühlte sich satt und war doch der Überzeugung, er hätte noch mindestens einen weiteren Laib davon verschlingen zu können, wäre noch einener in Reichweite gewesen. Dieser Bäcker allein war Grund genug, den starken Wind, das rauhe Seeklima und all die anderen Unannehmlichkeiten, die diese Region bereithalten mochte, zu ertragen. Vermutlich waren es Talente wie diese, die die Siedler Exilias über all ihre körperlichen ud gesellschaftlichen Unterschiede hinweg zu einer gemeinschaft zusammenführten, die ihre Stärke und Leistungsfähigkeit mit Bauten wie der großen Kuppelhalle, die er selbst von hier aus noch ein wenig über den umliegenden Häusern aufragen sah, ausdrücken konnte. Im Licht de höher steigenden Sonne und im Windschatten der hohen Mauern fühlte er sich zunehmend wohl. Allerdings würde er sich bei nächster Gelegenheit wärmere Kleidung kaufen müssen. Auch sah das was er am Leib trug wirklich nicht mehr standesgemäß aus. Der Graf hätte ihn ohne zu zögern zu den Bettlern und Schweinehirten auf die Straße werfen lassen, hätte er es je gewagt ihm so unter die Augen zu treten. Dann fiel ihm wieder ein, dass kulturelle Flüche (oder Errungenschaften, je nachdem auf welcher Seite man stand) wie der Geburtsstand, die die Zeit mitsichbringt, hier nicht existierten und er entspannte sich noch ein wenig mehr. Er war nicht sehr auber, aber er hatte auf ihrer Reise hierher viel übler zugerichtete Gestalten gesehen und immerhin war er weder wirklich krank, noch fehlten ihm Gliedmaßen oder der Verstand. Er hatte keinen Grund, sich zu schämen.
    Der oberste Alchemist gefiel ihm. Er hatte offenbar in kurzer Zeit viel erreicht, ohne dabei emotional zu veröden, was er unter anderem deutlich an der offensichtlichen Freundschaft, die den Mann mit dem Zwerg - er hatte noch nie einen Zwerg gesehen, aber als Kind hatte ihm seine Amme einmal eine Geschichte von einem versklavten Zwerg erzählt, der so klein war, dass er von seinem Herrn gezwungen wurde, Kanäle für Nägel in dessen Hausmauern zu treiben. Der Zwerg war sehr unglücklich gewesen und hatte eines Nachts einen Tunnel in den Schädel seines Herrn gegraben. Dann war er in dem ausströmenden Blut ertrunken. Offenbar entsprach diese Geschichte nicht in allen Details der Realität, zumindest hatte er sich Zwerge kleiner vorgestellt- zu verbinden schien, ablas. Auch glaubte er nicht, dass den Gehilfen eine schlimme Strafe erwartete. Vielleicht war es Produkt eines Wunschtraumes, hier endlich auf eine gemeinschaft von Menschen zu treffen, deren Sinn für Gerechtigkeit dem seinen glich, doch er entschloss sich, Zarim begreiflich zu machen, was sie in ihrer alten Heimat ins Exil getrieben und sie nach Exilia geführt hatte.
    Er wusste, dass die meisten Menschen den Anblick seines linken Armes, auf dem seit seinem zweiten Lebensjahr, nachdem seine Mutter Es getan hatte, woran er sich zum Teil noch schemenhaft erinnerte, eine rötlich leuchtende, lederne Flechte wucherte und sich sehr langsam ausbreitete, nicht ertragen konnten. Er war es daher gewohnt, immer einen Handschuh zu tragen, wenn andere in der Nähe waren, die ihn nicht gut kannten. Doch jetzt löste er dessen Schnallen, streifte ihn ab, schob den Ärmel ein wenig hoch und legte den Arm auf den Tisch. Er beobachtete genau Zarims Reaktion.

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

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  • Die offensichtliche rötliche Fläche auf Galwines Arm zog augenblicklich Zarims Aufmerksamkeit auf sich. Nach einem kurzen Blick in das Gesicht der Frau zu Galwines Seite, die nicht überrascht oder verängstigt erschien, beugte Zarim sich leicht vor und betrachtete den Arm aus einer etwas geminderten Entfernung. Wie automatisch öffnete er eine der Taschen an seinem Gürtel, holte ein zu einer art Tüte gefaltetes dunkles Stück Papier, sowie ein Längliches Glas, das oben mit einem Korken verschlossen war heraus. Automatisch glitt seine rechte Hand in den zum Essen am Gürtel befestigten Handschuh und ergriff das Glaß, dessen Korken in der Linken Hand verblieb.
    Zarim hatte die Hand bereits halb über den Tisch gestreckt, als er plötzlich in der Bewegung innehielt, Galwine ins Gesicht blickte und sagte, "Darf ich?"

  • Neirànya:


    Neira wusste von der Flechte auf Galwines Arm, und er hatte ihr im Laufe ihrer Reise auch erzählt, was es damit auf sich hatte. Aber das hatte sie damals für eine Notwendigkeit gehalten, da sie so lange gemeinsam unterwegs sein würden - dass er sie jetzt so bereitwillig dem Alchimisten zeigte, wunderte sie ein wenig. Zwar erschien er ihr auf dem ersten Blick nicht unsympatisch, jedoch hätte sie sich sich gehütet, ihm bereits soweit zu trauen. Schmerzlich kamen die Erinnerungen an die letzen Tage und Wochen in ihrer Heimat zurück und sie griff unwillkürlich nach dem Saum ihrere Kapuze, widerstand jedoch dem Drang, sie aufzusetzen. Vermutlich hatte Galwine recht mit dem was er tat - man konnte auch nach Jahren noch von jenen getäuscht werden, denen man sein Vertrauen geschenkt hatte. Es macht also vermutlich keinen Unterschied, stellte sie verbittert fest.
    Aber sie konnte ihn verstehen. Auch sie war nun, da sie in Exilia wirklich angekommen zu sein schienen, der Drang überkommen, ihre Andersartigkeit preis zu geben und sie hatte ihm stattgegeben. Es tat gut, ein Geheimnis nicht mehr bewahren zu müssen.
    Neirànya lehnte sich ein wenig zurück um Zarim mehr Platz zu lassen, sah jedoch aufmerksam zu, was er tat.