• Dankbar lächelte Mairead den Mann an und folgte ihm zu einem freien Tisch. Erleichtert ließ sie sich auf den bequemen breiten Stuhl sinken und streckte die Füße aus.

    "Du scheinst vielen "Dingen" gegenüber offen zu sein?" deutete Mairead mit einem Blick auf seinen vielgestaltigen symbolischen Schmuck an.


    Dann lachte sie leise und ihre Augen blitzten amüsiert. "Man kann mit mir sehr gut über alle möglichen und unmöglichen Götter und Glauben sprechen. Ich bin nicht eingeschränkt und lerne gerne dazu.- falls ich das gerade nichtig interpretiert habe, hattesr du hier Bedenken?"

  • "Überleben... anpassen.. siegen" Beginnt Rochus mit ruhiger Stimme zu sprechen, als er Mairead an den Tisch folgt. Wie durch Zauberhand ist auch dort Platz für die zwei ungleichen "Menschen"


    "Dafür wurde ich gezüchtet"


    Der vernarbte Protektor zieht einen Teller mit duftendem, aufgeschnittenem, Brot heran. und eine dampfende Schalte mit krustig-knusprigen Teilen des Kaminschweins heran und stellt diese anbietend zwischen sich und Mairead.

    Ein Winken nach hinten genügt das der Wirt gemächlichen Schrittes sauberes Besteck und Geschirr vor Mairead abstellt.

    Wenig Höflichkeit und/oder Tischmanieren zeigend greift Rochus mit bloßen Fingern nach einem Stück schwarte und kaut darauf herum.

    Wenigstens spricht er nicht mit vollem Mund, das gut gewürzte Schweineteil wird Zerkaut in den Magen befördert.


    "Offen wäre zu viel gesagt. Das Meiste was ich sagen könnte würden.. viele.. als beleidigend ansehen. Deswegen sage ich nichts. Und wenn ich etwas sage und es ist nicht beleidigend.. dann ist es arrogant. Ich weiß in welcher Gesellschaft ich mich auf Mitraspera befinde und habe mich angepasst"


    Wieder zeigt sich ein, durchaus selbstgefälliges, Schmunzeln auf den Zügen des alten Mannes.


    "Und da wo ich herkomme.. sind Götter, oder Passionen wie wir sie nennen, wie jedes benannte Wesen nur eine Ressource für Namensgeber"

  • Mairead nickte, nur konnte man schwer einschätzen, zu welcher Ausführung sie ihre Zustimmung gab.

    Vielleicht zu allen?


    "Du wurdest gezüchtet? Darf ich fragen, was du bist? Bist du so etwas wie ein Hexer?" man merkte, dass Maireads Neugier geweckt war.


    Sie ignorierte das gebrachte Besteck und nahm ihres aus Holz.

    Genüßlich kostete sie die dargebrachten Speißen und begann dann sichtlich zufrieden zu essen.

  • "Vor allem bin ich mein ganzes Leben lang darüber belogen worden was ich bin"


    Rochus lacht nach seinen Worten ziemlich heiter auf. Man gewinnt schnell den Eindruck das dieser alte Mann Dinge nimmt, wie sie kommen.


    "Ich habe seit meiner Zeit auf Mitraspera einiges zusammensetzen können. Bruchstücke, Fragmente der Vergangenheit meiner Blutlinie. Aber nicht weil mir die Wahrheit wichtig war, sondern weil.. ich.. hrm.. mein Körper.. anders auf Mitraspera und die Scherbenwelt reagiert. Aber mittlerweile...."


    Die kräftigen Schultern des alten Mannes zucken. Dann befeuchtet er sich die Kehle mit dem roten Inhalt der gläsernen Schädelflasche.


    "Mittlerweile kommen mein Körper und ich auch auf Mitraspera gut miteinander aus"


    Auch der alte Protektor bedient sich nochmal am Fleisch, kaut genüsslich brummend darauf herum.


    "Kurz gesagt.. so unglaublich es für dich klingt. Ich stamme aus einem.. hm.. Reich.. einem.. Imperium.. einer Magokratie die so weit und hoch entwickelt war das wir... sie.. die Schöpfung selbst nach ihrem Willen formten"


    Erneut wird ein Schluck aus der Flasche genommen. Obwohl die Flasche schon halb geleert ist zeigt Rochus keine Anzeichen davon das der kräftige Alkohol ihn beeinflusst.


    "Und ich... meine Ahnen.. waren Teil dieser Schöpfung. Ich war.. sozusagen.. eine ungefährlichere Rückzüchtung"

  • "Es ist.. äh.. kompliziert. In der Theorie... naja, ich hatte die besten Lehrer. Aber ich selbst war in meiner Heimat ein Pariah.. ein -Seelenloser-."


    Rochus lachte wieder kurz auf. Das Thema, seine Vergangenheit, schien er mit erschreckend nüchterner Distanz zu betrachten.


    "Mitraspera ist eine Globule, von jeder Welt und jeder Zeit zugänglich. Sofern die Quien.. oder andere Wesen.. es zulassen"


    Der Protektor angelt jetzt ein Stück Brot, beißt einen Happen ab und zerkaut ihn genüsslich. Die andere Hälfte der abgebissenen Brotscheibe wird mit etwas Kaminschwein garniert und gleich hinterher geschoben.

    Das ganze zerkaute Häppchen wird dann mit dem roten Sud aus der Schädelflasche hinuntergespült.


    "Wie erkläre ich das.. äh... " Etwas verlegen, sogar leicht errötend, kratzt sich Rochus am Hinterkopf.


    "Die Síde von Tír na nÓg nannten mich -an tromluí a shiúlann" Die Schultern hoben sich erneut. "Ich erkenne Parallelen der Sprache, also gehe ich davon aus.. nach Erzählungen, das die Welt die Selbe war wie die deines Volkes"


    Dann legte Rochus die Augen auf die Flasche in seiner Hand


    "Das hier? Ich habe es -Selfiraner Blutwasser- genannt. Es basiert auf Kirschen. Und ich fand den Namen passend. Es sieht aus wie das Wasser in den Schüsseln des Lazaretts nach einer Operation"

  • "Hm, nein... ich glaube nicht"


    Rochus schüttelt verneinend den Kopf und behielt die stoische Ruhe und Gelassenheit die die meiste Zeit seine Persönlichkeit zu dominieren scheint.


    "Ich wurde gelegentlich von meinem Herrn ausgesandt um dort ein paar Ressourcen gefangen zu nehmen. Naja, manchmal brauchten die Hüter des Himmels einige Exemplare für Experimente.. oder die Menagerie"


    Kurz seufzte Rochus als er über seine Vergangenheit nachdachte. Der weißbeschopfte Kopf wird geschüttelt.


    "Ich war der Kettenhund des obersten Stadthalters des theranischen Imperiums. Wie auch mein Großvater vor mir. Nach Gesprächen mit anderen Angehörigen deines Volkes fand ich heraus das euer Wort für die Insel Thera -Atlantis- lautet. Das Imperium das ich kannte ist für Pikten und Kelten wohl kaum mehr als ein Name aus dem Zeitalter der Legenden"

  • "Ich befehle sie... wir sind verbunden. Es gibt Huren die nur für das Gold leben, uns es gibt Namensgeber die bereit sind zu leben.. anstatt zu sterben...."


    Rochus verzog deine vernarbte Grimasse grinsend


    "Ich denke du weißt was ich meine... es gibt Weiber die ihr Eigengewicht nicht wert sind... und es gibt Mannsbilder die nur ihr Ebenbild im Spiegel sehen...."

  • Die Priesterin hatte tatsächlich Schwierigkeiten, seinem Vergleich zu folgen.

    "Ähm....Birkenschildt ist sehr stolz darauf, dir zu dienen. Er würde ohne zu zögern für dich oder das, was du befiehlst sterben. Aber ich denke, das weißt du." versuchte sie den Vergleich zu interpretieren.


    "Es macht immer Sinn, sich diejenigen, denen man vertraut mit bedacht auszusuchen." ergänzte sie noch.


    "Du scheinst eine Hand dafür zu haben, Völker zu vereinen- und ihnen doch ihre Individualität zu lassen." - sie machte eine allumfassende Geste durch das Gasthaus-

    "Das schätze ich sehr- auch ich sehe es als meine Aufgabe, Verbindungen zu suchen und zu fördern - im weitesten Sinne." Mit diesen Worten schob sie ihren Teller weg und reinigte ihr Besteck mit einem Tuch, bevor sie es wieder in ihre Tasche steckte.

    "Mir war nicht bewusst, dass Selfiran SO ist. Eine Schande- ich bin schon so oft an dieser Stadt vorbeigeritten und nie eingekehrt."

  • "Birkenschildt ist... ein Benannter. Er, wie auch sein.. - Bruder- sie haben ihre Namen von mir. Namen haben Macht. Ich denke eine Questorin wie du weiß das."


    Der alte, vernarbte, Kämpe zieht die vom grauen Bart umrahmten Mundwinkel in die Höhe.


    "Vertrauen ist ein dreischeindiges Schwert, sagte mein Großvater immer. Deine Seine, meine Seite.. und die Wahrheit"


    Rochus lehnte sich zurück und genoss einen weiteren Schluck blutroten Sudes aus der gläsernen Schädelflasche.


    "Ich bin nur ein Werkzeug. Es ist nicht meine Hand. Es ist ihre Hand. Selfiran funktioniert weil ich nichts weiter bin als ein Ausdruck ihres Willens. Hier in Selfiran... bin ich der Richter, die Geschworenen... und auch der Henker"


    Ein kurzer Seitenblick der ungleichen Augen reicht aus um die gemurmelten Gespräche an den Tischen kurzzeitig verstummen zu lassen.


    "Selfiran ist das was ihre Exzellenz will das es ist. Und ich bin.. zum Guten wie zum Schlechten.. die Hand die ihren Willen umsetzt. Und wenn es sein muss bin ich auch der Knüppel oder das Richtschwert"


    Wieder wurden die Schultern erhoben.


    "Politik... ich war nie ein guter Politiker"

  • Mairead ließ die Worte des Protektors eine ganze Weile auf sich wirken. Hatte er ihr gerade gedroht?


    Sie beschloss, dass dem nicht so war....jedoch auch, vorsichtig zu sein.

    Ein Mann, der Kläger, Richter und Henker in sich vereinte war gefährlich. In Verbindung mit Willkür, sehr gefährlich.


    "Was ist eine Questorin? Dieses Wort ist mir unklar. Ich glaube nicht, dass ihr in Verbindung mit mir, die römische Bedeutung meint?" fragte die Priesterin letztendlich nach einer Weile.


    Wenn das Ziel der Nyame tatsächlich, die Vereinigung und der Frieden aller Völker ist...wußte sie nun, warum ihre Göttin sie hierher gesandt hatte... dachte Mairead still.

    Interessant, ein Beweis mehr, dass sie sich selbst hier auf den gezeigten Weg verlassen konnte.

    "Politik, ist ein tausendschneidiges Schwert." nahm sie die Metapher von Rochus auf. "Ich meide sie, wo es mir irgendwie möglich ist."

  • Direkte Drohungen mögen, trotz des vernarbten und kampferprobten Aussehen des alten Kriegers, dennoch nicht so wirklich zu Rochus passen.

    Seine Heiterkeit, die entspannte Art, die offene Haltung. Nichts davon scheint direkt einer Drohung auch nur zu ähneln.

    Dennoch könnte man zu der Vermutung kommen, dass Rochus seine gesamte Existenz als unverhohlene Drohung begreift: "Stell dich gegen den Norden und Männer wie ich werden kommen dich zu holen"


    Der alte Mann griff gelegentlich nach etwas Fleisch, oder einem Stück Brot, das in eine der vielen exotischen Soßen getunkt wurde bis es zwischen den von grauen Bart umrahmten Lippen verschwand.

    Grundlegende Höflichkeit zeigt Rochus durch anständiges und ausdauerndes Kauen mit geschlossenem Mund. Und reden tut er auch nicht, während er kaut.


    Ein Schluck aus der Schädelflasche, um die Kehle zu befeuchten, und schon gibt Rochus der Keltin Antwort auf ihre Frage.

    Die Stimme des alten Mannes wirkt warmherzig, mitfühlend.. im Gegensatz zu den Worten, die man durchaus als herablassend begreifen könnte.


    "Questoren ist der Begriff den das Imperium geprägt hat. Dein Volk würde es wohl -Priester- nennen. Und die Passionen werden von deinem Volk wohl als -Götter- bezeichnet. Solcherlei irreführenden Begriffe gab es in unserer Gesellschaft nicht"


    Rochus verzog kurz das Gesicht, einseitig den Mundwinkel anhebend.


    "Und bevor du fragst, der Unterschied liegt im Verständnis. Und in den Namen. Und eine anthropomorphe Personifizierung einer immatenten Naturkraft, oder eines Ideals, zu vergöttlichen überlassen wir den Primitiven. Wir haben derlei Knechtschaft nie gefördert"


    Ein weiiterer Schluck um die Kehle feucht und die Zunge in Bewegung zu halten.


    "Ha, da sprichst du wahr Mädchen. Ein tausendschneidiges Schwert. Aber nichtsdestotrotz ist Politik auch nur ein Schlachtfeld. Ein anderes Schlachtfeld, mit anderen Waffen. Aber nichtsdestotrotz ein Schlachtfeld. Und das Schlachtfeld wird dominiert von Kriegeradepten"

    Kurz gluckst der alte Mann


    "Auch wenn Kriegeradepten niedriger Kreise das oft nicht verstehen. Ging mir in meiner Jugend nicht anders"

  • Die Priesterin lächelte. "Nun, dann mag der Begriff Questorin angemessen sein."


    Kurz zögerte sie, ob sie ihre Zurückhaltung der letzen Minuten erklären sollte.

    "Sich als Volk über die Schöpfung zu stellen und gar die Schöpfung selbst zu übernehmen- gilt in meiner Glaubenswelt als unreif und verwegen. Dies mag nicht für Kelten generell gelten, aber für meinen Weg. Denn nur die, die die Zusammenhänge des Großen Ganzen nicht begriffen haben, erwägen in Selbstüberschätzung darin einzugreifen."


    Sie grinste Rochus offen an und lachte leise, was ihre Worte etwas entschärfte. "Ich bin euer Gast und möchte euch nicht beleidigen. Meine Zeit als Wanderpriesterin haben mich gelehrt, zu schweigen, wo es angebracht ist.

    Jedoch sollte ihr folgendes von mir wissen: Ich werde eine Manipulation der Schöpfung selbst, in meiner Gegenwart nicht dulden. Jedoch sprecht ihr von einem fernen Land und einem fernen Volk in ferner Zeit....ich sehe hier kein Problem, warum wir uns nicht gut verstehen sollten."

    Mairead nahm sich noch eine Art Fruchtmus und sah ihr Gegenüber aufmerksam an.

  • "Schöpfung... mh.."


    Rochus rieb sich das grau behaarte Kinn nachdenklich. Beleidigt schien er in keinster Weise.

    Allgemein macht der alte Mann den Eindruck das er schwer zu beleidigen ist.


    "Dies ist Mitraspera. Was von außerhalb dieser Globule stammt ist demnach sowieso nicht Teil -dieser- Schöpfung"


    Er hob die breiten Schultern. Nach einem Seitenblick auf den etwas nervös wirkenden Wirt schmunzelte der alte Soldat.


    "Aber die Schöpfung Mitrasperas ist... ein Thema das für einen Abend viel zu tief geht. Es ist schon spät und du hattest einen anstrengenden Weg hinter dir. Wir können die Gespräche gerne ein Andernmal fortsetzen, wenn dir danach ist"

    Freundlich nickte der alte Mann, mit einem dezenten Lächeln zur Tür.


    "Ich zeige dir dein Zimmer. Es steht dir frei zu bleiben so lange du willst"

  • Mairead konnte nicht umhin, erleichtert zu sein.

    Seitdem sie satt war, erdrückte sie fast die Erschöpfung, aufgrund der fast übermenschlichen Strapazen, der sie heute im Schneesturm ausgesetzt gewesen war.

    Sie konnte von Glück reden, dass alles so glimpflich ausgegangen war und dass sie sogar noch einen derart interessanten Ort kennengelernt hatte.

    Dankbar nickte sie ihrem Gastgeber zu und nahm ihre nassen Umhänge neben der Feuerstelle und ihr restliches Hab und Gut an sich.


    "Ich danke dir vielmals. Sehr gerne werde ich ein anders Mal wieder in dieser faszinierenden Stadt einkehren. Es war mir eine große Freude, deine Bekanntschaft zu machen- und die, von Birkenschildt."

    Die Priesterin folgte Rochus zur Heilerakademie, wo sie von einem Krankenwächter übernommen wurde, der ihr - ohne viel zu fragen- einen Schlafplatz zuwies.