Die große Schlucht in Nebelwacht oder: Mairead's Einsiedelei

  • Prolog:

    Ankunft


    Es war der Beginn des zweiten Tages nach ihrem Aufbruch.

    Mairead war mit einer kleinen Gruppe von keltischen Soldaten und Arbeitern der Subhachas Keyl unterwegs.

    Im Gepäck hatten sie nur das Nötigste zum Aufbau einer Einsiedelei und Proviant für die kleine Reisegruppe.

    Das Tempo war langsam, da der Untergrund unbefestigt und tückisch und das Gepäck schwer war. Sie selbst trug in ihrer

    Kiepe auf dem Rücken unter anderem allerlei Ritualgegenstände bei sich- das altbekannte Gewicht ihrer Ausrüstung als Wanderpriesterin.


    Um sie herum erstreckte sich eine unnahbare Gegend: wild, nur lückenhaft erforscht, kaum besiedelt und bewachsen mit Steppenpflanzen.

    Erstaunlich, denn ein Großteil dieser Gegend Mythodeas war mit Sümpfen und Mooren durchzogen, doch auf ihrer Reiseroute erstreckten sich

    karge sanfte Hügel über das Land soweit das Auge reichte, nur hin und wieder durchbrochen von kleinen Wäldern.


    Sanfte Hügel…Mairead´s Gedanken schweiften in Erinnerungen ab… auch wenn hier alles karg und ungezähmt erschien,

    erinnerte sie die Weite der Landschaft und die darin eingebetteten Hügel an ihre Heimat, die sie nun schon seit fast 20 Sonnenzyklen

    nicht mehr gesehen hatte. Fetzen von Kindheitserinnerungen an Irland- oder wie die Einheimischen es nannten- Eira „Die grüne Perle“

    blitzten hinter ihren nach innen gerichteten Augen auf….


    …Kinderlachen, Wiesen von tiefem Grün, tosende Gischt an den steil abfallenden Küsten von Thoraigh,

    sonnengewärmte Steinmauern des Konvents in dem sie aufgewachsen war …das Konvent…Stille, Gebete,

    Mysterien, die wachsende spirituelle Verbindung zur Mutter Erde…


    MUTTER ERDE…der Gedanke an sie riss Mairead aus Ihrem Tagtraum, war doch SIE der Grund für diese Reise.

    Sie war immer der Grund für Ihre Reisen- ein Lächeln umspielte bei diesem Gedanken Maireads Gesicht.

    Von Geburt an, war ihr Leben IHR geweiht, jedoch war die Entscheidung, die schützenden Konventmauern zu verlassen,

    um ihr dort zu dienen, wo sie von ihr hin gerufen wurde- das Beste, was ihr je widerfahren war.

    Als „Shagar de darduin“- als Priesterin mit dem zweiten Gesicht- führte MUTTER ERDE sie nun schon lange Zeit

    über ihren erdigen Rücken von Ort zu Ort.

    So viele Erlebnisse, so viele Götter, so viele Aufgaben…


    …ein Traum: eine große Staubwolke erhob sich- in ihrem Inneren zeigte sich das Bild miteinander kämpfende Hufe.

    Es waren die Hufe eines Pferdes und eines Rindes. Runen bildeten sich aus dem herabsinkenden Staub auf dem Boden.

    Dann Bildwechsel und der Blick zu einem Schiff mit der Aufschrift „Neptuns Stern“, vor Anker liegend in einem Hafen….

    …so begann ihre Reise vor fast zwölf Mondzyklen hierher nach Mythodea. Immer wieder hatte sie diesen Traum,

    der sie nicht zur Ruhe kommen ließ.

    Ein eindeutiges Zeichen ihrer Göttin, dass sie einen neuen Auftrag hatte. Nichtwissend, was sie hier erwarten würde,

    stieg sie auf das Schiff mit dem Namen „Neptuns Stern“, von dem sie nicht einmal wusste, wo es hinfuhr…

    …Angekommen in Mythodea folgte sie dem Menschenstrom auf ein weiteres Schiff, das landeinwärts fuhr.

    Je tiefer das Schiff in das Landesinnere eindrang, desto mehr erstarrte sie vor Angst und Grauen an diesem Ort.

    Wo war ihre Göttin - MUTTER ERDE? Sie konnte ihre Präsenz schwinden spüren.

    Mairead konnte die MUTTER sehen: die fruchtbare Erde am Ufer, das Wasser unter dem Schiff, die Bäume,

    Wälder und Lebewesen.…aber das stetige Flüstern ihres Geistes, die stetige Führung durch ihre sanften Hinweise

    waren nur noch ein unverständliches Summen in ihrem Kopf.

    Wochenlang wanderte sie ziellos durch dieses furchterregende Land, bis sie ein Heiligtum fand,

    dass sie etwas mehr Verbindung spüren lies….

    …Mairead erschauderte bei diesen Erinnerungen. In den ersten Tagen auf Mythodea zweifelte sie das erste Mal

    in ihrem Leben, den richtigen Weg gegangen zu sein.

    Wieso sollte MUTTER ERDE sie an einen Ort schicken, an dem sie ohne Führung war?

    …zu dem Heiligtum führte sie ein Rabe, der voraus flog. Dies war nichts Ungewöhnliches für eine geweihten Priesterin.

    Sie stand ständig im Austausch mit der sie umgebenden Flora und Fauna. Wenigstens wurde ihr das auf diesem

    Kontinent nicht auch noch genommen.

    Erleichterung durchströmte sie, als sie den Heiligen Boden betrat und sie sich innerhalb eines Augenblickes

    nicht mehr wie eine Ertrinkende fühlte.

    Nur kurze Zeit später betrat Deidre ebenfalls den Baumkreis und entdeckte sie. Deidre- die Priesterin der Subhachas Keyl-

    hatte gespürt, dass hier eine ihr unbekannte Seele war und eilte herbei um den heiligen Ort zu schützen.

    Nach anfänglicher Skepsis nahm sie Mairead schließlich mit nach Acair, wo gerade eine Versammlung des Stammes stattfand.

    Kelten! Was für eine glückliche Fügung in diesem fernen Land! Der Stamm erlaubte ihr, sich an diesem regnerischen Tag bei ihnen aufzuwärmen und gewährten ihr Gastrecht.

    Hier zeigte sich schließlich auch die Bedeutung des Traumes, der sie hierher führte…

    „Mairead?“ - sie wurde aus ihren Erinnerungen gerissen. Einer der Soldaten war zu ihr gekommen um sie zu informieren.

    „Ja, was gibt es?“ „Wir sind bald da. Dort vorne beginnt der Abstieg in die Schlucht.“




  • Ein Riss in Nebelwacht


    Und so war es. In einiger Entfernung kippte der Horizont plötzlich in eine tiefe Erdspalte ab.

    Ein unglaublicher Anblick, aufgrund der schieren Größe dieses Risses im Köper der ERDMUTTER.

    Vor ein paar Monden wurde hier auf einer der zahlreichen Erkundungsmissionen Mythodeas eine

    Erdspalte erforscht, die so tief und groß war, dass man zu Fuß fünf Stunden bis zum Boden

    der Schlucht benötigte.


    Die Reisegruppe steuerte auf den westlichen Rand der Klippe zu- laut dem Forschungstrupp gab es hier festes Gestein und

    mehrere Schneisen, die eine gute Abstiegsmöglichkeit boten. Diese würden wohl zukünftig häufiger genutzt werden, da ein

    Höhleneingang entdeckt wurde, der in das Underdark führte.

    Das Underdark- eine Bezeichnung, unter der sich Mairead nur schwer etwas vorstellen konnte.

    Eine belebte, grüne Welt unter der Erde?

    Kilometerlange Höhlen, die eine Welt jenseits des Tageslichtes beherbergte?


    Kaum hatte sie von den Missionsberichten und dieser Erdspalte erfahren, zog dieser Ort sie wie magisch an.

    Ob sie hier besseren Kontakt zu Ihrer Göttin der ERDMUTTER aufnehmen konnte?


    Zwar hatte sie sich inzwischen an diese seltsame „Abgeschnittenheit von den Göttern“, die über Mythodea lag,

    gewöhnt und über die Elemente durchaus Zugang und auch Führung durch MUTTER ERDE erfahren,

    jedoch sehnte sie sich nach der alten Nähe und Vertrautheit.


    Mical- der Stammesführer der Subhachas Keyl- entsprach ihrem Wunsch zur Schlucht zu reisen und dort

    eine Einsiedelei zu errichten. Obwohl sie weiterhin nur unter Gastrecht des Stammes stand, genehmigte und

    unterstützte er ihr Vorhaben, was sie ihm hoch anrechnete.



    Unruhe ergriff Mairead. Sie war gespannt auf diesen besonderen Teil Nebelwachts, von dem sie bis jetzt nur

    bruchstückhafte Teile des Berichts von Nareth- einem Dunkelelfen und Anführer der Expedition ins Underdark– gehört hatte.

    Und selbst diese wenigen Informationen gingen vorher durch mehrere Münder.



    Erzählt wurde von einem riesigen sich verzweigenden Höhlensystem, das von vielen Pflanzen bewachsen war-

    von kleinen unterirdischen Flüssen- Goldadern und von einem monsterhaften Baum in einer riesigen Höhle,

    der die Kundschafter angriff und schwer verletzte….

    Mairead hoffte, dass sie früher oder später einen der verbündeten Dunkelelfen hier antreffen würde um näheres zu erfahren.

    Außerdem war sie neugierig auf dieses für sie unbekannte Volk, dass bei den meisten Kelten gemischte Gefühle auslöste.



    Endlich hatten sie den ereignislosen, stundenlangen Abstieg beendet und die Talsohle dieses riesigen Risses in Nebelwacht erreicht.



  • Mairead´s Einsiedelei


    Als sie den Abstieg beendet hatten machten sie sich auf den Weg zum Höhleneingang, der kürzlich erforscht wurde.

    Hier sollte ihr Lager für die nächsten Tage entstehen.


    Mairead erkannte auf den ersten Blick, dass sie ihren Einsiedlerhof nicht in unmittelbarer Nähe der Höhle errichten würde.

    Die Abbruchkante der Schlucht war zu nah, was die Gefahr von Steinschlag erhöhte- besonders im Winter konnte Eis und Schnee größere Steinmassen absprengen.


    Obwohl schon die Mitte des Tages erreicht war, kroch der Höhleneingang erst jetzt langsam aus dem Schatten der Felswände-

    ein weiterer Grund hier nicht zu lagern.


    Mabon- das keltische Fest der Herbsttagundnachtgleiche stand unmittelbar bevor. Fast schon zu spät im Jahr um eine Einsiedelei zu errichten, jedoch hatte sie als Wanderpriesterin bereits mehrere solche Orte bewohnt und wusste,was für sie im kommenden Winter überlebenswichtig sein würde.


    Sie schaute sich um.

    Das Areal am Grund des Erdspaltes war gewaltig- tausende von Acre (*) an Fläche erstreckten sich hier.

    Auch wenn an den Rändern das Gelände noch sehr felsig war, so gab es auch Wiesen, Wälder und einen zentralen Flusslauf.

    Über Jahrtausende hin angesammelter Humus erschuf eine fruchtbare Fläche.

    Hier hatte sie alle Möglichkeiten, die sie sich wünschen konnte.

    (*) ein Acre entspricht ca. 4047 qm, eine alte Maßeinheit Irlands. Die Schlucht hat an der oberen Kante eine Gesamtlänge von 28 km und eine durchschnittliche Breite von ca. 3 km


    Die nächsten Tage verbrachte Mairead damit, umher zu streifen und einen geeigneten Ort für ihr neues zu Hause zu finden- gleichzeitig sammelte sie Beeren, Früchte, Pilze, Nüsse, Honig und alles, was ihr diese Umgebung schenkte.


    Die Arbeiter bauten zwei einfache Hütten am Eingang der Höhle - als Basis für weitere Missionen in die Tiefe.


    Die Soldaten gingen für Mairead auf die Jagd.

    Mairead brauchte Fleisch, dass sie pökeln und haltbar machen konnte- wollte sie den Winter hier überleben. Auch wenn sie nur ungern und zweckgebunden Tiere tötete und aß, konnte sie sich dem heiligen Kreislauf und den Gesetzen der Natur nicht entziehen. Auch sie würde irgendwann Futter für irgendein Tier sein.


    Schon am Ende des zweiten Tages fand die Priesterin einen geeigneten Ort.

    Nur den Lauf eines halben Stundenglases von den entstehenden Hütten entfernt.


    Dieser Bereich war wie für sie geschaffen. Auf der einen Seite eingerahmt von einem Waldrand, der einen natürlichen Bogen bildete und auf der anderen Seite eine

    gerade Wiese, die den Blick auf die weit genug entfernte Westkante der Schlucht frei ließ.

    So konnte Mairead kommende Besucher schon frühzeitig am Hang herabkommen sehen.

    Auch sprudelte eine Quelle an diesem Ort, die sogar ein besonders glücklicher Fund war. Das Wasser war wärmer, als normales Quellwasser- eine Blutader der ERDMUTTER musste hier nahe vorbeiführen, so dass ihre innere Hitze das Wasser und die umliegenden Steine erwärmte.

    Schon im Konvent auf Thoraigh hatten sie solche Quellen genutzt.


    Durch Rituale und Schutzzauber weihte Mairead den Ort, der ihr sicherlich von MUTTER ERDE gezeigt worden war. Erst danach durften die Arbeiter anfangen, hier für sie eine stabile Hütte und einen Stall zu errichten.

    Den Stall benötigte sie um die mitgebrachten Hühner nachts einzusperren. Auch die zwei Ziegen, die ihr treu den ganzen Abhang hinab gefolgt waren, sollten nachts Schutz im Stall finden.


    Die Entfernung zum Höhleneingang durfte nicht zu groß sein, denn neben ihrem Wunsch hier zu sein, hatte sie auch konkrete Aufgaben zugewiesen bekommen.


    Sie sollte zusammen mit anderen Priesterinnen des Stammes und mit Melina – einem Naturwesen das bei den Subhachas Keyl lebte- versuchen, Kontakt mit dem Them´zular aufzunehmen. Dieses riesige Baumwesen, dass eine der größten Höhlen hier bewachte, hinderte den Stamm am Abbau der dortigen Ressourcen. Die Priesterschaft sollte ihn besänftigen, und ein friedliches Nebeneinander ermöglichen.

    Mairead war gespannt, ob dies gelang. Bis jetzt konnte sie nur eine diffuse, verzweigte Präsenz spüren. Sie würde sich bei Zeiten darum kümmern, mehr Informationen zu erhalten. Vorerst war die Vorratsbeschaffung und Aufbau der Einsiedelei vor Einbruch des Winters wichtiger. Tot nutze sie niemandem.


    Auch war sie für die Erstversorgung eventueller Verletzter zuständig. Zu groß waren die Verluste der Dunkelelfen auf der

    ersten Mission in die Tiefe gewesen. Bereits auf dem Sommerfeldzug hatte sie ihre Heilkünste dem Ring der Heiler zur Verfügung gestellt und einige Verletze durch eine Mischung aus Erstversorgung, Pflanzenheilkunde und den Kräften der ERDMUTTER stabilisiert.


    ...wenige Wochen später....

    Zufrieden ließ die den Blick über die Fortschritte der Arbeiter, Soldaten und von ihr selbst schweifen. Die Hütte mit Stall war fast fertig und ein Teil ihrer gesammelten Waldfrüchte waren auf Pferdehaar zum trocknen aufgehangen - hoch an einem Lattengerüst. Es war nun bereits der zweite erstaunlich heiße Spätsommertag verstrichen und sie erwartete sehnsüchtig den richtigen Grad der Trocknung.

    So langsam neigten sich die Geschenke des Waldes dem Ende zu- die Erntezeit war vorbei. Mairead betrachtete beruhigt ihre Vorräte- sie würde bald ihre Helfer zurück zu den Subhachas Keyl schicken, wo sie sich anderen Aufgaben widmen konnten und für sie waren die Vorräte mehr als ausreichend.


    Die Priesterin ging davon aus, dass sie selbst hier in dieser Abgeschiedenheit ab und zu Besuch bekommen würde.

    Neben Abenteuerlustigen, die für die Erforschung der Höhlen kamen, würden sich hin und wieder auch Bewohner und Reisende eines größeren Umkreises einfinden, um einen Segen oder Rituale von MUTTER ERDE für sich, ihre Familien oder die Ernte zu erbitten.


    Mairead war gespannt, welche Erlebnisse und Bekanntschaften hier auf sie warteten.


    An dieser Stelle sei jedem Leser freigestellt, Mairead in der Einsiedelei zu besuchen und im Forum mit ihr zu agieren.


  • Das Underdark


    Die Gänge, die vom Höhleneingang aus immer weiter ins Underdark führten waren sehr verwinkelt und verzweigten sich häufig. Die Felswände waren mit wunderschönen, in allen Farben schirmenden Pflanzen bewachsen, die ihr unbekannt waren und die laut Erzählungen fast immer hoch giftig bis tödlich waren.

    Sie hatte seit ihrer Ankunft in der Schlucht, noch keinen Besucher in ihrer Einsiedelei willkommen heißen dürfen, der sie als Führer ins Underdark zu der Höhle mit dem Goldvorkommen bringen konnte. Somit hatte sie den riesenhaften Them´zular, der in aller Munde war, noch nicht gesehen.

    Die Höhlen und Gänge waren eine feindliche Umgebung, in der sie sich einer tagelangen, unterirdischen Wanderung ganz ohne Führer nicht aussetzen wollte. Lediglich in die ersten 30 oder 40 Meter, die dem Höhleneingang am nächsten waren, hatte sie sich vorgewagt.

    Doch allein hier staunte sie, wie ein kleines Kind, dass zum ersten Mal in seinem Leben, sein Dorf verlässt! Pflanzen von solcher Schönheit, die sich an die kargen Felswände krallten und scheinbar ohne Licht überlebten.

    In den ersten zig Metern der Höhleneingänge wuchsen hauptsächlich, Blattpflanzen, später Moose und Flechten und - je weiter man ins Innere des Underdark vordrang- desto mehr wuchsen Pilze in allen Formen, Farben und auch Größen. Manchmal hatte Mairead im Schein ihrer Fackel das Gefühl, aus den Augenwinkeln eine Art Leuchten zu sehen, das von einigen Pflanzen ausstrahlte- ein gelblicher Schimmer, der über der Vegetation schwebte.

  • Ein tödliches Heilmittel


    Wenn man so gute Augen wie die Dunkelelgen hatte, genügte dieses diffuse Licht sicherlich, um sich ganz normal durch die Höhlen zu bewegen. Diesen Vorteil hatte Mairead leider nicht und so waren ihre Excusionen mit einer entzündeten Fackel, die immer nur einen kleinen Lichtkreis erhellte, nicht sehr befriedigend.

    Eines Tages rutsche sie auf dem nassen Boden einer kleinen Höhle aus und riss sich die Handfläche auf. Beim Aufstehen berührte sie mit der verwundeten Hand ein dort wachsendes Moos und verfluchte sich im gleichen Augenblick für ihre Unachtsamkeit!

    Ein solcher Kontakt konnte hier unten tödlich sein. Nur wenige Sekunden später hatte sie das Gefühl, dass ihr gesamter Arm zu Eis erstarrte, die Schmerzen waren unvorstellbar. Die starke Blutung des durchaus großen Risses in ihrer Hand stoppte augenblicklich und die Blutgefäße entlang ihres Armes in Richtung Herz wurden innerhalb kürzester Zeit dunkelblau.

    Sie musste hier raus! Taumelnd und vor Schmerz fast blind, schaffte sie irgendwie den Rückweg aus der Höhle hinaus zu ihrer Einsiedelei. Hier legte sie den verletzten und scheinbar nicht mehr durchbluteten Arm in die Quelle, die nahe ihres Hauses warmes Wasser hervorsprudelte. Stundenlang harrte sie so am Beckenrand aus, unfähig, den Arm aus der Wärme zu ziehen.

    Sie spürte keine Zeichen einer Vergiftung in ihrem Körper- sie hatte also kein klassisches Gift über das Moos aufgenommen. Aber was war dann passiert?

    Als langsam die Nacht hereinbrach, rappelte sie sich auf und nahm dabei den Arm aus dem warmen Wasser. Fast augenblicklich hatte sie wieder das Gefühl, einen Eisklumpen als Arm zu haben. Hin- und Hergerissen zwischen dem Wunsch, in ihre Hütte zu gehen und dem Wunsch, die wohltuende Wärme weiterhin an das schmerzende Körperteil zu lassen, entschloss sie sich für ersteres. In der Nacht war es hier draußen zu gefährlich.

    Jedoch musste sie in der Hütte die verletzte Hand und den Arm sofort wieder wärmen. Der Arm war weiterhin bläulich und scheinbar war nur mit Wärme genug Durchblutung vorhanden, um eine größere Schädigung zu verhindern.

    Fast fünf Tage hatte sie große Probleme damit und nur langsam erholte sich das Gewebe. Mairead war froh über diese Entwicklung. In den ersten Tagen hatte sie befürchtet, dass sie ihren Arm verlieren könnte.

    Kaum war ihr Körper wieder einsatzfähig machte sie sich auf ins Underdark, um dieses Moos in der kleinen Höhle zu sammeln.

    Sie hütete sich davor, es mit ihren Händen zu berühren, und nahm stattdessen winzige Stöckchen zur Hilfe und eine Schale aus Ton.

    Als Priesterin der Erdmutter war ihr der Schutz allen Lebens anvertraut- somit befasste sie sich schon ihr ganzes Leben auch mit Heilkunde und sie erkannte eine Pflanze, deren Heilkraft man nutzen konnte!

    Sie würde damit experimentieren, um eine ungefährliche Anwendung zu finden. Sicherlich konnte man damit stark blutende Wunden bei Schlachtverletzungen eindämmen. Jetzt galt es nur noch herauszufinden, auf welche Art und in welcher Dosis man dieses Moos nutzen konnte.

    Sie würde sehr gerne mit einem Dunkelelfen über diese Pflanze reden, denn bestimmt hatten sie die Heilkraft von ihr schon genutzt und konnten sie vieles lehren. Leider hatte sich diese geheimnisvolle Spezies in der Talsohle der Schlucht seit ihrer Ankunft dort, nicht blicken lassen.

  • Der Ritualplatz


    Bei einer Versammlung des Rates der Subhachas Keyl wurde beschlossen, dass versucht werden sollte, mit dem Baumwesen Kontakt aufzunehmen.

    Mairead wollte hierfür den geeigneten Platz finden, denn sie war nun schon einige Wochen hier und hatte auf längeren Wanderschaften die Schlucht erkundet.

    Ihre tiefe Verbindung zur ERDMUTTER lies sie die Lebensessenz jedes lebenden Wesens wahrnehmen.

    Denn jedes Lebewesen war SIE.

    So nutzte sie Ihre Streifzüge, um die diffuse Präsenz, die sie von dem Them´zular wahrnehmen konnte, zu erforschen und eine Art Landkarte seines unterirdischen Wurzelgeflechtes zu erstellen.

    Nach einer Tageswanderung in Richtung Nord-Westen begannen deutlichere unterirdischen Impulse und steigerten sich innerhalb eines weiteren Tagesmarsches, bis sich Mairead auf einer kleinen Anhöhe innerhalb der Schlucht sicher war, nun irgendeinen herausragenden Punkt erreicht zu haben. Vielleicht der Them'zular? Sie wusste nichts über den geographischen Ort der Höhle.

    Mairead schaute sich um- entgegen der in der Schlucht meist sehr üppig wachsenden Vegetation stand sie hier auf einer kleinen Anhöhe, die nur Bewuchs aus Gras hatte.

    Gut- dies war ein guter Platz für ein Ritual, vielleicht könnte von hier aus über das Wurzelwerk Kontakt zu dem unheimlichen Wesen in der Tiefe aufgenommen werden?

    Es musste wirklich gewaltige Ausmaße haben. Kein Wunder, dass die Dunkelelfen derart beeindruckt waren. Wie ein unterirdisches Netzwerk erstreckte sich das Geflecht der Wurzeln in alle Himmelsrichtungen, noch viel weiter, als ihre Wahrnehmungen reichten.

    Sie beschloss, eine Eule nach Acair zu schicken, damit die Priesterinnen der Subhachas Keyl und auch Melina informiert würden, zum nächsten Vollmond für das Ritual zu erscheinen.

  • Als Maireds Eule Acair erreichte, war es Teon, der es sich zur Aufgabe machte Melinas Reise zu begleiten und zu organisieren.

    Sie würden einen Karren brauchen und Helfer, um Melina hinauf und hinunter zu heben. Außerdem mehr Vorräte als für eine übliche Reisegruppe.

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    Während er durch die Straßen lief um alles zu organisieren, begegnete er Deidre. Da sie auch vorhatte Maireds Nachricht zu folgen, beschloss sie mit Teon und Melina gemeinsam zu reisen.

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    Gemeinsam gingen sie zu Melina um sie mit dem Ritual der Gemeinschaft zu wecken und ihr vom Auftrag des Stammes Kontakt mit dem Them'zular herzustellen zu erzählen. Wie nicht anders zu erwarten, erklärte sich Melina entstanden mit dem Plan. Sie würde an der entsprechenden Stelle versuchen eine telepathische Verbindung zum Them'zular herzustellen, um mit ihm kommunizieren zu können. Da Melina wusste, dass sie sich nicht selbstständig fortbewegen konnte, war sie für Teons Hilfe sehr dankbar.

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    Obwohl Deidre und Teon Melina mit Sicherheit auch allein auf den Karren heben könnten, organisierte Teon noch zwei starke Helfer. Dann machten sie sich mit einem Eselskarren voller Vorräte und einem weiteren, auf dem gut ausgepolstert Melina lag, auf den Weg.

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    Nach kurzer Reise auf der Südlichen Handelsstraße stieß Liadan zu dem kleinen Trupp. Es war natürlich Teon, der sie mit seiner scharfen Beobachtungsgabe als erster entdeckte.

    Sie war mal wieder unerklärlicherweise über alles, was vor sich ging, im Bilde. Und schloss sich der Reise nach Südosten an.

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    Die kleine Reisegemeinschaft erreichte ohne Zwischenfälle die Westkante der Felsspalte, in der sich der Eingang zum Höhlenlabyrinth befand und in der Maired lebte. Anscheinend hatten die arbeiter auf ihrem Rückweg von Maireds Hütte einen Weg angelegt, sodass sich der Abstieg in die Schlucht mit den zwei Karren nicht als sehr schwierig erwies. Bereits zu Beginn des Abstiegs konnte man in der Ferne am Grund der Schlucht die kleine Hütte erahnen in der Maired seit einigen Wochen lebte.

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    Am späten Nachmittag erreichten sie Maireds Hütte. Nachdem sich alle überschwänglich begrüßt hatten, schlugen die Gäste ihr Nachtlager neben der Hütte auf, da sie nicht genug Platz für alle bot. Nachdem alles für die Nacht bereit war, wurde Melina mit dem Ritual der Gemeinschaft geweckt und man saß lange gemeinsam um Maireds Feuer und erzählte sich die neuesten Geschehnisse aus Nebelwacht.

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    Am nächsten Tag brachen sie gemeinsam mit Maired auf um den Ritualplatz zu erkunden.

    Dort angekommen weckten sie Melina.

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    Melina bat darum, ihr beim Ausziehen zu helfen. Sie wurde vom Wagen heruntergehoben und Liadan half ihr dabei sich auszuziehen. Da Teon Melina am längsten kannte, verwunderte ihn ihre Freizügigkeit am wenigsten. Von den anderen kamen zwar verwunderte Blicke, aber Melina hatte sich ja noch nie für ihren Körper geschämt.

    Als sie nackt war und den Wind und die Spätherbstsonne auf ihrer Haut spürte, sah sie an sich herab. Und ihr Körper war so jung und schön wie seit eh und je. Einzig wunderte Melina dass sie kaum fror, obwohl ihre Reisegefährten sich schon in ihre Rechteckmäntel hüllten.

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    Für die anderen bot sich jedoch ein anderes Bild. Melinas Gesicht sah aus als wäre es mit der Borke eines alten Baumes überwachsen, ihre Hände waren zu steifen Ästen verwachsen und auch an anderen Stellen ihres Körpers verwuchs die Haut nahtlos mit rissiger Borke.

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    Melina ließ sich von Maired zu der Stelle führen, die ihrer Meinung nach direkt über dem Them'zular lag. Dort legte sie sich mit dem Bauch auf die Erde und bereitete die Arme aus.

    Sie schloss die Augen.

    Sie spürte die Wärme der Sonne und den Wind auf ihrer einen Wange und die Kühle der Erde auf der anderen.

    Sie fühlte all die Stellen ihrer Haut, wo sie von etwas berührt wurde, spürte jeden fingerbreit ihrer Haut...

    Und dann begann sie langsam ihren Geist über diese Grenzen hinweg auszudehnen. Es fühlte sich an, als würde ihre Haut löchrig und löste sich auf. Zunächst gelang es ihr nur wenige fingerbreit in die Erde hineinzufühlen. Dort spürte sie nur das Gras und wenige kleine Lebewesen, wie Insekten und Würmer, die aufgrund der schwindenden Kraft Lughs nur noch träge ihrem Alltag nachgingen. Sie ahnten ja nicht, dass sie den ersten Frost nicht überleben würden.

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    Diese Gedanke machte Melina traurig , sie verlor ihre Trance und wurde sich schmerzhaft der Grenzen ihres Körpers bewusst. Innerlich fluchte sie, warum sie etwas so natürliches - Mama Gajas und Terras Kreislauf gefälliges - aus der Bahn warf. Dann lies sie sich erneut in die Trance fallen und die Grenzen ihres Geistes verschwimmen.

    Weiter und immer weiter dehnte sie ihren Geist, erfühlte immer mehr Pflanzen und Tiere in der Erde unter sich. Sie hatte sich schon sehr lange nicht mehr so weit von ihrem Zentrum ausgedehnt und fühlte sich allmählich dünn und schwach.

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    Als Melina schon aufgeben wollte spürte sie etwas anderes. Es war als wäre sie von einer anderen Aura nur noch wenige Zoll entfernt. Gerade so dass sie etwas diffus wahrnehmen konnte. Als wäre man sich nachts im Wald sicher nicht allein zu sein, obwohl man niemanden sehen kann. Sie konnte nicht einmal sagen, ob dieses Etwas Tier oder Pflanze war. Es könnte sich um ein Pilzgeflecht in der Erde handeln, oder eines der großen Tiere des Underdarks, oder etwas ganz anderes völlig unbekanntes...

    Aber wie sehr sie sich auch bemühte, sie schaffte es nicht diesen scheinbar geringen Abstand zu überbrücken um diese diffuse Ahnung zu fassen zu kriegen.

    .

    Nach vielen Stunden erwachte Melina frustriert aus ihrer Trance. Anscheinend hatte jemand etwas zu Essen und Trinken neben sie gestellt, denn dort lag ein Häufchen verdorrte Asche und ein leerer Becher.

    .

    Sie erzählte den anderen in knappen Worten, was sie erfahren bzw. nicht erfahren hatte. Das ließ sich sehr simpel zusammenfassen:

    .

    Melina hatte keine Verbindung zum Them'zular herstellen können.

  • Wenige Tage nach Melina's Versuch in die Tiefe zu spüren, trafen die Priester ein:

    Deidre und Keneth der Subhachas Keyl-

    Corc, Ordnhnait und Uisdean aus Leaslaigh- sowie zwei weitere Priester aus Darachcair.

    Zusammen mit Melina und Mairead erreichten sie die heilige Zahl 9.

    Im großen Ritualkreis, mit Hilfe von Milch und Honig als Opfer und Trommeln, die in die tieferen Erdschichten drangen, wurde am Vollmond vor Jul ein großes Ritual gemacht.

    Leider konnte auch hier keine Reaktion oder Kontaktaufnahme erreicht werden.