[in der Großen Halle] Reliquarium

  • Reliquarium - Die Schätze der Siedlung
    Es ist die mittlere Tür, an der Rückwand der Halle.
    Sie ist groß und eisern - und anscheinend ohne Knauf. Jedoch umschwirrt ein dunkelroter Nebel jeden, der vor dieser Tür steht und Einlass begehrt. Es scheint wie Entität, ein etherisches Wesen, welches den Raum beschützt


    In einem großem, bleiummantelten Raum befindet sich die Schatzkammer der Siedlung. Es ist ein dunkller, gewölbeartiger Raum, der durch einzelne magische Flammen erhellt wird.
    Das Licht scheint sich der Stimmung der Anwesenden anzupassen.
    Überall im Raum stehen Podeste, einige Truhen und an der Wand ein großes Bücherregal.

  • Ein junger Mann trat vor die Tür. In seinen Händen hielt Zarim eine Truhe. Es war keine kleine Truhe doch auch nicht übermäßig groß. Sie war reich verziert. Es war nun schon ein paar Wochen her, seit er auf der Rückreise vom Feldzug im Süden - es war das erste Mal gewesen, dass er den Süden Mithrasperas bereist hatte - in den unterirdischen Tunneln, zufällig in ihren Besitz gelangt war. Viel hatte er seit dem unternommen um an ihren Inhalt zu kommen - vergeblich. Da er jedoch um ihren Wert wusste, hatte er beschlossen, sie - solange er ihr Geheimnis nicht zu ergründen vermochte - wenigstens an einen sicheren Ort zu bringen. Andächtig trat er nahe an die Tür heran und überlegte, was er wohl unternehmen müsse um sie zu öffnen.

  • Die Luft um den jungen Alchemisten wurde merklich dicker, scheinbar aus dem Nichts bildeten sich rote Schwaden, welche ihn einhüllten und umspielten. Die Luft wurde merklich dicker, ebenso viel es etwas schwerer zu atmen. Nach einer kurzen Weile des Schauspiels zerbaste eben jener Nebel in zehn verschiedenen Richtungen und löste sich dabei auf.
    Weiter geschah Nichts. Doch auf einmal - und sehr unvermittelt glitten die beiden schweren Eichentüren auf. Ein leises Raunen gliltt aus dem dahinterliegenden Raum und sprach neben einer Einladung auch unmissverständlich eine Drohung aus.


    Die Dunkelheit wurde von mehreren Lichtern stückweise erleuchtet, nun glühte die Kammer in einem bläulichem Schimmer, erhellt von den geisterhaften, magischen Fackeln.

  • Der Schreck währte nur kurz. Zarim fasste sich ein Herz und durchschritt die Tür. Drinnen angekommen hatte er das Gefühl nicht allein zu sein. Vermutlich blieb keiner seiner Schritte hier drinnen unbemerkt. Doch was scherte es ihn - er hatte nicht vor, etwas aus dieser Kammer zu entwenden. Er würde sie bereichern. Inmitten all der Dinge stehend, sah Zarim sich nach einem Ort um, der geeignet schien, seiner Truhe Platz zu bieten. Schließlich fand er einen leeren Bereich auf einem Podest nahe des großen Regals. Zögernd stand er nun vor der Truhe die neben der weißen Truhe daneben doch eher klein aussah. Dann zückte er einen kleinen Zettel und band ihn an einen der Metallhenkel, die seine Truhe schmückten. Er hatte ihn bereits zuvor beschriftet:
    Magisch verschlossen.
    Inhalt möglw. von unermesslichem Wert.
    Fragen an Zarim Duronius

    Nun war der Zeitpunkt gekommen, zu dem er eigentlich ohne Umschweife hätte gehen können - was er zu tun vorgehabt hatte, hatte er getan. Und doch - etwas hielt ihn. Es war das große Bücherregal. Was auch immer die Kisten des Raumes enthielten - es war ihm egal. Fremder Reichtum interessierte ihn wenig. Von fremdem Wissen jedoch war er besessen. Nur wenige Wesen mit Forschergeist wären vermutlich in der Lage gewesen unbehelligt zu gehen, wenn sich ihnen in einer verschlossenen Kammer ein Regal mit alten Büchern offenbarte.
    War er berechtigt sie näher zu betrachten? Nicht zu diesem Zweck war ihm schließlich Einlass gewährt worden. Andererseits arbeitete er nach Kräften für Exilia und hatte nicht vor dem Protektorat zu schaden. Vielleicht war es ja bereit einen Teil seines Wissens mit ihm zu teilen.
    So oder so: Würde er hier drinnen etwas falsches tun, würde ihm dies sicherlich nur allzu deutlich gemacht werden.
    Langsam ging er auf das Regal zu und versuchte im Raum irgendein Zeichen der Zustimmung oder Ablehnung zu finden.
    "Ich habe nicht vor etwas zu entwenden", sagte er in der Hoffnung, das, was auch immer über diesen Raum wachte ließe sich besänftigen, indem man ihm nur seine gutartigen Absichten klarmachte.
    Zarim stand nun schon recht nah am Regal. Jedoch hatte er seinen Blick abgewandt. Er wollte ein Risiko eingehen.
    "Darf ich?" Fast kam er sich albern vor als er diese Worte sprach und auf irgendeine Antwort lauschte.

  • Das Licht schien kurz aufzuflackern und wurde merklich heller. Aus dem schwachen, bläulichen Licht war nun ein weiches, schummrigens Licht geworden, welches in warmen Farbtönen von den Flammen schien. Durch die neue Lichtsituation erhellt, waren nun auch die Bücher besser erkennbar. Hierbei handelte es sich Teils um schwere Folianten, gebunden in altem Leder, Teils kleinere Büche, Schriftrollen und auch Pergamentbehälter, welche in ungeöffneter Form nur Vermutungen über ihren Inhalt zuließen. Jedoch befand sich weitaus mehr in den Regalen, als nur schriftliche Aufzeichnungen und vergilbter Pergament. Gläser mit einem seltsam trüben Inhalt, kleinere Kästchen oder auch ein Reagenzglashalter konnten ausgemacht werden.


    Einige Bücher waren seltsam verziert, wenige wirkten Prunkvoll, eben jene stachen aus der Masse der einfacheren Exemplare durchaus heraus.

  • Zarim fühlte sich ermutigt. Es war nicht nur nichts schlimmes passiert, er hatte sogar den Eindruck, das Licht wolle ihn ermutigen, die Bücher genauer zu betrachten. Bedächtig ließ er den Blick über das Regal schweifen. So vieles, was sein Interesse auf sich zog! Gerade hatte Zarim beschlossen den Reagenzglasständer näher zu betrachten, als sein Blick auf eines der Bücher fiel. Es stand etwas höher und irgendetwas daran faszinierte ihn, wenngleich er nicht genau hätte sagen können, was es war. Vorsichtig zog er es heraus und Schlug den Einband auf.

  • Das Buch, welches Zarim aufgefallen war, hatte man in schweres Leder eingeschlagen. Beim öffnen konnte man erkennen, dass das Buch unter schweren Verfallserscheinungen litt, das zeugte von einem beträchtlichen Alter. Viele der Seiten waren lose und steckten nur noch zwischen den anderen Seiten. Der Titel auf der ersten Seite verreit, dass der junge Alchemist ein Märchenbuch in seinen Händen hielt. Eine dünnes Stoffband, welches wohl als eine Art Lesezeichen fungieren musste, steckte irgendwo zwischen den Seiten. Am Buchrücken konnte man in kleinen, abgefledderten, geprägten Buchstaben eine kurze Reihe von Wörtern erkennen, welche die Inschrifft "Leg den er inde Ra ahns" trug.

  • Leg den er inde Ra ahns - stumm formte Zarims Mund die Worte mehrere Male. Sie schienen keine Verknüpfung in seinem Geist zu finden.
    Vorsichtig strich er über das Papier, darauf bedacht es nicht zu zerstören. Behutsam fasste er das Stoffband an dessen unteren Ende und zog es mitsamt den darauf liegenden Seiten auf die linke Seite des Buches. Was sich ihm öffnete musste - so vermutete Zarim - die Seite sein, an der das Buch zuletzt aufgeschlagen gewesen war. Gespannt versuchte er etwas zu entziffern.

  • Die aufgeschlagenen Seiten schienen aus irgendeinem Grund besser intakt zu sein, als die Restlichen dieses Buches. Das Papier wirkte nicht ganz so brüchig, ebenso war auch die Schrift besser lesbar.


    "Früher, als die Länder noch jung und die heutigen Reiche nicht geformt waren, kamen die ersten Kriege auf. Die Völker waren jung, stark und streitlustig. Ebenso waren sie kurzsichtig, naiv und dumm - ebenso wie überschätzend. So wie jede Rasse dachte, sie sei beansprucht Gebiete Anderer sich anzueignen, versetzten sie ihre Ära in ein Zeitalter des Krieges, der Entbehrung und des Verlustes. Kriege wurden gefochten und epische Schlachten geschlagen, doch der Ruhm, sowie der erbeutete Reichtum kam meist nur wenigen zu Gute - den Reichen, den Fürsten, den Kriegstreibern. Jene Fraktionen, welche zwar den Lohn einstrichen, aber keine Mühen ertrugen mussten. So blühten Königsfamilen und Adelsgeschlechter auf, jedoch lebte das einfache Volk am Rande des Abgrunds. Armut, Hunger, Kälte und der allgegenwärtige Tod. Getrieben von den Soldaten der Reichen und gebeutelt von den hohen Herren blieb den einfachen Leuten wenig. Doch in Zeiten größter Entbehrung häufen sich die Wünsche der Sterblichen und viele Legenden berichten von merkwürdigen Wundern.


    Seit je her erzählen die Greisen den Kindern zum Schlafen die Geschichte der lebenden Träume.
    Sie Sterblichen Träumen bereits von Anbeginn der Zeit von ihren Wünschen, Ängsten und Sehnsüchten. Oftmals denken die Sterblichen nicht weiter über ihre Träume nach und leben einfach ihr Leben. Doch in Zeiten der Not intensivieren sich die Wünsche und meist gleichen sich die Träume der Sterblichen dann. In solchen Zeiten träumt das einfache Volk von Frieden, Glück und Hoffnung. Träume mögen Schäume sein, doch ist auch die Magie nichts Anderes als Etwas, das dem Geist entspringt. So wie eine magische Formel die Welt verändern kann, so ist es auch möglich, dass Träume, wenn sie nur stark genug vorhanden sind zum Leben erwachen können.


    So erzählt die Legende von einem Mann, welcher in der Zeit der großen Kriege, vor vielen Äonen in Ragar auftauchte. Er sammelte die unterjochte Bevölkerung und führte sie fort. Fort von Krieg, Armut und Hunger. Nicht lang blieb die FLucht der Bevölkerung unbemerkt, schnell bemerkten die Reichen und die Kriegsherren, was vorging. So wurden Soldaten gesammelt und hinter den Flüchtlingen her gesandt, diese aufzuhalten und hinzurichten, als Mahnung für jeden Anderen, der sich deren Gefolgsschaft entziehen wollte. Die Zeiten wurden schlimmer für das Volk, als sie es je waren. Jede Person wurde für das kleinste Vergehen angeprangert ein Verräter zu sein, man sagt, dass unentwegt Scheiterhaufen brannten, welche das Fleisch der hingerichteten vernichten sollten. Zerschlagen waren Hoffnung, Glüch oder Zuversicht. Nun träumten all Jene, welche nicht geflohen waren, jede Nacht von ihren Ängsten, in der Erwartung den nächsten Tag nicht mehr zu erleben.


    So wie ein Sterblicher einen Schatten wirft, wenn er durch das Licht wandelt, können auch Träume einen Schatten werfen, welcher in die Welt der Lebenden drang. Dämonenhafte Geschöpfe tauchten auf und verwandelten die Welt der Lebenden in einen Höllenschlund. Doch litten dieses Mal auch die Reichen und die Kriegstreiber, deren Armeen von den Teufeln zerschlagen wurden. Städte brannten, Sterbliche hauchten ihr Leben aus und die Hoffnung schien verblasst.


    Doch in der Stunde der Finsterniss, so berichtet die Legende, kehrten Jene, welche einst geflüchtet waren zurück. Jene schienen in einer Kunst bewandert, eben jenen Teufeln und Dämonen die Stirn bieten zu können. Nachdem deren Anführer angeblich den obersten Taufel im Zweikampf besiegt haben soll, verlohren die Teufel ihre Kraft und ließen sich zurück treiben.


    Nachdem der Krieg geendet hatte, besannen sich die Reichen, wie die Kriegstreiber und erkannten in ihrer Schäche, wie sehr sie einander glichen. Streitigkeiten und Rivalitäten wurden zur Seite gelegt und die angrenzenden Reiche schlossen Frieden. Der unendlich währende Krieg endete nun endlich, so kehrte Frieden und Wohlstand ein, nicht nur für die Reichen. Als Dank den Rettern und deren Anführern, gab jeder Herrscher der aneinandergrenzenden Königreiche einen kleinen Teil seines Landes an jene ab, die Region, aus der angeblich deren Anführer stammte. Jenes Gebiet markierte nun ein eigenes, kleines Reich. Angeblich wurde jenes Reich nur von den Mächtigen aufgesucht, wenn diese Rat und Hilfe benötigten, wo Andere nicht weiter wussten.


    So merke man sich, dort - wo es weder Täume, noch wünsche gibt, geschehen auch keine Wunder."

  • Viel Zeit war vergangen, seit Zarim jene Zeilen damals gelesen hatte.
    Er hatte in seinem Leben viele Geschichten gehört und gelesen. Manche von ihnen hatte er vergessen, andere nicht. Diese spezielle Geschichte hatte sich fest in sein Gedächtnis gegraben. Er wusste nicht, was genau es war, dass ihn an der Erzählung berührte. Auch wusste er nicht, wie es kam, dass er ab und zu unvermittelt an sie dachte - umso mehr seit sich die Zustände in Exilia gewandelt hatten. Es mochte an dem Ort liegen, an dem er sie gelesen hatte. Auch mochte es daran liegen, dass er sich einredete, sie stehe in irgendeiner Verbindung zu bestimmten Personen; Jenen, die nun verloren waren.
    Niemals hatte der Cubitor das Reliquarium seit damals betreten. Auch hatte er mit niemandem über die Geschichte oder das Buch, dass sie erzählte gesprochen.
    Heute jedoch hatte er beschlossen, die Geschichte erneut zu lesen und - so die Magie des Raumes ihn ließe - etwas mehr über ihre Hintergründe zu erfahren.
    Der Mond hatte bereits hoch am Himmel gestanden, als Zarim die Wärme seiner Gemächer verlassen hatte und durch die kalte Nachtluft der großen Halle entgegengeeilt war. Die Wache, die auch zu dieser Zeit vor dem großen Gebäude stand, hatte ihn verblüfft angeschaut, jedoch nichts zu fragen gewagt, sondern mit einer leichten Verbeugung den schnellen Schritten des Würdenträgers Durchgang gewährt.
    Nun stand Zarim erneut vor jenen Türen aus schwerer Eiche. Gespannt verharrte er. Würde der Raum ihn einlassen?