Der Tross, welcher die Siedlung verließ, marschierte leicht lethargisch gen nächste Hafen. Venya war mittlerweile von ihrem Lark abgestiegen, da das Tier schon genug Last zu verrichten hatte. Von all Jenen, war es seltsamer Weise Venya, die die hellste Miene aufgesetzt hatte. Zielsicher gab sie den Weg vor, den sie ausgewählt hatte, bis sie auf einmal die Bewegung des gesammten Trosses stoppte. Verwunderung machte sich breit, sie mussten sich beeilen, da sie immerhin einen langen Marsch vor sich hatten, außerdem war es kalt und in der Nacht würde es noch kälter werden.
Venya blickte zurück, auf ihr ehemaliges Zuhause, auf die Siedlung Exilias. Das Tor war immer noch geöffnet, als schienen sie darauf zu warten, dass sie zurück kämen. Sie waren noch keine tausend Schritte gegangen, verwunderlich war es daher nicht.
Venyas Meinung über Valentin hatte sich durchaus bestätigt. Er war kein einfacher Heiler, er war zu mehr bestimmt. Auch der Alchemist könnte durchaus etwas werden, sofern er etwas aufmerksamer würde. Langsam wog sie ihre Optionen ab, doch war sie sich sicher, dass es besser wäre, immerhin wäre es auch Kires Wunsch gewesen. Daher würde sie Valentin die Möglichkeit geben, ein wahrer Exilant und Führer zu werden. Langsam schritt sie zu ihrem Lark und holte ein kleines Kästchen aus einer der Seitentaschen. Vorsichtig öffnete sie es und entnahm ihm eine Art kleine Flöte. Die Verwunderung der einzelnen Siedler welche sie begleiteten, schien noch weiter anzusteigen, als ob diese Umstände nicht schon seltsam genug waren. Behutsam bließ sie in die Pfeife, welche sie in der Hand hielt und intensivierte den einfließenden Atem immer mehr. Tralls skeptischem Blick konnte sie entnehmen, dass man von ihr erwartete, zu erklären, was sie tat. Gelassen blickte sie auf die Siedlung und das noch offene Tor.
Tief in der Stallung, in der letzten Box am Ende des Ganges, erwachte auch einmal etwas zum Leben. Kräftige Muskeln spannten sich und ein massiger Körper warf sich gegen die Holztür der Box. Der Stallbursche bekam es mit der Angst zu tun, als er jene Geräusche wahrnahm und rannte aus der Box, welche er gerade säuberte auf den Gang, um sich zu vergewissern, was vor sich ging. "Was zum..." brachte er gerade noch so heraus, als die Holztür splitterte und ein großes, graues Monstrum ihm gegenüber stand. Der majestätische Raubvogel musterte den kleinen Menschen vor sich und stieß dann einen markerschüternden, tosenden Schrei aus.
Abseits der Siedlung, an der Spitze des Trosses blickte ihr Lark sich aufeinmal um, ebenfalls zur Siedlung. Zufrieden lächelte Venya:"Wir warten auf Jemanden!".
Der Stallbursche war kreidebleich und war versucht davonzulaufen. Jedoch viel ihm ein, was Venya immer bei einem wütenden Lark getan hatte. "Zeig ihm Respekt.... aber behalte deine Würde" betete er einen Auszug aus dem Buch Venyas herunter und stammelte sie mehr zu sich selbst als dem Lark. Der Junge versteifte seine Haltung und richtete sich langsam auf. In einem aufrechten Gang und ohne den Lark aus den Augen zu lassen, ging er vorsichtig rückwerts, gradewegs zur großen Stalltür, gevolgt von der grauen, gefiederten Bastie.An jedem gegenüberliegenden Boxenpaar, welches der große graue Lark des ehemaligen Protektors passierte, gab es lautes Krächzen. Mit einem Nicken, welches zweifelos dem Lark galt, öffnete er das Stalltor und entließ das Tier. Skeptisch schritt der Lark heraus und wandte sich der Straße gen Tor zu. Der Vogel war schon oft durch die Straßen der Stadt geschritten, jedoch noch nie allein. Überall sah man panische Siedler, welche flüchteten, oder nach ihren Waffen griffen. Der schlimmste Fall schien eingetreten zu sein - einer der Larks war außer Kontrolle!
Der Lark trottete in einem guten Tempo, welches für solch ein flinkes Geschöpf jedoch mehr ein Gehen sein musste als Eile, die Straße entlang und ließ die Siedler links liegen. Als er das Tor sah, beschleunigte er seinen Schritt. Mit einem Atemberaubenden Tempo steuerte er auf das geöffnete Tor zu, überraschenderweise, ohne einen der Siedler dabei umzurennen, oder anderweitig zu verletzen. Das Tier wich ihnen sogar auf seinem Weg aus. Als es sich der großen Menge am Tor auf wenige Schritt genähert hatte, setzte es zu einem gewaltigem Sprung an. Der Vogel schien kurz wie durch die Luft zu fliegen, doch das Gewicht, der Körperbau und die zurückgebildeten Flügel verrieten, dass dies nicht der Fall sein konnte. Unerwartet leichtfüßig setzte das Tier hinter der Menge wieder auf dem Boden auf undrannte mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit aus der Stadt.
Die Siedler des Trosses gerieten in Unruhe, als sie den gewaltigen Vogel sahen, wie er sich auf sie zubewegte. Venya schritt ihn mutig entgegen, was den Lark stoppen ließ. Ungeduldig sah sich der Vogel um, stakste an Venya vorbei und umrundete flugs die Karawane. Der Vogel wurde unruhig und sah abwechselnd suchend zum Tross und wieder zu Venya. Diese hatte ein Halfter aus den Taschen ihres Larks geholt und ging langsam auf den Vogel zu. Dies war gewagt, eigentlich lileß ein Lark nur seinen Reiter an sich heran. Doch Venya hatte viel mit dem Lark ihres Meisters zu tun gehabt, er kannte sie. Er respektierte sie, zumindest hoffte sie es. Anders als bei der neuen Brut hatte nicht sie die Aufzucht des jungen Larks nicht selbst vorgenommen, sondern Kire. Er hatte es sich nicht nehmen lassen wollen und das Jungtier damals in seinem Zimmer innerhalb der großen Halle gehalten, bis es die Größe des größten Haushundes der Siedlung erreicht hatte. Venya war sich sicher, er hätte ihn weiterhin in der Halle bei sich behalten, wenn nur nicht die Ausscheidungen des VOgels ebenfalls immer größer geworden wären.
Der Vogel schnaubte missbilligend, doch ließ er es sich gefallen. Beruhigend strich Venya über seinen Schnabel und flüsterte ihm beruhigend zu: "Wir gehen Heim, Xyrano". Der Lark machte ein seltsames Geräush, von dem niemand sagen konnte, was es damit auf sich hatte. Sie befestigte eine lange Trense am Halfter des Vogels und befestigte diese an ihrem Lark. Damit setzte sie sich wieder an die Spitze und der Tross bewegte sich weiter fort. Trall hatte sich zu Venya gesellt und fragte:"Wisst ihr schon wohin es gehen soll?". Die blonde Frau nickte bestätigend, irgendwie war die Aggression, der barsche Ton, selbst ein großer Teil ihrer Kühlheit wie weggefegt :"Wir werden uns in Richtung des nächsten Hafens bewegen und diesen Kontinent verlassen. Wir besorgen uns ein Schiff und verschwinden von hier". Die Antwort schien Trall zu verwirren, ebenso wie einige Andere Siedler. "Aber..." stammelte Trall "wie sollen wir das denn machen? Wir haben nicht mal ansatzweise genug Gold, um solch ein Schiff zu bezahlen!". Gemurmel machte wieder die Runde als Venya in eine ihrer Taschen griff und Trall einen schweren Beutel zuwarf. Als er jenen öffnete, konnte er sehen, dass es prall mit Gold- und Silbermünzen gefüllt war. Fragend blickte er zu der Frau, welche das Säckchen wieder an sich nahm und antwortete "Starrt nicht so, glaubt ihr nicht, er hätte soetwas nicht kommen sehen? Dieses Säckchen wartet schon Jahre verborgen, endlich seiner Bestimmung zugeführt zu werden".
Der Krieger schüttelte schmunzelnd den Kopf:"Sagt mir, welche Geheimnisse hatte Kire noch in der Siedlung ausgeheckt?". Die blonde Frau wusste, dass sie nun eine ganze Reihe von Ereignissen losgetreten hatte. Av 'Sha würde nun die letzten Geheimnisse offenlegen und sobald der neue Protektor gekührt wurden war, auch die Ersparnisse des ehemaligen Protektors übergeben, ebenso wie dessen geschmiedeten Pläne und geplante Vorhaben. Es war fraglich, wie sich die Dinge entwickeln würden, doch sie war den letzten Anweisungen Kires gefolgt. Und doch musste sie lächeln, als sie an den Brief von Harkon dachte. Bisher hatte niemand den tieferen Sinn verstanden.
Venya blickte weiterhin vorran als sie Tralls Frage beantwortete: "Das müssen nun die neuen Exilanten herausfinden".