Alte Familie - Neue Familie

  • Wann: 1 Woche nach dem Yunalesc
    Wo: Engelswacht Kaserne
    Wer: Cuilean, Liadan (sonstige nur nach Absprache)



    Es war um die Mittagszeit. Liadan machte ihren alltäglichen Erkundungsgang um die Engelswacht und ihre Umgebung besser kennen zu lernen. Diesmal führte sie ein Pfad zur Kaserne. Es war erstaunlich ruhig doch als sie näher kam konnte sie den Grund deutlich erkennen. Der Geruch eines würzigen Eintopfs schlich sich in ihre Nase. Neugierig ging sie weiter, dem Geruch folgend.


    Dann sah sie mehrere Männer und Frauen die, zum Teil in Gespräche vertieft, ihren Eintopf aus hölzernen Schalen löffelten. Unter ihnen konnte Liadan auch Cuilean erkennen. Seine safranfarbene Tunika war kaum zu übersehen. Sie lächelte leise in sich hinein. Seit ihrer Ankunft auf Engelswacht hatte sie ihn kaum zu Gesicht bekommen. Jetzt wusste sie warum.


    Sie ging direkt auf ihn zu und sprach ihn an. "Hallo Cuilean" und als er zu ihr aufblickte „Darf ich mich zu dir setzen?

  • Nachdem Liadan sich umgeschaut und keinen freien Hocker sehen konnte, setzte sie sich im Schneidersitz neben ihn auf den Boden.
    "Ja etwas" beantwortete sie seine Frage und nahm die angebotene Schüssel mit einem Kopfnicken gerne entgegen.
    Sie aß ein paar Löffel voll und reichte ihm die Schüssel zurück.
    "Wie gefällt es dir hier?"

  • Liadan nickte. Ja im Moment hatten sie mehr Freizeit.
    "Dann hast du wenigstens Zeit die Menschen und die Umgebung kennen zu lernen."


    Es war ihr auch nicht entgangen, dass er sich über die Narbe rieb. Deshalb fragte sie
    "Hast du Schmerzen? Kann ich dir irgendwie helfen?"

  • Cuilean war froh, dass man nicht seine zahllosen Blauenflecken durch seine Tunika sah. Denn sonst hätte Liadan sofort gewusst, dass er nur selten den Übungsplatz und die Kaserne verließ.
    "Chan eil, nicht Schmerzen. Gefühl anders nach..."
    Aus seinem Gesicht und seinen Bewegungen konnte man deutlich sehen, dass er nicht wusste wie er es sagen sollte.

  • Liadan runzelte die Stirn. 'Keine Schmerzen ein anderes Gefühl?' Wenn sich Cuilean doch bloß besser ausdrücken könnte.
    "Seit wann hast du denn dieses andere Gefühl schon? Erst seit wir hier im Norden sind, oder schon vorher?"
    Sie hatte eine Ahnung was mit Cuileans Narbe los sein könnte, um das zu bestätigen benötigte sie jedoch unbedingt noch mehr Informationen.

  • Sie hatte also richtig vermutet. Durch Cupas magische Berührung hatte die Narbe angefangen sich zu verändern,
    Gerade als Liadan ihn bitten wollte, ob sie die Narbe näher untersuchen darf stand Cuilean auf um dem jungen Kämpfer zu folgen. Um ihn aufzuhalten hielt sie ihn an seinem linken Arm fest. Gleichzeitig schaute sie ihn mit ernster Miene direkt an. Mit Nachdruck in der Stimme sagte sie zu ihm: "Du willst jetzt doch noch ernsthaft in den Ring um zu kämpfen. Lass mich dich doch wenigstens zuerst untersuchen. "

  • Cuilean versuchte sich zunächst sich ihrer Hand zu entwinden. Er war schließlich kein kleines Kind mehr. Doch durch Liadans Blick und ihren Tonfall weckte sie Bilder. Bilder von seinem Vater wie dieser ihn schlägt. Bilder wie er danach zu der Hütte seines Onkels lief um sich da zu verstecken. Bilder wie Liadan sich um ihn kümmerte und sich vor ihn stellte, wenn sein Vater ihn holen wollte...


    Cuilean signalisiert dem Kämpfer im Ring zu warten und setzte sich wieder auf seinen Hocker. Wortlos schaute er Liadan an.

  • Sie war erleichtert, dass er sich anders entschieden hatte. Doch Cuileans Gesichtsausdruck und seine Körperhaltung verrieten ihr mehr als jedes Wort. Da saß nicht Cuilean der junge Kämpfer vor ihr sondern der kleine Junge, der Schutz bei ihr suchte.
    Ihn jetzt im Gesicht zu berühren und zu untersuchen war keine gute Idee. Stattdessen kniete sie sich vor ihn hin und sah in seine traurigen Augen. Sofort weckte er damit ihre mütterlichen Gefühle und das instinktive Bedürfnis ihn beschützen zu müssen. Doch ihr war ebenso bewusst, dass er nicht mehr der kleine Junge von früher war.
    "Was versuchst du hier zu beweisen?" fragte sie mehr an sich als an Cuilean gewandt.
    Vorsichtig streckte Liadan ihre rechte Hand aus um seine linke Hand zu berühren. Dabei hielt sie ständig Blickkontakt um seine Reaktion zu sehen. Was ging bloß vor in ihm?

  • Cuilean zog seine Hand zurück.
    "Schau!"
    Er stand zwischen Verzweiflung und Aggression - wusste nicht einmal was Liadan von ihm Wissen wollte. Sie hatte ihn einfach zurück gelassen - war einfach verschwunden.
    Seine Miene war emotionslos. Sein Blick war in die Ferne gerichtet. Die nächsten Worte kamen monoton und kalt.
    "Sei Heilerin."

  • Nein sie konnte jetzt nicht nur Heilerin sein. Traurig nahm sie wahr, dass er bewusst ihrem Blick auswich.
    Hier waren nicht nur körperliche Beschwerden im Spiel.
    Trotzdem stand sie auf, strich vorsichtig über seine Wange und berührte seine Narbe. Dies war jedoch nicht das Untersuchen einer Heilerin sondern eher die Berührung einer besorgten Mutter. Sie musste unbedingt herausfinden was mit Cuilean los war. Irgend etwas was sie gesagt oder getan hatte beschäftigte ihn.


    Sie wartete einen Moment. Als jedoch keine Reaktion kam nahm sie seinen Kopf sanft in beide Hände und drehte ihn vorsichtig, jedoch bestimmt in ihre Richtung, sodass er sie anschauen musste.


    "Rede mit mir! Was beschäftigt dich? Du hast mir doch früher immer vertraut."

  • "Du mich verraten! Gegangen! Nicht wieder gekommen!"
    Seine Stimme wurde mit jedem Wort wütender. Er richtete sich währenddessen auf, sodass Liadans Hände von seinen Wangen glitten. Cuilean überragte die kniende Heilerin und blickte aggressiv auf sie herab.
    "Ich alleine geschafft!"
    Cuilean brüllte schon fast.
    Im Umdrehen und Gehen zum Ring zog er seine Tunika aus.
    "Anois! Go n-éirí leat!"

  • Das war es also.
    Er hatte vollkommen Recht wütend auf sie zu sein. Doch Liadan hatte keine Wahl, sie wollte ihn nicht alleine zurück lassen. Sie musste es ihm erklären, doch in diesem Gemütszustand würde er ihr nicht zuhören.


    Als Cuilean seine Tunika auszog erschrak sie zunächst als sie seinen mit Blutergüssen übersähten Oberkörper sah.
    Sie ließ in dennoch ziehen. Sollte er sich erst einmal abreagieren.
    Zum Reden war später noch Zeit.
    Dennoch folgte sie ihm zum Ring. Möglicherweise wurde sie hier noch als Heilerin gebraucht.

  • Cuilean stapfte ohne zu Zögern in den Ring.


    Sein Gegenüber war ungefähr von gleicher Statur, nur waren seine braunen Haare zu einem Zopf verflochten.
    Beide standen breitbeinig in einem Abstand von zehn Schritt. Sie hoben nahezu gleichzeitig die Arme und schlugen die Unterarme vor ihrem Gesicht gegeneinander.
    Der Kampf hatte begonnen.


    Sie schauten sich eine kurze Zeit an. Dann liefen sie aufeinander zu. Cuilean tauchte unter dem Schlag des Braunhaarigen hinweg und verpasste diesem einen Treffer mit dem rechten Ellenbogen in der Seite. Doch schon schlug die Linke Cuilean ins Gesicht. Der, davon nahezu unbeeindruckt, schlug ihm mit der Linken in die Kniekehle.
    Der Braunhaarige knickte ein. Cuilean wand sich ab und ließ ihn wieder aufstehen.
    Zeit für die zweite Runde.

  • Das Zeichen für den Beginn wurde wiederholt.
    Diesmal rannten sie nicht aufeinander zu. Sie schritten, den Abstand von zehn Schritt beibehaltend, den Kreis ab - den Anderen nicht aus den Augen lassend. Als beide ungefähr die Startposition des Anderen erreicht hatten, sprintete der Braunhaarige plötzlich los. Cuilean machte einen Schritt beiseite um ihm auszuweichen. Doch sein Gegner reagierte darauf, indem er sich sprungartig aus seiner Laufrichtung katapultierte. Seine Schulter traf Cuilean in den Bauch und das Gewicht schleuderte ihn zu Boden. Doch war Cuilean schnell genug um den Braunhaarigen zu packen um diesen mitzuziehen.
    Cuilean war auf dem Rücken gelandet und sein Kontrahent hatte seinen Sturz mit der Schulter, welche zuvor Cuilean getroffen hatte, gebremst.
    Kurze Pause - keiner der Beiden bewegte sich.
    Der Braunhaarige rührte sich als erstes wieder. Er stand auf, wobei der rechte Arm nicht zur Benutzung kam. Cuilean versuchte währenddessen noch durchzuatmen und rollte sich auf den Bauch. Als er jedoch sah das sein Gegner schon wieder stand, krabbelte er auf schnell auf alle viere. Zu spät!
    Der Tritt traf Cuilean am Oberarm und der Schlag traf genau zwischen seinen Schulterblättern.
    Diesmal war es Cuilean der aufstehen musste. Sie stellten sich wieder gegenüber auf.
    Die dritte Runde stand bevor.

  • Liadan atmete tief durch als sie sah, dass sich die beiden auf eine weitere Runde vorbereiteten.
    "Hört auf." Liadan sprach diese Worte laut und in einem deutlichen Befehlston, gleeichzeitig betrat sie den Ring und stellte sich zwischen die beiden Kontrahenten. Um ihre Aussage zu bekräftigen streckte sie ihre Arme aus, die Handflächen nach außen zeigend, die linke zu Cuilean und die rechte zu Anois. Sie hatten jetzt schon Verletzungen davon getragen, die sie eigentlich zu einer Pause zwingen sollte. Von Einem zum Anderen schauend ergänzte sie:
    "Ihr habt beide bewiesen, dass ihr ebenbürtige Kämpfer seit. Es nützt niemanden wenn ihr euch ernsthafte Verletzungen zuzieht."
    Und direkt an Cuilean gewandt, in einem ruhigen doch nicht weniger bestimmenden Tonfall "Es macht auch keinen Sinn, dass du deine Wut an jemandem auslässt, der nichts dafür kann. Macht eine Pause, lasst mich euch untersuchen und vor allem lass mich dir erklären, warum ich weg gegangen bin."


    Liadan hoffte inständig, dass Cuilean sich genug abreagiert hatte um auf diesen Vorschlag einzugehen.

  • Cuilean lachte.
    Währenddessen zeigte er auf zwei hinter dem Braunhaarigen und dann auf diesen. Diese beiden gingen zu ihm und renkten ihm den Arm wieder ein.
    "Du hast mir Sieg genommen."


    Cuilean ging an Liadan vorbei auf seinen Platz zurück. Man sah das es ihm jedoch nicht so leicht fiel. Er ging in die Knie um seine Schale aufzuheben.
    "Erzähl."
    Jetzt war die Zeit zum Essen.