Das Spitzohr trifft ein

  • Naira nickte konstant, während Dak die Grubenwürmer in sich hineinstopfte. Genau so hatte sie es sich gedacht! Es funktionierte auch mit den Uruks hier.


    "Salbei", antwortete sie. "Salbei gegen Heiserkeit. Und Wermut für den Magen. Wenn du Kräuter mit Äpfeln vermengst, fressen sie fast alles..." Das Spitzohr beobachtete gelassen, wie auch Dak vorbehaltlos die leckeren Würmer kaute.
    "Wir werden hier oben viele Kräuter haben, die gut sind für Krankheit. Und unten - andere, die auch gut sind für Krankheit, aber anders... Die einen nehmen die Krankheit weg, die anderen bringen sie hervor. Und bei einigen weiß Naira noch nicht genau..."


    Sie schob sich die Haare zurück, dabei ihre Ohren berührend. Es war gut zu wisssen, wohin man gehörte. Auch wenn es nicht bedeutete, gleich zu sein.
    "Mahrukkaa, dabru - die Herrin, die Naira großgezogen hat. Die Maah, die Saaba, oder wie nennt ihr es?"
    Ja, sie konnte zugeben, dass sie die Sprache der Uruks nur wenig beherrschte. Eine Lethi drückte das Wichtige ohnehin nicht durch Worte aus.


    "Naira ist selbst eine Jabress jetzt, mala Jabress. Das heißt Gefährtin, weißt du? Malak´Chrejs hieß es früher - >sanfte Verpflichtung<..."
    Die Elbe sann einen Moment über die seltsame Veränderung der Elbensprache nach, die ihrer Meinung nach bei den Drow stattgefunden hatte...Wenn man nur lange genug suchte, fand man Wörter, die übereinzustimmen schienen, auch wenn sich die Laute deutlich verändert hatten.


    "Naira geht ihren eigenen Weg", hob sie wieder an, "...wie Mahrukkaa es gesagt hat. Hier in Sah´tubaah, in Kjona, auf der eigenen Erde... wird Naira es wachsen lassen, für die Uruks, zu denen sie gehört."



    Das Spitzohr blickte Dak feierlich an bei dieser kleinen Ansprache, sah dann aber auch zu Kaa-Ash hinüber, die dort saß und mampfte.
    "Kaa-Ash", sprach sie die holunderbeerfarbige Uruk an, "ich habe etwas mitgebracht für dich. Nur für dich, damit du noch stärker wirst. Nichts zum Essen - etwas für Chrii-sejn... was Naira mit den Händen tut."

  • Nun Dak war ein Höhlenork und zu seiner Natur gehörte es nun ein mal Dinge durch "auffressen" zu testen.
    Er schien jedoch einen sehr robusten Magen zu haben, sonst würde er wohl nicht vor Naira stehen.


    Ruhig kauend hörte er ihren Ausführungen zu.
    In seinen Augen glomm es auf, als Naira ihre Beziehung zu Mahrukkaa darlegte - ein wenig Vorsicht, aber kein Argwohn oder Ablehnung.


    Jedoch konnte auch Naira merken, dass Dak Worte nicht so richtig waren, da er selber nur Bruchstücke sprach.


    "Dak tun..Dinge..jetzt?" erfragte er , ob Naira eine Aufgabe für ihn hatte und schielte noch ein mal nach den Würmern, die ihm vorzüglich zu schmecken schienen.


    Kaa-Ash hatte den Kopf gehoben, als Naira sie ansprach und schaute interessiert und neugierig.


    "Chrii-sejn.....?"versuchte sie das Wort auszusprechen was ihr aber nicht so recht gelingen wollte.

  • "Dabru, Dak tut jetzt Dinge in der Höhle!", schloss Naira und händigte ihm den Becher aus, während sie sich schon zu Kaa-Ash wandte.


    "Das heißt... ähm... es ist etwas wie Heilen... wie Segnen... wenn man mit den Händen den Körper stark macht, ihn weiht für den Kampf oder für andere Aufgaben. Ein Ritual. Man macht es mit kostbaren Zutaten.", versuchte das Spitzohr zu erklären.
    Wieder lief sie zu dem Haufen ihres Zeugs, diesmal zielstrebiger wühlend. Nach kurzer Zeit schon hatte sie eine bauchige Flasche in der Hand, die rund herum mit glitzernden Steinen und bunten Ornamenten verziert war. Es sah aus wie etwas Feenartiges oder Kenderisches (und in der Tat hatte das Objekt viele gierige kleine Hände durchlaufen, bevor es von Naira eingetauscht worden war).


    Sie trat zu Kaa-Ash und ließ sie an dem durchsichtigen, ölig schwappenden Inhalt schnuppern. Es roch nach hellen Nüssen und Sommerblumen, und nach saftigen Früchten. Es roch wie etwas, das man kühl die Kehle herunterrinnen lässt an einem heißen, staubigen Tag, wohltuend, willkommener als Gold und Macht und alles zusammen. Etwas, das einen Leid und Last vergessen lässt.
    "Weich...", sagte Naira. Ihr fehlten ein wenig die Worte für das, was diese Substanz tat. "Gute Träume für Kaa-ash, guter Schlaf... Wärme unter der Haut. Damit dein Blut wieder fließen kann in deinen Adern wie ein ruhiger Strom, stark und unaufhaltsam."

  • DAk machte sich davon, den Topf mit den Grubenwürmern bei sich und vor sich hin brabbelnd....verschwand er in der Erdspalte.
    Naira würde später sicher vorbeischauen was er so trieb.


    Kaa-Ash hingegen schnupperte an dem, was Naira ihr dort unter die Nüstern hielt und schien nicht so ganz zu wissen, was sie davon halten sollte.
    Was vermutich auch an der seltsamen "Verpackung" lag..bunt, glitzernd ...so ganz un-urukartig.


    "Woher hat Naira diesen Zauber?
    hakte die Uruk nach und schnupperte noch ein mal daran...es war ungewohnt.

  • "Gewürze, Früchte, Nüsse, getrocknet, gequetscht, konzentriert und extrahiert... Es ist ein Rezept, das Naira sich selbst ausgedacht hat. Am Schluss sind es Öle, die man mischt. Wenn du möchtest, kannst du heute abend davon probieren... ich meine, mich dich damit behandeln lassen."


    Sie wandte sich von Kaa-Ash ab und betrachtete eingehend den Haufen, der abgeladen worden war. Im Vergleich zu ihrem letzten Aufenthalt bei den Uruks hatte sie nun ihren Hausstand herbeischaffen lassen.
    Und der sah in der Tat ganz und gar un-urukhaft aus!
    Feine dunkle Möbelteile ragten heraus, der Rest war überwiegend weißer, reiner Stoff, Teppiche und weiche helle Felle. Als die Elbe nun begann, ein paar der mittelgroßen Kisten herauszuziehen und zu öffnen, sah man da vielerlei Dinge aus Glas - golden, grünlich, mit kupfernen Ornamenten über und über verziert, auch tiefbraunes glattes Leder, in das wieder die Ornamente in Gold geschnitten waren.
    Die Verzierungen erinnerten an keltische Muster, zeigten aber immer etwas, das nach einem Schmetterling oder einer Libelle aussah - geflügelt, mit einem mehrgliedrigen Leib und eingerollten Fühlern.


    Das Spitzohr zog mit ihren typisch ungeduldigen, groben Bewegungen eine runde Goldplatte heraus, in die ebenfalls vielerlei Muster geschnitten waren, stellte sie auf dunkle Holzbeine und begann dann, ohne hinzusehen, kleine Beutel mit Samen daraufzuwerfen.
    Sie ging mit ihrem Zeug nie sonderlich vorsichtig um. Die Faszination für prächtige Dinge hatte sie zweifelsohne von den Waldwesen übernommen, doch noch immer hatte sie keinen echten Begriff von Besitz - weder von ihrem eigenen, noch von dem Anderer...

  • Kaa-Ash kratzte sich am Kopf.
    Es klang seltsam und sie erinnerte sich an dies und das was ein Mal ein Schaman getan hatte oder wie sie generell mit Dingen umgingen..aber das hier war etwas anders.
    Aber mit dem Wort Öl konnte sie etwas anfangen, aller dings hatte sie noch niemals gehört, dass man diese auf die Haut brachte..sie kannte Öl in Laternen oder FAckeln..und es stank...
    Das in Naira´s Fläschchen roch...anders.
    "Naira sollte vielleicht mit einem Nok-Utaar darüber sprechen, was diese ..Öl-Dinge können? Kaa-Ash weiß zu wenig darüber!"


    Dann schaute sie zu, wie Naira ihre Habseligkeiten herumwarf, auch soetwas kannte die Uruk nicht, schließlich waren Waffen oder anderes was wichtig war nur so gut wie sie behandelt wurden.


    Langsam kam sie etwas näher...und grunzte etwas, als sie sah wie Naira die Beutel umher warf.
    "Befürchtet Naira nicht, dass die wertvollen Kräuter und Bestandteile ihrer Medizin zerstört werden?"dabei deutete sie auf den Haufen aus Habseeligkeiten.
    Schlißlich war der Uruk auch klar, wenn Naira Dinge zerstörte die den Uruks zu gut kamen, war das ...unklug und ungut.
    Im schlimmsten Falle konnte Naira zornig werden und derlei nicht mehr herstellen oder besorgen...

  • "Da geht schon nichts kaputt", meinte die Elbe lakonisch. Doch sie hielt inne, überrascht von der Fürsorglichkeit Kaa-Ashs, und sah die Holunderfarbige an.

    "Ich werde jetzt säen gehen auf den Feldern. Möchtest du zum Abendessen wiederkommen? Es wird eine Suppe mit Egeln und Kräutern geben, und vielleicht kannst du etwas Fleisch mitbringen? Und hinterher zeige ich dir, was ich mit dem Öl tue. Ich habe es an mir selbst versucht, es ist gute Medizin."

  • Die Uruk bemerkte den Blick Naira´s , das Innehalten und so erklang kurz die rauhe Stimme Kaa-Ash´s:
    "Afal´s Schamanen und Nok´Utaar gehen sorgsam mit Dingen um die ...heilen oder helfen Zauber zu weben.Und jene Uruks, welche in den Höhlen Flechten und Pilze hüten, wachen eifersüchtig über Sämlinge und das was sie..Ableger nennen, wenn sie neue Felder anlegen auf dem Felsen. Es ist, wie wenn man mit den Pferden für junge Fohlen sorgt...nur sorgfältige Auswahl bringt gute Tiere hervor, stark, ausdauernd, gut im Kopf!" dabei deutete sie auf ihren Kopf und überlegte, wie sie Naira Besitz und den Wert davon klar machen sollte.
    Kannte die Lethi Münzen? Oder verstand sie "Wert" über das tauschen? Oder fühlte sie TRauer wenn etwas besonderes fort genommen worden war, zerstört war?


    Die Miene Kaa-Ash´s erhellte sich etwas.


    "Was würde Naira tun, wenn jemand einfach die heiligen Tiere angreifen oder sie gar fortnehmen wollen würde, einfach so? Weil er stark genug ist oder listig oder ...lügt?" hakte sie nach.


    Abschließend glitt ihr Blick zu dem Öl von Naira und dem Gedanken des Essens.


    "Vai wird heute abend wieder da sein und Fleisch mitbringen und von Naira erfahren was für eine Medizin Öl ist!"nickte sie bestätigend und wartete , ob Naira ihre Fragen beantworten würde...

  • Das Spitzohr blickte entrüstet drein. Was sollte das denn nun auf einmal bedeuten?!


    "Ich würde ihn töten", sagte sie kalt. Sie zuckte mit der Schulter, als wolle sie den Gedanken abschütteln.
    Dann sah sie aber wieder auf:
    "Das ist etwas anderes. Ich habe auch die Arus niemals geschont. Sie bekommen gutes Futter, ich schütze ihre Nester und ich achte darauf, dass sie sich schnell entwickeln. Aber", und sie sah Kaa-Ash dabei bedeutsam von unten herauf an, als wollte sie sagen: >DU weißt, wovon ich spreche...<, "wenn ich sie schone, werden sie schwach und gehen noch vor Einbruch der Dunkelheit ein! Genauso wie die Samen es vertragen müssen, dass der Wind sie hin- und herweht, müssen die Würmer stark genug sein und die Pilze... Was sich nicht bewährt, das nehme ich nicht. Genauso wie Naira sich bewähren musste! Was im Kreis gehen will - was wachsen und sich fortpflanzen möchte - muss die Angst überwinden, Schaden zu nehmen..."


    Ihr Blick war dunkel. Es lag keine Bosheit daran, sondern sie klang eher wie die Priester und Schamanen, wenn sie von etwas Heiligem sprachen.

  • Zufrieden nickte die Uruk, es schien als habe sich Naira sehr entwickelt.
    Und sie kam mit dem was sie sagte durchaus dem wie Uruks Dinge sahen sehr nahe.


    "Dabru, gut...dann wird vai nun gehen. Afal sehen uns wenn die Sonne versunken ist!"


    Geschmeidig erhob sich die Uruk und machte sich nach einem Nicken davon.