"Die Kriegerin", echote Alnock leise.
"Ich kenne Dich noch nicht sehr gut, Sylvana. Ich schätze Dich als Person, die zuhört, die immer einen Blick für Andere hat, die vermittelt und auch Ratschläge gibt.
Du bist - soweit ich das beurteilen kann - eine der Wenigen, die zumindest sich bemühen, Ruhe zu bewahren, den Überblick zu behalten.
Ignis habe ich bisher eher in Deinen Gefühlen gesehen denn darin, dass Du Deine Feinde angehst mit der Waffe in der Hand. Ich sah Dich zwar schon mehr als einmal in Rüstzeug, kann mich aber nicht erinnern, Dich kämpfend gesehen zu haben."
Bewusst oder unbewusst fiel sein Blick auf die Waffe neben sich, ein Ding ohne Finesse, welches nicht versuchte, elegant oder zivilisiert zu wirken.
"Ich bin versucht, Dir abzuraten, kann es jedoch nicht. Mir selbst sagte mein Herz irgendwann, dass es Zeit ist, den Kampf aufzunehmen.
Doch ich möchte Dir eine Warnung mitgeben, die ich vor einigen Monaten im Osten von der Nyame der Luft erhielt.
Sie sagte mir, dass man mit nur einem Schritt den Weg des Bewahrers und Heilers des Landes verlassen kann und dann etwas anderes ist. Dass aber fast niemand es schafft, beides zu sein.
Ich nehme an, dass Du im Kampf ausgebildet wurdest. Ich nehme weiterhin an, dass Ignis Dich auffordert, Ihre Feinde zu zerschmettern. Und drittens nehme ich an, dass Du nicht am Rande stehen, helfen und beurteilen kannst, wenn es darum geht Walays aus der Gefahr zu brefreien."
Sein Lächeln war nur dünn, fast unsichtbar.
"Noch musste ich meinen Schritt auf das Schlachtfeld nicht bereuen. Im Gegenteil. Doch ich weiß, sie werden kommen: Die Nächte, in denen mich die Erinnerungen plagen werden, in denen ich verzerrte Gesichter sehe und abgeschlagene Körperteile, aufgerissene Bäuche und zerschlagene Leiber, die meiner Gefährten und die meiner Feinde.
Beim Kampf gegen das Schwarze Eis meldet sich mein Gewissen nicht. Sie sind harte Gegner, angsteinflößend und gefährlich, aber fremd.
Der Untod ist uns ähnlicher, und das macht es schwieriger für mich. Allein dass das, was Vorn mit ihren Höfen tut, ihnen die gleichen Gefühle abringt wie wir sie hätten, zeigt doch, wie ähnlich sie uns sind."
Er blickte zu Boden. Alnock sprach leise, fast als spräche er zu sich selbst.
"Ich hatte nie Zweifel, dass wir sie vernichten müssen. Ich habe nie gezögert, es zu tun, habe keinem von Ihnen Gnade gewährt. Im Kampf ist es nicht schwer, unbeugsam zu sein. Sie sind Terras Nemesis, sie beleidigen den Kreislauf mit ihrem Sein.
Doch in den stillen Stunden, so selten sie sind, betrauere ich jeden, dessen Körper ich zerstörte, als hätte ich einen Menschen getötet.
Ich weiß, dass es unsinnig ist. Und es wird leichter. Es ist lange her, dass ich schreiend aufgewacht bin. Doch es verschwindet nicht vollkommen. Und wenn es das jemals tut ... wahrscheinlich bin ich dann nicht mehr der Mann, der ich jetzt bin."
Der Mann, viele Jahre älter als Sylvana, blickte auf, blickte sie an, und seine Augen waren dunkel.
"Ich rate Dir nicht, es nicht zu tun. Im Gegenteil. Wenn Dein Herz sagt: "Kämpfe!" dann kämpfe. Wenn Du eine Kriegerin sein musst, dann sei eine.
Ich bin sicher, Vorn würde mich auslachen, wenn er mich so hörte, doch falls es noch niemand sonst getan hat, wollte ich Dir vor Augen führen, was Du verlieren kannst."
Sein Blick klärte sich und er grinste.
"Verzeih. Da sitze ich und predige und lasse Dich nicht zu Wort kommen. Wie unhöflich."