Die Nacht nach der Öffnung der Pforte

  • "Die Kriegerin", echote Alnock leise.
    "Ich kenne Dich noch nicht sehr gut, Sylvana. Ich schätze Dich als Person, die zuhört, die immer einen Blick für Andere hat, die vermittelt und auch Ratschläge gibt.
    Du bist - soweit ich das beurteilen kann - eine der Wenigen, die zumindest sich bemühen, Ruhe zu bewahren, den Überblick zu behalten.


    Ignis habe ich bisher eher in Deinen Gefühlen gesehen denn darin, dass Du Deine Feinde angehst mit der Waffe in der Hand. Ich sah Dich zwar schon mehr als einmal in Rüstzeug, kann mich aber nicht erinnern, Dich kämpfend gesehen zu haben."


    Bewusst oder unbewusst fiel sein Blick auf die Waffe neben sich, ein Ding ohne Finesse, welches nicht versuchte, elegant oder zivilisiert zu wirken.


    "Ich bin versucht, Dir abzuraten, kann es jedoch nicht. Mir selbst sagte mein Herz irgendwann, dass es Zeit ist, den Kampf aufzunehmen.
    Doch ich möchte Dir eine Warnung mitgeben, die ich vor einigen Monaten im Osten von der Nyame der Luft erhielt.
    Sie sagte mir, dass man mit nur einem Schritt den Weg des Bewahrers und Heilers des Landes verlassen kann und dann etwas anderes ist. Dass aber fast niemand es schafft, beides zu sein.


    Ich nehme an, dass Du im Kampf ausgebildet wurdest. Ich nehme weiterhin an, dass Ignis Dich auffordert, Ihre Feinde zu zerschmettern. Und drittens nehme ich an, dass Du nicht am Rande stehen, helfen und beurteilen kannst, wenn es darum geht Walays aus der Gefahr zu brefreien."


    Sein Lächeln war nur dünn, fast unsichtbar.


    "Noch musste ich meinen Schritt auf das Schlachtfeld nicht bereuen. Im Gegenteil. Doch ich weiß, sie werden kommen: Die Nächte, in denen mich die Erinnerungen plagen werden, in denen ich verzerrte Gesichter sehe und abgeschlagene Körperteile, aufgerissene Bäuche und zerschlagene Leiber, die meiner Gefährten und die meiner Feinde.
    Beim Kampf gegen das Schwarze Eis meldet sich mein Gewissen nicht. Sie sind harte Gegner, angsteinflößend und gefährlich, aber fremd.
    Der Untod ist uns ähnlicher, und das macht es schwieriger für mich. Allein dass das, was Vorn mit ihren Höfen tut, ihnen die gleichen Gefühle abringt wie wir sie hätten, zeigt doch, wie ähnlich sie uns sind."


    Er blickte zu Boden. Alnock sprach leise, fast als spräche er zu sich selbst.


    "Ich hatte nie Zweifel, dass wir sie vernichten müssen. Ich habe nie gezögert, es zu tun, habe keinem von Ihnen Gnade gewährt. Im Kampf ist es nicht schwer, unbeugsam zu sein. Sie sind Terras Nemesis, sie beleidigen den Kreislauf mit ihrem Sein.
    Doch in den stillen Stunden, so selten sie sind, betrauere ich jeden, dessen Körper ich zerstörte, als hätte ich einen Menschen getötet.
    Ich weiß, dass es unsinnig ist. Und es wird leichter. Es ist lange her, dass ich schreiend aufgewacht bin. Doch es verschwindet nicht vollkommen. Und wenn es das jemals tut ... wahrscheinlich bin ich dann nicht mehr der Mann, der ich jetzt bin."


    Der Mann, viele Jahre älter als Sylvana, blickte auf, blickte sie an, und seine Augen waren dunkel.


    "Ich rate Dir nicht, es nicht zu tun. Im Gegenteil. Wenn Dein Herz sagt: "Kämpfe!" dann kämpfe. Wenn Du eine Kriegerin sein musst, dann sei eine.
    Ich bin sicher, Vorn würde mich auslachen, wenn er mich so hörte, doch falls es noch niemand sonst getan hat, wollte ich Dir vor Augen führen, was Du verlieren kannst."


    Sein Blick klärte sich und er grinste.


    "Verzeih. Da sitze ich und predige und lasse Dich nicht zu Wort kommen. Wie unhöflich."

  • "Das ist ein Rat den auch ich immer wieder gebe... Es gibt nicht viele Konfessoren, die neben ihrer Ausbildung zur Kriegerin auch den der Heilung gehen... ich bin ihn gegangen, weil ich als Kriegerin einmal das Blut eines Mannes an meinen Händen hatte, den ich liebte und ihn nicht retten konnte. Ich war schon immer eine Kriegerin, nur gebraucht werden diese in meiner Heimat kaum. Deswegen kam ich damals her... Wenn es etwas gibt das ich mit meinen Fähigkeiten, dem Willen und meiner Leidenschaft tun kann, dann findet es sich hier, wie so vieles das ich hier finden sollte."


    Sie musste schmunzeln, als sie an etwas dachte, das noch gar nicht so lange zurück lag.


    "Das du mich im Kampfe selten siehst mag an meiner Ausbildung liegen. Ab und an verfalle ich in alte Lehren die gewiss nicht das geringste mit denen der Seraphim zu tun haben. Aber ich habe schon mehr als einmal an eurer Seite gestritten. Der einzige Unterscheid der kommen wird, ist die Tatsache, dass die Kriegerin nun auch zwischen den Schlachten da sein muss... dieser Feldzug ist zu wichtig."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "So wie ein Konfessor immer beide Seiten betrachten muss, so muss sie in der Lage sein mit all ihren Seiten so zu haushalten wie es notwendig erscheint."


    Sie hob die Hände und hielt sie wie zwei Waagschalen in die Höhe.


    "Wenn ich nicht auf dem Feld stehe, dann bin ich meist jene die man ruft wenn geschlichtet werden muss, wenn man eine Schulter, ein Ohr oder Worte braucht. Doch all das ist sanft und gnädig, entgegenkommend und einlenkend... Ich fürchte, dass dafür dieses Mal nciht all zu viel Platz sein wird. Manchmal muss eine Mutter auch mit harter Hand regieren, wenn sie das was sie schützen will, bewahren soll. Meine Leute sind nicht viel anders als Kinder... Wenn ich sie schelte, verstehen sie oft erst nicht warum, aber ich muss es dennoch tun. Ebenso, wie sie zu lieben."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "Ich kann für uns alle nur hoffen, dass Du auch auf dem Feldzug noch die Geduld und Zeit fndest, Schulter und Ohr zu sein, wenn es wirklich nötig ist. Und dass die Kriegerin Sylvana bei dem, was sie tut, ähnlich erfolgreich ist wie als Mutter all derer, die gerade eine brauchen."


    Er kniff die Augen zusammen.


    "Natürlich werden wir uns alle bemühen. Es geht um viel. Und ich werde Dich nicht bitten, Dich aus Gefahren heraus zu halten. Denn ein solches Versprechen würde auch ich nicht geben.
    Dennoch bitte ich Dich, halte Dich aus unnötigen Gefahren heraus. Wähle Deine Kämpfe mit Bedacht, bitte. Ich fange gerade erst an, Dich kennen zu lernen. Es würde mich betrüben, wenn mir die Möglichkeit zu weiteren Gesprächen genommen würde."


    Er grinste schelmisch.


    "Gute Zuhörer gibt es nicht so viele wie gute Krieger."

  • Sylvana schaute einen Augenblick mit recht jugendlicher Unschuld zu ihm auf.


    "Du weißt schon, dass du mit einer Freundin der Ignis sprichst und es schwer sein wird mich aus unnötigen Gefahren heraus zu halten? Vor allem da ich, wie Vorn behauptet, dazu neige mich ständig in Schwierigkeiten zu bringen."


    Sie hüstelte.


    "Nicht das er nicht auch ein ungemein ausgeprägtes Talent dazu besäße, ebenso wie jenes immer wieder irgendwie zu überleben."


    Ein wenig gelöst zog sie die Beine zu sich heran und legte ihre ausgestreckten Arme auf ihre angewinkelten Knie. Sie niegte nachdenklich, aber schmunzelnd den Kopf.


    "Ich sterbe nicht so schnell. Ich habe Vorn ein Versprechen gegeben und mich binden Versprechen, außerdem... bin ich glaube ich auf dem Weg glücklich zu werden und ich... nun... ein Konfessor bekommt selten die Chance dazu glücklich zu sein."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • Lange Zeit lang blickte sie der Mann, der einmal ein Bauer war, einfach nur an, erforschte ihr Gesicht, ihre Augen, die Art ihres Lächelns aber auch die Art, wie sie - bewusst oder unbewusst - ihre hochgezogenen Knie als Barriere zwischen ihnen aufgebaut hatte.


    "Ja. Ignis ist manchmal ... hastig. Was oftmals ein Vorteil ist - zuschlagen, bevor der Feind damit rechnet, bevor die Kinder der anderen Elemente überhaupt entschieden haben, ob sie reden sollen und wenn ja, mit wem als Vorsitzedem der Besprechung - kann sich auch als Nachteil erweisen. Wie fast alles.
    Mir selbst ... wen ich gezwungen werde, hastige Entscheidungen zu treffen, werden diese oft unsagbar kurzsichtig und dumm."

    Er lächelte spöttisch über sich selbst.


    "Ich werde Dir jetzt bestimmt keine Rede darüber halten, dass der Tod mehr Versprechen von Kriegern brach als alle Krieger selbst zusammen. Du möchtest nicht, dass ich mir Sorgen mache oder Dich an die Deinen erinnere.
    Also erlaube mir, einen anderen Punkt aufzugreifen:
    Wenn Du und Vorn ... nun, verbunden seid, irgendwie"
    , er machte ein paar vage Gesten mit den Händen, während er herumdruckste, "das wird schwierig. Was auch immer da ist. Umgang mit Drow, das ist etwas, was mittlerweile eine größere Menge Siedler als annehmbar, vielleicht sogar als richtig ansehen. Eine ... Verbindung allerdings ... Du wirst mit einer Menge Dummheit rechnen müssen, die Dir entgegen schlägt, wenn das bekannt wird. Und Vorn ... mit weiterem Hass."


    Er machte ein nicht besonders glückliches Gesicht und zeigte ihr entschuldigend beide Handflächen.


    "Und bekannt werden wird es.
    Versteh' mich nicht falsch. Ich urteile nicht. Ich hatte nur Gelegenheit, während unseres Gesprächs darüber nachzudenken.
    Du bist eine großartige Person, angenehm im Wesen und nicht ohne Reize und wirst von einem Teil Deiner Leute fast vergöttert. Da ist es nur natürlich, wenn irgendwer von ihnen heimlich oder nicht Gefühle für Dich hegt.
    Zudem bist Du jemand mit politischem Gewicht. Auf politischer Ebene wäre eine Verbindung mit Dir sicherlich förderlich. Um ehrlich zu sein, hatte ich daran gedacht, Dir und Collin die Möglichkeit zu geben, Euch besser kennen zu lernen, aus eben diesen Gründen.
    Nun, davon nehme ich selbstverständlich Abstand. Es war auch eher ein Gedankenspiel."


    Alnock errötete leicht.


    "Es ist nur so: Ich weiß nicht, ob er eine gute Partie ist in seinem Volk. Bedenkt man, was er war, vielleicht nicht. Bedenkt man, was er ist, vielleicht doch. Ich kann also nicht einschätzen, ob es Drow gibt, die eifersüchtig werden. Missbilligen werden sie eine Verbindung zu einem Menschen mit Sicherheit. Das Selbstverständnis ihrer Rasse sieht uns weit unter ihnen.
    Umgekehrt wird Vorn Eifersucht und Neid entgegen schlagen, und mit Sicherheit kommen dann Dinge über die Drow hoch, die eigentlich schon längst begraben waren."


    Er lächelte ihr bedauernd zu.


    "Es tut mir leid, Sylvana. Ich konnte nicht anders, als all das zu sagen. Ich will Dir auch nicht Angst machen. Ich frage mich nur, ob Du vorbereitet bist auf derartige Dinge."

  • Sylvana ging wieder in den Schneidersitz, als das Kribbeln verschwunden war und neigte sich wieder zu Alnock hinüber. Sie lächelte sanft...


    "Collin und ich sind sehr gute Freunde. Für ein arrangiertes Kennenlernen ist es ein wenig spät mein Freund. Er ist für Walays wie ein Bruder und er war es der mir zur Seite stand, als Walays verschwunden war... wir haben uns gegenseitig gestützt, als Ignis in uns brannte... Ich fühle mich geehrt, dass du diesen Gedanken hegst, auch wenn ich nicht glaube, das ich in Collins Frauenbild passe. Mal abgesehen davon, dass es immer recht schwierig ist, von Seiten der Seraphim, eine Konfessor zu verheiraten."


    Sie schmunzelte leicht, dann sah sie ihn wieder nachdenklich an.


    "Weißt du... ich stelle die Entscheidung der Elemente nicht in Frage. Es war ihr Wille, dass Vorn und ich auf einer ganz eigenen Ebene ganz besondere Freunde werden. Wir beide haben das gleiche Ziel... ähnliche Wünsche und Ängste... Wir sind uns ähnlicher, als man es vermuten mag. Es sind viele Dinge geschehen, vieles davon verstehen wir beide noch nicht, aber wir haben aufgehört uns zu wundern. Walays und Vorn sind zwei Männer denen ich mein Herz öffne. Es steht keine Lüge zwischen uns und die Elemente sind es die dafür Sorge tragen, dass dem so bleibt... Sieh dir Valas und Faryanne an. Sie sind wie Geschwister... Zwei Völker die sich in der vergangenheit gehasst haben wie kaum andere."


    Wieder strich sie sich sachte durchs Haar.


    "Ich lasse die Dinge geschehen wie sie kommen und auch Vorn hinterfragt kaum noch was geschieht. Terra und Ignis... Flammen und Stein... wir lassen uns leiten, wir vertrauen einander und glaub mir... es ist weitaus schwieriger Vorn dazu zu bewegen zu vertrauen, als Doerchgaard einzunehmen, dessen bin ich mir sicher. Archon und Nyame sind verbunden, wir, ihre engsten Vertrauten sind verbunden... Zu viert sind wir, so denke ich, eine gefährliche Kombination und eine Säule für ein Siegel wie den Norden. Keiner von uns weiß was die Zeit bringen wird... In meinem Herz haben Vorn und Walays einen gesonderten Platz, einen, den Konfessoren nicht vergeben dürfen. Mir ist vermutlich wie kaum einer anderen Person bewusst, wie schwierig all das ist."


    Sie warf einen Blick in den Himmel und legte ihre hand auf den Stein neben sich.


    "Je nachdem welche Wendungen all das haben wird... irgendwann muss es einen Anfang geben... Jemanden der mutig genug ist über die Steine zu den Sternen zu laufen, sich an scharfen Kanten zu schneiden und so den Weg für jene zu ebnen die auf eine Zukunft hoffen, an die sonst niemand glaubt. Selbst wenn ich dabei sterbe... es wird einige wenige geben die meinem Weg folgen werden und jene werden weiter lehren, Geschichten erzählen und sich von ihrem Herzen und den Elementen leiten lassen. Ob man mich nun auf den Scheiterhaufen schickt, weil ich einer Drow und den Elementen diene, an Seiten von Drow und Chaos streite und ihnen einräume sich ändern zu können, oder ob man mich brennen sehen will, weil ich bereit war einen Dunkelelfen in mein Herz zu lassen... Es macht keinen Unterschied. Jetzt nicht mehr..."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • Alnock nickte wiederum mehrmals und grinste dann.


    "Wer in Collins Frauenbild passt und wer nicht, werde ich ihm zu gegebener Zeit schon erklären."
    Natürlich war es ein Scherz, aber es klang dennoch so, als meine er es irgendwie auch ein wenig ernst.


    "Was den Rest angeht: Du brichst Brücken hinter Dir ab, Brücken, die ich nie besessen habe. Du lässt Dich ein auf die Andersartigkeit des Landes der Elemente. Und ich kann Dich dafür nur bewundern und schätzen.
    Das mit dem Scheiterhaufen wollen wir lieber lassen, und selbst wenn Du gehasst wirst oder werden wirst, so wirst Du doch auf der anderen Seite durch Deine Taten andere finden, die Dich ehren und schätzen."


    Milde lächelnd immitierte er ihre Darstellung einer Waage.


    "Die Mächtigen Mythodas scheinen manchmal keine anderen Dinge im Kopf zu haben als Klatsch und Tratsch. Was soll ich tun, wenn in meinem Beisein über diese ... Verbindung gesprochen wird? Wünschst Du mein Schweigen, oder soll ich versuchen, es zu erklären? Oder soll ich sie vielleicht lieber zu Dir schicken?"

  • Sylvana lachte leise und irgendwie gelöst.


    "Dieses Land lebt von Gerüchten, Klatsch und Tratsch wie mir scheint. Oftmals wäre so vieles einfacher, wenn es weniger davon gäbe. Als Konfessor habe ich gelernt ohne zu lügen, die Wahrheit zu umgehen. Viel zu sagen ohne das auszusprechen, was die Leute hören wollen und man bleibt dennoch grundweg ehrlich. Du kannst das dazu sagen was du darüber weißt. Das Vorn und mich eine besondere Freundschaft verbindet die uns durch die Elemente geschenkt wurde. Welche Schlüsse du daraus ziehst, oder andere..." sie hob unschuldig schmunzelnd die Hände, "Das liegt weder in Vorns Macht, noch in der Meinen. Halte es wie du möchtest, aber hausiere bitte nicht damit. Und lüge nicht für uns. Aber ich denke darum muss ich dich nicht bitten."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "Nein. Lügen ist keine meiner Möglichkeiten."
    Lächelnd zwinkerte Alnock Sylvana zu und verlagerte sein Gewicht von einer Seite auf die andere.
    "Das, was Du beschreibst, ist der Weg der Druiden. Nicht zu lügen, indem man die Lüge umschifft. Nicht einmal das kann ich jetzt noch.
    Aber es ist nicht wirklich eine Bürde."

    Sein Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an.


    "Nichts von dem, was die Essenz Terras bewirkt hat, ist eine. Gut, ich bin sehr langsam und sehr schwer. Ich kann nicht rennen, nicht einmal wirklich traben. Schnelles Gehen ist alles, was ich zustande bringe, sogar wenn die Viinshar Angst verbreiten. Was - wie ich heute morgen feststellen musste - dazu führt, dass man plötzlich sehr alleine da steht, wenn das Schwarze Eis angreift.
    Dennoch: Ich fühle mich erhoben, gesegnet, nicht belastet."


    Er seufzte.


    "Fast wünschte ich mir, ich könnte die Essenz behalten. Aber natürlich wird der Avatar sie brauchen, wenn er von unter dem Siegel befreit ist."


    Noch einmal seufzte er tief.


    "Was Dich und Vorn angeht: Ich werde stets den Weg wählen, von dem ich glaube, dass er Euch beiden den wenigsten Schaden verursacht. Wenn ich mich jedoch dennoch einmal dumm benehme, sprecht mich bitte darauf an.
    Ich möchte bestimmt nicht, dass Vorn oder Du einen stillen Groll auf mich hegen.
    Um ehrlich zu sein könnte ich nicht einmal entscheiden, wen von Euch beiden ich als Feind weniger fürchten würde."


    Ein Lächeln begleitete die Worte, aber es lag kein Spott in ihm.

  • Sylvana sah ihn eine Weile an und konnte nicht umhin an Vorn denken zu müssen. Seine Augen nahmen wenn er über Terra sprach einen ähnlichen Ausdruck an... Sie musste schmunzeln und wirkte dabei fast... ein wenig wehmütig.
    Vielleicht lag es an Ignis, vielleicht aber auch daran, dass sie zum ersten Mal das Gefühl hatte, das das Herz von jemandem auch in ihren Händen liegen konnte.


    "Essenz oder nicht... du wirst immer derjenige sein, der die Ehre hatte sie tragen und bewahren zu dürfen."


    Sie blickte auf die Sonne auf ihrer Hand.


    "Ich habe es in der letzten Zeit schon oft gesagt. Diese Gaben sind keine Privilegien... es sind Aufgaben und Pflichten. Welche die wir gerne auf uns nehmen uns aber nicht darauf ausruhen sollten..."


    Feinde... sie hoffte inständig, dass es niemals soweit kommen würde, dass man sich in tiefem Disput oder sogar in Feindschaft gegenüber stehen würde. Valas... Alnock... Leomir... Faryanne... sie alle waren Personen mit denen sie gutes verband und dies auch weiterhin nicht anders handhaben wollte...

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "Nichts ist jemals einfach in diesen Landen. Das Land verlangt viel. Doch es hat niemand von uns herkommen müssen, es musste niemand von uns bleiben. Es war unsere Entscheidung, lassen wir die Möglichkeit einer Vorsehung einmal außer Betracht. Ich selbst bin mir nicht sicher, ob es sie gibt. Manches spricht dafür, anderes dagegen.
    Doch ich beobachte diese Welt und sehe, dass wieder und wieder Prüfungen auf dem Weg zu bewältigen sind, Prüfungen, in denen wir allein durch unsere Entscheidungen bestehen oder versagen.
    Und das ist der Grund, warum ich an die Freiheit der Entscheidung glaube. All diese Prüfungen ergeben keinen Sinn, wenn es eine alles bestimmende Vorsehung gibt."

    Alnock schloss kurz die Augen und öffnete sie wieder.


    "Manchmal wünschte ich mir Zeit und die Gelegenheit, all solche Dinge zu erörtern mit anderen Personen, nichts anderes zu tun als mit den Gedanken das Gebäude der Welt durchdringen zu suchen, so für ein paar Jahre.
    Doch das ist nicht die Zeit dafür. Ich weiß es.
    Dennoch ist Weisheit die eine Sache, an der es den Siedlern meiner Ansicht nach am meisten zu mangeln scheint. Ich will nicht behaupten, ich wäre weise, gewiss nicht. Doch scheint es mir, dass nur Wenige weiser sind als ich unter den Siedlern"


    Er nickte ihr lächelnd zu.


    "Du könntest eine davon sein. Ich bin mir nicht sicher. Ignis und die Weisheit vertragen sich nicht in jeder Lage."


    Er machte eine Pause.


    "Wenn ich Dich frage: Was ist Dein Wert für die Elemente, das Land und die Siedler? was ist Deine Antwort? Wie siehst Du Dich selbst?"

  • Sylvana antwortete nicht sofort. Diese Unterhaltung hatte sie in den letzten Monaten schon so oft geführt und war immer noch nicht gänzlich mit dem Ergebnis einverstanden. Allerdings hatte sie diese Unterhaltung so herum noch geführt. Man hatte ihr immer gesagt sie sei wichtig, unglaublich wichtig, wichtiger als manch andere Person der man es vielleicht zuschreiben würde... doch gefragt wie sie selbst das sah, hatte man sie noch nie.


    "Ich bin nicht besonders gut darin eine solche Frage zu beantworten, muss ich gestehen. Man sagt mir seit dem Feldzug im Westen recht häufig das mein Wert nicht zu unterschätzen sei und ich mein Licht nicht unter den Scheffel stellen soll. Ich habe mich lange gegen diesen Gedanken gewehrt, vermutlich weil ich es mir einfach nicht vorstellen konnte. Mein Wert... ist vermutlich einer der nicht zu gering einzuschätzen ist. Ich bin eine Verbindung zu so vielen Personen, Völkern, Gruppierungen... Vermittlerin, Schulter und Ohr... Man hat mir einmal gesagt ich würde dazu neigen jene die mir begegnen zu verändern, mich schnell mit ihnen anzufreunden und ihr Vertrauen zu gewinnen. Jeder mag über jemanden wie mich anders denken... Nützlich, gefährlich, wichtig, wertvoll... Ich mache mir darüber wenig Gedanken. Darüber nachzudenken hält mich auf und stiehlt mir Zeit die ich für andere Dinge brauche."


    Sie strich sich nachdenklich über den Saum ihres Ärmels.


    "Ich weiß um meine Bedeutung bei den Seraphim... Beim Rest... das versucht man mir zu erklären, aber ich denke nicht darüber nach. Ich mache einfach weiter."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • Alnocks Lächeln war amüsiert.


    "Nun weiß ich wenigstens, was Du meinst, wenn Du sagst, Du würdest Fragen, die Du nicht beantworten möchtest, ausweichen."

    Er kicherte leise in sich hinein.


    "Ich habe weder das Recht dazu, noch habe ich vor, Dich zu drängen. Und ich bin mit Sicherheit niemand, der sich selbst richtig einzuschätzen weiß."


    Sein Blick hob sich zum Firmament.


    "Es ist fast Morgen."

  • "Ich weiche dir nicht aus... ich rede nur nicht gern über meinen eigenen Wert. Ich bin nicht gut darin..."


    Sie folgte seinem Blick und lächelte.


    "Ja... ich neige dazu mich mit den Männern die sich die Zeit nehmen äußerst lang zu unterhalten. Tagsüber lässt man mir dazu selten die Zeit."

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "Also verbringst Du Deine Nächte mit wechselnden Männern?"
    Er lachte leise in sich hinein.
    "Nun, so sollten wir das nicht verbreiten, denke ich.


    Mit Dir zu sprechen ist eine Freude, Sylvana. Und wir alle haben diese Schwierigkeit: Wann immer wir zusammen kommen, ist Ärger nicht weit, und für Gespräche, für jedwedes Atemholen, bleibt keine Zeit mehr.
    Immer wieder geht es mir so, dass ich mich - wenn es zu spät ist - daran erinnere, dass ich mich für dieses oder jenes hätte bedanken sollen - bei Deinem Schmied beispielsweise dafür, dass er meine Rüstung und meinen Schild gerichtet hat - , dass ich jemanden hätte fragen sollen, wie es ihm geht. All diese Dinge.
    Aber dann, im nächsten Moment, vergesse ich es wieder, weil mein Kopf zu voll mit den Dingen ist, die uns das Leben vor die Füße wirft.


    Du hingegen bist gut in diesem Dingen. Wo wir alle kalt und oberflächlich werden, da bist Du es nicht. Das ist Deine wahre Macht, so denke ich. Nicht das Konfessor-Sein.
    Wenn Du im Süden die Kriegerin von der Leine lässt, vergiss meine Worte nicht ganz, bitte. Und Dich auch nicht."

  • "Wie kann ich mich vergessen, wenn ich Personen wie dich, Valas, Vorn, walays... oder auch Collin und meine Brüder und Schwestern habe... Wie kann ich mich vergessen... wenn man mir immer wieder sagt, dass ich so wie ich bin, der Anker für einige Herzen bin... Ich würde es mir nicht verzeihen, wenn ich euch alle enttäuschen würde."


    Sie war gerührt über seine Worte, allerdings hatte sie nie gelernt, wie man angemessen mit Komplimenten umgehen musste.


    "Ich danke Dir für deine Worte und eines weiß ich... ich werde immer für ein paar Worte Zeit haben, denn ich glaube das dies auf eine gewisse Art und Weise das ist, was ich tun muss. Zuhören und Sprechen. Man sagt mir nach, ich würde jene die mir begegnen berühren, vielleicht sogar verändern, ich weiß nicht ob das stimmt. Ich schließe schnell Freundschaften und man vertraut sich mir an... wenn das meine Aufgabe sein soll... dann wird auch die Kriegerin sie nicht vergessen. Niemals..."


    Sie zögerte einen Augenblick, dann sah sie Alnock noch einmal offen an.


    "Darf ich dir eine Frage stellen? Oder besser... um deine Meinung bitten?"

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.

  • "Glaubst du, dass es besser ist den Personen denen man auf eine sehr wertvolle Art und Weise nahe ist zu sagen was man fühlt?"


    Sie strich sich zaghaft eine Strähne fort.


    "Ich habe einmal geliebt und es ihm nie gesagt. Ich bereue es oft...auch wenn... wir es uns nie hatten sagen müssen... bis er in meinen Armen starb nicht. Aber manchmal... denke ich... dass ich es wenigstens ein einziges Mal hätte sagen sollen... Vielleicht liegte s daran, dass ich als Konfessor gelernt habe, dass Dinge erst dann Substanz erlangen, wenn sie ausgesprochen sind, weil sie dann wenn sie wahr sind, für jemanden wie mich auch wahrhaftig werden. Ich... weiß über diese Dinge nicht viel, nicht wenn... es mich selbst betrifft."


    Es war eine sehr unschuldige Frage. Sie hätte fast von einem ganz jungen Mädchen sein können und nicht von einer Frau die Kriege führte, elend und Tod als Heilerin in allen Formen gesehen haben musste...

    Nur indem wir unser eigenes Licht ohne Angst scheinen lassen geben wir anderen Menschen die Erlaubnis und den Mut, das Gleiche zu tun.