Vor einem Mond war es, als der Wachtmeister zu ihnen in die Stube kam, früh morgens, im späten Herbst. Die Sonne war noch nicht mal herausgekommen. „Aufstehen, Männer!“, brüllte er ihnen entgegen. Er wartete einen Augenblick. Sie waren es nicht mehr gewohnt, zu solch einer Stunde geweckt zu werden, wenn sie keine Schicht hatten. Von dieser hätten Joakin und seine Kumpanen gewusst. Sie waren seit Wochen die Spättruppe im Wachdienst von Porto Habanna. Der Wachtmeister, ein gestandener Mann von etwa 40 Jahren mit Namen Allon Schwarzbach, holte tief Luft, seine Stirn war gerunzelt. Endlich stand der letzte Mann vor seinem Bett. Alle Blicke waren auf den Wachtmeister gerichtet. Jedem von ihnen war bewusst, dass etwas passiert sein musste.
„Sofortiger Marschbefehl vom obersten Kommandanten Francis Trebal. Alle verfügbaren Truppen werden augenblicklich auf die Ratioinsel verlegt. Wir werden in Gruppen eingeteilt und die Umgebung überwachen. Es wird dort gelagert, wo keine Häuser oder Versorgungsmöglichkeiten existieren, im Umkreis von ein bis drei Tagesreisen entfernt vom Greifenportal.“ Er unterbrach kurz: „Also dort, wo einige von uns und das Siedlerheer im letzten Sommer waren“, erklärte er.
„Proviant für zehn Tage ist am Mann zu tragen, die Proviantbeutel werden in einer Stunde gepackt an der Wachstube bereitliegen. Ebenso werdet ihr dort abgepackte Zeltplanen, Kessel, Decken und sonstiges Material finden. Jeder von euch nimmt sich einen Ausrüstungssack und einen Proviantbeutel. Zusätzlicher Proviant und weiteres Material werden nachgeliefert.“ Allon atmete tief ein. Er stand aufrecht und gerade vor den Männern. Seine Stimme war so hart, wie sie nur sein konnte, er war angespannt. Gestern noch hatten sie gemeinsam Karten gespielt und sich einen vergnüglichen Abend gemacht. Er sah in die Runde.
Seine Stimme wurde weicher, seine Haltung lockerer. Er begann vom Befehlston in einen milderen, fast väterlichen umzuschwenken. Die meisten der Männer waren erst Mitte 20, so wie Joakin. „Legt eure Reisegewänder und Rüstungen an. Bedenkt, dass wir Winter haben und nicht wissen, wie lang wir dort sein werden, nehmt alles mit, was ihr tragen könnt und was euch wärmt. Wir werden durch ein Portal der Luft reisen, daher werden Kutschen und Pferde nicht möglich sein, sondern nur, was ihr an euch selbst tragt. Bewaffnet euch gut, vielfältig und sprecht euch untereinander ab.“ Er war im Begriff, den Raum zu verlassen. Die Männer sahen sich fragend gegenseitig an, etwas irritiert. „Nehmt Bögen und Armbrüste mit“, endete er.
Joakins Bettnachbar, ein Bursche, der erst vor Kurzem zu ihnen gestoßen war, nahm seinen Mut zusammen und rief ihm hinterher: „Was führt zu dem plötzlichen Aufbruch, Herr Wachtmeister?“ Dieser drehte sich auf dem Stiefelabsatz herum. „Die vermaledeite Ratio hat einen Weg gefunden, Mythodea zu betreten, ohne das vom Heer bewachte Tor an der Weltenschmiede zu benutzen. Es sind Krieger gesichtet worden, auf der Ratioinsel. Etwa zwei Tagesreisen westlich vom Portal entfernt. Die Insel ist an diesen Stellen nahezu unbewohnt und kaum Reisende sind zu erwarten. Der Herr Trebal will uns dort stationieren, um einen Angriff frühzeitig zu bemerken.“ Der Wachtmeister senkte den Kopf, drehte ihn nach links und drehte sich in dieselbe Richtung herum, verließ den Raum.
Kaum hatte er den Raum verlassen, begann das emsige Treiben im Raum, umhüllt von besorgtem Gerede unter den Soldaten. Sie taten wie ihnen geheißen.