Der junge Mann stand auf dem Wehrgang der Garnison die „Isenfelss Rache“ genannt wurde. Er zog seinen Mantel enger um die Schultern während er hinaus in die Dunkelheit schaute. Hundswache, die bekam man auch nur, wenn man zu den Neuen in der Garnison gehörte. Die Anderen lagen in ihren Betten und wärmten sich am Feuer. Aber er, er durfte sich hier oben den Arsch abfrieren. Er spuckte die Mauer hinunter.
Wie lang war er jetzt in diesem Land, 2 Jahre? Einiges hatte er sich wirklich anders vorgestellt. In den Häfen der alten Welt hatten sie von diesem Ort erzählt, das man hier sein Glück finden würde. Abenteuer, Macht und Reichtum, das hatten sie überall herumerzählt. Von endlosen Wachdiensten im Nirgendwo war nie die Rede gewesen. Nicht, dass sich sein Leben nicht verbessert hätte, ein warmes Bett und regelmäßige Mahlzeiten, es hatte Zeiten gegeben, wo er davon nur hatte träumen können.
Der Junge Mann hieß Darrahn und war vor zwei Jahren mit einem Schiff nach Mythodea gekommen. Er war einer von Vielen, die sich freiwillig in der Armee des Nordens meldeten, weil sie hofften, mit auf einen der großen Feldzüge gehen zu können. Wie bei vielen anderen hatte sich dieser Traum nicht erfüllt. Darrahn wollte nur noch ins Bett und etwas heißes Essen und ein Met wäre auch nicht schlecht, nur weg von diesem Wehrgang. Warum musste der Winter in diesem verfluchten Land auch immer so schnell kommen.
Vor einigen Tagen war die Luft so klar gewesen, dass er den Sturmberg sehen konnte, aber dann war ein Nebel von den Bergen heruntergezogen und dieser hielt sich hartnäckig. Durch den Nebel wurde die Kleidung klamm und der kalte Wind der von den Bergen kam machte eine Wache zu einem höchst unerfreulichen Erlebnis. Mal abgesehen davon, dass Darragh durch den Nebel nichts sah. Ein Feind konnte bis zu der Mauer vorgehen ohne dass er ihn bemerken würde. „Wie sinnlos“ sagte er leise zu sich selbst.
„Was ist sinnlos? …das sie uns jeden Monat solche Jungen schicken wie dich, noch grün hinter den Ohren, ohne eine wirkliche Ahnung was hier geschieht“. Die Stimme hinter ihm klang als würde eine verrostete Tür ins Schloss fallen. Darrahn seufzte schwer, als ob die Wache so nicht schon schlimm genug war. Warum musste gerade Ragnar wach sein. „Bitte Ragnar erspar mir deine Lektionen, nicht heute Nacht.“ Der alte Mann, der sich schwer auf seinen Speer stützte, schien aber kein Interesse daran zu haben Darrahn seine Ruhe zu gönnen: „Zum Teufel, du und die ganze Bande die sie uns im letzten halben Jahr geschickt haben, ihr seid euch der Wichtigkeit eurer Aufgabe doch nicht ansatzweise bewusst. Das ist der Grund warum die meisten nach ihrer Dienstzeit hier diesen Ort auch wieder verlassen. Ihr glaubt, dass woanders mehr Ruhm auf euch wartet, von Pflicht versteht ihr nichts! Auf den Feldzügen seid ihr kein Deut besser als jene die nur für einen Sommer in dieses Land kommen. Nein, ihr seid schlimmer. Denn mit diesem Wappen kommt eine Verpflichtung für dieses Siegel und dieses Land und ihr nehmt sie nicht war.“ Mit seinem knochigen Finger zeigte er auf das Wappen des Nordens. Darrahns Miene verfinsterte sich:“Du alter Sack, was weißt du denn schon…wir gehörten bei der Ausbildung zu den besten unter den Kriegern und jetzt sitze ich hier im Nirgendwo und stehe mir die Beine in den Bauch. Ich sollte gegen die Verfemten kämpfen, das ganze hier ist eine Verschwendung meiner Fähigkeiten.“ Die flache Seite des Speers traf ihn schneller als er reagieren konnte:“Alter Sack...ha …ich schaffe immer noch drei von deiner Sorte!“ Der Alte kicherte. “Gegen die Verfemten willst du also kämpfen! Ich bezweifele, dass du bis jetzt auch nur einen Rhak zu Gesicht bekommen hast. Sonst würdest du so nicht reden.“ „Ja ja, die Leier kennen wir schon. Wir sollen uns in Acht nehmen, die Rhaks sind gefährliche Gegner - ich kann es schon nicht mehr hören. Was weißt du schon.“ „Ja, was weiß schon ein alter Mann der schon alt war, als er dieses Land betreten hat. Der unter dem Verräter Elkantar bei der Erstürmung zweier Festungen des Schwarzen Eises dabei war. Der die Bestie des Krieges gesehen hat, wie Chaos gegen Ordnung gestritten hat. Was weiß ich schon. Aber du musst mir nicht glauben. Wenn du etwas die Augen aufmachen würdest, du und die anderen Narren, dann hättet ihr es längst bemerkt, bemerkt, dass ein neuer Sturm kommt.“ Darrahn stutzte „Wovon sprichst du?“ Der Alte kicherte wieder „Ihr habt es wirklich nicht gemerkt oder? Das der Kommandant seine alte Rüstung trägt, jedes Mal wenn wir ihn sehen, das die erfahrenden Krieger teilweise in ihrer Rüstung schlafen, wer lang genug hier draußen ist, der spürt sowas.“ Darrahn schaute den Alten groß an. Ja, ihm und einigen der anderen jungen Krieger war aufgefallen, dass sich die Veteranen seltsam verhielten, aber sie hatten es für Marotten gehalten. Der Kommandant war schon immer verschlossen gewesen, aber gerade in den letzten Nächten hatten die Wachen ihn immer auf den Zinnen gesehen, seinen Blick Richtung Sturmberg gewandt. „Spürt was?“ Eine andere Stimme antwortet
“Das Schwarze Eis regt sich. Jene die wie Ragnar schon seit vier Jahren hier an meiner Seite stehen, können das fühlen. Man entwickelt einen Instinkt dafür mit den Jahren.“ Der Mann war groß, er überragte Darrahn um fast zwei Köpfe. Er war kahl geschoren, hatte eine Tätowierung die eine Seite seines Schädels bedeckte. Die Schriftzeichen ergaben ein Muster aber keiner der Soldaten hatte jemals gefragt was sie bedeuteten. Darrahn schlug seine Faust zum Gruß gegen die Brust und nahm Haltung an. Der Kommandant war eine imposante Erscheinung, seine Rüstung ebenfalls mit diesen Schriftzeichen übersät und gekennzeichnet von unzähligen Kämpfen.
Der Kommandant schaute hinaus in die Dunkelheit. Darrahn nahm seinen Mut zusammen um eine Frage zu stellen, es war eine gute Gelegenheit mehr über diesen Mann zu erfahren. „Herr, seit wann seid ihr hier?“ Der große Mann seufzte: „Wie lang, 8 Jahre, die Zeit verschwimmt wenn man sich einer Aufgabe verschreibt. Ich kam hierher um gegen das Chaos zu Streiten welches hier ein eignes Reich errichtet hatte. Aber ich traf auf Kreaturen, die mir deutlich machten, das der Feind nicht das Chaos war, egal wie verderbt seine Streiter sein mögen. Das Schwarze Eis steht für eine Ordnung der ich nicht folgen kann. Wo bleibt der Einzelne, wo bleibt die Freiheit der Menschen? Kunst, Kultur, die Familie …das alles würden verschwinden im Gleichschritt und der Ordnung des Schwarzen Eises. Darum sind wir hier junger Darrahn. Wir sind die erste Linie der Verteidigung, wenn das Schwarze Eis wieder marschiert. Wenn wir unsere Sache gut machen erhalten die Protektorate Nachricht von der Gefahr und sind bereit sich zu verteidigen. Wenn wir unsere Sache gut machen, dann weiß unser Archon rechtzeitig Bescheid um dem Feind ein Heer entgegen zu schicken. Aber wenn wir versagen, dann steht das Siegel ihnen offen. Dann werden Protektorate fallen, Städte zerstört, Familien auseinander gerissen und assimiliert. Wenn wir versagen, sind die Opfer der letzten Jahre umsonst und wir haben jenen ins Gesicht gespuckt die das Schwarze Eis bis in dieses Gebirge zurückgedrängt haben und seit dem die Stellung halten.“
Darrahns Augen waren groß geworden bei der Ansprache des Kommandanten, es drängte sich aber doch eine Frage auf „Wenn ihr so sprecht Herr…glaubt ihr, dass wir gegen sie bestehen können?“ Die Antwort traf ihn wie ein Faustschlag „Nein, wenn das Schwarze Eis marschiert werden wir sie aufhalten, Zeit gewinnen können, aber sie besiegen…. niemals. Wir werden fallen wie jene, die damals in Isenfels verteidigt haben…mögen jene die Überleben unsere Geschichte erzählen.“
Darrahn schluckte, sein Blick ging wieder in die Dunkelheit und dann in den Hof der Garnison. Dort sah er wie Soldaten den Hof betraten….jene Veteranen über die sie gerade noch gesprochen hatten. Langsam, bedächtig, jeder von ihnen war gerüstet, viele hatten bereits ihre Waffen gezogen. Ragnar nickte und seine Stimme klang plötzlich nicht mehr wie die eines alten Mannes sondern hatte an Kraft und Entschlossenheit dazugewonnen: „Es ist soweit…sie kommen. Vielleicht endet heute meine Geschichte. 60 Jahre Krieg und Tot, dies wird ein gutes Ende sein mein Freund.“ Der Kommandant nickte: „Ay …mögen unsere Schulden durch dieses Opfer, welches wir bringen, beglichen sein.“
Der Blick des Kommandanten war wie Feuer als er sein Schwert zog und seine Stimme durch die Garnison hallte: „Bemannt die Zinnen, weckt jeden Mann, der Tag ist gekommen! RACHE! RACHE FÜR ISENFELS!!“ Der Ruf wurde von den Soldaten aufgegriffen in die plötzlich Bewegung kam. Der Ruf wanderte von Mund zu Mund „RACHE! RACHE FÜR ISENFELS!!!“
Darrahn stand wie vom Donner gerührt, es war doch nichts zu sehen. Nichts? Doch dann wurde der Ruf der Garnison aus der Dunkelheit beantwortet. „ER IST DAS AUGE…WIR SIND DER STURM!!!" hallte es ihnen entgegen und dann konnte er es hören. Marschierende Truppen, der Gleichschritt von hunderten Füßen auf dem harten Boden brachte die Nachtluft zum Vibrieren. Darrahns Beine schienen sich in Wasser zu verwandeln, ihm war plötzlich furchtbar schlecht. Der Kommandant nickte nur „Darrahn ihr bleibt hier, Ragnar - ich brauch noch die Anderen die uns geschickt wurden. Wir müssen die anderen Garnisonen warnen.“ Ragnar seufzte „Wie du wünschst.“ Darrahn dagegen war entsetzt „Ihr schickt mich weg..ich ich soll nicht kämpfen?“ Der Kommandant legte seine schwere Hand auf seine Schulter „Ihr wart nie als Kämpfer vorgesehen, ihr habt zu wenig Erfahrung in der Schlachtreihe und würdet uns eher schwächen als stärken. Ihr seid unsere Boten, die wichtigste Aufgabe von allen. Ihr seid unsere Stimmen und werdet jene daran erinnern was wir taten, wenn das hier vorbei ist.“ Darrahn schluckte „Eure Aufgabe ist gefährlich, das Schwarze Eis wird euch abfangen oder es zumindest versuchen, ihr müsst schneller sein als jemals zuvor. Dies ist eure Reifeprüfung.“ Darrahn nickte, er sah bereits wie im Hof Pferde bereitgestellt wurden und seine Kameraden sich dort sammelten. Sein Blick ging wieder in die Dunkelheit, wo er hören konnte wie sich die Reihen der Rhaks auf sie zu bewegten.