Beiträge von Eluna v. Lichtensteyn

    Die junge Frau setze sich und verbarg so ihr enttäuschtes Gesicht. Wieder nichts erfahren über ihre Mutter....wieso war das eigentlich so schwer?


    "Gerne möchte ich Deine Geschichte hören, vielleicht verstehe ich dann auch besser Dein Tun und Handeln. Ich bilde mir gerne selbst eine Meinung und dafür höre ich nach Möglichkeit alle Seiten."

    Eluna hörte aufmerksam zu und nahm durchaus die kritischen Untertöne wahr.


    "Nun, ich kann Dir versichern, dass es meinen Mentor in keiner Weise stört, dass wir uns unterhalten, im Gegenteil. Er weiß, was Familie bedeutet und das dies oft ein seltenes Gut ist. Abseits davon steht ihr offensichtlich zur Zeit auf unterschiedlichen Standpunkten und wie Du Dir sicherlich vorstellen kannst, ist Corvins Standpunkt auch derjenige, der in Samar überwiegend vertreten wird. Doch ich möchte Dich bitten, dies nicht zum Zwist werden zu lassen und ggf. auch mit ihm Worte über diejenigen hinaus zu wechseln, die es bisher gab oder die irgendjemand meint gehört zu haben. Letzten Endes wollt ihr glaube ich beide das Gleiche, den Orden schützen und erhalten. Dabei begeht ihr allerdings unterschiedliche Wege. Er hat keinen Groll gegen Dich persönlich oder Dein Amt als Neches Re, einzig der Orden interessiert ihn". Eine leichte Falte machte sich auf ihrer Stirn breit, als sie sich an einige der Diskussionen der vergangenen Tage erinnerte.


    "Doch darüber möchte ich hier und heute nicht mit Dir streiten. Ich bin nicht hier wegen irgendwelchen Titeln, die Du trägst oder getragen hast." Sie blickt Sylvana direkt an.


    "In der Tat hat noch niemand einen Trick verraten, an Dich heran zu kommen. Doch ich bin es nicht gewohnt, meine Anliegen über Boten an jemanden heran zu tragen, sondern reagiere eher direkt. Vielleicht ist das der vielbeschriebene Sturkopf unseres Blutes." Sie lächelte kurz.


    "Ich möchte eigentlich noch etwas mehr über Dich erfahren und über unsere Familie. Doch ich kann auch verstehen, wenn Du dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter bereden möchtest. Dariel ist in einigen Punkten leider mehr als verschlossen und es war nicht das erste Mal, dass ich bei tieferen Fragen aus dem Raum "komplimentiert" wurde. Insbesondere über meine Mutter weiß ich - außer dass sie existiert haben muss - nichts. Falls Du hier Licht ins Dunkel bringen kannst, wäre ich mehr als dankbar."


    Sie geht noch einige Schritte weiter. "Und es interessiert mich, warum Du Dich dazu entschieden hast, Dich an dieses doch eigentlich fremde Land zu binden, dass Dir zunächst mal doch so viel genommen zu haben scheint. All dieses Gerede über Freundschaft der Elemente, ans Land gebunden, es nie mehr für längere Zeit verlassen zu können, das klingt für mich nicht sehr verlockend, doch konnte mir noch keiner erklären, warum er oder sie es wirklich getan hat."

    Auch eine andere Lichtensteyn grübelte über die vergangenen Tage und Wochen nach, während sie ihre und die Sachen ihres Mentors zusammenpackte.


    Vieles war geschehen seit dem Aufbruch in dieses fremde Land, fern von dem inzwischen ach so ruhigen Samar. Manchmal vermisste sie die unsteten Zeiten im Untergrund der Hauptstadt, doch dann wieder schätzte sie die Sicherheit, welche ihr durch das Wiederfinden der Familie gegeben wurde. Familie…insbesondere ihre Familie…was für eine Unruhe doch in ihr herrschte. Der eine sprach mit dem anderen nicht, jeder hatte Vorbehalte gegen den Bruder oder die Schwester und letzten Endes ging es doch nur darum, wie jeder sein Leben gestalten wollte. In der Tat hatte Eluna sich mehr davon versprochen, ihre Tante Sylvana kennenzulernen. Mehr zu lernen über die Vergangenheit der Familie, die sie bis vor wenigen Jahren gar nicht kannte, gar nicht wusste, dass sie zu den Lichtensteyns gehörte. Doch irgendwie kam man nicht zusammen. Es schien fast, als würde Sylvana sämtlichen Kontakt zu ihr bzw. zu ihrer Delegation aus Samar meiden. Nur das kurze Gespräch in der Spiegelwelt hatte bisher stattgefunden.
    Jedes Mal, wenn sie auf Yunalesc den Weg zu ihrer Verwandten gehen wollte, war diese gerade auf eine andere Person getroffen und wendete sich ab. Später, nach den für Eluna überraschenden Ereignissen rund um Assiah schien es dann gänzlich nicht mehr geraten zu sein, ein Gespräch zu suchen. Dabei hatte Eluna nicht darum gebeten, Teil des Rats der Sechs zu sein, doch konnte sie diese Ehre auch nicht ablehnen. Sie hatte versucht ihr Bestes zu tun innerhalb der erfahrenen Gruppe, doch was aus der gefällten Entscheidung wurde, würde sie wohl nur am Rande mitbekommen. Sie konnte nur hoffen, dass Assiah ihren Weg finden würde, konnte sie diese Frau doch gut leiden und hatte die Worte des Vertrauens auch ernst gemeint.


    Insgesamt hatte sie viele ihrer Yunalescer Ordensbrüder und –schwestern näher kennengelernt und war sich sicher, vielen von ihnen Vertrauen schenken zu können und würde sie länger hier verweilen, könnten sogar bis zu einem gewissen Grad Freundschaften entstehen, doch ihr Weg würde sie nun zunächst zurück nach Samar führen, wo sie – wie es aussah – einige Zeit bei ihrem Vater Dariel verbringen würde…Was das geben würde, wussten nur die Engel. Sie seufzte, Familie…man kann sie sich nicht aussuchen und muss das Beste draus machen.


    Ihr Blick wanderte über das Gelände und entdeckte Sylvana in Gedanken. Ja, sie war ein Teil ihrer Familie, den es jedoch noch zu entdecken galt. Vieles hatte sie gehört, vieles in den letzten Wochen und Monaten gesehen, doch kennengelernt hatte sie die Frau noch nicht. Was bewegte sie zu den Schritten, die sie in den vergangenen Monaten und Jahren getan hatte?
    Eluna legte die letzten Kleidungsstücke zusammen in die Holztruhe und richtete sich dann auf. Da Corvin noch im Gespräch mit anderen war, fasste sie sich ein Herz und schritt hinüber zu ihrer Tante, um die, vielleicht auf längere Sicht, letzte Möglichkeit zu nutzen, mit ihr einige Worte zu wechseln.


    „Schwester Sylvana, den Engeln zum Gruße. Wir werden bald abreisen und ich möchte das Land nicht verlassen ohne ein paar Worte mit dem Teil meiner Familie gewechselt zu haben, der hier seinen Lebensinhalt gefunden hat. Wie es scheint, sollte es nicht sein, dass wir in den letzten Tagen zueinander gefunden haben. Du schienst immer sehr beschäftigt und später hing wohl „der Haussegen“ etwas schief, wenn ich das mal so einfach ausdrücken darf. Doch mir liegt daran, dass wir uns nicht weiter wie Fremde oder gar Feinde begegnen, zumindest von meiner Seite nicht. Wollen wir ein paar Schritte gehen?“

    Auch Eluna von LIchtensteyn und Corvin von Ährenfeldt, der Samarer Ritter und seine Schwertnovizin waren über das Portal wieder nach Mythodea gelangt. Der Ritter mit einem grimmigen Blick, während Eluna alles mit neugierigen Blicken, jedoch teils mit einer steilen Falte auf der Stirn betrachtete und in sich aufnahm. Die unterschiedlichen Reaktionen der Reisenden sowie ihre eigene erstaunten sie.
    Bis zu der einen Nacht auf dem Feld zur Rettung von Assiah und Salim hatte sie kaum Angst verspürt, doch das war inzwischen anders. Das Zusammentreffen mit diesen Untoten sowie dem Volk der Spiegelwelt waren noch lange nicht verarbeitet. Doch das hatte Zeit, bis sie wieder in Samar waren und sie mit ihrem Mentor und vermutlich auch mit ihrem Vater Dariel über alles reden würde.


    Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu ihrer Tante, Sylvana und wieder bildete sich eine Falte auf ihrer Stirn. Dort stand sie, Seite an Seite mit diesem Chaoten, mitten unter fremden dunkelhäutigen Wesen und anderen Reisenden. Die Seraphim waren auf verschiedenen Positionen verteilt, die einen mit Blick auf die Neches Re, andere mit sich selbst beschäfigt.
    Es würde hoffentlich noch die ein oder andere Gelegenheit geben, sich mit dieser so unbekannten Frau zu unterhalten, ihre Beweggründe besser verstehen zu lernen, welche sie so weit vom Orden in Samar entfernt hatten. Doch auch das hatte noch Zeit....erst einmal mussten alle sowohl im körperlichen als auch im geistigen Sinn wieder in dieser Welt angekommen sein.....ruhig gesellte sie sich zu dem Samarer Ritter, der wie ein Fels in der Brandung wirkte.....