Beiträge von Niklas

    "Es geht mir gut..."


    Er klang nicht sehr überzeugend, doch ein Problem schien es im Moment jedenfalls nicht zu geben.


    "Wird gemacht, Bruder."


    Damit schloss Nicklas schweigend zu Bruder Markus auf. Er war erleichtert, diesen Ort hinter sich lassen zu können.

    Als Bruder Salim fertig gesprochen hatte, murmelte Nicklas ein kurzes Gebet für die Seelen der Toten.
    Er empfand tiefste Erfurcht und Dankbarkeit für jeden, der sich geopfert hatte.
    Vielleicht war es der Wille der Engel, der ihn ausgerechnet jetzt zu diesem Ort leitete, um ihm seine frühere Leichtsinnigkeit vor Augen zu führen.
    Als das Gebet beendet war, führte Nicklas seine Arbeit in Stille fort.

    "Natürlich."
    Auch Nicklas rüstete sich aus und machte sich an die Arbeit. Er ging sorgsam und vorsichtig vor. Auch brachte er eine kleine Kiste, in der die Besitztümer der Verstorbenen gesammelt werden konnten, um später an die Hinterbliebenen weitergegeben zu werden.

    "Wenn wirklich alles weg ist, sollte es keinen Grund haben, zurückzukehren. Außer vielleicht um einen neuen Obelisken aufzustellen wenn es wieder auf dem Vormarsch ist..."


    Er klang unsicher und schaute zu Silas um dessen Meinung zu der Sache zu hören.

    Nicklas beeilte sich, aus dem Sattel zu steigen. Er konnte sich auf andere Gedanken bringen wenn er sich in die Arbeit stürzte.
    Wie angewiesen achtete er auf den Boden um sich herum.


    Hoffentlich können wir unsere Aufgaben früh erledigen und wieder schnell von hier verschwinden...

    Gleichwohl es Nicklas gelang, eine ausdruckslose Miene beizubehalten, merkte er dass seine Hände anfingen kaum merklich zu zittern nachdem er die Kadaver erblickt hatte.


    Was ist nur mit mir geschehen? Was hat dieser schändliche Zustand zu bedeuten?


    Er biss sich frustriert auf die Unterlippe. Was hatte sich verändert? Warum jetzt? Wollte er seinen Eltern als Feigling gegenüber treten?
    Plötzlich hielt er inne. Er hatte die Antwort gefunden. Und diese ließ ihn die Hände zu fäusten ballen bis die Fingerknöchel weiß wurden.

    Ich hatte ja keine Ahnung wie schwach ich war...

    Nicklas schaute eine Weile lang nachdenklich drein, zuckte dann aber mit den Schultern.


    "Dann haben wir ja bereits einen Plan, oder?
    Wir reisen eine Meile weiter und sehen uns nach den Überresten des Obelisken um.
    Finden wir sie nicht, prüfen ob wir da gelandet sind wo wir hin wollten. Dabei müssen wir der Zeichnung, unserem einzigen Hinweis soweit, vertrauen.
    Sind wir wir am richtigen Ort, untersuchen wir den Boden um festzustellen ob die Essenz eingesickert ist.
    Und bis wir da sind, überlegen wir, was wir tun falls Silas' Befürchtung wahr ist."

    Beim Haupttrupp angekommen gab Nicklas sogleich die Meldung der Vorhut an Bruder Salim weiter.


    "...das ist der Stand der Dinge. Wie gehen wir das Problem nun an?"


    So beruhigend es auch wirkte, dass vorerst keine Feinde zu sehen waren, so würde die Tatsache dass sie nichts wussten weitere Unsicherheit in den Reihen der Männer streuen.
    Es galt, schnell etwas dagegen zu unternehmen.

    "Verstehe. Wir werden sofort Bericht erstatten."
    Die weitere Vorgehensweise ist wohl Bruder Salim's Entscheidung.
    "Ihr habt solange die Anweisung, öfter Meldung zu geben, auch wenn es nichts zu melden gibt. Dass immerhin kein Feind zu sehen ist, sollte unserer Moral gut tun.
    Gebt auf euch Acht, Brüder!"


    Damit drehte Nicklas um und ritt wieder zurück richtung Haupttrupp.


    Sind sie uns zuvorgekommen? Oder haben wir uns einfach verirrt?

    "Finden wir es heraus."


    Nicklas ritt sogleich zur nächsten Gruppe und sprach die Soldaten an.


    "Wie sieht es aus? Irgendwelche Vorkommnisse?"


    Hier fühlte sich Nicklas noch unsicherer als bei der großen Gruppe. Er fragte sich, ob er richtig reagieren könnte wenn plötzlich irgendwo feindliche Truppen erscheinen würden.
    Doch seine Haltung und seine Miene gaben nichts von alledem preis.

    Als Nicklas seine Befehle erhielt, war ihm klar dass er sich zusammenreißen musste. Er hatte Aufgaben zu erfüllen. Seine merkwürdigen Ängste waren sein persönliches Problem. Er durfte die Moral der Gruppe nicht schwächen.


    "Jawohl."


    Innerhalb von wenigen Herzschlägen vertrieb Nicklas alle Emotionen aus seinem Gesicht und korrigierte seine Haltung. Er spaltete sich mit Bruder Markus und Schwester Saskia von der Gruppe ab und erhöhte sein Tempo, die Augen fest nach vorne gerichtet. Die anderen Beiden wies er an, ihre Flanken im Auge zu behalten.

    Nicklas war ungewöhnlich nervös. Er wusste nicht warum, aber er fühlte wie sich Furcht in seinem Herzen immer weiter ausbreitete. Das ergab keinen Sinn. Diese Mission war nicht gefährlicher als die meisten Schlachten an denen er teilgenommen hatte. Und doch schien er sich noch nie so bedroht gefühlt zu haben wie heute.
    Silas' Frage ließ ihn etwas hochschrecken und riss ihn kurzzeitig aus den Gedanken. Dann biss er verärgert die Zähne zusammen.


    Das ist doch lächerlich...


    Nicklas atmete tief durch und betrachtete die Situation aus logischer Sicht. Der Schluss zudem er dann kam passte nicht zu seinem Zustand.


    "Silas hat Recht, noch haben wir keinen Grund zur Beunruhigung."


    Er klang nicht überzeugend, da er selbst sichtlich beunruhigt zu sein schien. Und er wusste nicht, wieso, was die Sache nicht besser machte. Er wusste nur, dass seine Furcht unangebracht war und er sie nicht auf seine Kameraden überspringen lassen durfte.

    Das nächste mal tue ich es irgendwo wo es niemanden stört...


    Nicklas nahm den Wasserschlauch entgegen. Er sprach in gesenktem Ton, um Vater Murdos Gespräch nicht zu stören.


    "Vielen Dank, Bruder. Sehr gütig von dir."


    Er nahm einen kleinen Schluck und gab den Wasserschlauch wieder zurück.
    Nun hörte er aufmerksam zu.

    Nicklas befolgte Bruder Davions Rat. Zuerst einmal holte er Luft.
    Dann ballte er seine rechte Hand zur Faust, streckte sie zur Seite aus und... schlug sich ins Gesicht. Zweimal.
    Anschließend setzte er sich wortlos auf den Platz, den Vater Murdo ihm gewiesen hatte, als wäre nichts geschehen.
    Lediglich ein verschwommener Faustabdruck an seiner Wange erinnerte noch an seine Tat.

    Nicklas blickte in die Richtung, die Silas ihm gewiesen hatte.
    Er sah Bruder Davion.
    Er schaute wieder zu Silas.
    Dann machte er zwei Schritte zur Seite, um den Garten aus derselben Perspektive zu sehen wie Bruder Silas.
    Nun erblickte er auch Vater Murdo.


    "Danke, Bruder."


    Er schritt sogleich auf die Beiden zu und legte die Faust aufs Herz.


    "Den Engeln zum Gruße, Brüder."
    *an Murdo gewandt*
    "Vater Murdo, Routinebericht:
    Die Vorbereitungen auf den anstehenden Feldzug haben teilweise begonnen.
    Die allgemeine Stimmung... war schonmal besser. Und der Quartiermeister hat den Wunsch geäußert, euch heute noch zu sprechen."


    Darauf hin schaute er in den Himmel. 'Heute' gab es noch Zeit genug.

    "Bist du es, Silas?."


    Nicklas' Stimme erklang nur wenige Schritt hinter Silas.


    "Den Engeln zum Gruße, Bruder. Hast du heute zufällig Vater Murdo getroffen? Ich suche ihn gerade."


    Seinem etwas amüsierten Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte er sich Silas absichtlich so weit genähert ehe er sich zu erkennen gab.
    Eigentlich war er ihm schon seit einer Weile gefolgt.

    "Das würde vollkommen reichen, vielen Dank."


    Nicklas ließ nicht auf sich warten und verließ endlich den raum um Liandra zu folgen. Er wollte außer Reichweite sein ehe die Anderen es sich doch anders überlegten.


    Sie scheint unglaublich auf dieser Bad-Sache fixiert zu sein.


    Er hoffte wirklich dass sich Gespräche wie das heutige nicht wiederholen würden. Erleichterung stieg in ihm auf während er sich immer weiter von der Gruppe entfernte.

    Nicklas war etwas überrascht. Er hätte erwartet dass sich auch diese Situation verschlimmern würde. Aber es schien als könnte wirklich aufatmen.

    "Das wäre wirklich zuvorkommend, vielen Dank."


    Er wollte jetzt einfach nur weg von hier.


    "Wäre jemand so freundlich, den Weg zu den Quartieren zu beschreiben?"


    Und er hoffte dass, was auch immer unter 'alles was ihr für eine Waschung braucht' zu verstehen war, ihm nicht noch weitere Kopfschmerzen bereiten würde wenn er ankam.