Beiträge von Lenia Grünhaar

    In ganz Mitraspera häufen sich die Gerüchte von Naldar, die außer Rand und Band sind. Es wird von Hütern berichtet, die in Rudeln umherstreifen und bedrohlich wirken. Berichte von angeblichen Angriffen auf Siedler erregen immer wieder deine Aufmerksamkeit. Manche behaupten, sie wären verletzt worden. Andere erzählen, dass auch verletzte Naldar gesichtet wurden. Auch Priesterinnen seien unter den Verletzten gewesen.


    Ein Jäger, so geht das Gerücht um, hätte bestätigt, dass mehrere aus dem Aerisvolk tot im Wald gefunden wurden, aufgeschlitzt von einem großen Tier.


    Das Verhalten sei durchaus merkwürdig. Der Tempel des Schreckens hätte sie zu Monstern gemacht, so wird immer wieder erzählt. Auf dem kleinen Feldzug hätten mehrere Siedler beobachtet, wie die Naldar auch eine Nyame angegriffen haben. Doch diese hätte sich gut zu wehren gewusst.


    Andere berichten davon, dass Tin`Shaheen, die letzte Stadt der Naldar sämtlichen Handel und Austausch mit der dritten Provinz des südlichen Siegels eingestellt hätten. Nur noch wenige Naldar seien überhaupt zur Kommunikation bereit.


    Den Siedlern gegenüber würden die Naldar sich böse und aggressiv verhalten. Nur wenige drängen noch zu ihnen durch und würden überhaupt normale Worte mit ihnen wechseln können.


    An einem Morgen wird dir erzählt, dass die Gerüchte alle übertrieben wären. Erst am Vortag hätte der Freund eines Verwandten der Frau des Bruders einen Naldar gesehen, der ganz normal gewirkt hätte.


    Es wird auch berichtet, dass man gesehen haben will, wie eine Priesterin in Tin`Shaheen sich einem Naldar, der eine Gruppe von Siedlern begleitete und plötzlich aggressiv wurde, in den Weg stellte und ihn aufforderte, das zu beherrschen was in ihm ist, so wie es die Hohepriesterinnen vom Volk verlangten.


    Aus dem Norden stammt das Gerücht, dass in der Naldarsiedlung einzelne Naldar Rangkämpfe untereinander ausgetragen hätten. Viele würden ihren täglichen Aufgaben nicht mehr nachkommen, da sie nun mit anderem beschäftigt wären.


    All das und noch viel mehr Erzählungen erreichen deine Ohren in den vier Wochen vor dem Convent. Vieles wird immer wieder erzählt, manches wird ausgeschmückt, weniges verliert sich im Wind. Was ist nur dran an den Geschichten, die von Siedler zu Siedler weitergetragen werden?

    Iramar nahm sich ebenfalls noch ein Stück Fleisch. Als die Nacht hereingebrochen war verabschiedete sich Merle. Die Naldar schaute ihr einen Moment hinterher und wünschte ihr in Gedanken die Winde mit auf den Weg. Sie war gespannt darauf, was mit dieser jungen Frau noch passieren würde.

    Dann löschte sie sorgfältig das Feuer und nahm ihr Reisegepäck wieder auf. Eine Nacht zu rasten konnte sie sich nicht erlauben. Fossa brauchte sie.


    Und mit einem letzten Gedanken an die vergangenen Tage nahm auch die Naldar ihre Reise auf.

    Iramar grinste. "Ein wahres Windkind", lachte sie in sich hinein.

    Dann schaute sie sich um. "Möchtest du heute Nacht noch los?", fragte sie stirnrunzelnd. Es wurde bereits dunkel, die Sonne war schon lange untergegangen.

    Leichtigkeit... Das Wort hallte in Iramar wieder und wieder und wieder nach.
    "Seit Tin`Naral habe ich keine Leichtigkeit mehr gespürt.", stellte sie nüchtern fest und wurde traurig. "Warst du jemals dort? Hast du die Stadt jemals gesehen?" Sie schaute in die Ferne und versank in Erinnerung. "Die Straßen waren so gebaut, dass Aeris das Lachen der Kinder und das Klingeln der Windspiele in jede Ecke der Stadt trug." Sie schaute Merle breit grinsend an und erzählte begeistert weiter. "Die Türme waren so hoch, dass die Banner nur ganz klein wirkten." Sie genoss den Wind in ihrem Gesicht, der ihr entgegenwehte. "Wenn sich die verschiedenen Sippen über die Ebene näherten, dann wurden die Feuer wieder hoch entzündet und ich durfte mich am Abend zu ihnen gesellen, um den verschiedenen Geschichten zu lauschen..."

    Dann schaute sie Merle an und ihre Augen wirkten traurig. "Das war Leichtigkeit." Sie biss sich auf die Lippe und schluckte. "Und nein, das habe ich seitdem nicht mehr erfahren dürfen. Seitdem bin ich im Krieg. Seitdem weiß ich, was in Mitraspera geschieht. Seitdem lastet viel auf mir, was ich leider nicht einfach so abstreifen kann." Sie wurde leiser. "Und das ist tatsächlich eine Schande für eine Naldar." stellte sie schlicht fest.

    Iramar grinste. "Weise gesprochen, junge Merle."

    Dann schaute sie die Frau von oben nach unten an. Musterte sie. "Ich bin gespannt, welche Seiten an dir ich noch kennenlernen darf." stellte sie interessiert fest. "Ein unschuldiger Sonnenschein, so wie du mir einst vorgestellt wurdest, bist du auf jeden Fall nicht." sie zog die Nase kraus und lächelte leicht.

    Iramar beobachtete aufmerksam. "Verliere dich nicht in deinen selbstgesetzten Aufgaben, Merle.", sagte sie trocken, aber vorsichtig. "Geht es ihr denn besser? Oder ist sie verloren und du hast es noch nicht erkannt?" Iramar tat es leid, dass sie diese Frage stellen musste.

    iramar nahm den Gesprächsfaden auf, dankbar nicht über sich reden zu müssen. "Diese Anna hast du schon öfter erwähnt. Darf ich fragen wer das ist?" Sie nahm sich ebenfalls ein Stück Fleisch und schob es sich in den Mund.

    Iramar schaute Merle lange an bevor sie sprach.


    "Ich glaube wir können beide sehr davon profitieren, wenn wir ein Auge aufeinander haben.", fing sie langsam an und überlegte weiter. Sie suchte Worte, fand sie aber nicht.


    Dann lachte sie auf und die Spannung löste sich ruckartig. "Wir haben es denke ich beide nicht so mit Freundschaften und Bindungen. Und egal wie ich es bedenke- wir werden da keine Lösung finden, mit der wir uns wohl fühlen, weil wir uns immer Gedanken machen werden." Ihre Stimme klang fröhlich. "Also lass uns doch einfach füreinander da sein wenn wir es brauchen. Ich denke das ist am Einfachsten."


    Dann wurde sie wieder ernst. "Allerdings solltest du dir auch jemanden Suchen, dem du vertraust und der auf dich achtet. Und zwar jemand, der öfter in deiner Nähe ist als ich das bin."

    Iramar schaute einen kurzen Moment ernst ins Feuer und setzte sich dann. "Weiß ich denn was ich tue?", fragte sie leicht amüsiert. Dann verging ihr Lächeln schnell und sie wurde ernst. "Weißt du, als ich den Weg angefangen habe, habe ich Cupa gebeten auf mich aufzupassen und mich zu warnen, wenn es die falschen Züge annimmt. Das ist Jahre her... Nun ist er nicht da.", fing sie leise an zu erzählen. "Ich bin mir recht sicher, dass genau das was ich mache gerade gebraucht wird. Das macht Cupa als Außenbetrachter nicht unwichtig, aber zumindest habe ich aufgrund von meinen Handlungen noch keine negativen Worte hören müssen...", sie schaute Merle kurz an. "Das heißt ganz falsch kann es ja nicht sein, oder?" Sie versuchte zu lächeln, es gelang ihr aber nicht. "Ich glaube Cupa würde mich nicht von diesem Weg abhalten."

    Dann schwieg sie einen Moment.


    "Inzwischen hat sich der Weg so gestaltet, dass mir da aktuell wohl niemand helfen kann. Ich habe niemanden, den ich auf diesem Weg wirklich ausbilden kann, da ich selbst noch nicht verstehe was es heißt. Und von den Naldar die auf dem Convent waren, sind die wenigsten schon so weit. Oder bereits auf einem anderen Weg." Sie überlegte und ging in Gedanken die Naldar durch. Dann schüttelte sie den Kopf. "Und auf der anderen Seite habe ich keinen Anker. Ich habe nicht mal jemanden, der auf meine Träume aufpasst. Also praktisch das, was ich jedem rate, kann ich gerade selbst nicht umsetzen." Sie lächelte ins Feuer. "Sollte ich dann wirklich schon anfangen jemanden auszubilden? Solange ich nicht weiß wie ich mich selbst schützen kann?" Sie ließ die Frage im Wald verhallen.


    "Ich hoffe, dass mein Volk hinter mir stehen wird.", sagte sie und ein kleiner Anflug von Trauer war zu hören, da sie davon nicht überzeugt war.

    Iramar hatte ein kleines Feuer zustande gebracht, sah aber sichtlich besorgt aus, ob dieses auch weiterhin brennen würde. Fürsorglich schirmte sie die kleine Flamme vom Wind ab, der ab und an durch die Bäume wehte. "Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich ursprünglich eine Stadtnaldar bin? In der Stand habe ich nicht gelernt, wie man Feuer macht, da unsere Feuer dort immer brannten. Ich habe das erst wirklich gelernt, als ich dann anfing, mit den dir bekannten Naldar zu reisen. Khalil hat da ziemlich viel Energie reininvestiert um mir beizubringen wie das geht." Sie schaute Merle kurz an und grinste breit. "Ein hoffnungsloser Fall bin ich wohl nicht geblieben.", scherzte sie und zeigte sich erfreut, dass die kleine Flamme größer wurde und auf die größeren Hölzer übersprang. Dann stand sie auf. "Stöcke habe ich vorhin bereits zurechtgeschnitzt. Da ich eigentlich nie kochutensilien dabei habe, kannte ich diese Alternative nicht. Du darfst aber gerne entscheiden. Ich bin für das, was weniger Aufwand macht."

    Iramar lächelte sanft. "Lass uns zuerst ein Nachtlager aufschlagen, dann reden wir."
    Im Nu war ein kleines Lager improvisiert. Iramar hatte eine kleine Feuerstelle ausgehoben, sodass nichts unerwünschtes in Brand geraten konnte. Während Merle sich noch sortierte und Feuerholz sammelte, nahm Iramar Pfeil und Bogen und verschwand kurz im Wald. Etwa ein halbes Stundenglas später kam sie mit einem Kaninchen wieder zurück. Es hatte einen Pfeil mitten im Auge.

    Iramar schaute erstaunt. "Es gibt tatsächlich kaum Orte an denen ich kein Feuer machen würde. Und du bist fast so schnell wie ich, also können wir im Notfall davonlaufen.", stellte sie nüchtern fest. "Du kennst allerdings den Norden besser als ich.", gab sie offen zu und schaute Merle interessiert an.

    Iramar lächelte. "Du kannst ja doch noch sprechen", scherzte sie. Sie war den gesamten Weg über schweigend neben Merle hergelaufen und hatte ihr Raum für eigene Gedanken gegeben. Selbst hatte sie auch vieles zum Nachdenken. Das Zusammentreffen war interessant gewesen und hatte ihr neue Einsichten gebracht.

    Gezielt schaute sie zwischen den Bäumen umher und fand recht schnell eine ebene Fläche, die für ein Nachtlager gut geeignet schien. "Hier ist schön.", rief sie begeistert und ging zu dem Platz. Leise stellte sie ihr Gepäck ab.

    Iramar schüttelte langsam den Kopf. "Ich glaube nicht. Zumindest von meiner Seite." sprach sie langsam und schaute aus dem Fenster. "Ich werde auch sogleich ins Reich der Rosen aufbrechen. Umso schneller ich mit den beiden sprechen kann, desto besser." Sie sah ernst aus. 1000 Fragen schwirrten ihr durch den Kopf.
    Sie lächelte die Nyame noch einmal kurz an. "Danke für Eure Zeit, Exzellenz!".

    Iramar schaute nicht auf, sondern las einfach vor, als Kallar geendet hatte.


    "Brüder und Schwestern, die ihr Euch nicht scheut die Magie so zu nutzen wie es immer gedacht ward!

    Unsere Suche nach einer geeigneten Quelle könnte ein Ende gefunden haben!

    Ihr wisst, welche Mühen ich auf mich genommen habe, um zu ergründen, ob und wie sich die Energie der Elemente mit dem Land und den Wesen darauf verbindet. Das Netzwerk, von dem ich immer gesprochen habe, es existiert wirklich!

    Wie das Wurzelwerk eines Baumes zieht sich ein Energiemyzel durch alles, was lebt. Versteht ihr?

    Alles, WAS LEBT!

    Die Konsequenz dieser Erkenntnis liegt auf der Hand, seht ihr das auch? Unsere Suche könnte ein Ende gefunden haben!

    Jetzt geht es nur noch darum, zu ernten, was wir benötigen."

    Dann schaute sie zu Kallar und zur Nyame. "Für mich hört sich das eher so an, als hätte schon etwas existiert. Ob es die Kraftadern waren wie wir sie heute kennen weiß ich nicht. Aber hier ist von etwas die Rede, dass sich durch das ganze Land zeiht, durch alles was lebt. Auf der anderen Seite", sie blätterte auf eine andere Seite, "schreibt hier jemand, dass der Brief von Myralia vom Kristallnetz handelt. Oder zumindest, dass ihm erst beim Lesen ihres Briefes klar wurde, wie die Kristalle repariert werden können... Das macht für mich aber keinen Sinn. Noch nicht."

    Sie schaute wieder auf. "Entschuldige, ich wollte euch nicht unterbrechen.", dann blätterte sie weiter.