Posts by Sylvana

    Sylvana hatte die junge Priesterin sehrwohl bemerkt, hatte aber Vorn weiterhin zugehört. Um Dormen konnte sie sich später kümmern. Ihre Fingerspitzen kribbelten erneut, aber anders als zuvor.


    Kurz nachdem Vorn geendet hatte und seine Worte in der Stille an Wirkung gewannen, hauchte sie leise, nur für Vorns Ohren, dass sie nicht mehr alleine waren.


    Die Wache hatte ihren Griff um die Lanze die sie bei sich trug gefestigt. Auch er hatte einen Teil der Geschichte mitbekommen. Es waren weniger Sylvanas harte Worte die ihn unruhig machten, als die Nähe von Vorn der Sylvana so nah kam.

    Sylvana schmunzelte. Diese Aufgabe war ganz nach ihrem Geschmack.


    "Ihr fragt eine Wissensbewahrerin ob sie lernen will, ich werde deinem Wunsch nachkommen, wenn du meiner Bitte daraufhin nachkommst."


    Sie schlug ein Bein über das andere und setzte sich bequemer hin.


    "Dann beginnen wir."

    Sylvana atmete durch und sah ihn an.


    "Meine Brüder und Schwestern zweifeln an mir und an allem was ich derzeit sage, aber sie folgen mir."


    Sachte hob sie ihre Hände an und nickte ihren geschundenen Handgelenken entgegen.


    "Ein großer Teil meines Vokes betrachtet mich genau so. Mit Misstrauen. Ich kann nur stark aus dem was sich mir entgegenstellt erwachsen, wenn ich alle Aspekte verstehen lerne. Ganz gleich ob gut, böse oder jenseits davon. Die Entscheidung ob ich dem was man mir unterbreitet trauen kann, darin Sinn erkenne und es jenen die es tun wollen zumuten kann, stellt sich mir jeden Tag. Ich bin zwar ein Mensch der an jene die ihm folgen glaubt, Vorn, aber es gibt niemandem dem ich blind vertraue. Nicht hier in Mythodea wo es jederzeit sein kann das fremde Mächte sich des Geistes bemächtigtt haben, nicht in der Heimat in der man lieber in den Brunnen hineinseiht, statt sich zu bemühen über den Rand hinaus zu schauen."


    Sie legte die Hände in den Schoß und musterte ihn ruhig.


    "Was für eine Aufgabe wäre das?"

    "Ich glaube ich habe dir diese Frage bereits beantwortet. Ich habe nie gefragt ob ich es hinterfragen darf, ich habe es schlichtweg getan. Es steht nirgends geschrieben, dass dies verboten sei, im Gegenteil. Ich verstehe unsere Glauben so, dass er von uns erwartet nicht geradeaus blickend durchd ie Welt zu laufen, sich nicht umzudrehen oder auch den Weg rechts oder links zu betrachten. Ich zweifle nicht an meinem Glauben wenn ich hinterfrage, ich zweifle an den Menschen die ihn in die Welt hinaustragen und das so, wie sie es für richtig halten oder besser so wie sie sich herausnehmen ihn für richtig zu halten. Der einzige der es uns sagen könnte, was der rechte Weg wäre, ist schon lange nicht mehr unter uns. Ich würde nicht hier sitzen und hätte auch nicht das Dekret von dem ich dir schrieb erlassen, wenn ich die Wahrheit oder das was Wahrheit sein soll nicht hinterfragen könnte. Ich habe es immer getan, als Kind, als Novizin, als Priesterin... jetzt kann ich dafür sorgen, dass auch andere sie hinterfragen."


    Sie verbrannte sich die Fingerspitzen leicht und sah diese daraufhin nachdenklich an.


    "Wir sind uns ähnlicher als du glaubst Vorn. Zu wissen was man wem erzählen muss und zu welchem Zeitpunkt um ein Bild zu wahren, dass einem von Nutzen ist, ist das erste was jeder Konfessor lernt. Du sitzt hier und versuchst Dinge über mich und den Orden in Erfahrung zu bringen. Vielleicht aus Interesse, vielleicht weil du dir einen Nutzen erhoffst. Ich tue nichts anderes. Sympathie kann ich nicht leugnen, aber ich bin ein Konfessor. Ein "Wesen", dem das Erkennen der Wahrheit zugrunde gelegt wurde. So bekleide ich ein Amt, dass seid jeher ebenso gewisse Talente besitzt. Ich werde oft unterschätzt und gemocht, wegen meiner entgegenkommenden, offenen Art, das ist auch gut so. Wenigen ist bisher aufgefallen, dass viele die aus Samar kommen und mir begegnen mich auch fürchten..."


    Ihr Blick glitt zur Seite, ihre Stimme war sehr ruhig geworden, von einer angenehmen fast dunklen Bewegung.


    "Mein Vorstellungsvermögen was deine Erzählungen betrifft ist begrenzt, vermutlich wäre die einzige Möglichkeit mir wirklich deutlich zu machen was es bedeutet ein Drow zu sein, wenn du es mir zeigen würdest."

    "Was den Glauben betrifft, da musst du wie gesagt definieren ob du meinen Glauben an Gut und Böse meinst, oder ob du das meinst was in unserem Schriften steht. In unseren Chroniken steht dass unsere Engel diese Welt erschaffen haben, einer von ihnen, der älteste jedoch, sich vom Nichts verführen ließ und sich gegens eine Brüder stellte um über sie alle zu herrschen. Er wurde ins Exil verbannt und man sagt, dass er die "Dunklen Völker" geschaffen hat. Die Brüder hoffen darauf, dass der Gefallene zurück kehrt, bereitens ich aber aus Vorsicht darauf vor, sich ihm am Ende der Zeit entgegen zu stellen, sollte er nicht wieder zu dem zurück finden was er einst war."


    Sie hielt ihre Hand nachdenklich den Flammen entgegen, die Ignissonne begann leicht zu flimmern, doch sie schien es nicht zu bemerken.


    "Die Konfessoren warten darauf mich anklagen zu können, weil meine Ansichten über unsere Schriften sehr speziell sind. Über die Jahrhunderte hinweg wurde alles was unter die Bemerkung "Dunkle Völker" fiel gejagt, bekämpft und vernichtet. Es ist sehr viel Blut vergossen worden. Nach einer langen Zeit des Friedens gab es eben nur jene Geschichten die wir hatten um ansatzweise zu erfahren welches Leid es auf unserer Welt gegeben hat. Ich jedoch, habe mich immer gefragt ob es auch Schriften der anderen Völker dazu gab, die mir vielleicht eine andere Sichtweise darlegen konnten."


    Ohne die Hand vom Feuer zu nehmen, sah sie zu Vorn.


    "So wie ich mich auch immer frage wie jene die glauben das Wort unserer Engel zu verbreiten, vergessen, dass sie auf ihren Bruder warten, ihm verzeihen werden, sollte er zurückkehren. Das Licht kann nicht ohne die Dunkelheit sein und umgekehrt. Die Frage ist, ob er seinen Kopf wieder frei bekommt von dem was ihn verwirrt. Das was ihn verwirrt ist das Nichts. Und das Nichts ist jenseits von Gut und Böse. Wie kann ich so starr an Gut oder Böse glauben. Wenn ich daran glaube, dann glaube ich an Beides, denn sie sind beide ein Teil dessen was wir Ganzes nennen."


    Ihre Fingerspitzen berührten die Flammen, der Schein des Feuers spiegelte sich in ihren grünen Augen.


    "Die Schriften sind alt und jene die sie niederschrieben schon lange zu Staub zerfallen. Ich habe oft das Gefühl, dass viele nur lesen aber nicht verstehen. Deswegen stelle ich mich Mythodea."

    Sylvana pfiff leise durch die Zähne.


    "Gut gewählte Fragen, da muss ich etwas ausholen fürchte ich. Möchtest du wissen woran ich selbst glaube oder woran sich mein Orden orientiert? Das ist nicht unbedingt das selbe."


    Wieder warf sie einen Blick zu der Wache, die sich inzwischen einw enig genähert hatte. Sie hob leicht verwundert die Augenbraue, jedoch ließ sie ihn vorerst gewähren. Er war noch weit genug weg.


    "Ich selbst bin in den Orden und in das woran er glaubt hineingeboren worden. Den Weg der Priesterschaft habe ich aus unterschiedlichsten Gründen für mich gewählt. Da ich in den Adel hineingeboren wurde war es mir quasi vorherbestimmt welchen Weg ich einst gehen würde, nur die Ausprägung blieb mir offen. Mein Vater war der 1. Ritter unseres Reiches und somit die rechte Hand unseres Herrschers. Meine Geschwister und ich sind durch eine, zumindest für menschliche Verhältnisse, harte Schule gegangen. Da es auf Samar nur unseren Glauben gibt und wir nichts anderes kannten sind wir automatisch damit aufgewachsen. Alle meine Geschwister sind zum Leidwesen unserer Mutter Krieger geworden. Als Mutter Konfessor kenne ich alle Pfade die mir offen standen, beherrsche einige davon sehr gut, andere weniger, aber kenne sie alle. Ich bin das Gegenstück des 1. Ritters in unserem Reich. Nach dem Verschwinden meines Vaters, bekleidet dieses Amt allerdings nun mein Bruder..."


    Sie dachte einen Augenblick nach, sie musste darauf achten in ihren Erklärungen nicht zu durcheinander zu geraten.


    "Sprich, während er primär das Schwert ist das uns führt, bin ich die Stimme die uns leitet. Das macht die Situationen in denen wir uns hier befinden noch schwieriger. Mein Wort ist Gesetz und kann nur unter gewissen Bedingungen angezweifelt werden. Durch das, was ich hier tue, kann ich einen Bürgerkrieg auslösen."

    Sie musterte ihn während er sprach, dann warf sie einen Blick in die Flammen.


    "Das klingt nach einer Menge die dir durch den Kopf gehen muss."


    Bisher wartete sie auf den Augenblick wo die Dunkelheit vor der er sie gewarnt hatte nach ihr greifen würde, doch hatte sich dahingehend noch nichts gezeigt. Es war das, was sie von Drow wusste und erwartete. Nur die tatsache, dass er so frei von sich selbst erzählte verwunderte sie.

    "Verzeih ich habe mich nur an die Fragen unseres Inquisitors und an meine Antworten erinnert als ich dir zuhörte."


    Sie tastete kurz über ihre Unterlippe, dann sah sie ihn wieder an.


    "Du sagtest, bis du nach Mythodea kamst. Was hat sich seit dem für dich geändert? Oder interpretiere ich deinen Schlusssatz falsch?"

    Wie ein Blitz schoss Sylvana ein Bild druch den Kopf und sie zuckte unwillkürlich und kaum merklich, begleitet von einem lauten Knacken des Feuerholzes unter dem fordernden Feuer, neben Vorn zusammen.


    Sie hatte sich bei dem Auftauchen der Erinnerung aus Versehen auf die Unterlippe gebissen und schmeckte Blut. Ihr Blick blieb ungerührt, als sie sich über den kleinen Riss in der Unterlippe leckte.

    "Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich denke ich kann dein Denken und Empfinden nachvollziehen."


    Sie nickte leicht und ließ es vorerst dabei bewenden. Eigentlich war sie sich fast sicher, dass er ihr das nicht abnehmen würde, aber er konnte ja dann nachfragen. Sie heuchelte kein Verständnis, ließ sich nicht anmerken ob sie wie so viele Menschen Mitgefühl oder Abscheu empfand. Sie wirkte weiterhin ruhig und hörte ihm aufmerksam zu.

    Sylvana hörte ihm zu, ihr Gesicht zeigte keine deutliche Regung.


    Sie hatte die Maske eines Konfessors aufgesetzt, die ruhige und gleichgültige, dennoch interessierte Miene die sie jahrelang lernen musste nach außen tragen zu können. Es wurde nicht deutlich was sie über das was Vorn berichtete dachte.


    Seine FIngerspitzen kribbelten allerdings ab und an ein wenig heftiger, wenn auch nicht unangenehm, nur fremd.


    "Ich hätte Ched Nasad gern gesehen, um dein Empfinden dafür besser zu verstehen. Für mich ist es schwer, wenn auch nicht unmöglich zu begreifen das du über das Underdark sprichst wie meine Schwester wenn sie von Samar erzählt. Aber ich will dich nicht unterbrechen, über dieserlei Dinge können wir auch zum Ende hin sprechen."

    "Ich bin eigentlich sehr gut darin Fragen zu stellen, allerdings nicht wenn es auf freiwilliger Basis geschieht. Aber das kann ich dir erklären wenn du Sachen über mich erfahren willst."


    Sie dachte einen Augenblick nach.


    "Wie kam es dazu, dass du als Sohn einer Ilharess zum Diener einer Priesterin eines anderen Hauses wurdest? Das scheint mir ein gewaltiger Sprung zu sein und ich weiß nur Ansatzweise welche Gründe das eghabt haben könnte."

    Sylvana sah zu ihm zurück und hörte ihm zu, sie konnte nur ahnen, wie es dazu gekommen war, dass er zu Ka'Shalees Sklave geworden war, aber sie fragte nicht nach.


    Vielleicht war es Respekt vor dem was er sagen oder nicht sagen wollte, vielleicht hatte es auch andere Gründe die sie nicht erwähnte.

    "Ich halte nichts von Märchen."


    Ihre Stimme klang einen Augenblick dunkel und sie sah zur Seite, die Hand immer noch nach ihm ausgestreckt.


    "Ich habe schon so viel aus so vielen Welten mitgenommen, ich bin schon lange nicht mehr die, die ich einmal war."

    Sylvana lächelte.


    "Glaubst du nicht, dass wir uns schon viele ähnliche Gedanken machen mussten um diesen Weg überhaupt erst beginnen zu können? Vor zwei Jahren musste ich nur dafür sorgen, dass wir dein Volk nicht ind er Schlacht niederstechen wenn sie in unserer Nähe sind, jetzt muss ich von vielen meiner Brüder und Schwestern verlangen, dass sie euch durch Lager geleiten, euch in meine Nähe lassen und vor einer der euren das Knie beugen. Nyame oder nicht, es macht für viele die in Samar aufgewachsen sind keinen Unterschied. Nur wenige sind so wie Walays und ich. Meine Schwester wurde in den Mittellanden von deinem Volk gefoltert, so wie auch ein junger Gardist aus unseren Reihen. Aber ich habe allein druch das Attenat auf Ka'Shalee gesehen, dass ihr ähnliche Probleme habt wie die Orks. Die die anders sind, es sein wollen oder könnten, spielen mit ihrem Leben. So wie ich."


    Sie neigte den Kopf.


    "Ich sagte dir, ich möchte lernen. Und ich möchte euch verstehen. Ich weiß welcher Gefahr ich mich aussetze, aber das tust du auch wenn du allein hier her kommst. Wie sollen wir gemeinsam diesen seltsamen, neuen Weg gehen, wenn nur eine Seite lernt, wie die andere ist. Auch ihr, Ka'Shalee, du, die Juristrix Maxima und viele andere aus dem Norden, ja selbst ein Teil des Chaos, haben mich schon so oft fragend angesehen, weil wir anders sind. Ka'Shalee hat hier Schutz gesucht nach den schrecklichen Geschehnissen. Hier im Feuerlager, bei einem Orden den immer noch viele als fanatisch licht fürchten. Viel verworrener kann das ganze nicht mehr werden."


    Sie bot ihm die Hand, die Handinnenfläche nach oben gerichtet.


    "Ich weiß was Prüfungen sind, mein ganzes Leben ist eine Herausforderung gewesen und wird es auch weiter sein. So wie deines. Wenn ich etwas weiß, dann das das Leben eines Drow, gerade das eines männlichen in deiner Position einer Gratwanderung gleicht. Dir brauche ich nichts von Prüfungen und Herausforderungen zu erzählen. Ich fürchte mich weder vor euch, noch vor dem Weg den eure Kultur beschreitet, aber ich habe Respekt. Wenn Walays diesen Weg gehen will, dann folge ich ihm, aus freiem Willen."

    "Soweit ich weiß soll sie mir helfen mein Gegenüber zu verstehen und umgekehrt. Das war mein Wunsch als ich das Geschenk erhalten habe. Diejenigen die mir fremd sind, aber mit uns ziehen so zu verstehen, dass ich es auch meinen Brüdern und Schwestern verständlich machen kann warum ich tue was ich tue. Es eröffnet mir keinen Einblick in deine Gedankenwelt. Dann wäre ich vermutlich nachdem ich mit Leomir zu tun hatte verrückt geworden. Das was ich gesehen habe als ich ihn heilte hat mir genügt. Und ich will auch nicht in deinen Kopf schauen können, so wie ich nicht will, dass man in meinen hineinsieht. Das was ich sehe ist das was man mir zeigen will, nicht mehr und nicht weniger."


    Nachdenklich strich sie sich eine Strähne aus der Stirn.


    "Ich möchte nur verstehen... Du sitzt hier neben mir, der höchsten Glaubensinstanz eines Ordens dem dein Volk ein erklärter Feind ist, in deinem Rücken steht eine äußerst nervöse Wache, die nur darauf wartet, dass du einen Fehler machst und dennoch hast du ihm den Rücken zugedreht und sprichst mit mir ganz offen über das was dich und viele andere in unserer Situation belastet. So beginnt Vertrauen, schätze ich."