Beiträge von Sylvana

    Sie sah ihn nachdenklich an.


    Vermutlich hätte ich dieses Versprechen nicht gegeben, wenn ich gewusst hätte, dass es hinter dem Schleier sein wird. Aber Versprechen ist Versprechen... und es fühlt sich richtig an diesen Menschen zu helfen, die... immer für mich da waren... auch wenn es kein anderer war.


    Damals... als Walays und Ernst mir den Boden unter den Füßen fortgerissen haben.

    Sie hatte sich einen Ort gesucht, der relativ windgeschützt war. Mittlerweile war die Zeit im Jahr angebrochen, in der sie dichte Blätterdächer oder zumindest die ein oder andere Felswand zu schätzen wusste. Sie trug die Kleidung, die ihr die Dunkelelfen einst geschenkt hatten, damit sie sich schneller durch Höhlen oder Wälder bewegen konnte. Einer Jägerin gleich.


    Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen war sie bemüht dem Regen auszuweichen, welcher seit einiger Zeit ihre Nerven aufs Äußerte strapazierte. Volcos war noch immer am Sattel ihres Pferdes befestigt. Er hatte in der alten Welt so viel Gewicht gehabt, dass sie nun froh war, ihn einige Zeit nicht beständig selbst tragen zu müssen.


    Ihre Gedanken schweiften... zogen Kreise um jenen Mann, der ihr in der alten Welt begegnet war, um dessen Begleiter und die Einladung, die ausgesprochen worden war. Vielleicht würde sie tatsächlich den Winter im Westen verbringen... wenn sie fertig war mit den anderen Dingen auf ihrer Liste.

    Bin ich das nicht immer? fragte sie mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.


    Nicht weniger vertraut... ja... so konnte man das beschreiben. Im Grunde war es auf eine Weise weiter gewachsen, die vermutlich keiner außer ihnen wirklich verstehen mochte. Wenn Seelen sich berührten, dann blieb immer etwas zurück... ganz gleich was mit der ein oder anderen Seele noch geschah.


    Ich glaube aber tatsächlich, dass andere sich weit größere Sorgen um mich machen als ich selbst... Weil sie sich nicht vorstellen können, dass ich den Kontinent doch noch einmal verlasse... Wenn auch nicht für lang.

    Nach einer ganzen Weile hatte ein inneres Gefühl sie dazu bewogen sich aus den Schatten des Baumes zu lösen und sich ruhigen Schrittes über das Feld zu bewegen. Es war stets schwer auszumachen ob er Gesellschaft wollte oder nicht. Allerdings wusste er das einfach auch sehr häufig selbst nicht so genau...


    Kein Wort kam über ihre Lippen als sie ganz vorsichtig erst ihre Hand auf seine Schulter legte und dann mit ihrer Wange folgte. Eine vertraute Geste zwischen den beiden...

    Sylvana hielt es ähnlich. Nach der Fülle an Reizen, welchen sie in den letzten Tagen ausgesetzt gewesen war suchte sie des Öfteren die Abgeschiedenheit. Elgon war auch bereits wieder so unstet und rastlos, dass es ihn vermutlich nicht sehr lange bei der noch bestehenden Reisegruppe halten würde.


    Er hatte ihr zugesagt, sie noch bis zu einem Hafen zu begleiten, wo sie daraufhin auf ein Schiff steigen würde, welches sie durch den Schleier tragen würde. Er fand die Idee alles andere als gut, war aber zu stolz es ihr zu sagen. Meisten kommentierte er Gespräche darüber mit einem verächtlichen Schnauben. Das erste mal seit über 10 Jahren würde sie diesen Kontinent wieder verlassen. Nur für einige Wochen zwar, aber das Gefühl war befremdlich. Ihre Bindung zu diesem Land war, auch ohne das Zeichen der Gunst auf ihrem Handrücken, so stark, dass es ihre Kehle zuschnürte.


    Selbst die Tivars, welche sie indes ein wenig besser kannten als noch einige Jahre zuvor, bekundeten Sorge über ihr Vorhaben. Sie sahen dieses Band in der Waffenmeisterin. Im Grunde war es ein seltsames, wenn auch beruhigendes Gefühl. Nach all dem, was sie geopfert hatte und was ihr suggeriert hatte, dass sie nun wieder am Anfang ihrer Wege hier in Mythodea war... war sie sich ihres Platzes nun sicherer denn je.


    Und ihre Ziele waren größer als jemals zuvor.


    Vielleicht auch, um sich von ganz anderen Dingen abzulenken. Sie lehnte am Rande des Lagers an einem Baum und ließ das Umfeld auf sich wirken. Atmete die reine Herbstluft und spürte die Feuchtigkeit in der Luft. Die Arme vor der Brust verschränkt nahm sie die ihr vertraute Silhouette unweit von ihr entfernt auf dem Feld wahr...

    "Wie kommt es, dass einer deiner Art sich so sehr um andere sorgt? Mir meinen Weg erleichtern? Welche Bedeutung habe ich für dich, dass dies dein Bestreben sein sollte?"


    Ihre Fragen waren von ehrlichem Interesse.


    "Ich lebe schon sehr lange unter den deinen... und ich habe viele unterschiedliche Seelen getroffen... Wäre dem nicht so, säßen wir nicht hier... aber du übertriffst jede Begegnung, die ich dahingehend hatte."

    Sie sah ihn nachdenklich aber gelassen an. Dabei hatte sie noch nicht einmal die Hälfte ihrer Geschichte erzählt... wahrlich... vermutlich hatten die Kristallfürsten ihn schon geküsst.


    Wenn du Hilfe von jemandem möchtest, der bis heute ein Herz für beide Elemente hat?


    Mich hat damals der Avatar des Feuers auf meinen Weg gestoßen... erhat mich als einziger anders angesehen als der Rest der Seelen, die ich bis dahin kannte. Was führt dich also ausgerechnet zu mir? Und bedenke... ich lehre nur wenn der Lehrling meine Bedingungen anerkennt...

    "Wir wissen beide, das derlei Dinge immer nach hinten los gehen."


    Die Waffenmeisterin hob leicht die Schultern und ließ sie sogleich wieder sinken.


    "Als ich gefangen genommen wurde sind wir klug und taktisch vorgegangen. Hat auch nicht geholfen. Wenn es nach mir geht bringe ich euch einfach am Ende dieser Mission lebendig und möglichst in einem Stück wieder nach Hause."

    "Einfach ausprobieren... aber möglichst ohne sinnloses Riskieren..." fügte sie beiläufig hinzu.


    Dann spannte das Narbengewebe auf ihrem Unterarm bei Tiannas Frage.


    "Hmm... Ja. Als ich das letzte Mal im Süden war, um mit einer kleinen Delegation nach Vermissten zu suchen bin ich ... sagen wir... in Schwierigkeiten geraten." ihre Hand fuhr unbewusst über ihren linken Unterarm.


    "Die Untoten Hexen wollten meine Unterstützung... und haben ihrer Forderung mit jeder verstrichenen Stunde mehr Nachdruck verliehen."


    Sylvana verschränkte die Arme wieder vor dem Körper. Ihre Stimme klang gelassen, aber ihr Blick glitt für einen Augenblick in die Ferne.

    Freundschaften. Wenn es hier Mitreisende gab auf die das zutreffen mochte, dann waren sie gering an der Zahl. Die Waffenmeisterin war geizig mit diesem Wort geworden. Der Unterschied zwischen Abban und Abbil... sie verstand ihn nun besser, denn je...


    Aus den eigenen Gedanken gerissen blickte sie fragend zu der Kundschafterin.


    "Mein Bauchgefühl sagt, es macht ihnen nichts aus, sicher bin ich dahingehend aber nicht." Sylvana dachte nach.


    "Die untote Hexe hatte jedenfalls keine Probleme mit meiner Giftklinge als ich sie in ihrem eigenen Ritualkreis damit erwischte..."

    "So kann man das sicherlich auch beschreiben." sagte sie schmunzelnd.


    Sie warf einen Blick gen Himmel und versuchte abzuschätzen welche Stunde es inzwischen sein mochte. Noch ein paar Tage in aufkommender Kälte und anhaltender Nässe würde die Reisegruppe auf ganz natürliche Art und Weise schwächen... vielleicht auch unaufmerksam machen.


    Manchmal war es beachtlich wie sehr die Elemente ihren Dienern auch ihre Schattenseiten präsentierten. Es gab durchaus einige Reisende unter ihnen, die icht an andauerndes Reisen bei Wind und Wetter gewöhnt waren...


    Abschätzend warf sie einen Blick über die Schulter in das kleine Lager. Ihr Blicke ruhte auf der ein oder anderen Person... mal länger, mal flüchtiger...

    Sylvana lehnte das Fleisch dankend ab.


    "Jeder von uns folgte einem inneren Ruf hier her. Einigen ist das bewusst, anderen nicht. Aber jede Seele, die hier eine Aufgabe findet folgt einer Bestimmung. Wir müssen nur herausfinden welche der vielen Möglichkeiten jene ist, die für uns geschrieben wurde."


    Sie streckte sich leicht und vertrieb die Kälte aus ihren Gliedern.


    "Erwartungsdruck..." sagte sie und lachte leicht auf. "Wem sagst du das..."


    Diese eine Zeile in Collins Brief hatte ihr noch in Yunalesc eine schlaflose Nacht bereitet.

    "Immerhin geht das mit Untoten noch besser als mit dem Schwarzen Eis. Aber ja... die Wahrscheinlichkeit ist groß. Sie haben ja quasi... eine Art Heimvorteil."


    Dann grinste sie ein wenig.


    "Natürlich tun wir das. Seit ich Waffenmeisterin bin gibt es so viele interessante Geschichten. Immer wieder ein Vergnügen, wenn ich eine neue höre."

    Die Zeit bei den Dunkelelfen hatte Sylvana ungewöhnlich aufmerksam für ihre Umgebung gemacht. Ihr blieben sowohl Remi als auch Tianna selten verborgen. Auch wenn sich der Kundschafter allmählich einen Spaß daraus machte die Waffenmeisterin darin zu testen, ob sie auf ihren Rücken achtete.


    Diese Spiele kannte sie zu Genüge. Kelnozz und sie hatten jahrelang nichts anderes gemacht. War sie wirklich unaufmerksam, dann stimmte etwas mit ihr nicht. Vermutlich fühlte sie sich auch gerade deshalb so wohl bei den beiden. In ihrer Berufung waren sie dem Verhalten der Dunkelelfen sehr ähnlich. Es war ein wenig... wie zu Hause. Zu Hause... diese Worte machten etwas Seltsames mit ihr. Es gab schon lange keinen Ort mehr an dem sie sich zu Hause fühlte... Es hing immer von ihrem Umfeld ab und den Personen, die an ihrer Seite waren.


    Infolgedessen, dass sie sich mit den letzten Tagen auf die beiden eingestimmt hatte, hatte sie auch die herannahende hochgewachsene Gestalt Tiannas am Rande ihres Blickfeldes bemerkt. Sie konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. Die grünen Augen lösten sich von den Nebelschleiern und richteten sich auf die Kundschafterin. Die Waffenmeisterin nickte ihr zu ...


    "So langsam glaube ich, dass man sich nach dieser Mission über uns erzählen wird, dass wir niemals schlafen..."

    Wann: Vor der Ankunft in der Hohld

    Wer: Wer möchte und zur Reisegruppe gehört

    Wo: Irgendwo auf der Reiseroute

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    Es war bereits an der Zeit, dass die Tage wieder kürzer wurden. Der Herbst klopfte an und mit jedem weiteren Tag, der verstrich, erzählte der Wind neue Geschichten. Für so viele Ohren unverständlich und ungehört. Für viele, nicht für alle...

    Die ersten Blätter färbten sich in warmen Farben und fielen zurück in die Umarmung der Erde. Nebel verschleierte nun beinahe jeden Morgen das Lager des Reisetrupps und eine klamme Kälte drohte sich in den Nächten durch Kleidung und Knochen zu ziehen. Die Stimmung war ob der Mission, die ihnen bevorstand erstaunlich gelöst. Das mochte daran liegen, dass man sich zumeist gut kannte, oder auch daran, dass man gelernt hatte die Zeit zu nutzen, bevor sie verstrichen war. Aber wer dieser Dinge nicht völlig blind war, der wusste, dass sie alle sehr wohl ruhige und nachdenkliche Momente hatten. Manche teilten diese, viele jedoch machten sie allein mit sich und ihren selbst gewählten oder auferlegten Aufgaben aus.


    So auch die Waffenmeisterin. Bestrebt darin diese kleine zeitweilige Gemeinschaft zusammenzuhalten, wo auch immer Streit und Unruhe aufkeimte, war sie zuweilen auch häufig alleine am Rande des Lagers und hing ihren Gedanken nach. Es gelang ihr häufig sich immer genau dann zurückzuziehen, wenn an den Lagern Geschichten erzählt oder leise Lieder gesungen wurden. Manchmal waren auch einfach alle so sehr mit ihren Vorbereitungen beschäftigt, dass es gar nicht schwierig war sich vom Rest der Gemeinschaft zu lösen.


    Ihre grünen Augen blickten ziellos in den Nebel. Einen starken Baum in ihrem Rücken, die Arme vor der Brust verschränkt, spielten die Finger ihrer rechten Hand mit einem kleinen Gegenstand.


    Die meiste Zeit hielt sie sich an Remi und Tianna. So seltsam sich das anhören mochte, aber sie kam in der Nähe der beiden innerlich zur Ruhe. Noch zumindest. Bei dem Gedanken musste sie schmunzeln. Daran hatte sich in all den Jahren nichts geändert. Es zog sie immer noch zu den Kindern Aeris', auch wenn ihr Weg längst ein anderer war.

    Je näher sie jedoch der Hohld kamen, um so mehr suchte sie die Stille. Wollte die Träume vertreiben, die sie quälten. Das Spannen in der Narbe, Wortfetzen, Bilder... und der Umstand, dass ihr etwas fehlte. Oder besser, jemand. In der letzten Zeit wurde es bemerkenswert hart, wie sehr ihr der Schatten mit dem violetten Turban fehlte.


    Die Monate in denen sie mit den Naldar und mit Elgon gereist war waren ihr leichter gefallen. Vermutlich... weil sie ähnlich schwer zu hüten, aber ebenso loyal waren wie Kelnozz...


    Sie steckte die kleine goldene Figur wieder in eine Gürteltasche und atmete tief durch. Es war wichtig, dass sie sich auf die bevorstehende Mission konzentrierte. Ihre grünen Augen verloren sich wieder in den Nebelschleiern und sie versuchte die Kälte in den Knochen zu vertreiben. Vieles arbeitete in ihrem Verstand... Sorge um Sorge reihten sich aneinander...


    Die Hohld. Dort hatte sie die Freundschaft zu Ignis verloren... Dort war sie verflucht worden... dort hatte sie sich der Ehre verschworen.


    Der Blick der Jademeister ruhte nun wieder auf ihr. Es war Zeit sich ihnen größer zu zeigen als jemals zuvor.

    Die Waffenmeisterin strich ihm als sie sich löste noch einmal über die narbe an der Wange.


    "Gib Acht auf dich..." dann löste sie sich endgültig und drehte sich zum Zelteingang.


    Kurz hielt sie noch einmal inne, warf einen Blick über die Schulter und schien zu zögern... dann nickte sie ihm zu, schenkte ihm noch ein Lächeln und verließ das Zelt.

    Er wusste, dass sie ihm das nicht versprechen konnte... also lächelte sie noch einmal und nahm ihn zum Abschied in den Arm.


    "Willkommen zu Hause..." flüsterte sie in die Umarmung.

    Sylvana strich den Stoff ihrer Reisekleidung an den Hüften glatt und blickte auf die kleine goldene Figur in seiner Hand. Achtsam nahm sie diese entgegen und lächelte.


    "Ich lege ihn zu den Federn, die Landuin mir mitgegeben hat."


    Sie selbst griff sich an den Gürtel und wühlte mit zwei Fingern in einer der drei Gürteltaschen. Hervor zog sie eine ihm vertraute Kette mit dunkelroten Perlen. Diese reichte sie ihm.


    "Bewahre sie gut auf... damit ich sie abholen kann, wenn ich zurückkehre."