Posts by Yaëlle

    Im Ratsgebäude (eigentlich noch eher ein Ratszelt, doch es gibt schon einige nur noch leicht winddurchlässige Holzwände) herrscht buntes Treiben. Jetzt, als die Tage endlich wieder kühler werden, kümmern sich viele der Bürger um lange liegen gebliebene Dinge, und auch die Ratsversammlung werden besser besucht. Erfreulich, einerseits. So nähern sich die Bücher endlich einem ansatzweisen Zustand der Vollständigkeit an. Andererseits... "Entschuldigung. ENTSCHULDIGUNG. Danke." - so ein Gedränge am Eingang. Furchtbar. Yaëlle schiebt sich an den Wartenden vorbei und sieht sich suchend um. Unter dem Arm trägt sie zwei dicke Bücher.


    "Hat irgendjemand den Fauth gesehen?"

    Yaëlle schüttelt den Kopf. "Gerade nicht, danke. Das hier muss ich selber erledigen. Ach, wobei -"
    Sie greift nach einem zusammengefalteten und mit Wachs versiegelten Papier.
    " - kannst du das Johann bringen? Er weiß, was damit zu tun ist."

    Man hat sich schnell entschieden, dass es ein mächtiges Zeichen der Loyalität Arklants zu seinem Siegel wäre, würde die gesamte Staatsführung mit nach Kel’riothar reisen. Vor der Abreise werden deshalb diverse Vorkehrungen getroffen, um die Verwaltung sicherzustellen. Da der Bürgerrat mittlerweile zu einer eingespielten Institution geworden ist, ist es ein leichtes Unterfangen, geeignete Hilfskräfte zu benennen. Diplomatische Ziele für den Feldzug werden benannt und noch ein paar Grundstücke an Neuankömmlinge vergeben. Schnell ist gepackt. Der in der Anzahl überschaubaren Dorfjugend wird unter ihrem Widerwillen aufgetragen, beim Beladen zu helfen, und eines Morgens bricht die Gruppe auf, noch bevor die Sonne am Horizont zu sehen ist.

    Yaëlle nimmt den Zettel entgegen und überfliegt ihn.


    "Ja, das ist wunderbar. Erspart mir schon mal das Konsolidieren. Danke dir."


    Sie nimmt noch ein Stück Lokum aus der Schale und sagt: "Sonst irgendwelche Neuigkeiten? Bürgerratstechnisches, was ich verpasst habe?"

    Yaëlle hebt anerkennend die Augenbrauen angesichts der Größe der Rolle. Sie wischt den Lokumstaub von ihren Fingern an ihrer Bluse ab, schiebt einige Papierstapel zur Seite und entrollt vorsichtig Ffalmirs Werk.


    Einige Momente hört man nur den entfernten Klang von drakischen Kneipenliedern.


    "...das ist richtig gut geworden. Vielen Dank - vor allem in der kurzen Zeit. Du hast nicht zufällig auch noch eine Liste mit Zuordnung der Flurnummern zu den schon vergebenen Grundstücken, oder?"

    "Ah, du bist wieder da!"


    Yaëlle beendet eine Zeile auf ihrem Papier, dann legt sie ihre Feder beiseite.


    "Wie sieht's aus?"


    Sie steckt sich ein Stück Granatapfel-Lokum in den Mund und schiebt mit fragendem Blick Ffalmir die Süßigkeitenschale entgegen.

    "Geschäftsordnung für den Rat, Grundbuch vorbereiten, die ganzen Ideen der letzten Tage ordnen, Bürgerregister sinnvoller gestalten, und dann erst einmal sortieren, was alles noch gemacht werden muss und in welcher Priorität - Gesetze, Register und das alles. In etwa in der Reihenfolge. Ansonsten warte ich darauf, dass die ersten besonders eifrigen mit ihren Ideen für ganz tolle Gesetze ankommen, die vor ihnen noch nie jemand hatte, und die dann entweder ich ausarbeiten soll oder, noch schlimmer, die bereits in einen Gesetzesentwurf stecken, den ich dann brauchbar machen muss. Oh, und ich wollte ja noch mit den Bürgerschaftsurkunden und den Pässen anfangen, wo hab ich das..."
    Yaëlles Hand kreist etwas hilflos über den Stapeln, entscheidet sich schließlich für einen unter einem pinken Kiesel und zieht ein dicht beschriebenes und bemaltes Blatt hervor, dem sie sogleich eine weitere gekrakelte Notiz hinzufügt und mit einem Ausrufezeichen versieht.
    "Und wir brauchen ein Familienregister, denke ich - oder nein, vielleicht besser Familienstand und diverse Änderungen direkt im Bürgerregister eintragen."
    Sie streicht energisch eine Zeile durch.

    "Sowieso, aber die Frage, ab wann wir besteuern, bleibt ja gleich. Ich schreibe nachher noch eine Ankündigung der nächsten Ratssitzung. Es sammelt sich ja doch einiges an."
    Yaëlle gestikuliert halbherzig in Richtung ihrer Papierstapel.


    "Die Geschäftsordnung sollte bis dahin fertig sein, dann können wir darüber auch abstimmen. Was steht bei dir heute an?"

    Yaëlle nickt.


    "Gut, dann bin ich mit der Struktur des Grundbuchs eher fertig. Wegen der Grundsteuer muss ich noch mal mit Frederick reden. Ich fände es sinnvoll, für die ersten Monate des Aufbaus von ihr zu befreien, so als Siedler-Anreiz. Jedenfalls haben die Flächenangaben noch Zeit, ja."

    "Sehr gut, vielen Dank. Hauptsache, die Flurstücksnummern haben System und werden nicht absurd lang. Fortlaufende Zahlen klingen sehr vernünftig. Wenn es irgendwann sehr viele Flurstücke werden, könnten wir ja noch Buchstaben für verschiedene Bereiche voranstellen, aber das musst du jetzt noch nicht berücksichtigen. Ich vertraue auf deine Fähigkeiten. Schaffst du es, dass bis heute nachmittag die Nummern für die schon verteilten Grundstücke feststehen?"

    Yaëlle nimmt den Papierstapel in die Hand und reicht ihn Ffalmir zur Ansicht.


    "Das hier sind die Aufzeichnungen von gestern zu den Grundstücksgrenzen. Wir brauchen unbedingt noch ein Kataster, sonst wird es schwierig, ein vernünftiges Grundbuch anzulegen. Könntest du dich darum kümmern? Du kannst mit Karten besser umgehen als ich, und ich will da wirklich keine Fehler einbauen."

    (Zeit: Zweiter Tag nach der Ankunft)


    Vor dem Eingang zu Yaëlles Zelt ist ein breiter Tisch aufgebaut. Die noch leicht rot gefärbte Morgensonne scheint hell auf die Papierstapel, die mit verschiedenfarbigen Kieseln beschwert auf dem Tisch verteilt sind. Vor dem Tisch, noch leicht im Schatten des Zelts, sitzt Yaëlle und zeichnet konzentriert eine Tabellenstruktur in ein ansonsten noch leer aussehendes Buch, immer wieder einen Blick auf die Notizen des letzten Tages werfend. Als sie im Augenwinkel eine Bewegung wahrnimmt, blickt sie irritiert auf.


    "Ach, Ffalmir!"


    Sie legt ihre Schreibfeder beiseite (sorgsam darauf bedacht, keine Flecken im Buch zu hinterlassen) und winkt mit einer Hand den frischgebackenen Fauth Ffalmir Ffharranddhor herbei, während sie mit der anderen einen hellblauen Stein von einem der Papierstapel nimmt.


    "Hast du kurz Zeit? Ich bräuchte deine fabelhaften Fauth-Fähigkeiten."

    Erleichtert darüber, sich ihren eigenen Aufgaben widmen zu können, stellt Yaëlle die Beutel mit ihren Einkäufen neben dem Türrahmen ab und verschwindet ohne Verabschiedung aus Ffalmirs Zimmer. Im Vorbeigehen blickt sie interessiert in ein paar offene Räume, deren Bewohner gerade abwesend sind, und amüsiert sich mit Grübeleien zu der Frage, ob sich anhand von Grad und Art der Unordnung wohl erkennen lässt, welche ihrer ehemaligen Mitreisenden die jeweiligen Zimmer bewohnen. Yaëlle pflückt noch ein paar Himbeeren im Garten als Wegproviant, dann macht sie sich auf den Weg zu einem alten Bekannten, um ein paar der unentbehrlichen Dinge für den Neuanfang abzuholen. Ihr Dolch liegt schon viel zu lange in seinem Keller.


    Die Sonne ist schon lange untergegangen, als Yaëlle zufrieden die letzte Fuhre ihrer Habseligkeiten begutachtet: Alles noch in gutem Zustand. Das letzte Kleidungsstück wird noch zusammengefaltet und in einem Schutzbeutel verstaut, die Münzen gezählt und auf die verschiedenen Behälter verteilt, die Notizbücher noch einmal auf Vollständigkeit überprüft, dann schließt Yaëlle den Deckel ihrer Truhe und legt sich hoffentlich das letzte Mal für lange Zeit in einem fremden Bett schlafen.


    Am nächsten Nachmittag taucht sie gut gelaunt am Anwesen auf, äußert Verwunderung über das viele Gepäck, das schon auf dem Karren verstaut ist, drängt ihre Truhe in eine eigentlich nicht so recht vorhandene Lücke und streichelt dem Esel mitleidig den Kopf. Einige Zeit später macht sie es sich auf Deck gemütlich und beobachtet Paolos Trutz beim langsamen Kleinerwerden.

    "Könnte ich, wenn das Packen schnell ginge - ist aber nur das Schleppen. Die Hälfte von meinem Zeug ist noch bei Bekannten, das muss ich erst mal zusammensuchen. Also wenn es nicht gerade um irgendetwas geht, das nur ich kann...."

    "Ah, verstehe - ich hab nur eigentlich noch gar nichts fertig, das schaff ich nicht. Aber geht ihr ruhig schon mal beladen, dann mach ich mein Zeug fertig. Ich hab morgen eh nicht viel zu schleppen. Ich lass euch die Einkäufe gleich hier, ja? :)"

    "Gut, keine Äpfel. Was steht denn noch an, Ffalmir?"
    Yaëlle hebt ihre gesammelten Einkäufe wieder hoch.
    "Oder meinst du 'morgen Nachmittag eine Stunde vor Abfahrt'?"