Beiträge von Niklas

    Nicklas stand am Eingang des Steinbruchs an einen Holzbalken gelehnt. Seine Hand tastete noch einmal nach der Tasche. Mit einem Blick hinein stellte er sicher dass er den Brief noch hatte.
    Er schaute an sich herab. Seine Kleidung gab ihn noch ausreichend als einen Seraphim zu erkennen.
    Alles in bester Ordnung. Ihm blieb nun nichts weiter als zu warten.

    Beim Anblick der Feste konnte Nicklas endlich erleichtert aufatmen. Die stundenlange Anspannung hatte ihn sehr zermürbt.
    Selbst wenn mich diese Einstellung länger am Leben hält - wenn ich so weitermache, werde ich noch vorzeitig zum Greis.


    Wieder mit den Zügeln in der Hand näherte er sich dem riesigen Bauwerk.

    Mit anderen Worten - selbst auf den Pfaden sind wir nicht sicher? Es ist nicht gerade aufbauend dass Vater Murdo so wenig Vertrauen in unsere vermeitlichen Verbündeten setzt. Nein, ich bin es wohl der zu leichtfertig angenommen hatte, zumindest die Pfade seien fallenfrei, dachte er und übergab die Zügel wie befohlen.


    Er trat zwei weitere Schritte vor und behielt fortan diesen Abstand zu seiner Gruppe bei um sicher zu stellen, dass eine solche Gestellfalle nur ihn treffen würde, sollte er doch noch in eine tappen. Den Blick zwischen vorne und unten abwechselnd sicherte er weiterhin den Weg. Es war nun noch schwieriger, seine Konzentration aufrecht zu erhalten und er fragte sich wie lange er das noch durchhalten würde.

    Nicklas' Hand schnellte zum Schwertknauf. Hektisch schaute er sich um. Seine Aufmerksamkeit galt nicht dem sterbenden Tier, sondern dem Wald zu seiner Rechten und Linken.
    Doch bald musste sich der junge Mann eingestehen dass es weder ein Ablenkungsmanöver war, noch dass er zur Zeit mit Angreifern rechnen musste. Seine Haltung wurde wieder locker. Was er gesehen hat war eine Falle, die gewiss auf die rechtmäßigen Bewohner dieses Protektorats zurückzuführen war.


    "Nun wissen wir wie sie die Oberfläche bewachen. Und somit haben wir einen Grund mehr, nicht von den Pfaden zu weichen."


    Er versuchte, nicht in die Richtung des Rehs zu sehen.

    Nicklas sagte nichts weiter. Er war nur noch auf das konzentriert was vor ihm lag und alles was seine Ohren wahrnehmen konnten. Es waren Zeiten wie diese dass das Gesicht des jungen Mannes, das auch so schon kaum Emotionen zeigte zu einer eisernen Maske wurde. Es gab nichts was er ernster nahm als Aufgaben, jemanden zu schützen. Anders als in einer Schlacht hatte der 'Feind' keine fest definierte Form und konnte überall lauern.
    Und wieder begannen die Zweifel, ihn innerlich zu zerfressen. Es war als sei ihm vor zwei Monden ein Fluch auferlegt worden. Eine wichtige und doch schmerzhafte Erkenntnis.
    Nicklas schüttelte den Kopf. So sehr ihn diese Gedanken auch plagten, er durfte seine Konzentration nicht verlieren.
    Wachsam schritt er voran, bereit auf alles zu reagieren was sich vor ihm bewegt.

    Nach einem knappen Nicken sattelte Nicklas ab und nahm sein Pferd bei den Zügeln.
    Die Augen auf den Trampelpfad gerichtet nahm er die vorderste Position in der Gruppe ein und setzte sich in Bewegung.
    Er drehte sich beim Sprechen nicht um.


    "Wenn das Protektorat nur eine Stadt hat, wer überwacht dann den Rest der Oberfläche?
    So gesehen wäre es nicht ausgeschlossen wenn sich hier in der Wildniss einige... potentielle Gefahren verstecken."

    Drei Dinge beschäftigten Nicklas schon seit Tagen.
    Das Erste war die Sicherheit von Vater Murdo.
    Das Zweite war etwas was ihm schon seit Monaten unruhige Nächte bereitet hatte, was sich auch nicht ändern würde solange er es für sich behält.
    Das Dritte war ebenfalls etwas das er schon längst an Vater Murdo hätte herantragen sollen: Nicklas, desinteressiert wie er war, wusste immer noch nicht, wer dieser Tarabas ist, für den die kleine Gruppe diese beschwerliche Reise auf sich nahm. Doch je länger er es sich mit dieser Frage Zeit ließ, umso schwieriger würde es werden, sie zu stellen.
    Es war Nicklas bereits peinlich, derart ahnungslos zu sein was diese Person betraf. Es wäre noch peinlicher, jetzt nach ihm zu fragen. Und es wäre am peinlichsten, immer noch nichts über den Mann zu wissen wenn er vor ihm steht. Doch vielleicht konnte er den Peinlichkeiten entgehen wenn er seine Frage nur geschickt stellte.


    Nicklas, zögerlich:
    "Vater Murdo, dürften wir erfahren, was für ein Mann dieser Tarabas ist?"


    Er war nicht sicher ob es der richtige Zeitpunkt war, die Stille zu unterbrechen. Aber er war nie gut darin, den richtigen Zeitpunkt zum sprechen zu finden. Oder die richtige Art. Oder die richtigen Worte.