Beiträge von Niklas

    Nicklas blieb still, in Erwartung dass Argol weiterspricht. Als dies nicht geschah, antwortete er verwundert.


    "'Ganz einfach' ist noch untertrieben. Ich hätte erwartet dass ihr ein Gesetzbuch hervorholt"
    Und mich schon gefragt woher wohl.


    Dennoch beunruhigte es Nicklas, wie viel hier demnach erlaubt war.


    "Ich nehme also an, mit diesen Gesetzen wird nur Ordnung aber keinesfalls Frieden erhalten? Folglich Schützt sich jeder selbst?"

    "Wie lange wir bleiben hängt davon ab wie Vater Murdo's Anliegen hier verläuft. Im schlimmsten Fall würden wir schon morgen abreisen, aber ich bezweifle stark dass das passieren könnte."


    Der Protektor war gut darin, zahlreiche Kontakte zu knüpfen. Nur die wenigsten davon würden ihm ohne einen guten Grund eine Bitte ausschlagen, glaubte Nicklas.

    "Und was die Gesetzeslage angeht, muss ich zugeben dass wir ziemlich ahnungslos sind."


    Erst nachdem er das gesagt hatte, wurde ihm klar, dass er sich vor der Abreise darüber hätte informieren sollen.

    "Wir kommen aus Yunalesc und sind hier zu Gast, als Begleitung eines weiteren unserer Ordensbrüder. Vielleicht begegnet ihr ihm im Laufe der Zeit auch noch."


    Bisher hatte er keine Feindseligkeit erkennen können, was ihn beruhigte.
    Nicklas war froh, so zeitig am Tisch zu sitzen. Er hatte es dringend nötig, wieder Kraft zu sammeln. Es war ein sehr anstrengender Tag und die Müdigkeit begann endlich, ihn einzuholen.

    Nicklas schüttelte den Kopf.


    "Nicht in einem Übungskampf. Hätte er es zu ende gebracht als er die Möglichkeit dazu hatte, wäre der Kampf vorbei. So konnte aber jeder etwas mehr vom Anderen sehen und mehr Erfahrung sammeln."
    Wobei es Frederick gewiss nicht an Erfahrung fehlt...


    Der junge Mann ließ seine Augen über den Saal schweifen.


    "Setzen wir uns zu den Rekruten? Ich finde, wenn man nach dem Übungskampf nicht an einem Tisch sitzen kann, hat man etwas falsch gemacht."


    Auch wenn die Art der Übungen in dieser Festung dies alles andere als leicht machte. Nicklas hatte den Vorschlag nur gemacht um die Einstellung ihm gegenüber beobachten zu können. Für gewöhnlich hätte er einen Platz fernab von allen anderen gewählt...

    Nicklas schaute weg.


    "Er hat den Kampf in die Länge gezogen bis es mir durch einen Zufall gelang, ihm den Sieg zu stehlen. "


    Er wollte weder sagen dass er gewonnen noch dass Frederick verloren hatte. Der Ausgang des Kampfes... war einfach falsch.

    Nicklas wollte erst abwarten was Silas dazu sagen würde, ehe er seine eigene Antwort gab. Dann merkte er jedoch, dass es ziemlich offensichtlich war, was sein Ordensbruder antworten würde.


    Er wandte seinen Blick also wieder zurück zu Argol und nickte einfach.

    Zwei Schwerter und ein Dolch. Angesichts der vielen Waffen die er benutzte stand Nicklas besonders viel Arbeit bevor.


    "Ich bringe es einfach hinter mich..."


    Er ging konzentriert an die Sache heran, wurde aber langsamer fertig als die Anderen. Daher war er recht dankbar für Silas' Angebot als es ums Wetzen ging.
    Er nickte und erklärte seinem Ordensbruder sicherheitshalber die Prozedur.


    Als er dann fleißig vor sich hin wetzte, wurde ihm klar, dass seine Waffen beim Aufenthalt in dieser Burg wegen täglichem Arenabesuch nicht weniger Nutzspuren sammeln würden als bei so manchem Feldzug und er die heutige Prozedur schon bald würde wiederholen müssen.
    Der Gedanke, einfach so viel waffenlosen Kampf wie möglich zu betreiben war verlockend, aber die Erfahrung würde ihm auf dem Schlachtfeld am wenigsten nützen, also verwarf er ihn wieder.

    Nicklas wollte nicht in Hermann's Schuhen stecken, der jetzt immer noch öffnentlich angeprangert wurde. Selbst Waffenmeister mussten in dieser Arena den Regeln folgen. Und im Moment war Argol die Regel.


    Ohne weitere Kommentare setzte sich Nicklas an einen der Tische und holte Lappen und Eimer heran. Es galt nun, den Schmutz aus der Arena und die Spuren von seinem langen Weg bis dorthin vom Metall zu tilgen.

    "Die Waffe demonstriert seine Kraft recht gut. Allerdings lässt sie ihn um einiges brutaler erscheinen. Es passt nicht ganz zu der Persönlichkeit die er heute gezeigt hat."


    Er überlegte kurz.


    "Vielleicht wird er ja ganz anders sobald er sich in einen Kampf gegen Verfehmte stürzt?"


    Das wäre durchaus denkbar, denn auch Nicklas veränderte sich etwas während er kämpfte.

    Für einen kurzen Moment konnte man so etwas wie ein schmunzeln auf Nicklas' Gesicht erkennen.
    Dann sammelte er seine Waffen ein und folgte der Menge, langsam, damit Bruder Silas ohne weiteres aufschließen konnte.

    Nicklas schaute zu Boden.


    "Ich bitte um Verzeihung. Ich habe in letzter Zeit wohl zu vielen Außenstehenden beim Reden zugehört."


    Nun, solange er ein Zuhörer bleibt, gibt es keine Probleme.
    Dass er es so oft schaffte, sich in Schwierigkeiten zu bringen wenn er zum Redner wird, ist allerdings äußerst problematisch. Nichts würde sich ändern wenn er stumm bleibt.

    Nicklas winkte ab.


    "Wir kennen uns bereits, keine Sorge."


    Er wandte sich den Neuankömmlingen zu.


    "Falls Bruder Salim sich noch gut an unser Gespräch erinnert, versteht er vielleicht warum ich dieses Thema gegenüber der Mutter Konfessor angeschnitten habe.
    Und Bruder Magon, danke dass du mir kurzzeitig dein Schild geliehen hast. Selbst ein Seraphim kann mit bloßem Körper nur begrenzt viele Pfeile abfangen, auch wenn es damals glücklicherweise nicht dazu gekommen ist. "


    Nun blickte er wieder Bruder Silas an.


    "Mein Angebot steht nach wie vor. Aber mir scheint unser jetziges Ziel hat sich geändert. Die Entscheidung überlasse ich dir."

    Nicklas hatte den Ausgang des Kampfes noch nicht ganz verarbeitet. Frederick war ihm weit überlegen und er hatte ihm bereits eine Niederlage erspart.


    Ein wenig Glück? Nein. Es war unverschämt viel Glück. Mir wurde beigebracht, gegen den Drang, sich zurückzuziehen anzukämpfen und stattdessen die Waffe zu blockieren. Aber dass ich in einer solchen Situation jemals tatsächlich den Spieß umdrehen kann, hätte ich nie gedacht.


    Ein kurzer Anflug von Bitterkeit huschte kurz über sein Gesicht als er Frederick nachschaute und dabei die Hand zur Faust ballte.
    Nicklas hatte es übertrieben und in einer schwierigen Situation zu viel Kraft eingesetzt. Bei der ersten Begegnung mit seinem Diener hatte er diesen verletzt. Er hatte gegen die Vorgaben verstoßen die er sich vor dem Kampf aufgesetzt hatte.


    Das war kein Sieg...
    das war... schändlich....


    Sein Gedankenfluss wurde von Argols Schrei unterbrochen und er schaute überrascht zu diesem herüber.

    Nicklas hatte wohl nochmal Glück im Unglück gehabt.


    Er packte die Waffenhand des Gegners mit der Rechten am Handgelenk und zog diesen an sich während er das Handgelenk verdrehte. Den linken Unterarm legte er auf den gegnerischen Oberarm und drückte damit zu um Frederick auf einer Kreisbahn entlangzuziehen und zu weiter nach unten zu drücken.


    Es war einer der einfachsten Hebel.


    Nun hängt alles davon ab ob er sich rechtzeitig losreißen kann.


    Nicklas achtete vor allem darauf, das Handgelenk unter Kontrolle halten, damit die Waffe nicht wieder frei wird.

    Der junge Seraphim nickte nur und verabschiedete sich stumm.
    Diesmal tat er es so wie es sich gehörte, mit der Faust über dem Herzen und einer Verbeugung, der dritten an diesem Tage.


    Er war innerlich etwas erschöpft.

    Nicklas konnte sich nicht erinnern wann er das letzte mal so nervös war.
    Mehrmals durchstöberte er sein Wissen um ganz sicher zu sein dass er die Geste richtig deutete. Stirn, Schläfe und Kinn, aber auch Wange? Nein, es half nichts. Er war zu verwirrt.


    Aber die Worte der Mutter Konfessor waren eindeutig. Der junge Mann verbeugte sich wieder leicht.


    "Ich danke euch dass ihr mir zugehört habt. Ich wünsche dass euch der Aufenthalt als gute Erinnerung im Gedächtnis bleibt."


    Es war besser ausgegangen als er es sich hätte träumen können. Nun, Missverständnisse wären immer noch möglich. Es wusste immer noch niemand, was sein eigentliches Ziel war. Doch weitere Erklärungen wären vorerst überflüssig.


    Der erste Schritt war getan und Nicklas hatte viel dadurch gewonnen. Beispielsweise die Erkenntnis dass er nicht vollkommen machtlos war. Vor allem aber die Erkenntniss dass ihm sein Ziel wirklich wichtig war, wichtig genug um Risiken wie das heutige einzugehen. Es war nicht nur ein flüchtiger Wunsch oder ein kurlzebiger Traum.


    An diesem Tag, der gar nicht schlechter für ihn hätte anfangen können, erlblickte Nicklas ein Licht das heller war als alles zuvor.

    Der junge Mann bedankte sich für diese Gelegenheit.


    Nun kam der wichtigste Teil. Der Teil der alles entscheiden würde.
    Nicklas musste seine Worte gut wählen.


    "Selbst jemandem wie mir ist aufgefallen, wie sich nach eurer Ankunft in der Festung die allgemeine Stimmung änderte.
    Ohne euch dabei in irgendeiner Weise zu nahe treten zu wollen, glaube ich dass die Kombination von eurem Titel und dem herannahenden Fest für einige unangenehme Erinnerungen wecken."


    Er schaute kurz zu zwei älteren Herren herüber, die der Mutter Konfessor seit einer Weile böse Blicke zugeworfen haben ehe er weitersprach.


    "Ihr jedoch seid mehr als nur euer Titel. Ihr seid eine Person. Viele, vor allem die vom Einfachen Volk vergessen das. Immer wenn etwas, das ihr tut, sich nicht mit dem Titel deckt, erregt es viele Gemüter. Decken sie sich in anderen Fällen zu sehr, beschweren sich Andere."


    Bisher hatte Nicklas alles nur kopfschüttelnd mitangesehen. Doch irgendwann war die Furcht in seinem Herzen groß genug um ihn zum Handeln zu zwingen.


    "Ich ließ den Titel also weg um zu zeigen dass sich dahinter eine Person befindet. Auf meine unbeholfene Art wollte ich ein Zeichen setzen."


    Leider war er diesmal zu unbeholfen. Er hätte sich mehr Zeit zur Planung lassen sollen. Ein Zeichen zu setzen dass er erst erklären musste, war im schlimmsten Fall kontraproduktiv.


    Aber solange er etwas bewirken konnte und dabei nur sich selbst schadete, war der Preis niedrig.


    "Wer euch nicht als Person sehen kann, dem fehlt jede Voraussetzung, euch zu verstehen. Und Wahrnehmung ohne Verständnis führt zu Problemen und Konflikten."


    Er war noch nicht fertig, doch das wichtigste war nun gesagt. Nur wenn die Mutter Konfessor diesen Teil akzeptierte, machte es Sinn, fortzufahren.

    Dass er ein Risiko eingegangen war, war ihm bewusst.
    Aber erst jetzt, wo er über die Grobheit seines Verhaltens belehrt wurde, wurde ihm klar, wie groß. Und plötzlich schien die Idee, die als Grundlage seiner Anrede gedient hatte, gar nicht mehr so gut.


    "Dass die ihr in keinem Fall als Mutter Sylvana angesprochen werden könnt, war mir nicht klar. Auch entschuldige ich mich dafür, sollten euch meine Worte gekränkt haben."


    Ihrem Ton nach zu urteilen war die Mutter Konfessor sehr gütig zu ihm.


    Leider hatte er diese Güte in keinster Weise verdient.


    Zum Zurückrudern war es nun zu spät. Nein, es war zu keinem Zeitpunkt möglich. Zwar hatte er die Möglichkeit, alles als einen Fehler abzutun und auf mangelndes Wissen zu schieben... aber das wäre eine Lüge und käme daher nicht in Frage. Als Seraphim konnte er nicht den einfachen Weg gehen, schon gar nicht im Angesicht der Person die den Aspekt der Wahrheit verkörperte.


    "Allerdings muss ich gestehen dass ich euren Titel bewusst nicht in der Anrede verwendet habe. Sollte ich mich nicht weiter dazu äußern dürfen, so stecke ich nun in größten Schwierigkeiten.
    Ich bitte daher darum, mich erklären zu dürfen."


    Es war eine sehr kurzfristige Entscheidung, das 'hallo sagen' zu etwas vollkommen anderem zu machen. Und es war Bruder Silas gegenüber nicht gerecht, ihn das alles mitansehen zu lassen. Aber nun ließ sich nichts mehr rückgängig machen.
    Er allein hatte dieses Vorhaben in die Wege geleitet und er allein würde dafür bestraft werden. Diese Dinge standen bereits fest. Das einzige was noch nicht entschieden war, ob sein Vorhaben früchte tragen würde oder eben das Gegenteil des gewünschten Effekts erzielen.

    Erneut glaubte Nicklas, zu wissen worauf Mutter Sylvana hinaus wollte. Aber auch diesmal könnte er sich irren.
    Noch wichtiger war aber, dass er sich erst erklären konnte wenn man es ihm gestattete. Wirklich sprechen durfte er erst wenn die Lektion vorbei war. Bis dahin durfte er nur Fragen beantworten.
    Also antwortete er.


    "Ja, werte Mutter."