Beiträge von Valentin aus Exilia

    Ein Bote informierte den Cubitor Zarim Duronius darüber, dass der Protektor ihn an der Promenade der Unsterblichen zu sprechen wünschte.


    Derweil beendete Valentin gerade seine Arbeit, in den noch immer nicht eingerichteten Amtsräumen, und warf sich seinen braunen Umhang über, um sich vor den kalten Winden zu schützen.
    Draußen lag trotz der Jahreszeit kein Schnee, was nicht sonderlich verwunderlich war bei den Stürmen die zu toben pflegten und beharrlich zu verhindern wussten, dass das Wasser vor der Küste gefror.
    Nachdem der Protektor die Große Halle durchschritten hatte gelang er zum Portal des Kuppelbaus und trat hinaus. Fest schlang er den Wollmantel um sich und sog genüsslich die kühle Luft ein. Von hier aus hatte man einen recht guten Blick auf die Siedlung und ein zufriedenes Schmunzeln flog über sein Gesicht, als er daran dachte wie sehr er seine Heimat schätzte.
    Seine Schritte führten ihn eilig an der Großen Halle vorbei in Richtung der abgesenkten Plattform, die von den Exilanten die „Promenade der Unsterblichen“ genannt wurde.
    Hier wehte ihm bereits der Nordwind entgegen, fuhr ihm durchs Haar und spielte mit seinem Mantel. Anstatt dem Weg nach rechts entlang den Gedenktafeln und Staturen zu folgen blieb er jedoch in der Nähe der Treppen und lehnte sich an die steinerne Brüstung.
    Von dort an ging es mehrere hundert Schritt steil hinab, bis der Fels sich mit der ewig tosenden See vereinte. Der Protektor wusste, dass das Meer an dieser Stelle noch wesentlich tiefer ging, ein Grund für den ertragreichen Fischfang, von dem die Siedlung unter anderem lebte.


    Er sah nach links und blickte hinab auf die Nasse Klippe, der Teil an dem die Fischer Exilias ihre langen Netze nach unten warfen und wieder emporzogen. Der Fang des Tages war bereits eingeholt worden. Die Fischer schienen weitestgehend zufrieden mit der Ausbeute, auch wenn in den vergangenen Monaten wiederholt besorgte Stimmen an die Protektoratsführung herangetragen wurden. Einige Leute waren dabei die Netze für den nächsten Einsatz vorzubereiten: Sie flickten kleinere Stellen, entwirrten Knoten und legten die Verflechtung nahe der Kante zurecht. Die Versorgung der Siedlung war zu Genüge gesichert. Allein darauf kam es letztlich an.

    Zitat

    Zarim Duronius schrieb:
    Die Promenade der Unsterblichen liegt ein paar Meter tiefer als der höchste Punkt der Siedlung, auf dem die Große Halle thront. Sie ist ein Plateau von ca. 160 Metern Länge und der nördlichste Punkt Exilias. Zur Meerseite ist sie von einer Brüstung begrenzt, darunter fällt die Klippe, auf der die Siedlung ruht, 300 Meter nahezu senkrecht bis zum Meer ab. Auf der Brüstung sind eine Reihe etwa lebensgroßer Statuen installiert. Zu erreichen ist die Promenade, indem man zwischen der Außenmauer der Großen Halle und dem Eingang zum Fischereiviertel hindurchgeht. Hier sinkt der Boden zu Promenade hin ab. Außerdem befindet sich an der östlichen Seite des Plateaus ein großer Wachturm, der eine Treppe hinauf zum Principal besitzt. Der Zugang zur Promenade ist allen Exilanten jederzeit möglich. Allerdings verlangt der Zweck des Ortes dem Besucher ein gewisses Maß an Respekt ab. Die Promenade der Unsterblichen bietet einen überwältigenden Blick auf den schäumenden Ozean und bei klarem Wetter kann man von hier aus über 40 Meilen weit sehen. Viele Exilanten schätzen den Platz als Ort für eigene Gedanken.

    Kurz nach Mittag, es hatte eine gute Fischsuppe mit kräftigem Brot gegeben, eilten geschäftige Schritte, aus der Großen Halle, der Schmiede entgegen. Schwarze Schuhe, mit flachen Absätzen, trafen auf die gepflasterte Straße. Hohe, weiße Strümpfe, eine grüne Uniform, darunter ein weißes Hemd. Am Revers prangte noch immer eine gebleichte Larkfeder, das Erkennungszeichen eines Cubitors. Im Vorbeigehen grüßten die Leute respektvoll. Der Mann folgte der Straße zu den Stallungen passierte den Durchgang und ging auf den schlichten Steinbau zu. Schließlich betrat er die Schmiede.


    Im Inneren war es dämmrig, damit die Arbeiter erkennen konnten, wann das Metall heiß genug war bearbeitet zu werden. Einen Moment lang brauchte der Neuankömmling um sich daran zu gewöhnen. Er kniff die Augen zusammen und schaute sich um:
    Eine große Esse stand in der Mitte des Raumes, weiter hinten zwei etwas Kleinere. An zahlreichen Ambossen und Arbeitsflächen standen kräftig aussehende Schmiede, die ihrer Arbeit nachgingen. Einige verrichteten kleinere Aufgaben und stellten einfache Nägel oder Nieten her, Andere schmiedeten Haken oder Spieße, die wohl für die Fischer gedacht waren. Im Hinteren Teil des Raumes, in der Nähe einer kleineren Esse stand ein hölzerner Bock, der grob die Form eines Larks nachbildete. An ihm hingen ein paar vereinzelnde Metallplatten. Auf dem Rücken war nachlässig ein abgenutzter Sattel geschnürt worden.


    Die Personen, die der Mann in Uniform passierte blickten kurz auf und stellten ihre Arbeit für einen Moment lang ein, nahmen diese jedoch wieder auf, als sie erkannten, dass nicht sie der Grund für den unangekündigten Besuch waren. Zielstrebig ging der Mann auf die Person zu, die neben dem Larkmodell an der Esse arbeitete. Es war Aarn Thomasson, der erste Lehrling des Schmiedemeisters.

    Gegenüber den ausgebauten Stallungen, auf dem Weg zur Larkschreihöhe, liegt die Schmiede Exilias.
    Das Gebäude gehört zu den ersten Bauten, die außerhalb des damaligen Forts errichtet worden waren. Schlicht und solide trotz es dem ewig stürmenden Winden. Aus einem Schlot dringt Rauch, welcher schnell verfliegt.


    Der Klang eifrig schmiedender Hämmer auf Metall mischt sich im Nordwind mit den Lauten der Larks.

    Die Gestalt mit den spitzen Ohren zuckte gleichgültig mit den Schultern und ließ den Heiler seine Arbeit verrichten. Nachdem dieser beendet war sprang er munter auf und verabschiedete sich: Er hatte vermutlich nichts Spannendes mehr in dem Raum entdeckt und machte sich nun auf neue Dinge zu erforschen.


    Bruder Vitus blieb allein im Behandlungsraum zurück. Im Wartezimmer hatte unterdes niemand mehr Platz genommen.

    "Dieser Eine ohne Schuhe." Sorglos ließ der Patient seinen Blick wieder durch den Behandlungsraum schweifen. "Er hat gesagt, dass er noch lernt wie man ein Heiler wird. Er hat mir was auf meinen Arm gemacht, wo das geblutet hat und später... ist das dann grün geworden."

    "...die Stellen sollten schnell ausheilen", äffte er Bruder Vitus nach. Er verstand dies als Spiel und sein Gesicht zeigte keinerlei Anzeichen, dass ihm das peinlich gewesen wär'.
    "Das hat der andere Mann auch schon behauptet - trotzdem hat's weitergejuckt.", sagte er anschließend.

    "Ich schlafe jede Nacht auf Stroh." Es klang geradezu so, als sei dies ein erheblicher Fortschritt gegenüber dem, worauf er viele Jahre davor täglich geschlafen hatte. "Insektenstiche? Nein, nein: Von Insekten lasse ich mich nicht stechen. Das tut nämlich weh!" Erfreut darüber seine Entdeckungen mit dem Heiler teilen zu können wiederholte er den letzten Teil noch einmal mit erhobenem Zeigefinger.

    Nachdem Bruder Vitus ihr ein kleines Fläschchen gereicht hatte, die ihr Leiden lindern würde, erhob sich die alte Frau, bedankte sich und verließ auf einen Stock gestützt die Krankenstube. Auch wenn der Heiler sie nicht hatte kurieren können, so war es ihm dennoch gelungen der alten Dame eine Zufriedenheit zu schenken, die sie entlastete um beruhigt ihrem Ende entgegen zu gehen.


    Als letztes war schließlich noch die unruhige Gestalt im Flur geblieben, die mittlerweile wieder aufgesprungen war und auf und ab ging. Dabei kratzte er sich unablässig den Arm.

    "Ach Herr Vitus is jeht zu Ende mit mir."
    Mit zittriger Stimme gefolgt von einem erneuten Hustenanfall, der die Frau zusammenzucken ließ, berichtete die Frau dem Heiler von ihrem Leiden: Vor zwei Jahren sei sie mit ihrem Sohn und dessen Familie nach Exilia gekommen und hatte mit dem Spinnen von Wolle ihr Brot verdient. Schon damals habe sich ein Hustenreiz eingestellt, der selbst von der frischen Seeluft nicht hatte kuriert werden können. Bruder Valentin habe ihr damals geraten Spaziergänge an der Promenade der Unsterblichen zu machen, doch seit dem die Schmerzen in der Seite nicht nachlassen wollten könne sie kaum mehr gehen.
    Aus dem Gesicht der Frau war das Leid vieler Jahre abzulesen. Hätte sie in der Alten Welt weniger schwere Arbeit verrichtet und hätte sie nicht so Vieles auf sich genommen um schließlich nach Mitraspera zu gelangen, so hätte man ihr vielleicht helfen können. Nun war sie jedoch alt geworden und ihr schwacher Puls verriet jedem kundigen Heiler, dass man zwar die Symptome bekämpfen und ihre Leiden mildern, nicht jedoch das Unvermeidbare aufhalten konnte: Sie würde innerhalb des nächsten halben Jahres gen Norden gehen.

    Der dümmlich aussehende Junge erhob sich und folgte Bruder Vitus in eines der anliegenden Behandlungsräume. Seinen Arm hielt er dabei angewinkelt und nahe am Körper. Kaum hatte sich die Tür geschlossen drang erneut ein Husten aus dem Vorzimmer.
    Der Raum in dem Vitus und der Junge nun standen war deutlich heller als der Vorherige. Tageslicht drang durch große Fenster hinein, Leuchten an den Wänden und der Decke sorgten für zusätzliches Licht. In der Mitte stand eine hölzerne Pritsche, an den Seiten waren größere Schränke und Ablageflächen auf denen medizinisches Besteck, sowie eine Vielzahl von Flaschen und Fläschchen bereitstanden. Eine andere Person hatte erst vor wenigen Augenblicken eine Salbe angerührt: Die Utensilien und zerhackte Kräuter lagen noch immer auf einem der Tische herum.
    Der Junge setzte sich auf die Pritsche und während Bruder Vitus den Arm von dem blutigen Tuch befreite begann er zu erzählen:
    „Ich bin der Gunni, Sohn von Fridmut dem Schreiner.“, verkündete er stolz. „Ich arbeite ganz neu bei den Schreinern in der Werkstatt.“
    Die unteren Lagen des Tuches waren blutgetränkt und klebten am dürren Arm des Jungen. Dieser verzerrte zwar ab und zu das Gesicht, schien jedoch mehr interessiert denn schockiert von der Wunde zu sein.
    „Mutter sagt, dass ich noch zu jung wär‘ um zu arbeiten, aber Vater hat mich gleich mitgenommen - damit ich was tücht‘ges lern‘ sagt er.“
    Das rote Tuch war nun vollständig abgewickelt und wurde in eine Schüssel getan, die neben der Pritsche bereitlag. Der Junge hob den Arm etwas um sich ein eigenes Bild der Wunde zu machen.
    „Tja, da hab ich wohl nicht richtig aufgepasst mit der Säge.“ Ein dümmliches Grinsen breitete sich erneut auf dem Gesicht aus. Blut rann den Arm Richtung Ellenbogen hinab sammelte sich dort für einen Moment um anschließend als Tropfen hinab auf die Hose des Jungen zu fallen. Hatte sich das Blut einmal seinen Weg gebahnt tropfte es anschließend in immer kürzer werdenden Abständen.
    Die Wunde selbst war gut einen Zeigefinger lang und nicht besonders breit, doch hatte die scharfe Säge sich tief ins Fleisch des Armes gegraben. Ob Wichtigeres verletzt worden war lies sich auf den ersten Blick nicht erkennen.

    Auf den Straßen Exilias herrschte bereits reges Treiben. So auch im Ehrenpreis, in dem die Krankenstube lag.
    Das Gebäude lag nahe des Brunnens am Baldrianring, an dem auf der anderen Seite die Alchemerey errichtet worden war. Es handelte sich um einen schlichten, zweistöckigen Bau der sich in das übrige Straßenbild eingliederte. Über dem Eingang hing ein Schild mit der Aufschrift „Krankenstube“.
    Das Eingangszimmer war fad beleuchtet und schien etwas düsterer als das draußen vorherrschende, winterlich bedeckte Wetter.
    Zu beiden Seiten standen lange Bänke an der Wand, auf denen die Wartenden üblicherweise Platz nahmen. Vitus am nächsten saß ein dümmlich aussehender Jüngling, dessen Hand in ein Tuch gewickelt war, welches stellenweise blutige Verfärbungen aufwies. Trotz der Schmerzen die der Junge hatte versuchte er Bruder Vitus möglichst breit anzugrinsen. Ihm gegenüber hatte eine ältere Frau Platz genommen die sich unter einem Hustenanfall krümmte. Dritter im Raum war eine kleinere Gestalt mit spitzen Ohren die unablässig auf und ab ging und sich dabei den bereits blutig gescheuerten Arm kratzte.


    Beim Betreten des Raumes schauten die drei Gestalten auf und grüßten Bruder Vitus, erfreut darüber jemanden zu erblicken, der unter den Siedlern bekannt war, nicht zuletzt wohl durch den Ruf seines Mitbruders, dem neuen Protektor Exilias.

    Valentins Mund war vollkommen trocken. Plötzliche Unruhe ergriff ihn.
    Diese Schriften durften auf keinen Fall in falsche Hände geraten! Nicht ohne Grund hatte jemand - Kire selbst oder Venya im Auftrage Kires - diese Blätter verschwinden lassen wollen.
    Nein - zumindest nicht vollkommen, denn die Person hatte sie hier versteckt wohl wissend, dass es enteeckt werden würden sobald der Lark Kires seinen Stall verließ. Es blieben zwei Möglichkeiten: Entweder er hatte nicht damit gerechnet, dass der Lark jemals wieder seine Box verlassen würde, in diesem Fall würde dieser jemand vermutlich sehr bald zurückkommen um die Papiere an einen anderen Ort zu bringen, oder aber er hatte damit gerechnet und war mit den anderen Siedlern fortgezogen. In beiden Fällen hätte es sich um jemanden handeln müssen, der gut mit Kire vertraut gewesen war, andernfalls hätte der graue Lark wohl kaum bereitwillig auf die Truhe aufgepasst.


    Eines war klar: Valentin musste diese Schriften in Sicherheit bringen, denn hier waren sie nicht länger verborgen.
    Einen Augenblick stutzte Valentin. Vor wem hatte dieser jemand etwas verbergen wollen? Hatte er Angst, dass nach der Hinrichtung Kires auch sein Heim durchsucht werden würde? Von wem? Von Außerhalb? Oder hatte dieser Jemand gar eine Durchsuchung von Innen befürchtet? ...


    Eilig ging Valentin zu seinem Lark und nahm ihm mit rutinierten Handgriffen die Satteltaschen ab. Glücklicherweise trug er nie viel mit sich herum. Einerseits wollte er das riesige Tier nicht unnötig belasten, was absurd war, da der Lark das Gewicht eh kaum gespürt hätte, andererseits, weil er eh kaum etwas zu befördern gehabt hätte. Die Taschen waren also nahezu leer.
    Darauf bedacht die Papiere nicht zu beschädigen sammelte er den Inhalt der Truhe zusammen und lies alles in die Taschen gleiten. Zum Schluss nahm er das Buch zur Hand und strich andächtig über den Rücken.
    Was würde ihm dieser Wälzer wohl offenbaren? Vorsichtig legte er das Buch zu den Papieren und warf sich die Taschen über die Schulter.


    Anschließend ging er hinüber zur Hinterwand der Box, an der unter anderem das Zaumzeug des Larks hing. Das edel gearbeitete Reitzubehör war wenig genutzt worden. Valentin nahm es von der in Dunkelheit liegenden Wand und warf es in die Kiste, ließ den Deckel zufallen und verstreute noch etwas Stroh. Jeder der nun nach ihm diese Kiste finden würde musste annehmen, dass die halb in den Boden versunkene Kiste nichts Ungewöhnliches darstellte, zumal darin lediglich das durchaus wertvolle Zaumzeug des grauen Larks gelagert wurde, das dieser zu beschützen gesucht hatte. Jedenfalls keine Spur davon, dass sich in dieser Truhe bis vor Kurzem noch ein wahrer Schatz befunden haben musste.


    Bei dem Gedanken daran, was Valentin da auf seiner Schulter spazieren trug wurde ihm schwindelig.
    Er versorgte seinen Lark, nahm ihm Zaumzeug und Sattel ab und machte sich anschließend auf direktem Wege auf zu seinen Gemächern.

    Valentin vergewisserte sich noch einmal, dass sich niemand in der Nähe befand. Er war vollkommen allein. Allein mit der Kiste.


    Er war sich sicher, dass der prächtige graue Lark Kires nicht ohne Grund gerade zu diesem Zeitpunkt ausgerissen war und ein Verdacht ging ihm nicht aus dem Kopf, nämlich, dass auch Venya von dieser Kiste etwas gewusst hatte und ganz genau geplant war, dass sie mit ihrem Weggang gefunden wurde. Der Verdacht lag nahe, war sie doch eine Vertraue Kires und Geschickt im Umgang mit den Larks gewesen. Noch etwas schoss ihm durch den Sinn als er nachdenklich die halbvergrabene Truhe musterte: Venya hatte ihn, Valentin mit seinem Lark nach Exilia kommen sehen. Sie musste sich im Klaren darüber gewesen sein, dass er persönlich seinen Lark zu den Stallungen bringen würde, so wie er es immer tat. Hatte Venya sogar darauf spekuliert, dass er und nur er diese Kiste finden würde? Und was wenn es so war? Was würde er in dieser Kiste finden?


    Valentins forschender Blick wanderte über die Holzkiste. War sie verschlossen? Wohlmöglich magisch? Er konnte nichts dergleichen erkennen, aber was verstand ein nicht-magisch-begabte Wesen, wie er, schon von diesen Teufeleien? (Drei Mal im Uhrzeigersinn gedreht und drei Mal auf die Erde gespuckt!)


    Vorsichtshalber ließ er die Zügel seines Larks los. Er brauchte sich nicht weiter um sein eigenes Tier zu sorgen - ihm würde es nichts tun, so weit hatte er die Beziehung zwischen Lark und Reiter begriffen.
    Dann kniete er sich hin und streckte seine linke Hand aus um über das Holz der Kiste zu streichen.

    Mit der Stiefelspitze schob Valentin das Stroh beiseite um einen freien Blick auf die Holzplatte zu erhalten.
    Handelte es sich gar um einen verborgenen Zugang, den der Lark all die Zeit über bewacht hatte?


    Da sein eigener Lark vollkommen ruhig war konnte Valentin davon ausgehen unbeobachtet zu sein.
    Zudem lag die verlassene Box im hinteren Teil der Stallungen und war somit ohnehin dämmrig genug um kein Aufsehen zu erwecken. Nicht ein mal einer der Stallburschen war zu sehen. Bei dem ganzen Trubel hatten sie ohnehin genug zu tun.

    Eine rätselhafte Faszination ging von der Box aus und ergriff von Valentin Besitz.
    Er wusste selbst nicht, was ihn so sehr in die, nunmehr verlassene Stallung, zog, nur dass dieser Ort etwas Ursprüngliches, etwas Unangetastets an sich hatte. Seit dem Tod Kires hatte dessen Lark niemanden mehr an sich heran gelassen, selbst die Stallburschen hatten es nicht gewagt dem trauernden Riesenvogel zu nah zu kommen.


    Das trockene Stroh knisterte unter den Stiefeln, als Valentin die Box betrat. Bedächtig ging er auf das nestähnliche Gebilde in der Mitte zu. Sein Blick suchte den von Heu bedeckten Boden in neugieriger Erwartung irgendetwas Ungewöhnliches zu finden ab.