Gegen Abend wurden Naira, Aenna und Fuchs von einem etwas zaghaften Mann mit wohlgestutztem Bärtchen, der sich als Tristan, einer der Diener Galwines vorstellte, in ihren Unterkünften abgeholt und zu einem kleinen Saal geführt, der im östlichen Flügel der Große Halle untergebracht war. Er ähnelte jenem, in dem Naira vor wenigen Monaten dem Valentinsfest beigewohnt hatte. Auch hier stand eine lange Tafel in der Mitte des Raumes, sie war allerdings ein wenig kürzer. In einem Kamin prasselte ein Feuer, der Raum war erhellt von Kerzen und Pilzlampen, Wandteppiche und Banner hingen an den Wänden. In Nischen an beiden Querseiten standen vier Gerüstete, die man aus dem Augenwinkel für Statuen hätte halten können, auch wenn sie entschieden weniger steif dastanden.
Auf dem breiten Stuhl an der Stirnseite saß Galwine Camdagnir. Er unterhielt sich mit einem weiteren Exilanten, der ein kleines Schreibpult vor sich auf den Tisch gestellt hatte und eine Schreibfedern der Hand hielt.
Als die Gäste eintrafen, erhob er sich, packte mit wenigen Handgriffen seine Sachen zusammen, nickte ihnen freundlich zu, deutete eine Verbeugung in Richtung des Protektors an und verschwand durch eine nur mit einem Vorhang verschlossene Tür an der Nordseite.
Nun erhob sich auch Galwine, trat mit einem Lächeln ein paar Schritte auf sie zu, reichte jedem die Hand und sagte:
„Willkommen in Exilia- nun noch einmal meinerseits! Ich bin hoch erfreut, bereits nach so kurzer Zeit wieder Bewohner Kjonas als Gäste empfangen zu dürfen. Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise, habt alles zu Eurer Zufriedenheit vorgefunden und Gelegenheit gehabt, Euch ein wenig zu erholen und vielleicht auch umzusehen.“ Der letzte Teil klang stark nach einer Frage. „Bitte setzt Euch!“ Er deutete einladend auf die drei eingedeckten Plätze rechts und links der Tafel und kehrte auf seinen Platz zurück. Im selben Moment traten nacheinander drei Diener aus der Tür mit dem Vorhang. Der erste trug mehrere Karaffen auf einem Tablett, stellte es auf einem Tisch an der Wand ab und begann damit, die Kelche der Gäste und des Protektors mit einer dunkelroten Flüssigkeit zu füllen. Sie stellte sich als Preiselbeersaft heraus.
Die anderen beiden Bücklinge stellten mehrere Brotkörbe mit duftenden Laiben offenbar unterschiedlichster Varianten des besten Brotes aller Welten, kleine Karaffen mit Knoblauchöl und Tiegel mit Rothschmalz, Knoblauchbutter und Salz auf den Tisch. Es war die Vorspeise.
Noch ehe sie verschwunden waren, erhob Galwine seinen Kelch, sagte den anderen zuprostend: „Exilia, Preis und Ehr!“- offenbar ein Trinkspruch- trank und begann, das Brot zu verteilen.
Nach der ersten Stärkung erklärte er: „Nun bin ich aber doch neugierig. Reiner Freude am Reisen oder dem bloßen Bedürfnis diese Stadt zu sehen, werde ich Euren Besuch nicht zu verdanken haben. Was führt Euch hierher?“