Schmackhafte Audienz

  • Gegen Abend wurden Naira, Aenna und Fuchs von einem etwas zaghaften Mann mit wohlgestutztem Bärtchen, der sich als Tristan, einer der Diener Galwines vorstellte, in ihren Unterkünften abgeholt und zu einem kleinen Saal geführt, der im östlichen Flügel der Große Halle untergebracht war. Er ähnelte jenem, in dem Naira vor wenigen Monaten dem Valentinsfest beigewohnt hatte. Auch hier stand eine lange Tafel in der Mitte des Raumes, sie war allerdings ein wenig kürzer. In einem Kamin prasselte ein Feuer, der Raum war erhellt von Kerzen und Pilzlampen, Wandteppiche und Banner hingen an den Wänden. In Nischen an beiden Querseiten standen vier Gerüstete, die man aus dem Augenwinkel für Statuen hätte halten können, auch wenn sie entschieden weniger steif dastanden.

    Auf dem breiten Stuhl an der Stirnseite saß Galwine Camdagnir. Er unterhielt sich mit einem weiteren Exilanten, der ein kleines Schreibpult vor sich auf den Tisch gestellt hatte und eine Schreibfedern der Hand hielt.


    Als die Gäste eintrafen, erhob er sich, packte mit wenigen Handgriffen seine Sachen zusammen, nickte ihnen freundlich zu, deutete eine Verbeugung in Richtung des Protektors an und verschwand durch eine nur mit einem Vorhang verschlossene Tür an der Nordseite.


    Nun erhob sich auch Galwine, trat mit einem Lächeln ein paar Schritte auf sie zu, reichte jedem die Hand und sagte:

    „Willkommen in Exilia- nun noch einmal meinerseits! Ich bin hoch erfreut, bereits nach so kurzer Zeit wieder Bewohner Kjonas als Gäste empfangen zu dürfen. Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise, habt alles zu Eurer Zufriedenheit vorgefunden und Gelegenheit gehabt, Euch ein wenig zu erholen und vielleicht auch umzusehen.“ Der letzte Teil klang stark nach einer Frage. „Bitte setzt Euch!“ Er deutete einladend auf die drei eingedeckten Plätze rechts und links der Tafel und kehrte auf seinen Platz zurück. Im selben Moment traten nacheinander drei Diener aus der Tür mit dem Vorhang. Der erste trug mehrere Karaffen auf einem Tablett, stellte es auf einem Tisch an der Wand ab und begann damit, die Kelche der Gäste und des Protektors mit einer dunkelroten Flüssigkeit zu füllen. Sie stellte sich als Preiselbeersaft heraus.

    Die anderen beiden Bücklinge stellten mehrere Brotkörbe mit duftenden Laiben offenbar unterschiedlichster Varianten des besten Brotes aller Welten, kleine Karaffen mit Knoblauchöl und Tiegel mit Rothschmalz, Knoblauchbutter und Salz auf den Tisch. Es war die Vorspeise.


    Noch ehe sie verschwunden waren, erhob Galwine seinen Kelch, sagte den anderen zuprostend: „Exilia, Preis und Ehr!“- offenbar ein Trinkspruch- trank und begann, das Brot zu verteilen.

    Nach der ersten Stärkung erklärte er: „Nun bin ich aber doch neugierig. Reiner Freude am Reisen oder dem bloßen Bedürfnis diese Stadt zu sehen, werde ich Euren Besuch nicht zu verdanken haben. Was führt Euch hierher?“

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

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  • Fuchs hatte sich für den Abend etwas herausgeputzt. Schließlich hatte er ja gelernt, dass man dies bei solchen Situationen tun sollte. So hatte er eine feine, schwarz/grüne Weste, die mit entgegengesetzt farbigen Blumen bestickt war angezogen, sowie die Fuchsohren aus Stoff, die er vor einer Weile von einem kleinen Mädchen geschenkt bekommen hatte. Ansonsten trug er aber seine normale, weite Kleidung.


    Er war einfach gefolgt, als sie abgeholt wurden. Er war etwas eingeschüchtert in dem großen Haus, wollte sich dies aber nicht anmerken lassen. Allerdings überraschte ihn, das jemand den Raum verließ, als sie eintraten. Einen Moment überlegte er, etwas zu sagen, lies es dann aber.


    Fuchs war erleichtert, das hier offensichtlich ein Handschlag als Begrüßung reichte und gab Galwine fröhlich die Hand. "Ich bin froh hier zu sein und die Reise war aufgrund der Gesellschaft sehr angenehm." Bei den letzten Worten lächelte er zu Naira und Aenna. "Umgesehen habe ich mich etwas. Ich finde es beeindruckend was in einer Stadt alles gebaut wird und wie eng die Leute zusammenleben. Allerdings fällt mir die Orientierung hier etwas schwer."


    Er setzte sich als Galwine sie darauf hinwies. Neugierig beobachtete er, als die Speisen und Getränke gebracht wurden. Vorsichtig griff er nach den verschiedenen Dingen und roch kurz daran. Als Galwine seinen Kelch erhob, ahmte er ihn nach und trank dann ebenfalls. Dann versuchte er sich daran, alles was aufgetragen wurde, zu probieren.


    Auf die Frage von Galwine erwiderte er nach kurzer Überlegung. "Ich bin stellvertretend für die Buntfüchse aus dem Westen hier. Wir wollten im Westen siedeln, allerdings sind wir zu wenige als das man uns dass dazu Notwendige Land geben könnte weil wir keine Burg verteidigen könnten oder sowas in der Art... Auf meinen Reisen in der Welt hinter den Nebeln, habe ich Hausboote kennengelernt. Das Hätte den vorteil, das wir kein eigenes Land bräuchten und wir könnten Freunde auf ganz Mythodea besuchen. Da du bei unserem letzten Treffen so eindrucksvoll von den Schiffen erzählt hast, die hier gebaut werden und weil ich dir ja einen Gefallen mit dem Geist, der in Verbindung mit eurem nicht tödlichen Attentäter steht, getan habe, hatte ich auf ein gutes Angebot für die Vertigung solcher Boote gehofft." Mit einem Lächeln schloss Fuchs ab.

  • Aenna hatte höflich und freundlich auf alles reagiert. Vielleicht war Galwine und aufgefallen, dass Aenna seine Hand zur Begrüßung eine halbe Sekunde zu lang gehalten hatte. Tatsächlich schien sie sehr glücklich ihn zu sehen. Auf jeden Fall verbesserte sich ihre Stimmung deutlich, als sie auf Galwine traf.


    Sie hatte "Exilia, Preis und Ehr" in traditionellem SingSang der Exilia-Hymne erwidert und getrunken. Nun ließ sie sich die Köstlichkeiten schmecken.


    Als Fuchs gesprochen hatte, sagte sie: " Ich bin deiner Einladung gefolgt. Und...Ich habe dir potentielle Kundschaft mitgebracht!"

  • Als Fuchs geendet hatte, hatten sich Galwines Blick und Haltung verändert. Seine Frage hatte er sich entspannt zurücklehnend und mit dem Kelch in der Hand gestellt. Nun hatte er den Kelch sorgsam auf den Tisch zurückgestellt, seine Haltung war etwas aufrechter geworden und einem aufmerksamen Beobachter war bestimmt nicht entgangen, dass ein freudiges Funkeln der Erkenntnis in seinen Augen erschienen war. Hausboote? Was für eine faszinierende Idee! Vor seinem geistigen Auge blitzte kurz Bild einer schwimmenden Stadt auf dem Zhennu Niar auf. Breite Schiffe, die miteinander vertäut und durch Stege verbunden auf dem breiten Strom trieben. Und Exilia könnte diese Stadt bauen.

    Als er gerade zu sprechen anheben wollte, antwortete Aenna auf seine Frage. Er wandte sich ihr zu. Den langen Händedruck von vorhin hatte er bereits so gut wie vergessen. In diesen Landen begegnete man ständig deutlich seltsamerem Verhalten. Dennoch irritierte ihn diese Frau etwas. Sie hatte bei ihrer ersten Begegnung spontan einige sehr interessante Vorschläge im Bezug auf die Verbesserung des Schiffbaus gemacht, ihm in gewählten Worten einige Aspekte des Lebens in Kjona näher gebracht und sich schließlich als unerwartet fähig und ausgesprochen hilfsbereit herausgestellt. Ihm so offen entgegengebrachte Freude übertrug sich recht zuverlässig auf Galwine. Hatte sie Ihn gerade geduzt? Und hatte sie das bei Ihrer letzten Begegnung auch schon getan? Er verbuchte das vorerst unter weiterem seltsamen Verhalten und ging nur indirekt darauf ein, indem er lächelnd zu ihr sagte: „Und mit beidem habt Ihr mir eine große Freude gemacht!“

    Neue Ideen, die Aussicht auf ein gutes Geschäft und dazu Bestes Brot- besser konnte es kaum noch werden.

    Dann wandte er sich mit einem dankbaren Nicken und Lächeln an Fuchs und gab ihm endlich zur Antwort: „Euren unermüdlichen Einsatz im Zusammenhang mit diesem Geist habe ich nicht vergessen.“ Dass dieser überhaupt etwas mit Ro Yaros zu tun hatte, war erst nach seiner Austreibung und für alle überraschend klar geworden, aber durch ihn hatten sie wertvolle Informationen gewinnen können. Sie hatten zwar einen hohen Preis dafür bezahlen müssen- Nicht tödlich? Daran hatte er seine Zweifel. Der Larkausbruch war mit großer Wahrscheinlichkeit kein Zufall -aber während des Treffens in Paulos Trutz waren die Ermittlungen schneller vorangeschritten, als in den drei Jahren zuvor. „Und ich würde mich freuen, Euch und den Euren zu einer schwimmenden Heimat zu verhelfen.

    Zwar hatte ich andere Pläne, aber die lassen sich weitgehend verlustfrei verschieben, sodass sogar bereits in wenigen Wochen, wenn der Bau des Schiffes für den Archon abgeschlossen ist, Kapazitäten in meiner Werft zur Verfügung stünden. Gleichzeitig bietet Euer Besuch zu dieser Zeit Gelegenheit, Euch selbst von der hohen Qualität der exilianischen Schiffsbaukunst zu überzeugen.

    Natürlich werden wir an dieser Stelle nicht sämtliche Details Eures Auftrages klären müssen. Das tun wir, wenn Ihr in den nächsten Tagen Gelegenheit hattet, mit dem Werftmeister zu sprechen und er daraufhin Entwürfe und Kalkulationen erarbeiten konnte. Dennoch interessiert mich:

    Die Buntfüchse aus dem Westen- für wieviele Individuen sucht Ihr denn nach einer neuen Heimat? Sprechen wir über ein einzelnes Schiff, oder schwebt euch eine kleine Flotte vor? Und bitte seht es mir nach, ich weiß schließlich nicht, wie vertraut Euch die Geographie des Nördlichen Reiches ist- ist Euch klar, dass die Flüsse, die den Norden durchziehen, mit Ausnahme des Gweil sämtlich über hohe Wasserfälle ins Meer stürzen und daher von dort nicht per Schiff zu befahren sind? Ihr werdet Euch also entscheiden müssen, ob Ihr ganz Mythodea bereisen wollt, oder ob Ihr das weit vernetzte Flusssystem des Nordens zu Eurer Heimat machen möchtet. Welche Möglichkeiten damit verbunden wären, erschließt sich am besten mit Blick auf die Karte, die ich Euch, wenn Ihr mögt, gerne später zur Verfügung stelle. Für die Flussschifffahrt ließen sich bestimmt Konstruktionen entwickeln, die vielleicht wirklich an schwimmende Häuser erinnern. Das alles bündelt sich zu der Frage: Welche Anforderungen stellt Ihr an das Schiff oder die Schiffe, die die Exilanten für Euch bauen sollen?“

  • Fuchs schüttelte entschieden den Kopf. "Nein. Im Norden gefangen sein ist keine Option." sagte er mit Nachdruck. "Gibt es nicht auch möglichkeiten etwas zu bauen was auf Flüssen und in Küstennähe fahren kann?" Fuchs dachte einen Moment nach. "In Jedem Fall brauchen wir derzeit platz für 14 Mann."


    Fuchs schaute etwas verloren zu Aenna "Aber ich denke das sollte dann vielleicht andernorts besprochen werden. Aenna und Naira sind ja schließlich allen voran hier um dich zu besuchen."

  • "Ah, Ihr wollt ein Schiff, auf dem 14 Personen gut leben können, das mit dieser Besatzung gut gefahren werden kann und in der Lage ist, sowohl den Kontinent zu umsegeln, als auch seine Flüsse zu befahren- so der Zugang zu ihnen nicht durch Wasserfälle versperrt ist. Das sollte eigentlich leicht zu bewerkstelligen sein." Also keine schwimmende Stadt für ein ganzes Volk. Aber den Gedanken würde er im Hinterkopf behalten. Vielleicht lohnte es sich ja trotzdem, mittelfristig eine kleine Werft für die Binnenschifffahrt in Chelonia bauen zu lassen. "Ich werde dafür sorgen, dass Ihr Euch morgen mit Skip Talbot, dem Werftmeister, unterhalten könnt, danach können wir genauer planen."

  • Aenna lächelte Fuchs wohlwollend zu. Als er das Thema allerdings beenden wollte, mischte sie sich wieder in das Gespräch ein.


    Mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich dem Protektor zu.

    "Sag, Galwine, wie ist die Geschichte mit Ro Yaros weitergegangen?"

  • Das Lächeln aus Galwines Gesicht verschwand. "Vielleicht habt Ihr gegen Ende des Treffens in Paulos Trutz mitbekommen, dass wir dort feststellen mussten, dass es sich nicht bloß um ein kleines Exilia-internes Problem handelt, sondern um eine ernstzunehmende Gefahr, die den ganzen Norden betrifft. Das hat an den entsprechenden Stellen für nicht wenig Aufregung gesorgt und ihre Exzellenz hat zusätzlich Glabius, einen der Offiziere des Nordheeres und zugleich Protektor von Sciminova, das ebenfalls unter den Machenschaften der Organisation zu leiden hat, mit der Aufklärung beauftragt. Wir müssen sehr vorsichtig sein, worüber und mit wem wir sprechen, da wir nicht mit Sicherheit wissen, welche Strukturen infiltriert sind und wer als Informant für die Organisation arbeitet. Tatsächlich gibt es noch viel, das wir herausfinden müssen. Ich hoffe, mich auf dem Feldzug einmal ausführlicher mit Glabius über das weitere Vorgehen unterhalten zu können.

    In der Zwischenzeit hatten wir hier in Exilia einiges zu tun, um die Folgen des Larkausbruchs zu verarbeiten. Euch ist sicherlich aufgefallen, dass die Arbeit noch nicht ganz beendet ist. Ich bin inzwischen ziemlich sicher, dass es sich um ein weiteres Attentat handelte, hinter dem Ro Yaros steckt. Die Toten, die in den Larkställen gefunden wurden, sind mit größter Wahrscheinlichkeit keine Exilanten. Nicht von allen ist genug übrig geblieben, als das man sie identifizieren könnte, aber zumindest werden keine weiteren Exilanten vermisst, sodass wir vermuten, die Angreifer sind extra zu diesem Zweck, oder um von etwas anderem abzulenken (das muss dann erfolgreich gewesen sein, denn bisher wissen wir nicht, worum es sich handeln könnte) in die Stadt gekommen."

    Zu Beginn des letzten Satzes kehrte ein befriedigtes Funkeln in Galwines Augen zurück.

  • "Interessant! Ihre Exzellenz hat sich diesem Problem also auch angenommen. Ich hoffe, dass sich diese Gruppierung schnell auslöschen lässt."


    Aenna hatt nicht bewusst mitbekommen, dass sie sich angespannt hatte, als Galwine von Ro Yaros erzählte. Nun zwang sie sich wieder zur Entspannung und setzte sich etwas genütlicher auf dem Stuhl . Sie griff zu einem Stück Brot.


    "Es tut mir sehr leid, dass dieser Stadt sich noch erholen muss. Ich konnte noch Reste der Katastrophe auf dem Weg hierher erkennen. Und doch schien die Stimmung innerhalb derStadtmauern positiv. Wie schaffst du das,n Galwine?" Aennas Blick hatte sich bei der letzten Frage auf Galwine geheftet.

  • Er sah sie überrascht an. Wie er das schaffte? Schaffte er das denn überhaupt? Sicher, sie hatte Recht, die Exilanten waren mit dieser Katastrophe sehr souverän umgegangen. Aber konnte er sich das wirklich selbst zuschreiben? Die Stimmung einer Stadt ließ sich nicht einfach steuern. Andererseits hatte er durchaus Einfluss auf sie. Im Prinzip traf ihre Frage den Kern des wichtigsten Teils seiner Aufgaben als Protektor. Aber er konnte ihr unmöglich an dieser Stelle die Feinheiten der Führung einer Stadt, eines Protektorats oder einer Gemeinschaft wie jener der Exilanten erläutern. Zumal er sehr vieles davon intuitiv tat. Man konnte ein Gespür für die Stimmung einer Stadt entwickeln, musste das vielleicht sogar, wenn man ihr Schicksal gut lenken wollte. Ihm gefiel dieses Bild: Er konnte Kurskorrekturen dieses Schiffes vornehmen, vielleicht auch die Segel hissen oder reffen, die Strömungen, auf denen das Schiff trieb und die Wellen, die es trafen, konnte er nicht beeinflussen.

    Es hing sehr viel mit seiner Haltung zusammen und damit, was er ausstrahlte. Es gab Gesten, die großen Einfluss hatten. Er hatte jeden einzelnen der Toten nach der Katastrophe persönlich nach Norden geschickt. Das war wichtig. Er hatte die Verletzten und die Hinterbliebenen besucht und versucht, ihnen Trost zu spenden. Er hatte nach seiner Rückkehr aus Paulos Trutz während der abendlichen Versammlung in der Großen Halle eine Rede gehalten, in der er die Hintergründe der Ereignisse erläuterte, an den Zusammenhalt der Exilanten appellierte, und die schnelle Reparatur der Schäden sowie die Bestrafung der Täter in Aussicht stellte. Auch das war wichtig.

    Er entschloss sich zu folgender Antwort:

    "Ich teile Eure Einschätzung, was die Stimmung der Stadt betrifft. Die Exilanten sind, selbst nach so vielen Jahren und obwohl ihre Zahl so sehr gestiegen ist, von starkem Gemeinschaftsgefühl geprägt. Wir haben gemeinsam viel erreicht und damit eine gute Grundlage für einen gewissen Optimismus, der tief in dieser Gemeinschaft verwurzelt ist. Daher können Rückschläge wie dieser- bei allen persönlichen Tragödien, die damit verbunden sind- vermutlich recht gut verkraftet und verarbeitet werden. Außerdem ist es wichtig, wie man über die Dinge spricht. In diesem Fall haben die Exilanten zum Glück sehr schnell verstanden, dass es sich nicht beispielsweise um einen Fehler der Stallmeister und Larkzüchter handelte, sondern dass wir es mit einer Bedrohung von außen zu tun haben, auch wenn diese bemüht ist, uns zu infiltrieren. Das schweißt zusammen. Noch dazu haben wir tatsächlich Anlass zum Optimismus, schließlich haben wir sehr viel über die Organisation erfahren und damit schon sehr viel gegen sie in der Hand. Ro Yaros mag uns einen Schlag versetzt haben, aber er wird einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Und nicht zuletzt: Das Leben in der Stadt geht weiter. Bereits wenige Tage nachdem wir sicher sein konnten, die entlaufenen Larks wenigsten so weit eingefangen oder zur Strecke gebracht zu haben, dass sie keine erhöhte Gefahr mehr für alle außerhalb der Stadtmauern darstellten, wurde das nächste große Larkrennen veranstaltet."

    „Wenn Ihr es genau nehmen wollt: Man spricht es [ˈgal.vɪn]. Das e am Ende ist stumm.“ :exilia:

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  • "Der Zusammenhalt ist es also. Ja, das glaube ich auch. Ihr scheint sehr stark verbunden zu sein. Sag, bist du ebenfalls mit diesem Land verbunden? Hast du dieser Stadt die größtmögliche Verbundenheit gegeben?"


    Aenna hatte ihre Nachfrage nachdenklich gestellt. Sie wollte wissen, wie sehr der Protektor dieses Land liebte.

  • Sie war recht neu auf Mythodea, soweit er wusste. Wusste sie, wonach sie da fragte? Sein Blick wanderte kurz hinüber zu Naira. Sie wusste es- vermutlich sogar besser als er selbst. Als er sich wieder Aenna zuwandte hatten sich seine Augen eine kleine Spur verengt - nicht unfreundlich, aber abschätzend und konzentriert.

    "Was meint Ihr mit "größtmöglicher Verbundenheit"? Ich bin nicht auf die gleiche Weise an das Land gebunden, wie es die Inhaber der von den Elementen geschaffenen Ämter, besonders die Nyamen und Archonten, sind, falls das Eure Frage war.

    Allerdings ist das auch gar nicht nötig, denn meine Bindung an die Exilanten und dieses Land ist stärker als alles, was ich je zu brechen in der Lage wäre. Dies ist meine Heimat und meine Bestimmung und von hier aus werde ich, wenn die Zeit gekommen ist, nach Norden gehen. Wie kommt Ihr darauf, mir diese Frage zu stellen?"

  • "Ein Land ist immer nur so groß wie derjenige, der es führt."


    Sie lächelte ihn erneut an. Kurz sah sie Naira und Fuchs an, doch dann sah sie erneut zu Galwine.


    "Ich wollte im übrigen nicht wissen, was du im ersten Teil deiner Aussage beantwortet hast. Der zweite Teil ist das, was mich interessiert. Bereite ich dir Unbehagen?", fragte Aenna mit deutlich wachsamerem, aber dennoch ehrlich interessiertem Blick.

  • Fuchs schaute mit hochgezogener Augenbraue zwischen den beiden hin und her. Er schnappte sich einen Kanten Brot und kaute darauf herum. Diese Machtspielchen hatte er schon oft miterlebt und er fand sie überaus ermüdend. Allerdings schoenen solche dinge im Naturell aller zu liegen. Es wunderte ihn zwar etwas, das auch Aenna solche Machtspiele betrieb, allerdings war er sowieso immer wieder überrascht was einige taten.


    "Angst..." Sagte er dann und lies es einen Momentg wirken. "Angst ist der Schlüssel zur Manipulation Anderer. Egal ob es nun die Angst vor einem selbst oder einer Gefahr ist die man für andere Abwenden kann." Wieder eine kleine Pause "Die Bewohner dieser Stadt wurden durch die Freisetzung eurer Vögeldinger in Angst versetzt. Du bist nun derjenige der vor sie getreten ist, um sie vor dieser Gefahr zu beschützen. Daher orientieren sie sich jetzt an dir. Da du ihnen Vorlebst leicht damit umzugehen, tun sie das auch. Wenn du weiter so direkt Einfluss auf deine Leute haben willst, solltest du sie nie vergessen lassen, was auf sie Lauert wenn du nicht da wärst."

  • Nach Aennas Erklärung war Galwines Blick wieder etwas entspannter und freundlicher geworden. Er wirkte beinahe amüsiert. "Nein, Ihr bereitet mir kein Unbehagen. Allerdings ist diese Frage- noch dazu in diesem Rahmen- doch mindestens ungewöhnlich. Was bindet Euch an Kjona? Und wie sehr seid Ihr damit verbunden?" Er hatte kaum geendet, als Fuchs Einwurf zu vernehmen war. Galwine hatte ein wenig Mühe, keine Miene zu verziehen. Was wurde hier eigentlich gespielt? Welche Absicht steckte hinter diesem Gespräch? Ging es seinen Gästen darum, ihn zu beleidigen oder herauszufordern? Dafür gab es keinen nachvollziehbaren Grund. Darüber hinaus war er kein Tyrann und musste keine Angst schüren, um seine Position zu schützen! Tatsächlich sagte er nach einer kurzen Pause: "Das ist eine interessante Theorie. Allerdings glaube ich, dass es mehr als Angst gibt, das Einfluss garantieren kann. Aber Angst ist zweifellos der einfachste Weg. Trotzdem kann ich Euch versichern, dass ich keine Ängste schüren muss, um Exilias Gemeinschaft beisammen zu halten. Das Leben an sich und insbesondere auf Mythodea ist schon beängstigend genug. Einen so sicheren -und nebenbei: so schönen und verheißungsvollen- Hafen wie Exilia verlässt kaum jemand freiwillig. Und an dieser Stelle sind wir vielleicht an Eurem Punkt angelangt: Ja, ich trage einen wesentlichen Teil dazu bei, dass dieser Hafen sicher, schön und verheißungsvoll bleibt. Das ist, neben einigen anderen Aspekten, meine Aufgabe."

    In diesem Moment wurde der nächste Gang aufgetragen. Auf den Tisch vor Galwine wurde eine große silberne Platte gestellt, auf der auf einem Bett aus duftenden Kräutern der dampfende Leib eines großen Fisches lag. Während die Bücklinge in Butter gedünstetes Gemüse auf die Teller häuften, begann er damit, den Fisch zu zerlegen und zu verteilen.

  • Aenna nickte lächelnd. Er machte seine Sache gut, die Antworten, so wohl gewählt wie sie waren, gefielen ihr.


    Aenna entschuldigte sich und lehnte den Fisch ab. "Verzeih, ich möchte deine Gastfreundschaft nicht beleidigen, doch ich esse kein totes Tier."


    Das Gemüse ließ sie dankbar auf ihren Teller häufen. Sobald Galwine den ersten Bissen genommen hatte, fing auch sie an zu essen.


    "Fuchs, diese Theorie ist tatsächlich nicht selten bewiesen worden. Ich würde sogar sagen, dass viele gegeben hat und sicherlich auch noch gibt, die Angst ihren Einfluss verstärken lassen. Doch glaube ich nicht, dass dieses hier der Fall ist. Zwar hatten die Menschen in Exilia sicher Angst - natürlich haben sie das. Doch ich spüre hier nicht, dass Galwine dies für seinen Vorteil nutzt. Ich glaube, dass in Zeiten echter Katastrophen wahrer Zusammenhalt erst sichtbar wird. Er lässt sich nicht erst IN dieser Situation aufbauen."


    Aenna hatte fast automatisch gesprochen, als würde sie eine innere Überzeugung antreiben. Doch nun bremste sie sich wieder.

    "Aber ich bin dir noch eine Antwort schuldig geblieben.", sagte sie wieder zu Galwine. "Ich bin ganz sicher nicht auf die Weise mit Kjona verbunden, wie du mit Exilia. Es wäre vermessen dies zu behaupten.", ihr Blick glitt kurz zu Naira. "Aber ich will dieses Land auch nicht führen.", sprach sie schließlich mit einem Augenzwinkern.

  • "Ich verstehe", sagte Galwine und lächelte. Aenna hatte seine Frage zwar nur in mancher Hinsicht beantwortet, aber gleichzeitig mehr mehr gesagt, als die Worte allein ausdrückten. "Aber zumindest betrachtet Ihr Kjona derzeit als eure Heimat. Sagt einmal, seid Ihr bereits Bürger des Nördlichen Siegels? Habt Ihr also schon den Schwur des Nordens geleistet?" Die Fragen richtete sich offensichtlich nicht bloß an Aenna.


    Irgendwann während sie aßen warf er ein: "Esst Ihr, Aenna, nicht auch Grubenwürmer? Und mir war, als hättet Ihr in Paulos Trutz auch den Geschmack von Silberglanzkäfern angepriesen. Sind das nicht auch Tiere?"

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  • "Nein, ich habe den Schwur noch nicht geleistet. Ich hoffe dies auf dem Sommerfeldzug nachholen zu können. Fuchs ist kein Nordbürger, er kommt aus dem Westen."


    Aenna ließ sich das Gemüse schmecken, während ihre Gedanken sich verselbständigten. Warum war es so wichtig einen Schwur zu leisten? Sie hasste es, wenn bestimmte Privilegien nur mit einem Schwur zu erhalten waren. Für sie zählten andere Werte. Zusammenhalt war etwas, für das sie sehr eingestanden hatte. Ehrbarkeit und Treue waren weitere Werte, für die sie auch gekämpft hatte. Doch warum dazu einen Schwur leisten? Warum etwas in Worte kleiden, das durch Taten bewiesen werden konnte? Sie hatte das noch nie verstanden...nicht in ihrer Heimat und auch nicht hier.


    "Oh, sehr aufmerksam. Ja, ich esse Insekten. Sie können nicht denken oder fühlen. Das macht einen Unterschied. Ist es wichtig, ob ich totes Tier esse oder nicht?" Aenna sah Galwine nun wieder etwas aufmerksamer an.

  • "Verbundenheiten spielen die allergrößte Rolle auf diesem Kontinent. Aber nur wenige Arten können uns davor schützen, auf den falschen Weg zu geraten." sagte Naira lakonisch und aß alles, was ihr vorgesetzt wurde. Man konnte sehen, dass das Spitzohr gerne aß und nicht wählerisch war. Die meiste Zeit ihres Lebens hatte sie gehungert. Grubenwürmer war gutes Fleisch, verglichen mit vielem anderen, was sie gegessen hatte in der Hoffnung, nicht zu sterben...


    Sie kaute und sah dabei Aenna an. Die große Frau hatte noch keinen Feldzug miterlebt, aber sie war feinfühlig und konnte sicher spüren, wie angespannt alle waren angesichts der bevorstehenden Kämpfe.

    "Die Najorim pflegen ihre Ehe-Verbindungen und sie machen Schwüre für ihre Gruppen. Man schwört auf die Nyame und den Archon, auf das Siegel und die Gesetze. Man kann Prüfungen ablegen und dann in einen Orden aufgenommen werden; man kann `heilige´ Bündnisse eingehen. Man kann sich einem Element weihen. Man kann den Eisernen Eid schwören. Aber dann gibt es auch noch diese anderen Arten von Verbindungen..."


    Ihre Augen verloren sich kurz. Keiner der Anwesenden waren bei der Zerstörung des Farberits dabeigewesen, aber Fuchs hatte miterlebt, was eine solche "andere Art" bei Naira verursacht hatte.


    "Man kann sich an das Land binden, an den Weltenrat. An Waffen. An andere Seelen. Man kann ein Mitraykor werden. Wer das tut, macht nicht nur Versprechungen. Man bezahlt in genau dieser Sekunde. Vielleicht merkt man es nicht sofort, aber auf längere Sicht verändert es einen. Es kann einen auch töten. Bindungen dieser Art sind immer Opfer. Viele Elementtreue sehen ein solches Opfer als das höchste an, was man erbringen kann. Nicht die Besetzung eines Postens oder das Führen einer Gruppe! Früher dachte ich, dass man auf diese Weise am meisten die Anerkennung der Menschen gewinnen würden, die ständig von `Gemeinschaft´ faseln."

    Hier sah sie Galwine und Aenna nacheinander an. Oh ja, sie hatte bis zum Erbrechen über dieses unselige Wort reden und nachdenken müssen!

    "Tatsache ist: Die sogenannte `Gemeinschaft´tut sich schwer mit denen, die sich opfern. Sie fordert es - aber wenn man es tut, wird man herausgehoben aus dieser `Gemeinschaft´. Und man wird wieder einsam."


    Sie legte die Gabel weg und rieb die Finger aneinander, wie um sich zu sammeln.


    "Naja. Aber wenigstens ist EINE Sache ganz einfach und immer gleich: Egal welche Verbindung man wählt, um nicht auf den falschen Weg zu geraten - der falsche Weg ist immer derselbe."



  • "Nein, ist es nicht", antwortete Galwine auf Aennas Frage. Auf eine Diskussion, ob Insekten nun denken und fühlen konnten, wollte er sich nicht einlassen. Er sah keinen echten Grund, sie von anderen Tieren zu unterscheiden, fühlte sich bei Diskussionen zu diesem Thema aber oft an den theologischen Disput der Geistlichen in seiner alten Heimat erinnert. Die niemals überzeugende Argumente aufbrachten, sich aber großartig streiten konnten. Er lächelte. "Ich war bloß neugierig."


    Galwine freute sich, dass es Naira so offensichtlich schmeckte. Als sie geendet hatte, ließ er dem letzten Satz ein wenig Raum, ehe er sagte:

    "Ich verstehe was du meinst. In Exilia versuchen wir, dieser Einsamkeit der Opfer zu begegnen, indem wir sie institutionalisieren. Es stimmt, wer Herausragendes für die Gemeinschaft leistet, kann meist nicht mehr wie jedes andere Mitglied dieser Gemeinschaft behandelt werden. Deshalb werden diesen Exilanten Ehrentitel verliehen. Sie werden zum "Cubitor" oder "Patron" ernannt. Ihnen gebührt Respekt und sie haben- ohne zwangsläufig ein Amt zu führen, aber weil sichjeder Exilant den Ratschluss eines Cubitors oder Patrons wenigstens zu Herzen nimmt- einen gesteigerten Einfluss in unserer Gemeinschaft. Auf diese Weise wird ihre Einzigartigkeit in Bahnen gelenkt, was, wie ich glaube, bisher dafür sorgen konnte, dass sie ihr Opfer nicht bereuen mussten."


    Nach einer kurzen Pause, in der auch er seinen Teller leerte, fügte er hinzu: "Noch ein Wort zum Schwur des Nordens: Nicht jeder Bürger des Nordens muss vor der Nyame und dem Archon schwören. Das gilt bloß für jene, die ein besonderes Amt bekleiden oder auf andere Weise eine besondere Stellung innehaben. Jeder andere kann ihn vor seinem Protektor oder einem Beamten des Nordens leisten. Ich würde allerdings empfehlen, dies zu erledigen, bevor Ihr um ein Protektorat bittet oder wenigstens umgehend danach und unabhängig von der Antwort. Das dürfte einen besseren Eindruck hinterlassen. Außerdem verlangen das ihre Exzellenzen von jedem, der dauerhaft im Norden lebt."