Drum prüfe, wer sich...

  • Satinka rutsche ein wenig näher, so gut es eben im Gras ging und hielt Naira die Hände hin, so dass sie sie nehmen konnte, wenn sie wollte.
    Es war eine tröstende Geste.
    "Dann bleibt dir -uns- keine andere Wahl. Wir werden die Bindung, vermutlich mit viel Gewalt, brechen müssen.

    Wir werden dazu alle Hilfe brauchen, die wir kriegen können. Wen würdest du dazu noch fragen wollen?"

    Vijeta war weiterhin damit beschäftigt, dass zu tun, was Krieger eben tun: auf die äußere Umgebung achten, dass sie keiner überraschte, hier im Wald.

  • Man hörte die Belastung, als Naira tief durchatmete. Sie versuchte ihre Gefühle zurückzuhalten, die eben noch so hart aufgestiegen waren. Denn sie wollte Satinka nicht mehr als nötig mit dem konfrontieren, was in ihr durcheinander stritt.


    Vorsichtig legte sie ihre Hände in die von Satinka und blickte darauf, bis sie sich sicher war.

    Dann nickte sie.

    "Ich kämpfe immer noch damit, ob ich das Richtige tue!" gab sie zu. "Ob ich vielleicht zuerst zu Orathon gehen sollte und um Rat fragen. Aber ich möchte nicht herabgemacht werden, weil ich es wage, mit solchen Kleinigkeiten zu kommen! In den Augen der Tivar Khar´Assil bin ich unwürdig und zweifelhaft. Ich kann nicht darauf hoffen, dass sie die Feinheiten der Vergangenheit gelten lassen möchten! Das Gleiche gilt für die Ouai! Oder sagen wir - ähnliches. Orathon kennt den, um den es geht. Die Ouai nicht. Aber- "

    Erneut sah sie auf ihrer beider Hände, so als ob das Thema jetzt dorthin gewandert wäre.


    "Ich dachte an Menotos, Ernst und vielleicht sogar Jassir. Aber Ernst ist sehr negativ eingestellt gegen meine Verbindung, er ist schon einmal unterlegen - auch wenn er behauptet, dass er jetzt an Kraft ebenbürtig ist oder sogar besser! Er HAT bereits vor kurzem mit Gewalt in mir herumgewühlt, es aber nicht geschafft! Wenn er es nochmal SO versucht - oder noch mehr - dann könnte er mich umbringen, glaub ich!

    Aber wie auch immer.... du solltest wissen, dass derjenige kein gutes Verhältnis zu Magica hat. Oder damals hatte. Er sah sie... als Hindernis auf seinem Weg, so hab ich es verstanden. Ich glaube, sie hat ihn bestraft für Dinge, die er getan hat. Schwer bestraft. Er war sehr zornig auf sie. Ich habe gehofft, dass er sich zumindest EIN WENIG wieder dem Ausgleich angenähert hätte, als er sich mit mir verband. Denn wir sind... in mancher Hinsicht sehr ähnlich, in vielen anderen aber das ganze Gegenteil! Aber als ich davon sprach, mich Magica weihen zu wollen - da wurde er ausfällig ihr gegenüber und hat sie beschimpft."

  • Satinka drückte die Hände der Elbe kurz, um ihr Halt zu geben und zu zeigen, dass sie für sie da war.

    "Naira, willst du mir nicht endlich verraten, um wen es genau geht, mit dem du diese Bindung hast? Ich kenne die Tivar Khar'Assil und kann dir sagen, dass sie zwar alle dem gleichen Orden angehören, aber trotzdem jeder bei ihnen unterschiedlich ist. Wenn du dir nicht zu Einhundert Prozent sicher bist, dass du die Bindung loslassen willst, kann es ein, dass du dich im entscheidenden Moment selbst damit behinderst. Dann können wir jetzt noch so viel überlegen, das Risiko wäre zu groß, ja sogar viel größer, als es jetzt schon ist. Und wenn du Ernst nicht dabei haben willst, weil du dich damit nicht wohl fühlst, wie wäre es denn mit Sylvana oder Cupa? Wie stehst du zu den beiden? Und gibt es sonst noch Freunde, die du fragen möchtest?"

    Sanft aber eindringlich klang Satinkas Stimme. Sie machte sich wirklich ernste Sorgen um Naira.

  • Nairas Blick wich dem Satinkas aus, als sie nach dem Namen fragte. Sie überlegte, ob ein Name wirklich etwas änderte. Bisher hatte es immer nur zwei Reaktionen gegeben - entweder hatte jener Name keinerlei Erinnerung ausgelöst, oder die Leute kannten das Wesen, waren aber diesbezüglich ebenso im Zweifel wie sie selbst!


    "Sylvana kenne ich nicht gut. Aber ihr Hexenzirkel hat Tarabas etwas angetan, nur damit eine ihre Schülerprüfung besteht, und seitdem gehe ich ihnen aus dem Weg. Sie ist vom Feuer, oder?
    Cupa ist mein Freund. Vielleicht ist Cupa keine schlechte Idee, weil er von der Luft ist!"


    Das war typische Naira-Ausdrucksweise: >vom Wasser sein<, >vom Dunkel sein<. Ihre Vorstellungsweise war noch immer ursprünglich, entsprang einer Rasse, die sich als vollkommen eins mit dem Kosmos fühlte. Zu einem einzigen Element zu gehören, war ein neues, Mythodeanisches Konzept - und für Naira bloß sehr grob zu begreifen.


    "Vielleicht kann Cupa am besten erkennen, was nicht ICH bin. Auch Ernst wäre vielleicht besser dazu in der Lage als andere, weil er mich kannte, bevor das alles geschehen ist! Alle anderen hier im Norden - kennen mich erst seitdem. Weil ich erst danach aus dem Westen in den Norden kam, um das Kind hier in der Abgeschiedenheit zur Welt zu bringen, wo es keiner suchen wird!"


    Ihre Hände erwiderten jetzt den Druck. Sie zögerte. Dann lehnte sie sich vor und flüsterte kurz.

  • Satinka lauschte auf das, was Naira ihr zuflüsterte, doch da war kein Erkennen. Aber auf die Bitte nickte sie stumm.

    "Also zu deiner anderen Frage: Ja, Sylvana ist ein Ignis-Kind und eine sehr gute Freundin von mir, die sich auch wirklich gut mit Bindungen auskennt.
    Und Cupa kennt sich auch sehr gut aus in solchen Dingen. Und er wird bestimmt auch aufpassen, dass Ernst nicht wieder so grob in dir rumwühlt."

    Satinka hatte wohl zu dem Magier eine ganz eigene Meinung.
    "Gut. Sollen wir dann auf dem kommenden Konvent einmal mit Cupa und Ernst reden? Vielleicht hilft dir das ja dabei, die Entscheidung endgültig zu fällen, ohne dass du zu Orathon gehen musst."

  • "Wenn Sylvana dafür Zeit hat - wenn sie sich mit mir abgeben will - auch Andere haben mir schon davon erzählt, dass sie großes Wissen darüber hat!" erwiderte Naira und schien sich nun zu entspannen. Satinkas Fürsprache bewirkte, dass Sylvana nicht mehr so gefährlich erschien.
    Doch die Edalphi spürte noch Nairas Vorsicht.

    Sie hatte das sicher oft genug an der Elbe erlebt. Entweder war das Spitzohr kratzbürstig und abweisend oder es trat rasch den Rückzug an und verbarg sich. Meistens fand man Naira nicht, wenn man sie suchte - aber aus Nairas Schilderungen ging hervor, dass sie sehr häufig irgendwo versteckt anwesend gewesen war...

    Wie ausgerechnet dieses Wesen in eine solche Bindung geraten war, ließ sich erahnen!

    Naira sprach zwar von freien Entscheidungen, aber sie schien über viele Dinge keine KLARE Meinung zu haben.

    Vielmehr neigte sie dazu, sich vertrauensvoll jemandem anzuschließen, der bestimmt und durchsetzungswillig auftrat.


    Sie hielt ihre Hände immer noch in denen von Satinka, nicht wie jemand, der Zärtlichkeit sucht, sondern einen Anker. Es war ein großer Schritt gewesen, sich überhaupt berühren zu lassen.

    "Ja, das werde ich tun!" sagte sie und nickte nachdrücklich, indem sie die Edalphi fest ansah, als würde sie etwas schwören.

    "Ich werde auf dem Konvent zu beiden gehen. Ich danke dir, dass du dich meiner annimmst und diese Anstrengung und Gefahr auf dich nehmen willst!"
    Das waren ungewohnte Worte, doch irgendwo - bei irgendwem - hatte Naira es endlich gelernt, auf Menschenmanier respektvoll mit Höheren umzugehen und nicht, wie sie es bei den Uruks gelernt hatte.