0013 - Schmerz und Dunkelheit

  • Die Welt ist nicht mehr was sie einst war. Man mag sogar sagen, sie ist gar nicht mehr. Denn mein Name ist Jehenn, und ich bin - so weit mir bekannt - der letzte der Eliondar. Meine Brüder und Schwestern sind gegangen die Edalphi zu suchen, doch wird ihre Suche fruchtlos sein, denn sie sind gefallen. Ihre Führer bogen sich wie Natel-Stämme im Wind und heute dient ihr gesamtes Volk dem Zweifel der Ratio.
    Meine Existenz, von der ich einst annahm sie würde ewig währen, wird bald enden. Schon spüre ich wie mein Geist entschwindet, meine letzten Energien sich in den astralen Strömungen verlieren. Oh wären doch nur die Nyamen das, was sie einst waren. Oh wären doch die Quihen Assil, die Weltenkinder, niemals von der Welt gewichen. Wer einst nur Botschafter und Sprachrohr war, soll nun die Geschicke der Welt leiten? Ich verachte die Archonten und ich empfinde nicht einmal das für die, welche sich heute Nyamen nennen. Sie mögen aus dem Geschlecht derer sein die mich geschaffen haben, doch ist es vermessen, dass sie sich mit den Weltenkindern auf eine Stufe setzen.
    Ich schreibe diese Zeilen jedoch nicht um zu klagen, sondern um zu berichten was nicht vergessen werden darf. Da ich niemanden mehr habe, dem ich mein Wissen übergeben kann, wirst du, der diese Zeilen findet mein Erbe antreten müssen. Da ich nicht sicher sein kann, was du über die Geschichte der Weltenkinder weißt, berichte ich lieber erst von den fünf Völkern unter ihnen: das waren die Smaragdsänger, die Kristallfürsten, die roten Jademeister, die Herren der Tiefe und die Kinder des goldenen Traums. Ich hoffe das dir zumindest die letzten bekannt sind, denn schließlich erblickst du sie jeden Abend in Form der Quin wenn du gen Himmel siehst. Und ich gebe meine letzte Hoffnung auf den Gedanken, dass das Wissen um ihre Namen und ihre Bedeutung nicht verloren wurde wenn du dies liest.
    Als die Kinder des goldenen Traums, die mächtigsten und reinsten Elementarwesen Magicas, welche je über diese Welt wandelten, die die Sphären und Ströme der arkanen Energien formten, und die Kräfte der Elemente mit diesen verwoben, als die Meister der weltlichen Schöpfung uns verließen, so stiegen sie gen Himmel um weiterhin über uns und unser Schicksal zu wachen, denn sie lieben uns noch heute wie am ersten Tag, und nichts was wir tun , könnte jemals ihren Zorn auf uns entfachen, ganz gleich was die Nyamen behaupten.
    Doch was mein Volk vor unendlicher Zeit erblicken musste, sollte uns beinah alle in den Wahnsinn treiben. Es war lange vor meiner Entstehung, lange vor dem Fall der Edalphi, ja sogar, darf man den alten Geschichten glauben, erst kurz nach der Erschaffung unseres Volkes. Meine Vorfahren durchschritten grade die zeitlosen und angenehm kühlen Wälder des Nordens an den Hängen der Karla-Berge, welche heute einer Seestraße gewichen sind, welche uns vom ewigen Eis trennt. Von dort erblickten sie eines Nachts, wie zwei der Quin, am Himmel, die dort seit Anbeginn der Eliondar hingen, größer und größer wurden und schließlich kurz vor dem Morgengrauen auf die Welt herabstürzten.
    Während der eine weit im Süden nieder zu gehen schien schlug der zweite nicht weit von den Bergen entfernt in die Wälder ein. Sein Feuer entfachte Brände, welche noch tage anhalten sollten und bei seinem Einschlag lösten sich Eissplitter, so groß wie Berge aus ihm und fuhren in großem Umkreis in den Boden. Am ersten Tag nach dem Sturz wurde der Himmel schwarz und kein Licht drang mehr herab, die Welt wurde nur noch erhellt von den nicht enden wollenden Feuern. Am zweiten Tag wagten sich einige meines Volkes heraus, doch sollte es bald ihr Untergang sein. Denn am dritten tag nach dem Sturz schließlich, begann ein langer Regen, der alles was nicht floh mit einem schwarzen Film überzog und erstickte. Viele von uns starben in den Feuern oder durch den schwarzen regen, doch einigen Wenigen war es am zweiten Tag gelungen bis zum Ort des Sturzes vorzudringen. Sie alle starben in den nächsten Tagen durch den schwarzen Regen, doch konnten
    einige berichten was sie erblickt hatten.
    Der Quin schien umhüllt gewesen zu sein von Gestein und Eis, denn an manchen Stellen sah man noch die Reste davon. Zu dem war er zu einem großen Teil von Erde und Gestein bedeckt, das er wohl bei seinem Einschlag aufgeworfen hatte, doch obwohl soviel von ihm verdeckt war, konnten die Eliondar dennoch erkennen, dass sich im Zentrum des Kraters etwas bewegte. Im inneren der harten Schale des Quins, die durch die unglaubliche Wucht des Aufpralls wie die Schale eines Validar-Eis geplatzt war, lag der sterbende Leib eines Quihen Assil. Seine Haut pulsierte in einem goldenen Leuchten, teils so hell dass sie den Blick abwenden mussten um nicht geblendet zu werden. Seine Formen waren fein, fein und stark zugleich und auf den Zügen des Gesichts spiegelten sich Weisheit und Schmerz zugleich. Alle unter denen, welche dies erblicken durften und am nächsten Tag starben, sollten glücklich gehen - denn sie hatten das Gesicht Magicas gesehen.
    Mein Volk sollte niemals erfahren, welch schreckliches Schicksal dazu geführt hatte, dass die zwei Kinder des goldenen Traums stürzen mussten, noch aus welch grausamem Grund ihre sterblichen Hüllen erstarrten und sich ihre Leiber in kalten Kristall verwandelten. Mit der Zeit sammelte sich immer mehr Erdreich an, und als der schwarze Regen nachließ, war von dem silber-weißlichen Kristall nichts mehr zu sehen. Tiluck ward ab diesem Tag dieser Ort genannt, der "traurige Ort", denn so schlimm war der Schmerz im Angesicht des allmächtigen Geschöpfes gewesen, dass keiner der Eliondar ihn jemals wieder vergessen sollte.
    Viele derer, welche dies erlebt hatten zogen nach Süden, immer auf der Suche nach dem zweiten Quin. Und so sollten sie ihn schließlich auch finden. Er hatte sich nicht ganz so tief in die Erde gegraben wie Luckiel, dafür eine Schneise der Vernichtung durch die Ebene gezogen. daher, und weil der Kristall zu dem der Leib erstarrt war, schwarz wie die Nacht war, nannten sie ihn Kahl, den "dunklen Ort". Dunkel schien er in der Tat, denn meine Ahnen beschrieben in der Geschichte stets, dass sich unser Volk dort unwohl fühlte, als wären sie auf eine seltsame Art von der Magie des Landes getrennt. Sie verblieben nur kurz dort bevor sie weiterzogen und so kann ich nicht mehr berichten, denn mehr ward nie überliefert.
    Ich hoffe mein Bericht ist bei dir in guten Händen gelandet. Lass niemals in Vergessenheit geraten, was wir einst bezeugten: der Sturz und Tod von zwei Wesen, die doch unsterblich waren...


    {Diese Abhandlung enstammt der alten Bibliothek in Siegelstadt, wurde von Adeptus Magus Quinto Selaros übersetzt und dem Archiv von Vel'Inthull zugetragen}

  • Annotatio de locatione Quini:


    Quin'tiloci muss um die Hauptstadt des Nördlichen Siegel niedergegangen sein, denn dort fand Paolo Amatio Bruchstücke. Diese haben eine Abhaltende Wirkung gegen (mindestens) das Schwarze Eis. Wie es mit anderen Verfemten steht, ist nicht endgültig belegt.



    Quin'Kahl ist, laut Niederschrift des Packts der Neun, der Ort, den wir heute als Siegelstadt bezeichnen.


    Die genaue Wirkungsweise derer Quini wäre interessant zu wissen, um daraus potentielle Rückschlüsse auf ihre Einsatzmöglichkeiten zu ziehen.

  • Halt ein, Wanderer, und sei gewarnt: Du näherst dem Ort, der in der gemeinen Zunge der jüngeren
    Völker als Siegelstatt bekannt ist. Dieser Ort ist allein den alten Meistern und Ihren ausgewählten
    Dienern vorbehalten! So du den Weg nach Viria gesucht hast wende dich zur aufgehenden Sonne
    und wenn sie am höchsten Punkt steht wende ihr den Rücken zu. Denn dies ist Shankarr, das Ende
    allen Zweifels.


    Dies ist der Ort, an dem der freie Wille sich über das Schicksal erhebt. Bist du frei von Zweifeln
    und liebst du die Elemente mehr als dein eigenes Leben? Dann kehre um, denn vor dir liegt nichts
    als Finsternis.


    Lange bevor unsere Geschlechter erwachsen wurden, zu einer Zeit als die Urien die Welt nach
    ihrem Willen formten, erblickten die Ahnen zwei feurige Augen in der Schwärze des Himmels. In
    einer Zeit, wo die Kinder des Goldenen Traumes noch wach waren, sollten dies die ersten Sterne
    sein, die sie erblickten. Doch die Schönheit trug, denn die Sterne fielen mit feurigem Schweif herab,
    verwüsteten das Land und gruben sich tief in Terras Leib. Der eine weit im Norden, doch der
    andere - Quin'khal, der gefallene Stern genannt - fiel hier herab.


    Und wie unsere Ahnen bald lernten wurde das Land dadurch zu einem verfluchten Ort. Denn die
    Elemente erblindeten und konnten nicht länger die Lande, ihre Kinder und deren Tun erblicken. Es
    war die Wirkung des schwarzen Steins, dem "Staub von Quin'khal", aus dem der Stern bestand.
    Unsere Vorfahren mieden sie diesen Ort für zahllose Generationen denn er war geschaffen für unser
    heutiges Werk: Ein unseliger Ort für unsere verruchteste Tat.


    Doch was wir tun müssen ist unabwendbar. Es ist der Wunsch der Eisernen, deren Glaube an die
    Elemente nach wie vor fest und stark ist, die Wiedernatürlichkeit der Ratio auf immer zu bannen,
    denn die Saat des Verfemten, welche sie in die Welt gebracht haben, ist schon jetzt zu stark.
    Weitere Schöpfungen wären unser Untergang. Es ist ebenso der Wunsch der Zweifler, der kühnsten
    Freidenker und Erschaffer der Zweiten Schöpfung, der Ideenflut Einhalt zu gebieten, denn wo
    unendliche Vielfalt herrscht, ist das Werk des Einzelnen unbedeutend und machtlos. So schlossen
    wir einen Bund, um gemeinsam zu besiegen, was nicht länger sein darf.


    Aus dem Staub von Shan'karr werden wir ein Siegel errichten, welches verschließt, was nicht länger
    offen sein soll. Und du, Wanderer, wirst nicht näher treten, denn die Geheimnisse um die
    Konstruktion des Siegels, seine Eigenschaften und Geheimnisse, sind nicht für deine Augen oder
    Ohren bestimmt.


    Diese Aufzeichnung existiert schon länger in den Archiven des Nordens. Sie wurde beim einzigen Überlebenden eines 1000 Mann starken Trupps, welcher die Wüste in der Mitte erkunden sollte, gefunden.