Auf dem Weg der göttlichen Fügung

  • Lange Wochen war er unterwegs gewesen. Mit dem letzten Schiff vor den Stürmen des Herbstes an der Westküste seiner alten Heimat abgelegt, so wie man es ihm befohlen hatte. Ein Auftrag. Ein Ziel. Keine Zweifel, denn er wusste, was seine Bestimmung war und ein dünnes Lächeln zeichnete sich auf seinen Zügen ab, denn er wusste, wofür er es tat. Es war seine Aufgabe, seine Möglichkeit sich zu beweisen vor ihr und damit auch vor ihm. Er hatte hart für diese Gnade gearbeitet, geduldig alle Strapazen erlitten und seinen Teil für das endgültige Ziel erbracht. Nun wurde er belohnt. Es war Zeit für einen Neuanfang. Diese Neue Welt war ganz nach seinem Geschmack und er wusste was es hier zu tun galt. Und sie wusste es auch und bald schon würde er dem Allumfassenden ein besonders guter Diener sein und wenn es sein musste sogar sein Leben für sie geben. Es war ein kleiner Preis und er wusste, dass der Allmächtige ihn für ein solches Opfer reich beschenken würde - jedenfalls hoffte er es. Man konnte nie wissen.
    Er sah an sich herab, der Orden hatte ihm gutes Geld mit auf den Weg gen Westen gegeben und er sah durchaus passabel aus, wenn auch nicht unbedingt typisch für die Kleider die er aus der Prälatur gewöhnt war. Wie auch immer, dachte er sich, und rieb geistesabwesend an der kleinen Tattowierung an seinem Nacken entlang.


    Er war müde, doch bald schon würde er sein Ziel erreicht haben. Er war über den seltsamen unterirdischen Hafen in dieses Land gereist und weiter durch die Tunnel. Er hatte keinerlei Probleme sich darin zurecht zu finden, spürte er doch den Blick Gottes auf sich gelenkt und er wusste, er konnte nicht versagen. Er fand den richtigen Weg und die wohlige Dunkelheit in der Tiefe half ihm sich an seine neue Heimat zu gewöhnen. Wenn alles glatt lief, würde er Drachengard nie wieder sehen, aber was sollte es schon, hier gab es ganz andere Möglichkeiten und die Chance, die man ihm geboten hatte war einmalig gewesen. Er würde nicht zögern. Sein Schicksal würde glorreich sein und der Allmächtige lenkte seine Pfade. Es gab kein zurück. Er lächelte.


    Er durchschritt nach vielen Tagen der kühlen Schwärze das Portal nach Shalzad und erklomm die Treppe hinauf an seinem Ziel. Er war ihr nahe. Die Segen, die er erhalten hatte, verband ihn mit ihr, ihre Aura zog ihn wie ein Mahlschlund zu sich. Er wusste, wo er sie finden würde und sie würde ihn erwarten, denn der Herr hatte ihn hierher gesandt um ihr zu dienen. Innerlich lächelte er selbstgefällig. Er war Teil von etwas großem, von dem einzigen Großen, dass überhaupt Sinn und Bestand hatte auf dieser Welt, in diesem Zeitalter. Oh wie sehr er es genoss, die Macht Gottes spüren zu können, die Gewissheit des endgültigen Sieges, und wie er danach gierte, sich als würdig zu erweisen. Narbeleth ealye, dachte er sich, und bei Lomyr, er würde seine Sache gut machen.

  • Bis die Dunkelheit hereinbrach streifte er durch die Straßen, ziellos rastlos, verschaffte sich einen Überblick über die überraschend prächtige Stadt. Überall sah er den Fingerabdruck seiner zukünftigen Herrin, die Früchte ihrer Arbeit. Sie waren überall, unmerklich für diejenigen, die nicht eingeweiht waren. Doch er war Teil des Spiels, er sah die versteckten Geometrieen, die geheimen Zeichen versteckt an den Häusern der Gläubigen, ihm war sogar, als hätte er die Raute an einem dünnen, gut gekleideten Alten gesehen, der ihm im Vorbeigehen einen ersten, wissenden Blick zugeworfen hatte.
    Wieder musste er schmunzeln, es war herrlich. Sie hatte wahrlich ihr Netz geknüpft in dieser Stadt, wer weiß, wie weit es schon reichte in diesem unbekannten Land.


    Als es dämmerte fand er sich an einem der größten Gebäude der Stadt ein. Es lag an einem großen, offenen Marktplatz und war massiv und rechteckig gebaut, mit vielen Fenstern und Stockwerken und einem gewaltigen Eingangsportal. Er stand davor, prägte sich wie er es immer tat alle Ein- und Ausgänge ein, die Art wie es gebaut war. Alle Wege erkennen. Die Zweite Wahrheit hinter dem Offensichtlichen. Er hob den Blick und wusste, fühlte, dass das oberste Stockwerk sein Ziel war. Man würde ihn erwarten.


    Er ging hinein ohne recht zu wissen, welchen Zweck dieses Haus eigentlich erfüllte und fand sich in einer großen Empfangshalle wieder, die von einer breiten, prachtvollen Treppe überragt wurde, welche nach oben führte zu höheren Ballustraden. Es waren noch mehrere Unwissende hier, Bittsteller vermutete er, es schien ein Verwaltungskontor oder etwas ähnliches zu sein, doch er beachtete die Unwichtigen nicht weiter und ging schnurstracks auf die Treppe zu. Ein Blick genügte, und die Wachen ließ ihn durch, obwohl sie ihn noch nie gesehen hatten. Seine Miene blieb stoisch, so wie es die Gläubigen immer hielten, und freute sich nur innerlich, wieder auf Mitglieder gestoßen zu sein. Er liebte diese Stadt jetzt schon. Die Macht Narbeleths durchtränkte diesen Ort, sein göttliches Zeichen war in jedes Panel geritzt, in den Mosaiken des Fußbodens, selbst wenn man von oben herab auf die Halle blickte, überall war sein göttliches Auge.


    Seine Füße trugen ihn empor in die tiefsten, verbotensten Gänge, immer mehr hinein in die Dunkelheit und als er vor einer großen Doppeltür am Ende eines schwarzen Ganges stand, wusste er, dass draußen die Sonne im Dunkel der Nacht ertrunken war und die Macht Naleths erstarkte.
    Er trat näher und die schwere Tür öffnete sich ohne ein Geräusch. Er hatte sein Ziel erreicht. Er würde nicht mehr von ihrer Seite weichen, bis sie es befahl oder die Zeit sich wenden würde.

  • Er klopfte 3 mal gegen die Tür mehr der höflichkeit halber, als um auf sich aufmerksam zu machen.
    Denn er wusste das Sie ihn bereits erwartete.
    Ohne eine Antwort abzuwarten öffnete er die Tür und betrat das Zimmer.
    Die Tür schloss er direkt hinter sich.
    Er war unglaublich gespannt doch ließ er sich nichts anmerken.
    Mit schnellen Augenbewegungen musterte er das Zimmer bevor sein Blick Sie fixierte.

  • Sie stand hinter ihrem gewaltigen Schreibtisch, thronend, wartend, lauernd, stolz und voll der Macht Narbeleths. Sie trug das Gewand der Hohepriesterin, das Schwarz mit der Silberraute, auch wenn ein Uneingeweihter es niemals als ein solches erkannt hätte, und sie war umgeben von der Allmacht selbst, er wusste es, er spürte es, der Sog, der Strudel der Schwärze und sie sah ihn einfach nur an, mit einer überragenden Kühle im Blick, dass es eisig wurde.


    Sie ließ ihn einen Moment einfach nur so stehen. Dann sagte sie:


    "Es gibt keine Macht über Narbeleth und Lomyr war sein erster Prophet in diesem Zeitalter.
    Ich bin froh, dass du dem Weg deiner Bestimmung gefolgt bist. Erkennst du mich als die, die ich bin und wirst du mir und somit dem Willen des Herrn dienen?"
    , ihre Stimme klang überraschend sanft.

  • Er streifte seine Kapuze nach hinten.

    Aus keinem anderen Grund bin ich zu euch gereist ehrwürdige Ganura Fidòsi Hohepriesterin des Nabeleth.
    Balmarus Lomyr Kallo zu euren Diensten.


    Er machte 3 Schritte auf sie zu.


    Narbeleth ealye.
    Während er dies in sanftem Ton sagte, vollführte er eine tiefe Verbeugung.

  • Auch sie lächelte, als sie seinen Namen hörte. Ein gutes Zeichen.


    "Erhebe dich, Diener des Herrn. Ich ließ nach einem der unseren schicken, und ich sehe, die Wahl ist auf einen Würdigen gefallen."
    Ihr Blick war ruhig und geheimnisvoll, jedoch war sie ganz so wie man sie in der Prälatur beschrieben hatte. Balmarus konnte beinahe riechen, wie Ihr Blut mit dem seines alten Hohepriesters verbunden war. Es pulsierte mit dem Willen des Herrn.


    Ein Wabern in dem dunklen Schein, den er als Eingeweihter um sie herum in der Zwischenebene erkennen konnte, zeigte ihm, dass er ihr in einen Nebenraum folgen sollte. Sie schritt voran, gänzlich unbewaffnet und ihm den Rücken zukehrend.


    Vor zwei beinahe gleich hohen Sesseln blieb sie stehen. Sie nahm Platz in dem etwas erhabeneren, doch bat sie ihn wortlos und ohne Geste sich zu setzen, ihr Blick war genug an Befehl und Einladung zugleich.

  • Diese Einladung verwunderte und verunsicherte ihn zugleich.
    Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, doch konnte er ein kurzes verwirrtes weiten und rucken seiner Augen nicht vermeiden.
    Jedoch folgte er ihr wortlos gefesselt von ihrer Aura und folgte ihrer Einladung und setzte sich nach kurzem zögern.

  • Sie wusste genau wie seltsam die Situation für ihn war. Mit einem Blick nur wusste sie alles, was er fühlte oder dachte. Er gehörte Narbeleth, also gehörte er ihr.


    "Du wirst feststellen, dass viele Dinge hier anders sind als in der Alten Heimat. Du wirst dich verhalten, als wäre es dir selbstverständlich gestattet mir so zu begegnen, die Alten Riten werden unter mir anders gehandhabt und du wirst dich diesem neuen Weg des Herrn anpassen.
    Ich benötige dich, genau für jenen Zweck, für den du ausgebildet wurdest und ich weiß du wirst mir gut dienen."
    Ihr stechender, durchdringender Blick traf ihn und durchbohrte ihn, sah in ihn hinein und hindurch in seine Seele, all seine Gedanken und ihre zarte Stimme klang für ihn wie die Herrlichkeit Gottes selbst. Kraftvoll und siebentausendfach klang sie schallend und brüllend in seinem Schädel nach. Was sie befahl musste einfach der Wille des Herrn sein.


    Ihr bleiches Gesicht war hypnotisierend, die Augen so einnehmend und herrisch, die Stimme so sybillenhaft, dass an der Wahrheit ihrer Worte kein Zweifel war. Er würde ihr gut dienen und vieles würde in dieser Welt anders sein.


    Sie lächelte kühl - sich ihrer Macht bewusst.


    "Ich werde dich lehren, wie dies Welt beschaffen ist, welches Gefüge sie umgibt und wie die Macht Narbeleths in ihr wirksam ist. Du wirst mir dienen, wie es deine Pflicht ist. Und ich werde dafür großzügig und geduldig sein und mag sein, dass die Gnade Naleths und die Macht Tscharigions über dich kommen wird und ich dich als meinen Schüler annehme, doch für eine solche Ehr' wirst du seinen Blick erst noch wahrlich auf dich lenken müssen und dich als würdig erweisen.
    Ich kenne deine Taten. Du hast den Herrn wahrlich erfreut, doch wisse, dass du hier von neuem beginnst. Einjeder derer, die mir hierher gefolgt sind, war wie du - erwählt, geehrt, belohnt. Sie alle dienen mir und keinen von ihnen nahm ich mir zum Schüler.
    Doch der Herr ist großzügig und geduldig, er ist die Allmacht und die Ewigkeit. Sein Zorn ist grenzenlos, seine Geschenke unermesslich. Ich gehöre dem Herrn, er formt jede meiner Handlungen nach seinem Willen. Erweise dich als würdig vor mir und du wirst dem Göttlichen näher sein, als du es dir jemals erträumt hast."

  • Die Stärke dieses Mannes war Narbeleth wohlgefällig, und so lächelte auch sie.


    "Das werden wir noch sehen." sagte sie mit der gewissen Abschätzigkeit der Hellseher, ein wenig hochnäsig vielleicht im Klang, doch positiv immerhin und es war ihr Privileg mit ihm zu sprechen, wie sie es für richtig hielt.


    "Ich werde dir die Grundzüge dieser Welt erklären. Die Macht der Elemente, die sie formten, ihre Geschichte, ihre Politik und ihre Verstrickungen. Wenn du mich das nächste mal ansprichst, wirst du mich bei meinem höchsten Titel in diesem Reich nennen und so wird es fortan immer sein in der Öffentlichkeit. Er lautet Juristrix Maxima."

  • Sie musterte ihn lange, dann begann sie zu erzählen...


    {weiter intern}


    So näherte Balmarus L. Kallo sich an jenem Abend seiner Bestimmung, für die er weit gereist war. Er lernte, was die Neue Welt ausmachte, was sie im inneren zusammen hielt und gleichzeitig auseinander riss. Er erfuhr von der ersten und der zweiten Schöpfung, dem Weltenbrand, der Wiederentdeckung und den Ländern und Reichen, die sich nun auf diesen Kontinenten gebildet hatten. In alldem erkannte er den Willen seines Gottes, und der zukünftige Weg war klar. Er würde nicht scheitern.
    Diese Welt konnte sich noch zum Guten wenden. Alles ist wie Gott es will.


    Am frühen Morgen verließ eine einsame Gestalt das Amt der Jurisdiktion.