Promenade der Unsterblichen

  • Zitat

    Zarim Duronius schrieb:
    Die Promenade der Unsterblichen liegt ein paar Meter tiefer als der höchste Punkt der Siedlung, auf dem die Große Halle thront. Sie ist ein Plateau von ca. 160 Metern Länge und der nördlichste Punkt Exilias. Zur Meerseite ist sie von einer Brüstung begrenzt, darunter fällt die Klippe, auf der die Siedlung ruht, 300 Meter nahezu senkrecht bis zum Meer ab. Auf der Brüstung sind eine Reihe etwa lebensgroßer Statuen installiert. Zu erreichen ist die Promenade, indem man zwischen der Außenmauer der Großen Halle und dem Eingang zum Fischereiviertel hindurchgeht. Hier sinkt der Boden zu Promenade hin ab. Außerdem befindet sich an der östlichen Seite des Plateaus ein großer Wachturm, der eine Treppe hinauf zum Principal besitzt. Der Zugang zur Promenade ist allen Exilanten jederzeit möglich. Allerdings verlangt der Zweck des Ortes dem Besucher ein gewisses Maß an Respekt ab. Die Promenade der Unsterblichen bietet einen überwältigenden Blick auf den schäumenden Ozean und bei klarem Wetter kann man von hier aus über 40 Meilen weit sehen. Viele Exilanten schätzen den Platz als Ort für eigene Gedanken.

  • Ein Bote informierte den Cubitor Zarim Duronius darüber, dass der Protektor ihn an der Promenade der Unsterblichen zu sprechen wünschte.


    Derweil beendete Valentin gerade seine Arbeit, in den noch immer nicht eingerichteten Amtsräumen, und warf sich seinen braunen Umhang über, um sich vor den kalten Winden zu schützen.
    Draußen lag trotz der Jahreszeit kein Schnee, was nicht sonderlich verwunderlich war bei den Stürmen die zu toben pflegten und beharrlich zu verhindern wussten, dass das Wasser vor der Küste gefror.
    Nachdem der Protektor die Große Halle durchschritten hatte gelang er zum Portal des Kuppelbaus und trat hinaus. Fest schlang er den Wollmantel um sich und sog genüsslich die kühle Luft ein. Von hier aus hatte man einen recht guten Blick auf die Siedlung und ein zufriedenes Schmunzeln flog über sein Gesicht, als er daran dachte wie sehr er seine Heimat schätzte.
    Seine Schritte führten ihn eilig an der Großen Halle vorbei in Richtung der abgesenkten Plattform, die von den Exilanten die „Promenade der Unsterblichen“ genannt wurde.
    Hier wehte ihm bereits der Nordwind entgegen, fuhr ihm durchs Haar und spielte mit seinem Mantel. Anstatt dem Weg nach rechts entlang den Gedenktafeln und Staturen zu folgen blieb er jedoch in der Nähe der Treppen und lehnte sich an die steinerne Brüstung.
    Von dort an ging es mehrere hundert Schritt steil hinab, bis der Fels sich mit der ewig tosenden See vereinte. Der Protektor wusste, dass das Meer an dieser Stelle noch wesentlich tiefer ging, ein Grund für den ertragreichen Fischfang, von dem die Siedlung unter anderem lebte.


    Er sah nach links und blickte hinab auf die Nasse Klippe, der Teil an dem die Fischer Exilias ihre langen Netze nach unten warfen und wieder emporzogen. Der Fang des Tages war bereits eingeholt worden. Die Fischer schienen weitestgehend zufrieden mit der Ausbeute, auch wenn in den vergangenen Monaten wiederholt besorgte Stimmen an die Protektoratsführung herangetragen wurden. Einige Leute waren dabei die Netze für den nächsten Einsatz vorzubereiten: Sie flickten kleinere Stellen, entwirrten Knoten und legten die Verflechtung nahe der Kante zurecht. Die Versorgung der Siedlung war zu Genüge gesichert. Allein darauf kam es letztlich an.

  • Zarim war gerade in sein Haus zurückgekehrt und hatte sich vor dem Kamin niedergelassen. Das Geräumige Eckhaus, dass zentral in der Stadt gelegen, sowohl an den Fischmarkt, wie auch an den großen Markt grenzte, war - wie die meisten Gebäude der Siedlung - trotz der Kälte, die draußen herrschte angenehm warm. Zarim hatte den Nachmittag damit verbracht Augäpfel, die er einigen der Leichen hatte entnehmen lassen in ein Holzgestell einzuspannen und mit dem fokussierten Licht einer Kerze zu durchleuchten. Die Bilder die sich zuletzt in die Netzhaut der Verstorbenen gebrannt hatten, fielen durch die Linse des Auges auf ein gespanntes Stück Pergament, wo sie sorgsam mit Tinte festgehalten wurden. Doch all diese Skizzen waren schemenhaft geblieben und keine Gestalten noch irgendetwas anderes Brauchbares hatte seine Identität preisgegeben. Zarim wusste, dass seine Untersuchungen in dieser Angelegenheit im Grunde beendet waren. Und doch hasste er es, wenn eine Untersuchung weniger brauchbare Ergebnisse lieferte, als erhofft.
    Gedankenversunken starrte der junge Würdenträger in die Flammen, als Nyeß, Zarims Haushälterin das Zimmer erneut betrat. "Der Protektor hat so Eben nach Euch geschickt, Herr", sagte sie. "Er erwartet Euch an der Promenade der Unsterblichen. Ihr solltet Euch etwas anziehen, es ist klirrend kalt draußen. Und auf der Promenade weht ein grässlicher Wind." Mit diesen Worten hielt sie Zarim einen Schweren Wollmantel entgegen.
    Zarim lächelte. Nyeß war eine Frau von 38 Jahren. Sie war Witwe doch ihre beiden erwachsenen Söhne lebten Ebenfalls in Exilia, wo sie der Fischerei nachgingen. Nyeß sorgte sich um Zarims Haushalt in Exilia und er hatte sie recht gern, wenngleich er sich mitunter etwas zu sehr bemuttert fühlte. Bei genauer Betrachtung fiel auf, dass irgendetwas an Nyeß' Augenabstand ungewöhnlich war, doch die Anzeichen reichten nicht aus, um sicher zu urteilen, ob es sich um eine Misbildung oder das Anzeichen von nicht vollständig menschlichem Blut handelte.
    "Nungut", stöhnte Zarim im Aufstehen begriffen, "dann ist es vermutlich an mir mich dem Wunsch des Protektors zu beugen." Zarim schlüpfte in den hingehaltenen Mantel, streifte sich schwere Stiefel über und verließ das Haus durch die Westtür. Es handelte sich um eine mit Schnitzereien verzierte, einflüglige Holztür, die auf den Fischmarkt hinausführte.
    Einige Siedler nickten ihm freundlich zu, als er den Fischmarkt überquerte und zwischen den Häuser hindurch in Richtung der Promenade eilte. Im Sommer vermied er diesen Weg stets, denn der Grund war an dieser Stelle nicht vollständig gepflastert, doch zu dieser Jahreszeit war der Boden gefroren und man musste sich keine Gedanken um die Sauberkeit seines Mantelsaumes machen.
    Einige Augenblicke später erreichte er die Gestalt des Freundes, der an die Brüstung gelehnt auf ihn wartete.

  • Dieser bemerkte ihn, tief in Gedanken versunken, erst als er sich genährt hatte.
    "Langsam beginne ich zu verstehen, woher der alte Abt meines Klosters seine tiefen Sorgenfalten her hatte. Soll mich etwa das gleiche Schicksal treffen?" Der junge Mann tastete sich im Gesicht herum und lächelte seinem Freund zu.
    "Niemals kann es zu Gründerzeiten derart viel Papierkram gegeben haben, andernfalls wäre unser letzter Protektor gewiss lange vor seinem Ableben unter dem Gewicht von Buchdeckeln oder gar an einem Schreibkrampf verendet."
    Eine Windböe erfasste seinen Umhang und wirbelte ihn auf. Er schwieg einen Moment und fragte dann:
    "Gibt es Neuigkeiten was den Blutbaum betrifft?

  • "Ich bitte Dich!", lachte Zarim, "die Verwaltung unserer kleine Stadt wird Dich doch nicht jetzt schon zu Boden ringen.
    Nun es gibt Neuigkeiten in Bezug auf den Baum. Doch beschränken sie sich im Grunde auf den Vortrag eines Laborberichtes. Wirkliche Erkenntnisse habe Ich wenige errungen. Frag mich, sofern Dich ein Aspekt interessiert, vielleicht kann Ich antworten. Doch jene Details, die für eine Aufklärung hilfreich sein könnten, kann ich Dir - so fürchte ich - eher nicht beantworten."

  • Valentin winkte resigniert ab. "Verschone mich bitte mit dem Laborbericht. Ich hatte bloß gehofft - Von den Wachen ist auch nichts Neues zu berichten. Auch die Befragungen haben bisher Nichts ergeben, was wir nicht eh schon gewusst hätten." Er schlang den Mantel wieder um seinen Körper. "Kommt Zeit kommt Rat. Vielleicht stellen sich die Täter ja auch von selbst." Ein müdes Schmunzeln.
    "Papierkram hatte ich als Cubitor auch schon zu tun - auch denke ich, dass Galwine Camdagnir seinerseits einiges Zurückhält, was er mir nicht zumuten möchte und der Eyne weiß wie dankbar ich dafür im Moment bin. Nein, es ist vielmehr die Ungewissheit über die Ereignisse, die mich beschäftigen."
    Sein Blick wendete sich erneut dem Meer zu.
    "Wann gedenkst du nach Paolos Trutz zu reisen?"

  • Zarim schwieg einen Augenblick.
    "Morgen oder übermorgen", sagte er dann.
    "Auch wenn ich es ungern zugebe: Ich kann in dieser Angelegenheit augenblicklich nicht mehr viel tun. Sollten sich neue Erkenntnisse einstellen, können die Untersuchungen möglicherweise fortgesetzt werden, aber im Augenblick lässt sich nicht viel unternehmen, denke ich.
    In der Hauptstadt wartet Arbeit auf mich - ich hatte ohnehin nicht geplant so lange hier zu weilen. Lediglich die Umstände zwangen mich dazu. Ich nehmen an, man wird in Exilia im Augenblick auf meine Arbeit verzichten können, nicht wahr?"

  • "Sofern sich nichts Neues ergibt denke solltest du ruhigen Gewissens in die Hauptstadt reisen können - Das Gasthaus auf dem Weg nimmt jedoch vorerst keine Gäste auf, so berichtete man mir." Valentin selbst hielt dort auf seinen Reisen gern kurz an um Xerberus, seinen Lark, zu tränken.
    "Es gibt da allerdings noch etwas, worüber ich gern deinen Rat hören möchte.


    Du erinnerst dich vielleicht: Im Frühjahr des vergangenen Jahres, wir Cubitoren waren auf der Reise in andere Protektorate um die Nachricht unserer Reformation zu verbreiten, begannen die Fischer sich über zerstörte Netze zu beschweren. Anfangs war noch von einem üblen Scherz die Rede, später häuften sich die Vorfälle bis es zu kleineren Ausschreitungen kam. Dem Eynen sei dank sind diese Streitigkeiten beigelegt worden, dennoch entschlossen wir uns damals dazu eine kleine Expedition auszusenden. Gerade heute fiel mein Blick auf den Bericht, der damals verfasst worden war. Die Wenigen die sich fanden konnten jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen und da nach und nach auch die Netze weniger häufig zerstört worden waren ließen wir das Ganze auf sich beruhen. Das Einzige was auffällig war, war dieses Leuchten, welches von den Fischern und den Wachen oben am Turm im Meer beobachtet wurde. Ich selbst habe es nie gesehen, doch hörte ich häufiger mal jemanden darüber erzählen. Ich glaube Galwine vermag davon zu berichten."
    Während er sprach suchten seine Augen die Wellen des Meeres ab, so als würde er doch noch etwas finden.
    "Die Erträge der Fischer sind einigermaßen stabil und es kommt seltener vor, dass die Netze derart aufgerieben sind, dass all der Fisch entkommt. Es halten sich jedoch beharrlich Gerüchte von bisher namenlosen Grauen, Stoff für immer verrückteren Seemannsgarn." Valentin hielt dies für Abwegig, doch maß er dem dennoch genügend Bedeutung zu, als dass es ihn die Sorgen der Fischer beschäftigten.
    "Warum dem Schrecken am Schwanz ziehen, wenn sich Alles beinahe normalisiert hat? - Sicher wird es den Fischern lästig ihre Netze zu flicken, doch können sie damit leben..." Er wandte sich wieder seinem Freund zu.
    "Ich werde bloß den Gedanken nicht los, dass vor der Küste Exilias irgendetwas nicht stimmt. Und dieser Gedanke behagt mir eben so wenig, wie dieser Blutbaum. Gerade jetzt, da wir unsere Hafenanlagen verstärken, will ich wissen womit wir es zu tun haben. Ich denke darüber nach ob wir nicht eine weitere Expedition aussenden sollten. Was hälst du davon?"

  • "Auch ich denke, dass es unverantwortlich wäre, der Sache nicht weiter nachzugehen. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Geschehnisse unter denen die Fischer leiden andernorts nicht auftreten und es kann nur in unserem Interesse sein, eine weitere Untersuchung anzustrengen. Vielleicht sollte man sie etwas langfristiger anlegen als die letzte. Damals fuhr die kleine Gruppe von Exilanten, die sich freiwillig gemeldet hatte - so ich mich richtig erinnere - auf das Wasser und kam nach nicht all zu langer Zeit erfolglos zurück. Was, wenn was-auch-immer-die-Schäden-verursacht nicht dauerhaft dort ist. Während es die Netzte beschädigt müsste es zu sehen sein, doch möglicherweise zieht es sich zu anderen Zeiten ins offene Meer oder - was keine angenehmere Vorstellung wäre - in die unterseeischen Höhlen zurück, die unter der Siedlung im Gestein sind. Man könnte folgendes besser machen: Man könnte gezielt die ausgelegten Netze beobachten, man könnte das Gewässer insgesamt länger beobachten und man könnte eine Gruppe von Exilanten die Höhlen untersuchen lassen, die bei Ausbau des Hafens aufgetan wurden. Sollte sich dort etwas verstecken, müsste es irgendwann auffallen. Falls nicht können wir uns zumindest in diesem Punkt sicher wissen."


    "Das Wirtshaus", Zarims Miene verfinsterte sich leicht, "hast du bereits eine Möglichkeit vor Augen, wie es wiedereröffnet werden kann? Es wäre eine Schande, wenn Reisende, die nicht gerade einen Lark zur Verfügung haben, bei ihrer Reise nach Exilia in der Wildnis übernachten müssten."

  • "Ich habe Galwine damit beauftragt einen neuen Gastwirt aufzutun, er ist ja inzwischen recht geschickt darin Kandidaten für unbesetzte Posten zu finden. Der Wirt hatte Familie, vielleicht tritt daraus jemand dessen Nachfolge an. Es sollte nicht allzu schwierig sein jemanden zu finden, schließlich lief das Gasthaus recht gut."
    Valentin ließ den Blick wieder schweifen.
    "Dann ist es also beschlossen: Es wird eine weitere Expedition geben."

  • Zarim nickte. "Schön. Ich bin bereits sehr gespannt, ob sie mehr Erkenntnisse zu Tage fördert.


    Um noch ein letztes mal an diesem Tag auf den unglücksseligen Baum zu sprechen zu kommen - Was wird mit den Leichen geschehen? Ich würde es sehr bedauern, wenn sie nun verbrannt würden. Dies schlösse spätere Untersuchungen aus. Außerdem ist es bei der momentanen Kälte leicht sie noch länger zu konservieren. Darüber hinaus ist in meinen Augen momentan unklar, ob sie ein Recht haben nach Norden geschickt zu werden. Hast Du dazu bereits eine Entscheidung getroffen?"

  • "Ich nehme an, dass einer deiner Gehilfen die Skizzierungen der Leichen bereits angefertigt hat. Sonstige Auffälligkeiten, wie die Ritzungen wurden, davon gehe ich aus, ebenfalls vermerkt. Wenn die Öffnung ausgewählter Kadaver ebenfalls nichts Aufschlussreiches ergeben hat, dann möchte ich die sterblichen Überreste dieser bedauernswerten Geschöpfe nur ungern länger als nötig aufbewahren.
    Solange noch zu klären bleibt, wer die Nicht-Exilanten waren, sollten wir jedoch mit der Bestattung warten. Auch sollten wir etwas Zeit verstreichen lassen bis mögliche Erkenntnisse aus anderen Protektoraten vorliegen. Nicht jedes Land verfügt über Schnelligkeit von Larkreitern. Sollte sich jedoch nichts dergleichen ergeben wünsche ich, dass die Körper der Exilanten nach Norden geschickt werden. Nach unserem Recht waren die Verstorbenen keines Verbrechens schuldig, ihnen soll die Ehre zuteil werden. Die Unbekannten können nahe des Gasthauses begraben werden."

  • Die Stirn leicht Kraus gezogen sah Zarim Valentin an. Es war ein Jammer.
    "Was würdest du sagen, wenn ich nun vorschlagen würde, wenigstens ein paar der Leichen - meinetwegen auch nur teilweise einzulegen? Selbstverständlich nicht solche, die aus Exilia stammen. Ich bin der Meinung, dass sie später noch nützlich sein könnten. Möglicherweise", setzte er hoffnungsvoll hinzu, "wäre es auch eine Option einige der nicht identifizierbaren Toten als Anschauungsobjekte für Heiler-Schüler zu verwenden?"

  • "Zehn", erwiederte Zarim, "Zwölf insgesamt. Wir konnten bisher lediglich den Wirt und seine Frau identifizieren. Wir sollten noch warten bis Galwine dies mit Sicherheit bestätigt, doch ich glaube, dass die anderen nicht aus Exilia kommen."

  • Valentin sog etwas Luft durch die Zähne ein und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe.
    "Wie gesagt: Warten wir noch eine Weile. Falls sich Nichts mehr ergeben sollte, so bestatten wir die Toten. Ein Steinmetz wird einen Grabstein an der Straße nahe des Gasthauses aufstellen, auf dem die Unglücklichen vermerkt werden. - "
    Einen Moment lang blickte er Zarim direkt in die Augen.
    " - wie Viele dann dort tatsächlich beigesetzt werden, wird wohl Niemanden interessieren. Und woher die neuen Präparate kommen... darüber wollen wir einen Mantel des Schweigens breiten."

  • Zarim konnte sich ein breites Grinsen nur schwer verkneifen.
    "Ich sehe Protektor - Ihr bemüht Euch der Wissenschaft dienlich zu sein. Ich weiß das zu schätzen.", sagte er mir hochgezogener Augenbraue.
    Dann jedoch nahm Zarims Gesicht wieder ernstere Züge an.
    "Ich denke, deine Entscheidungen in dieser Sache sind klug erwogen. Die Zeiten sind nicht leicht zu ertragen - ich finde, du schlägst dich als Protektor bisher sehr gut."

  • "Ein Protektor kann immer nur so gut sein, wie die Siedler die hinter ihm stehen. Und in meinem Falle heißt das, dass ich mit einer Vielzahl von fähigen Leuten gesegnet wurde."
    Erleichtert atmete er aus. Dann ging er, Zarim zu seiner Rechten, die Promenade entlang. Eine ganze Weile blieben die beiden Freunde schweigsam, passierten still die steinernen Staturen und Gedenktafeln. Der Wind blies ihnen dabei von Norden entgegen.
    Schließlich brach Valentin die Stille.


    "Sag' Zarim, wie hälst du es mit der Religion?"

  • Überrascht sah Zarim den Freund von der Seite an. Ihm wurde bewusst, dass sie dieses Thema - wenngleich sie bereits eine ganze Zeit befreundet waren und sicher in etwa gewusst hatten, was der andere dachte, noch niemals wirklich angesprochen hatten. Vielleicht mochte es daran liegen, dass Zarim dieses Thema so wenig mochte.
    "Nun", setzte er schließlich an, "Die Religion und ich hatten nie ein sonderlich gutes Verhältnis. Ich zürne ihr nicht, doch die Götter sind mir nicht eben sympathisch und haben sich bisher auch nicht bemüht diesen Umstand zu ändern. Ich denke, ich kann sagen, dass ich es auch ohne ihre Hilfe bereits recht weit gebracht hätte."
    Kurz dachte Zarim darüber nach, die Frage zu erwiedern, denn das Verhalten des ehemaligen Mönches hatte ihn in letzter Zeit überlegen lassen, wie Valentin selbst zu seiner Religion stand, doch er entschied sich, ihn den Verlauf des Gesprächs vorerst selbst bestimmen zu lassen.

  • "Und wie war es in deiner alten Heimat bestellt? An was glaubt man dort? Sicherlich ging man Bündnisse zwischen Mann und Frau vor einer Gottheit ein, oder nicht? Ich muss gestehen, dass mich Mancherlei auf meiner Reise und auch hier auf Mitraspera verwundert hat."
    Sie waren allein auf der weiten Promenade. Der Wind trieb ein paar Wolken über ihre Köpfe hinweg.
    "In den Ländereien unseres Klosters war es üblich, dass man sich von einem der Geistlichen segnen ließ, sobald ein solches Bündnis geschlossen wurde."