Ein rauer Wind aus Süden...

  • Die Erde unter den Füßen ihres Reittiers wurde aufgrund des enormen Tempos bis hoch in die Luft aufgewirbelt, ihr war klar, dass man sie schon vom Weiten aus bemerken musste. Sie wusste, dass sie durchaus unauffälliger reisen würde, würde sie das Tempo ihres Tieres etwas zügeln. Doch im Moment interessierte sie die Heimlichkeit ebenso wenig wie Jene, welche sie bemerken könnten. In jenem Augenblick kannte sie nur ihr Ziel, welches sie seit den letzten Tagen nicht mehr aus den Gedanken bekommen hatte - Exilia!


    Ihre Reise schien kurz vor dem Ende zu stehen. Seit mehreren Zyklen war sie nun unterwegs, längst hatte sie aufgehört die Monde oder gar Wochen zu zählen. Jedoch konnte sie anhand des Wetters abschätzen, dass sie fast ein halbes Jahr auf dem Weg war, mittlerweile war es kalt geworden, manchmal schneite es sogar schon leicht. Doch nicht der Gedanke an ein wärmendes Feuer oder gar eine Mahlzeit trieb sie an, es war vielmehr ein Inneres Brennen, welches sie beinah verzehrte.


    Vor einem halben Jahr, ihr kam es vor als wäre es nicht nur ein anderer Monat, sondern eine ganz andere Zeit gewesen, war sie zu ihrer Suche aufgebrochen. Lange hatte sie sich falscher Hoffnung verschrieben, lange irren Träumen hinterher gejagt. Doch mit der Hoffnung war es nun genauso vorbei wie mit den Träumen, in der Ferne konnte sie ihr Ziel erkennen, sie war fast angekommen - Exilia!

  • Man hatte sie bereits bemerkt und bereitwillig das Tor geöffnet.
    Selbstverständlich hätte man dies nicht für irgendwen getan, aber die Neuankommende war ja auch nicht Irgendwer sondern bereits in der Siedlung bekannt. Die Wachposten gingen dennoch auf Nummer sicher und postierten sich nah des Tores. Im Näherkommen wurde jedoch jeder bis dahin bestehende Zweifel ausgemerzt.


    Sobald die Fremde in Rufweite war trat einer der Gerüsteten aus dem Portal und rief:
    "Hoh! Willkommen in Exilia!"

  • Kurz vor dem Tor bremste der Lark abrupt ab und veringerte sein Tempo auf einen langsamen Schritt. Exilia - sie war zu Hause. Ein Blick auf den Wehrgang über dem Tor ließ sie auf die Banner lenken. Es schien, als würde sie den Bannern auf Halbmast kurz zunicken, bevor sie den Torwächtern eine knappe Geste auf ihre Begrüßung erwiederte.


    Als sie die äußeren Ränge der Stadt passierte, erschien ihr ehemaliges Heim wie ein fremder Ort. Es hatte sich Einiges verändert, dabei war sie grade mal ein halbes Jahr fort gewesen. Ihr kamen ein paar neue Gesichter unter die Augen, viele bereits Bekannte aber die, die sie suchte wollten ihr nicht ins Gesichtsfeld kommen. Ihre Augen suchten Keel oder Av´Sha, selbst der verdammte Senator war nirgendswo zu sehen. Im gleichen Gedankenzug wusste sie aber auch, dass sie Keinen der drei einfach so in der äußeren Stadt herumspazieren sehen würde. Jeder von ihnen würde wahrscheinlich irgendeiner Aufgabe nachgehen - zumindest hoffte sie das. Auf dem Weg zu den Ställen der Larks fielen ihr die schwarzen Stofffetzen über den Hütten auf - Exilia hatte nicht vergessen.


    Nachdem sie die Stallungen für die Larks erreicht hatte, sprang sie von ihrem Reittier ab und führte es an den Zügeln in seinen Bereich. Die Box ihres Tieres war lange nicht betreten worden, alles schien so zu sein, wie sie es hinterlassen hatte. Langsam und beschwerlich nahm sie ihrem Lark Zaumzeug und Sattel ab. Als sie ihrem Tier über dessen Federkleid strich, merkte sie wie heruntergekommen und abgemergelt er war. Die letzten Monate waren für ihn sehr erschwerlich gewesen, doch ihr Tier hatte nie gescheut. Während sie das Zaumzeug und den Rest der Reit-Garnitur an der Wand der Box verstaute, begann ihr Lark damit, sein Gefieder zu säubern. Nach einer kurzen und durchaus ruppigen Anweisung an den Stallburschen verließ sie die Box und ließ ihr Reittier Zeit zum ruhen. Ihr Blick fiel im Gang des Stalls auf die letzte Box, ganz am Ende des Gebäudes. Die Box erschien auf den ersten Blick leer, doch das leise Schnaufen verriet ihr, dass sein Bewohner durchaus anwesend war. Kurz blitzte ein Paar Augen aus der Dunkelheit auf und traf ihren Blick. Es erschien ihr wie eine Rüge und selbst wenn nicht, hätte der Vogel das recht gehabt.


    Auf dem Weg zum Ausgang des Stalls nahm sie die neuen Larks, welche in ihrere Abwesenheit geschlüpft waren in Augenschein, danach verließ sie das Gebäude. Sie sah immer noch heruntergekommen aus, gezeichnet von den Strapazen der letzten Monate. Jedoch ignorierte sie alle Anzeichen von Müdigkeit und erschöpfung - ihr Weg führte sie gradewes gen große Halle.

  • Überrascht taxierte Zarim die Frau. War sie die, für die er sie hielt? Vermutlich war sie es. Schließlich wohnte sie hier. Oder sollte man besser sagen: 'hatte sie hier gewohnt'? Sie musste sehr lange nicht hier gewesen sein. Außerdem sah sie recht herrunter gekommen aus. Mit einem mal schoss Zarim ein Gedanke in den Kopf: Wusste sie, das der Protektor Exilias nicht mehr lebte?
    Sollte er zu ihr hingehen und sie begrüßen? Die letzte Begegnung mit ihr erinnerte er mit gemischten Gefühlen. Einerseits hatte sie ihm sehr geholfen, andererseits war sie nicht gerade nett zu ihm gewesen. Jedoch vermutete Zarim, dass dies ihr grundsätzliches Wesen war und sie keine Vorbehalte ihm gegenüber hegte.
    Er würde noch einen Augenblick abwarten, bevor er sie willkommen hieße. Vielleicht war ihr dringlichster Wunsch ja auch ein Quartier aufzusuchen und erst morgen in Erscheinung zu treten. Sie sah aus, als könnte sie ein wenig Schlaf vertragen.
    "Kennst du eigentlich Venya?", sagte er zu Valentin gewandt, während er die Frau nicht aus den Augen ließ.

  • Venyas Blick war strikt auf die Halle gerichtet, ihre Umwelt verschwamm in der Bewegung der Personen, welche um sie herum ihren Tagwerk nachgingen. Kurz waren ihr Valentin und der blonde Alchemist aufgefallen. Hätte sie ihren Mitmenschen mehr Aufmerksamkeit gezollt, wäre das Gespräch über sie ihr aufgefallen. Doch vorerst drängte es sie in die bekannten Räume, in welche sie früher so viel Zeit verbracht hatte.


    Gemächlich, aber bestimmt, setzte sie ihren Kurs fort, ohne davon abzuweichen. Als sie die kurze Treppe zum Eingang der Halle hinauf schritt, trat eine der beiden Wachen vor. Venya wusste nicht, ob er ihr den Weg versperren, oder lediglich etwas mitteilen wollte. Einen kurzen Moment lang traf ihr Blick den Seinen und die Zeit schien kurz einzufrieren. Ohne ein weiteres Wort zog sich der Wächter wieder zurück und Venya würdigte ihn keines weiteren Blickes.
    Mit jeden Schritt, welcher sie tiefer in die Halle führte, wurden ihre Beine schneller. Zielgerichtet lief sie direkt durch das große Gebäude und ließ die Türen unbeachtet. Als sie die letzte Tür, ganz am Ende der Halle, auf der linken Seite erreichte, blieb sie stehen.


    Einige der umstehenden Personen begannen zu tuscheln, wusste immerhin jeder der Anwesenden, wessen Gemach es war, vor dem Venya nun stand.


    Langsam und zaghaft, ein Verhalten dass man der sonst so rauen Frau sonst nicht andenken konnte, fasste sie an den Griff der schweren Ebenholztür. Nach einem tiefen Atemzug drückte sie diese auf - und betrat Kires ehemalige Gemächer.

  • Das Gemach war menschenleer.


    Ein großer Raum, welcher mehrere Regale an den Wänden beherbergte, einige Truhen beinhaltete und neben dem schweren Eichenschreibtisch auch noch die Schlafstelle mit den vielen Fellen und Decken auffiel. Über Stühlen und Tischen waren Tücher gelegt worden. Das Zimmer lag kühl da, der Kamin war ordentlich ausgefegt.


    Hier hatte der verstorbene Protektor Exilias gewohnt.

  • Die blonde Frau schloss die Schwere Tür hinter sich und sah sich kurz im Raum um.
    Es schien alles so zu sein, wie es ihr Meister beim Verlassen zurückgelassen hatte. Lediglich die Feuerstelle war gereinigt worden, ebenso schien man hier in regelmäßigen Abständen Staub zu wischen. Mit wenigen Schritten ging Venya zu einer Truhe und hockte sich vor ihr hin. Das Schloss sah intakt aus, keinerlei Kratzer. Aus einem Beutel an ihrem Gürtel fischte sie einen Schlüssel heraus, welcher sanft ins Schlüsselloch glitt. Zwei Umdrehungen zur rechten Seite hin und es sprang auf und gewährte ihr Einblick in die Truhe.
    Diese beherbergte lediglich einige Dokumente und wenige Gefäße. Als sie in den unteren Bereichen der Kiste suchte, erfühlten ihre Hände einen Folianten, ein dickes Buch und zogen Dieses heraus. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie das gesuchte Buch gefunden hatte, legte sie es neben die Truhe auf den Boden und suchte weiter. Nach einer kurzen Zeit erfühlten ihre Hände eine lockere Platte auf dem Boden der Truhe, welche nach einem Druck und anschließender Drehung aufsprang. Dahinter befand sich ein weiteres Fach, welches wenige Blätter enthielt. Venya konnte nur wenige dieser Dokumente lesen, jedoch hatte Kire ihr einmal eingetrichtert, dass im Fall seines Ablebens diese Schriften unter keinen Umständen in fremde Hände fallen dürften. Die meisten der Schriften, welche sie entziffern konnte, dokumentierten all sein Handeln, welches er für sensibel genug erachtete, zu verstecken. Einige Blätter beschäftigten sich noch mit den Aktivitäten Elkantars, als dieser noch Archont gewesen war. Andere hingegen hingen mit der Feste Doerchgardt und Geschehnissen in Siegelstadt zusammen. Venya erhob sich und ging zu dem schweren Schreibtisch im Zimmer. Zielsicher öffnete sie eine Schublade und holte einen Dokumentbehälter hervor, anschließend begab sie sich wieder zur Truhe. Nachdem sie alle Dokumente des kleinen Geheimfaches in dem Behälter verstaut hatte, verscholls sie Dieses wieder. Gerade wollte sie die Truhe wieder verschließen, als ihr ein weiteres Buch auffiel, welches sie ebenfalls aus der Truhe nahm. Den Bewohnern der Siedlung würde dieser Foliant von Nutzen sein.
    Langsam erhob sie sich und verließ mit den Sachen das Quartier. Nach einem letzten Blick in das nun mehr leere Quartier schloss sie dessen schwere Tür. Ihre Gedanken drehten sich um den Behälter, was sollte sie nur damit machen?

  • Grimmig lächelnd verließ sie den Stall, den sie während ihren Grübeleien aufgesucht hatte. Die Nähe zu den großen Raubvögeln, welche sie aufzog und umsorgte hatte ihr schon immer Ruhe vermittelt, die sie zum Nachdenken benötigte. In diesem Falle war sie nicht nur auf eine Lösung gestoßen, sie hatte diese sogar direkt serviert bekommen. Um die Sicherheit der Dokumente musste sie sich nun vorerst keine Sorgen machen, niemand würde diese erst einmal finden können.


    Deutlich langsamer schritt sie durch das rege Treiben der Siedlung, welches ihr gefhelt hatte. Langsam stellte sich ein heimatliches Gefühl ein, wenn auch nicht das Gleiche wie das von früher. Mittlerweile war sie müde und erschöpft. Jeder zusätzliche Schritt schien sie mehr anzustrengen. In der Ferne konnte sie ihr Haus erkennen, welches nahe der großen Halle stand. Mit einem Anflug von Zustimmung erkannte, sie, dass auch über ihrer Tür ein schwarzer Fetzen im Wind wehte. Mit einem Stoß wuchtete sie die Tür auf un betrat ihr Heim.